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Das mysteriöse Brummen

Immer wieder berichten Menschen, auch in einzelnen Regionen Baden-Württembergs, von einem quälenden Brummton, der ihnen den Schlaf raubt und psychischen Stress verursacht. Prof. Hans-Peter Zenner, bis 2016 Ärztlicher Direktor der Tübinger HNO-Universitätsklinik, beschäftigt sich seit Jahren mit dem Phänomen.

Mann hält sich mit einem Kissen die Ohren zu
Vermutlich ist keine Erkrankung im Hörsystem an dem Phänomen schuld. (Bildquelle: fotolia/ajr_images)
Handelt es sich bei diesem tiefen Brummton um ein tatsächlich existierendes Geräusch?

Wir haben schon vor Jahren Personen, die davon betroffen sind, intensiv untersucht. Wir haben keine überzeugenden Hinweise darauf gefunden, dass es sich um eine Erkrankung im Hörsystem handeln könnte, wie zum Beispiel eine Art Tinnitus. Die Berichte der Menschen sind glaubwürdig. Dass das Phänomen jeweils regional begrenzt an bestimmten Orten auftritt, spricht ebenfalls dafür, dass es sich bei den Brummtönen um tieffrequente Verzerrungsprodukte normaler Geräuschquellen handeln könnte.

Müsste sich dann die Lärmquelle nicht mit technischen Mitteln ausfindig machen lassen?

Im Prinzip schon. In England ist dies in einem einzigen Fall gelungen. Nach einer aufwändigen Suche wurde dort festgestellt, dass ein Anbau an einem Industriegebäude die Ursache war. Er hat die Fahrgeräusche einer nahe gelegenen Autobahn so verändert, dass sie in einer bestimmten Gegend einen solchen Brummton verursacht haben. Modifizierungen an der Fassade des Gebäudes haben Abhilfe geschaffen. Hier in Baden-Württemberg hat das Umweltministerium im Jahr 2001 an 13 Orten Messungen mit hochsensiblen Geräten durchgeführt, ohne eine Ursache ermitteln zu können. Ein Problem ist, dass die Geräuschquelle viele Kilometer entfernt liegen kann von dem Ort, an dem die Brummgeräusche auftreten. Eine Suche über viele Quadratkilometer ist höchst aufwändig und teuer – ohne Gewähr, dass man am Ende etwas findet.


Gibt es einen Rat, den Sie Betroffenen geben können?

Selbst bei der Frage, ob ein Umzug etwas nützt, waren die Ergebnisse widersprüchlich. Manche hörten danach den Brummton nicht mehr, andere nahmen ihn weiterhin wahr. Wir können daher keine allgemeingültigen Tipps geben. Auch die persönliche Lebenssituation und Verarbeitung spielen eine große Rolle. Es gibt Menschen, die sich auch von großem Lärm nicht aus der Ruhe bringen lassen – und es gibt Menschen, die sehr sensibel auf Geräusche reagieren. Umso mehr gilt dies, wenn jemand unter Stress steht und deshalb besonders ruhebedürftig ist.

Letzte Änderung: 16.01.2015

Im Interview:

Prof. Hans-Peter Zenner

Bis 2016 Ärztlicher Direktor der Universitäts-Hautklinik

Einrichtung: HNO-Universitätsklinik

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