2.700 Quadratmeter für Arzneimittel
Neubau der Apotheke

Die Notwendigkeit eines Neubaus erkannte Prof. Hans-Peter Lipp schon früh. 1999, ein Jahr nach Übernahme seines Postens als Chefapotheker, formulierte er erstmals sein Anliegen. Doch bis der Neubau Wirklichkeit wurde, zogen die Jahre ins Land: für die Finanzierung, die Standortsuche, die Entwurfsplanung und Gutachten zur Statik, zu Leitungstrassen, zum Brandschutz und zur Arbeitssicherheit. Dann endlich war es soweit: Im Doppelhaushalt des Landes Baden-Württemberg 2015/16 war die Finanzierung für den Neubau bewilligt worden und am 26.06.2017 wurde mit dem Bau begonnen. Dies war auch dringend notwendig, denn die Labore im Altbau aus dem Jahr 1956 konnten für die Herstellung moderner Arzneimittel nicht weiter ertüchtigt werden.

Standortvorteil 

Die Lage des neuen Gebäudes bietet große Vorteile: der zentrale Standort auf dem Campus der Kliniken Berg, die direkte Anbindung an die automatische Fördertechnik-Anlage AWT, mit der Medikamente in Transportwagen auf die Stationen der Kliniken verschickt werden, und die etablierte Infrastruktur für Warenanlieferung. Neue Zugänge oder Straßen mussten nicht gebaut werden und optionale Erweiterungsflächen sind im Untergeschoss des ehemaligen Versorgungzentrums vorhanden.

 

Medikamente für die Region

Nicht nur die Stationen der Tübinger Unikliniken werden mit Medikamenten aus der Universitätsapotheke versorgt. Sie beliefert auch die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik, das Paul-Lechler-Krankenhaus, die Kurklinik Bad Sebastiansweiler, das Krankenhaus Oberndorf, die Wendelsteinklinik Gammertingen und die Rettungswagen von DRK und ASB. Im neuen Verteilzentrum werden die Fertigarzneimittel nicht mehr von Hand kommissioniert, sondern wie im pharmazeutischen Großhandel über einen Halbautomaten zusammengestellt. Leuchtzeichen helfen bei der Mengenauswahl. Seltener benötigte Produkte werden vollautomatisch kommissioniert, ein Video-gestütztes Überwachungssystem prüft jede Bestellung auf Ist- und Sollzustand, was Fehler auf ein Minimum reduziert und Fälschungssicherheit bei den Medikamenten garantiert.

2.659 m²
Nutzfläche
56 m²
Kühlraum
über 70.000
Zubereitungen im Jahr
Individuelle Zubereitungen  

Auf rund 700 m² Fläche kann nun entsprechend der GMP-Norm (Good Manufacturing Practice) produziert werden. Die Zubereitung von Zytostatika für die Krebstherapie erfordert Labore mit dieser höchsten Reinraumluftklasse. Aber auch Lösungen zur künstlichen Ernährung werden nach solchen Anforderungen hergestellt. Die intravenöse Ernährung ist ganz wesentlich für die Versorgung der kleinsten Patienten, kann aber auf dem freien Markt nicht gekauft werden. Auch Injektions- und Infusionslösungen oder anwendungsfertige Zubereitungen für Tumorpatientinnen und -patienten oder für die Augenheilkunde werden hier unter speziellen Bedingungen vorbereitet. Mittlerweile sind das jedes Jahr über 70.000 Zubereitungen. Mit der größeren Grundfläche und neun Werkbänken statt vormals vier ist die Apotheke zukunftsorientiert für wachsende Anforderungen in der Herstellung patientenindivdueller Zubereitungen gerüstet.


Modernste Ausstattung

Immer mehr pharmazeutische Hersteller ziehen sich mit Produkten vom Markt zurück, wenn diese aus ihrer Sicht unrentabel sind. Umso wichtiger ist es, diese Arzneimittel, die in der Krankenversorgung benötigt werden, selbst herstellen zu können. Das gilt auch für klinische Prüfpräparate, die für nationale und internationale Studien an denen Uniklinikum und Medizinische Fakultät beteiligt sind, benötigt werden. Hierfür gibt es in der Apotheke nun erstmalig einen Herstellungsraum für Kapseln, Vaginalgele oder Trinklösungen.

Mit einem Heißluftsterilisator, einer speziellen Destillationsanlage zur Herstellung von Wasser für Injektionszwecke, einem GMP-Spülautomaten und modernsten Autoklaven ist eine Ausweitung der Eigenherstellung von Injektions- und Infusionsflaschen jederzeit möglich.

Apotheke gestern und heute

1998 hatte die Universitätsapotheke noch 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, heute sind es exakt doppelt so viele Beschäftigte in Voll- und Teilzeit. Pro Jahr werden Arzneimitteln im Wert von über 100 Mio. Euro umgesetzt. 1998 lag der Wert noch bei knapp 40 Mio. Euro. Angesichts solcher Zahlen liegt nahe, dass die Nutzfläche der Apotheke von bisher 1.845 m² auf 2.659 m² erweitert werden musste.

Gleich geblieben ist das Bronzerelief des Tübinger Künstlers Ugge Bärtle. Ursprünglich für den Altbau angefertigt, ziert es auch heute den neuen Haupteingang der Apotheke: Neben einer Waage und einem Fingerhut ist ein Einhorn abgebildet, das im Mittelalter als Allheilmittel bei Erkrankungen galt.