III.  Halten von Tieren

Tiere sind so zu halten, daß sie ihre Bedürfnisse, insbesondere ihr Bewegungs- und Beschäftigungsbedürfnis, befriedigen können; sie müssen artgemäß ernährt, angemessen gepflegt und verhaltensgerecht untergebracht werden.

 

1  Allgemeine Regelungen

1.1  Internationale Mindeststandards

Der Standard des Tierschutzes variiert im internationalen Vergleich stark. Er ist abhängig von den unterschiedlichen Standortbedingungen, dem Wohlstandsniveau, Tradition und anderen Faktoren.

Während in einigen anderen Rechtsbereichen (zum Beispiel im Tierseuchenrecht) relativ umfassende Regelungen bestehen, liegen im Bereich Tierschutz, soweit er nicht vom Geltungsbereich der Europarats-Übereinkommen erfaßt wird, keine internationalen Vereinbarungen vor. Die bestehenden internationalen Übereinkommen enthalten keine Regelungen über handelsbeschränkende Maßnahmen zur Einhaltung der Standards.

Um Beeinträchtigungen des Wohles insbesondere der Nutztiere abzubauen und aus dem hohen deutschen Tierschutzniveau resultierende Wettbewerbsnachteile der deutschen Landwirtschaft möglichst zu neutralisieren, ist es neben der Harmonisierung auf der EG-Ebene notwendig,

Aus Gründen des Tierschutzes, der Verbraucherakzeptanz und zur Vereinheitlichung der Wettbewerbsbedingungen sollten Mindestanforderungen an die Haltung, den Transport und die Schlachtung landwirtschaftlicher Nutztiere gestellt werden. Die Anforderungen der entsprechenden Europarats-Übereinkommen samt konkreterer Empfehlungen sind auch über Europa hinaus als rechtlich bindende Mindeststandards, zumindest aber als Verhaltenskodizes, anzustreben.

Bereits jetzt können die EG-Vorschriften zu tierschutzbegründeten Beschränkungen des internationalen Handels führen. Die EG-Richtlinien über die Haltung von Schweinen und Kälbern, den Transport von Tieren sowie den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Schlachtung oder Tötung sehen vor, daß die entsprechenden Anforderungen auch in Drittstaaten zu beachten sind, falls die Tiere oder das Fleisch in die Europäische Union verbracht werden sollen. Damit ist für in die oder durch die Gemeinschaft exportierende Drittstaaten ein erheblicher Druck zur Anpassung ihrer Tierschutzstandards an EG-Recht gegeben.

Gleichwohl lassen sich Handelshemmnisse aufgrund der Nichteinhaltung der EU-Tierschutzstandards nicht mit den geltenden WTO-Bestimmungen vereinbaren. Anläßlich der Verabschiedung der Richtlinie über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere wurde 1998 intensiv diskutiert, inwieweit Einfuhren aus Drittstaaten in die EU von der Einhaltung von den in der EU geltenden Tierschutzstandards abhängig gemacht werden dürfen. Eine entsprechende Vorschrift in der Richtlinie wurde als nicht WTO-konform abgelehnt.

Die Kommission wurde in diesem Zusammenhang aufgefordert, eine Strategie auszuarbeiten, wie im multilateralen Handel für das Wohlergehen von Nutztieren gesorgt werden kann. Die Kommission prüft im Hinblick auf die Festlegung der Verhandlungsziele der EG für die nächste Runde der WTO-Verhandlungen, ob der Tierschutz in die WTO-Regeln einbezogen werden kann.

 

1.2  Europarat

Das Europäische Übereinkommen vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen zielt auf eine europaweite Harmonisierung der Tierschutzbestimmungen hinsichtlich Haltung, Pflege und Unterbringung von Tieren, die zur Erzeugung von Nahrungsmitteln, Wolle, Häuten, Fellen oder zu anderen landwirtschaftlichen Zwecken gezüchtet oder gehalten werden. Die Bundesrepublik Deutschland hat dieses Übereinkommen bereits 1978 ratifiziert (Gesetz vom 25. Januar 1978 - BGBl. 1978 II S. 113). Vertragsparteien sind alle EU-Mitgliedstaaten sowie Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Malta, Mazedonien, Norwegen, Island, die Schweiz, Slowenien, die Tschechische Republik, Zypern und die EG. Ungarn hat das Übereinkommen am 9. Dezember 1998 gezeichnet.

Da die Bestimmungen dieses völkerrechtlichen Vertrages relativ allgemein gehalten sind, ist im Rahmen des Übereinkommens ein Ständiger Ausschuß eingerichtet worden, dem die Ausarbeitung und Annahme von detaillierten Empfehlungen an die Vertragsparteien obliegt. Mitglieder dieses Ausschusses sind Beauftragte der jeweiligen Vertragsparteien (Regierungsvertreter). Die einschlägigen internationalen Tierschutz-, Tierärzte- und Tierhalterverbände nehmen als Beobachter an den Beratungen teil. Empfehlungen sind bislang für die Haltung von Haushühnern (Legehennen und Masthühner), Schweinen, Rindern, Pelztieren, Schafen und Ziegen sowie von Straußenvögeln verabschiedet worden. An Empfehlungen für die Haltung weiterer Mastgeflügelarten und Nutzfischen wird derzeit gearbeitet. Die Empfehlungen für die Haltung von Enten und Gänsen sollen voraussichtlich noch im Jahr 1999 verabschiedet werden. Mit der Überarbeitung der Empfehlung für die Haltung von Schweinen wurde begonnen. Die Empfehlung für die Haltung von Pelztieren wurde überarbeitet. Die überarbeitete Fassung soll im Jahr 1999 verabschiedet werden.

Für die Annahme dieser Empfehlungen ist Einstimmigkeit im Ständigen Ausschuß erforderlich. Die Empfehlungen müssen von den Vertragsparteien des Übereinkommens durch Rechtsetzung oder Verwaltungspraxis - hierzu gehören auch Beratungsempfehlungen - umgesetzt werden.

Da die Europäische Gemeinschaft selbst Vertragspartei dieses Übereinkommens ist, ist auch sie zu entsprechender Umsetzung verpflichtet. Dies bedeutet, daß die Empfehlungen des Ständigen Ausschusses in der Regel die fachliche Grundlage für die jeweiligen Kommissionsvorschläge darstellen.

Im Februar 1992 wurde ein Änderungsprotokoll zum Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen zur Zeichnung aufgelegt. Es wurde inzwischen durch acht Vertragsparteien, darunter Deutschland, ratifiziert und von weiteren fünf Vertragsparteien gezeichnet. Von der EG wurde es genehmigt, die Genehmigungsurkunde wird aber erst hinterlegt, wenn alle EU-Mitgliedstaaten dem Änderungsprotokoll beigetreten sind. Dies tritt in Kraft, nachdem alle Vertragsparteien des Übereinkommens auch Vertragspartei dieser Zusatzvereinbarungen geworden sind.

Mit dem Änderungsprotokoll wurde das Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen an die Weiterentwicklung der Tierhaltung angepaßt. Sein Anwendungsbereich wurde im Hinblick auf bestimmte Entwicklungen in den Tierhaltungsmethoden, insbesondere im Bereich der Biotechnologie, sowie auf das Töten von Tieren im landwirtschaftlichen Betrieb erweitert.

Das Änderungsprotokoll zum Übereinkommen trägt zur weiteren Harmonisierung des unterschiedlichen Tierschutzrechtes in den Mitgliedstaaten des Europarates bei. Die materiellen Anforderungen der vorliegenden völkerrechtlichen Vereinbarung sind bereits Bestandteil der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland.

 

1.3  Europäische Union

Insbesondere das Europäische Parlament, aber auch einzelne Mitgliedstaaten, nicht zuletzt die Bundesrepublik Deutschland, setzen sich bei der Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere mit Nachdruck für EU-weite Tierschutzmindestanforderungen ein.

Im November 1991 hat der Ministerrat je eine Richtlinie über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern und Schweinen verabschiedet (Richtlinie 91/629/EWG, ABl. EG Nr. L 340 S. 28, des Rates vom 19. November 1991 über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern, zuletzt geändert durch Richtlinie des Rates vom 20. Januar 1997 (97/2/EG), und die Richtlinie des Rates vom 19. November 1991 über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen, 91/630/EWG, ABl. EG Nr. L 340 S. 33).

Zur Richtlinie 88/166/EWG des Rates vom 7. März 1988 zur Festsetzung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen in Käfigbatteriehaltung (ABl. EG Nr. L 74 S. 83) ist die Europäische Kommission ihrer Verpflichtung, dem Ministerrat einen Bericht sowie geeignete Änderungsvorschläge vorzulegen, im März 1998 nach intensivem Drängen nachgekommen.

Im Juni 1998 hat der Rat der Richtlinie 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998 über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere zugestimmt. Diese Richtlinie ging zurück auf einen Vorschlag der Kommission aus dem Jahr 1992. Aufgrund der Subsidiaritätsdiskussion, die in diesem Bereich insbesondere von Frankreich geführt wurde, war die Beratung dieses Richtlinienvorschlags längere Zeit blockiert.

Mit dieser Richtlinie werden einerseits die Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen durch Einführung harmonisierter Regeln für die Behandlung, Haltung und Pflege der Tiere in Gemeinschaftsrecht umgesetzt, und andererseits wird eine Rechtsgrundlage für die Umsetzung der aufgrund des Europäischen Übereinkommens vom Ständigen Ausschuß verabschiedeten tierartspezifischen Empfehlungen für die Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere geschaffen.

Die Richtlinie sieht in bezug auf Drittlandimporte vor, daß die Kommission bis zum 30. Juni 1999 einen Bericht über den Umfang der Importe sowie über die Tierschutzbestimmungen der Ursprungsländer vorlegt, aus dem die möglichen Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der Tierhalter in der Gemeinschaft hervorgehen (vgl. dazu auch Abschnitt III. 1.1). Die Umsetzung in nationales Recht muß bis zum 31. Dezember 1999 von den Mitgliedstaaten vollzogen werden, es sei denn, der Rat faßt aufgrund des genannten Berichtes der Kommission zur Wettbewerbssituation einen anderslautenden Beschluß.

Um den Tierschutz zu verbessern und dennoch die Wettbewerbsverhältnisse nicht zu Lasten der landwirtschaftlichen Tierhalter zu verschlechtern, hat die Bundesregierung großes Interesse an einer EU-weiten Konkretisierung und rechtsverbindlichen Umsetzung der Europaratsempfehlungen. Besonders aktuell ist dieser Bedarf im Bereich der Mastgeflügelhaltung.

 

1.4  Bundesrepublik Deutschland

Haltungssysteme gelten dann als tiergerecht, wenn das Tier erhält, was es zum Gelingen von Selbstaufbau und Selbsterhaltung benötigt, und ihm die Bedarfsdeckung und die Vermeidung von Schäden durch die Möglichkeit adäquaten Verhaltens gelingt. Ein entsprechendes ethologisches Konzept für die naturwissenschaftliche Beurteilung der in § 2 des Tierschutzgesetzes definierten Haltungsanforderungen wurde von der Untergruppe "wissenschaftliche Grundlagen" der Fachgruppe "Verhaltensforschung" der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft e. V. entwickelt (Bammert, J. et al., 1993: Bedarfsdeckung und Schadensvermeidung - Ein ethologisches Konzept und seine Anwendung für Tierschutzfragen. Tierärztliche Umschau 48, 269 bis 280).

In Ergänzung zu diesem Bedarfsdeckungs- und Schadensvermeidungskonzept wurden in jüngster Zeit wissenschaftliche Grundlagen zur Erfaßbarkeit von Befindlichkeiten bei Tieren erarbeitet, auf deren Grundlage intersubjektiv nachvollziehbare Aussagen zu Wohlbefinden oder Leiden bei Tieren möglich sein sollen. Dabei wird davon ausgegangen, daß Emotionalität zu den Grundeigenschaften von Tieren gehört. Die emotionale Wertung der Umwelt und der eigenen Bewältigungsfähigkeit leisten einen Beitrag zur erfolgreichen Nutzung der Umwelt zur Bedarfsdeckung oder zum Vermeiden von Schäden. Die dabei entstehenden Befindlichkeiten wie Freude, Trauer oder Angst sind zwar nicht direkt zugänglich und nur subjektiv erfahrbar, sie treten aber in Verbindung mit bestimmtem Verhalten und physiologischen Vorgängen auf. Von diesen kann bei guter Kenntnis der Biologie des einzelnen Tieres oder der jeweiligen Tierart unter Beachtung der jeweiligen Situation mit nur geringer Irrtumswahrscheinlichkeit auf die Befindlichkeit beim Tier geschlossen werden, solange lediglich mit den psychischen Dimensionen "angenehm - unangenehm" und "sicher - unsicher" gearbeitet wird (Fachgruppe Verhaltensforschung der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft e. V., Befindlichkeiten von Tieren - ein Ansatz zu ihrer wissenschaftlichen Beurteilung, Tierärztliche Umschau 52, 15 bis 22 und 67 bis 72 (1997)).

In Übereinstimmung mit diesem erweiterten Bedarfsdeckungs- und Schadensvermeidungskonzept bestimmt § 2 des Tierschutzgesetzes, die zentrale Vorschrift für Haltung, Pflege und Unterbringung von Tieren, folgendes:

"Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,

  1. muß das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
  2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, daß ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
  3. muß über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. "

Nach § 2a Abs. 1 des Tierschutzgesetzes ist das BML ermächtigt,

"durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, die Anforderungen an die Haltung von Tieren nach § 2 näher zu bestimmen und dabei insbesondere Vorschriften zu erlassen über Anforderungen

  1. hinsichtlich der Bewegungsmöglichkeit oder der Gemeinschaftsbedürfnisse der Tiere,
  2. an Räume, Käfige, andere Behältnisse und sonstige Einrichtungen zur Unterbringung von Tieren sowie an die Beschaffenheit von Anbinde-, Fütterungs- und Tränkvorrichtungen,
  3. hinsichtlich der Lichtverhältnisse und des Raumklimas bei der Unterbringung der Tiere,
  4. an die Pflege einschließlich der Überwachung der Tiere; hierbei kann das Bundesministerium auch vorschreiben, daß Aufzeichnungen über die Ergebnisse der Überwachung zu machen, aufzubewahren und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen sind,
  5. an Kenntnisse und Fähigkeiten von Personen, die Tiere halten, betreuen oder zu betreuen haben und an den Nachweis dieser Kenntnisse und Fähigkeiten bei Personen, die gewerbsmäßig Tiere halten, betreuen oder zu betreuen haben."

Die Grundsätze des § 2 des Tierschutzgesetzes muß jeder Tierhalter berücksichtigen. Soweit die Voraussetzungen des § 17 Nr. 2 Buchstabe b oder § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Tierschutzgesetzes vorliegen, kann ein Verstoß gegen diese Grundsätze geahndet werden, ohne daß es des Erlasses besonderer Durchführungsverordnungen bedarf.

Es ist jedoch in einzelnen Bereichen notwendig, bestimmte Mindestvoraussetzungen, deren Einhaltung für den Schutz der Tiere unverzichtbar ist, sowie Anforderungen, die für das Wohlbefinden bestimmter Nutztierkategorien wesentlich sind, näher zu regeln. Dem wurde bereits in einigen Bereichen der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung (Legehennen, Schweine, Kälber) Rechnung getragen.

Neben der Möglichkeit, durch Rechtsvorschriften den Tierschutz in der Tierhaltung zu verbessern, wird der Einführung freiwilliger Prüfverfahren nach amtlichen Kriterien von serienmäßig hergestellten Aufstallungssystemen und Stalleinrichtungen zum Halten landwirtschaftlicher Nutztiere, wie es in § 13a des Tierschutzgesetzes vorgesehen ist, eine entscheidende Rolle beigemessen.

Zur fachlichen Vorbereitung der entsprechenden Rechtsverordnung hat BML den im Jahr 1998 eingerichteten Fachausschuß Tiergerechtheit der DLG gebeten, allgemeine Anforderungen an freiwilllige Prüfungen der Tiergerechtheit zu erarbeiten. Der Fachausschuß Tiergerechtheit der DLG setzt sich zusammen aus unabhängigen Fachleuten aus Hochschule, Bundesforschung und Beratung.

Die Anforderungen sollen über die in den bisher erlassenen Gesetzen und Verordnungen definierten Mindestanforderungen hinausgehen. Dazu werden konkrete Vorgaben hinsichtlich der Kriterien, der Methodik und des Umfanges der Prüfverfahren sowie Anforderungen an die Sachkunde der Gutachter gemacht. Dies soll sicherstellen, daß bei freiwilligen Prüfverfahren Aspekte der Tiergerechtheit wissenschaftlich fundiert und in ausreichendem Maße Berücksichtigung finden. Zur Beurteilung der Tiergerechtheit sollen insbesondere Kriterien der Ethologie und Tiergesundheit herangezogen werden. Je nach zu prüfender Technik können weitere Parameter, wie zum Beispiel Leistung, Kondition und Hygiene, Beachtung finden.

Um den Anreiz zur Durchführung derartiger freiwilliger Prüfungen zu erhöhen, wurde in § 16 des Tierschutzgesetzes ein Absatz 7 aufgenommen, demzufolge die zuständige Behörde befugt ist, unter definierten Voraussetzungen eine gutachterliche Stellungnahme über Aufstallungssysteme und Stalleinrichtungen zu verlangen, es sei denn, es liegt ein erfolgreicher Abschluß einer freiwillligen Prüfung im Sinne des § 13a Tierschutzgesetz vor.

Der Bundesrat hat in seiner Entschließung vom 24. November 1995 (Drucksache 573/95 - Beschluß -) den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gebeten, die nutztierartige Haltung von Straußenvögeln grundsätzlich zu verbieten. Da eine solche Regelung als unverhältnismäßig angesehen wurde, schlug BML vor, auf der Basis des § 13 Abs. 3 des Tierschutzgesetzes eine Verordnung zum Halten von Straußenvögeln zu erlassen.

Der von BML vorgelegte Entwurf einer Rechtsverordnung zum Schutz von Tieren bestimmter wildlebender Arten, der neben Straußenvögeln auch andere wildlebende Tiere umfaßte, wurde dann aber vom Bundesrat insbesondere deswegen abgelehnt, weil aufgrund der Novellierung des Tierschutzgesetzes die gewerbsmäßige Haltung wildlebender Tierarten nunmehr einem Erlaubnisvorbehalt nach § 11 des Tierschutzgesetzes unterliegt.

Bei der landwirtschaftlichen Investitionsförderung, die in erster Linie der Verbesserung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen dient, ist die Einbeziehung von Tierschutzanforderungen möglich. Da § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juli 1988 (BGBl. I S. 1055), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. August 1997 (BGBl. I S. 2027), auch die Berücksichtigung von Tierschutzbelangen vorsieht, sind auch Investitionskosten zur Verbesserung des Tierschutzes im Zusammenhang mit Agrarstrukturinvestitionen grundsätzlich förderungsfähig. Auch die einschlägigen Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 950/97 des Rates vom 20. Mai 1997 ermöglichen Beihilfen für Investitionen zur Verbesserung der Hygienebedingungen in der Tierhaltung und die Einhaltung von Tierschutzvorschriften. So wurde 1994 auch die Möglichkeit der Förderung von Tierschutzinvestitionen bei der Geflügelhaltung, sofern diese nicht zu einer Ausweitung der Produktionskapazitäten führen, eingeführt.

In § 3 des Tierschutzgesetzes wurden folgende Verbotstatbestände, die bei der Haltung von Tieren von Bedeutung sind, neu aufgenommen oder umformuliert:

Niemand darf

Das Verbot der Anwendung von Dopingmitteln wurde in die neue Nummer 1a des § 3 übernommen. Es bezieht sich im Gegensatz zu den verbandsinternen Regelungen auf Substanzen, deren Wirkungen mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sein können.

Nach § 5 des Tierschutzgesetzes darf an einem Wirbeltier in der Regel ein mit Schmerzen verbundener Eingriff nicht ohne Betäubung vorgenommen werden. Seit der Novellierung des Tierschutzgesetzes ist die Betäubung nicht nur bei einem warmblütigen Tier, sondern auch bei Amphibien und Reptilien dem Tierarzt vorbehalten.

Im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung ist von unmittelbarer praktischer Bedeutung, daß das Tierschutzgesetz die Verwendung elastischer Ringe für das Enthornen von Rindern sowie beim Amputieren und Kastrieren verbietet. Elastische Ringe sind nur noch für das Kürzen des Schwanzes von unter acht Tage alten Lämmern zulässig. Nach der Novellierung des Tierschutzgesetzes kann die zuständige Behörde seit dem 1. Juni 1998 das Kürzen des bindegewebigen Endstückes des Schwanzes von unter drei Monate alten männlichen Kälbern mittels elastischer Ringe erlauben.

Für das betäubungslose Enthornen von Rindern wurde bereits 1986 das Höchstalter von vier Monaten auf sechs Wochen herabgesetzt. Die Altersgrenze für das betäubungslose Kastrieren männlicher Rinder, Schweine, Ziegen und Schafe wurde - sofern kein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt - mit der letzten Novellierung des Tierschutzgesetzes einheitlich auf vier Wochen herabgesetzt. Beim Kaninchen ist das betäubungslose Kastrieren nunmehr verboten. Ferner ist im Gesetz eine Reihe weiterer Eingriffe aufgeführt, bei denen keine Betäubung vorgeschrieben ist. Neu sind die Bestimmungen über das Abschleifen der Eckzähne von Ferkeln, sofern dies zum Schutz des Muttertieres oder der Wurfgeschwister unerläßlich ist, sowie die Regelungen zur Kennzeichnung von Tieren. Zur Kennzeichnung von Tieren siehe Abschnitt IX.

Von der Ermächtigung des § 16a Nr. 2 des Tierschutzgesetzes (Wegnahme von Tieren bei unzureichenden Haltungsbedingungen) konnte nur in Einzelfällen Gebrauch gemacht werden, da insbesondere für exotische Tiere Möglichkeiten für eine tiergerechte Unterbringung nur in geringem Maße bestehen. Die Einrichtung von "Auffangstationen" in den einzelnen Bundesländern scheiterte bisher an den fehlenden Mitteln. Nach der Novellierung des Gesetzes ist es nunmehr möglich, diese Tiere zu veräußern und in bestimmten enggefaßten Fällen Tiere, die nicht anderweitig untergebracht werden können bzw. die nur unter nicht behebbaren erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben können, töten zu lassen. Dieser letzten aller Möglichkeiten müssen geeignete Schritte vorausgegangen sein, eine tierschutzgerechte Unterbringungsmöglichkeit - auch überregional - zu finden.

 

2  Besondere Regelungen

2.1  Tierhaltung im ökologischen Landbau

Für die Tierhaltung im ökologischen Landbau sollen in Zukunft EU-weit verbindliche Mindestanforderungen gelten. Diese müssen eingehalten werden, wenn tierische Agrarerzeugnisse sowie für den Verzehr bestimmte Erzeugnisse, die Bestandteile tierischen Ursprungs enthalten, als aus ökologischem Landbau stammend gekennzeichnet werden sollen.

Die Europäische Kommission hat am 26. Juli 1996 einen Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates zur Einbeziehung der tierischen Erzeugung in den Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel (ABl. EG Nr. L 198 S. 1), der sogenannten "EG-Öko-Verordnung", vorgelegt. Die vorgesehenen Regelungen beziehen sich besonders auf Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine, Geflügel und Bienen. Sie beinhalten Grundregeln des ökologischen Landbaus in den Bereichen flächengebundene Tierhaltung, Gewährleistung des Tierschutzes (zum Beispiel Verbot systematischer Eingriffe an Tieren und Vermeidung von Streß bei Transport und Schlachtung) und besondere Regeln der Haltung, Fütterung und tierärztlichen Pflege. Mit dem Inkrafttreten der neuen Verordnung soll in ökologisch wirtschaftenden Betrieben europaweit ein einheitliches Niveau der tiergerechten Haltung umgesetzt werden.

Bis zur endgültigen Annahme dieses Vorschlages sind bei der Erzeugung von Zutaten tierischen Ursprungs, die in Produkten mit überwiegend pflanzlichen Zutaten Verwendung finden, bei Fehlen einzelstaatlicher Vorschriften die Tiere nach den international anerkannten Methoden ökologischer Erzeugung (zum Beispiel IFOAM-Richtlinien) zu halten, wenn diese Produkte als aus dem ökologischen Landbau stammend gekennzeichnet werden sollen.

Die verschiedenen Verbandsrichtlinien schreiben zum Teil Haltungsanforderungen im ökologischen Landbau fest, die über die tierschutzrechtlichen Mindestnormen hinausgehen. Eine gewissenhaft praktizierte ökologische Tierhaltung kann insofern zur Weiterentwicklung des Tierschutzes beitragen sowie für die konventionelle Landwirtschaft wichtige Impulse geben. Da ein Teil der Verbraucher bereit ist, tierfreundlichere Haltungsbedingungen über den Kaufpreis der Erzeugnisse zu honorieren, bietet sich darüber hinaus für manche Landwirte die Möglichkeit, Marktnischen zu nutzen und einer besonderen Nachfrage durch ein besonderes Angebot Rechnung zu tragen. Die Bundesregierung wird durch geeignete Maßnahmen vorrangig Absatz und die Vermarktung fördern.

 

2.2  Legehennen

Im Dezember 1996 wurden in Deutschland 42,4 Millionen Legehennen gehalten; fast 80 % hiervon in Betrieben mit mehr als 3.000 Tieren. Wenn auch in den letzten Jahren kontinuierlich rückläufig, so dominiert in diesen Betrieben dennoch weiterhin die Käfighaltung (1997 mit 89,7 % der Haltungsplätze). Diese Haltungsform hat sich wegen ihrer wirtschaftlichen und hygienischen Vorteile weltweit durchgesetzt; aus verhaltenswissenschaftlicher und tierschutzfachlicher Sicht wird sie allerdings erheblich kritisiert.

Ein einseitiges nationales Verbot der derzeit praktizierten Käfighaltung würde aber aufgrund des starken Wettbewerbs im Eiersektor innerhalb der EU die deutsche Geflügelwirtschaft in ihrer Existenz gefährden und darüber hinaus lediglich das Tierschutzproblem in Mitgliedstaaten mit weniger restriktiven Vorschriften verlagern.

Die Bundesregierung hatte sich aus diesem Grund bereits Ende der siebziger Jahre für eine EG-weite Regelung zum Schutz der Legehennen eingesetzt.

Die Richtlinie 86/113/EWG des Rates vom 25. März 1986 zur Festsetzung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen in Käfigbatteriehaltung (ABl. EG Nr. L 95 S. 45), die wegen eines Formfehlers zunächst aufgehoben, dann aber in ihrem materiellen Teil unverändert als Richtlinie 88/166/EWG des Rates vom 7. März 1988 (ABl. EG Nr. L 74 S. 83) erneut erlassen wurde, legt unter anderem eine Mindestbodenfläche von 450 cm2 je Legehenne fest. Nach einer Übergangszeit für bestehende Anlagen gilt dies seit 1. Januar 1995 für alle Käfige in der EU.

1986 wurde von dem aufgrund des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen beim Europarat gebildeten Ständigen Ausschuß eine Empfehlung für das Halten von Legehennen angenommen. Während es im Bereich der Käfighaltung von Legehennen nicht möglich war, über die gleichzeitig erarbeiteten EG-Mindestanforderungen hinauszugehen, konnten neue Bestimmungen für die Boden- sowie Auslaufhaltung von Legehennen in die Empfehlung aufgenommen werden.

Die Bundesrepublik Deutschland hat die Verpflichtung zur Umsetzung sowohl der Empfehlung als auch der EG-Richtlinie mit Bestimmungen des Tierschutzgesetzes, mit der Verordnung zum Schutz von Legehennen bei Käfighaltung (Hennenhaltungsverordnung) vom 10. Dezember 1987 (BGBl. I S. 2622) sowie durch zusätzliche Beratungsempfehlungen erfüllt (aid-Informationen, Arbeitsunterlagen für Berufsbildung und Beratung Nr. 3 vom 5. Februar 1988).

Die auf das Tierschutzgesetz gestützte Hennenhaltungsverordnung geht aus Tierschutzgründen über die Mindestanforderungen der EG-Richtlinie hinaus. Sie enthält größere Käfigmindestflächen für Hennen mit einem Durchschnittsgewicht von mehr als 2 kg (550 cm2) und ist für bestehende Anlagen schon am 1. Januar 1993 in Kraft getreten.

Da sich die Geflügelwirtschaft insbesondere durch die Anforderung größerer Käfigmindestflächen für schwere Hennen gegenüber Konkurrenten in anderen EU-Mitgliedstaaten benachteiligt fühlte, wurden im Hinblick darauf Klagen erhoben, denen aber kein Erfolg beschieden war. Das Bundesverwaltungsgericht hat ein entsprechendes Verfahren im Dezember 1993 ausgesetzt, um eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften zu der Frage einzuholen, ob die Richtlinie 88/166/EWG den Mitgliedstaaten Freiraum für strengere Anforderungen hinsichtlich der in der Richtlinie festgelegten Mindestkäfigflächen einräumt (BVerwG 3 C 28.91). Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 19. Oktober 1995, Rechtssache C-128/94, Slg. 1995 I-5389, entschieden, daß die entsprechende Bestimmung der Richtlinie dahin auszulegen ist, daß sie den Mitgliedstaaten nicht verbietet, in bezug auf die Käfigbodenfläche für Legehennen in Käfigbatteriehaltung national strengere Vorschriften zu erlassen.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat im April 1990 beim Bundesverfassungsgericht einen Normenkontrollantrag gegen die Hennenhaltungsverordnung eingereicht, der vom Land Niedersachsen unterstützt wird. Diese Länder bezweifeln, daß die Verordnung den Anforderungen des Tierschutzgesetzes an eine artgemäße und verhaltensgerechte Tierhaltung genügt. Das Bundesverfassungsgericht wird in Kürze über den Normenkontrollantrag entschieden.

Nach den Bestimmungen der EG-Richtlinie 88/166/EWG sollte die Kommission vor dem 1. Januar 1993 einen Bericht vorlegen, um dem Fortschritt in der Entwicklung tierschutzgerechter Haltungsformen durch geeignete Vorschläge Rechnung zu tragen; dies ist eine Art Revisionsklausel. Der Wissenschaftliche Veterinärausschuß hat schon 1992 einen Bericht über den Tierschutz bei Legehennen in verschiedenen Haltungssystemen vorgelegt und diesen mit seinem am 30. Oktober 1996 verabschiedeten Bericht aktualisiert.

Der Wissenschaftliche Veterinärausschuß kommt in seinem Bericht von 1996 unter anderem zu folgenden Schlußfolgerungen:

Nachteile der Alternativsysteme:

= Die Gefahr des Federpickens und Kannibalismus ist groß, wenn die Schnäbel nicht gekürzt sind;
= das Risiko des Befalls mit Ekto- und Endoparasiten ist höher als in Käfighaltungssystemen und
= aufgrund der größeren Bewegungsmöglichkeit kommt es während der Legeperiode häufiger zu Knochenbrüchen.

Die Kommission hat im März 1998 eine Mitteilung über den Schutz von Legehennen in verschiedenen Haltungssystemen sowie einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen in verschiedenen Haltungssystemen (KOM-Vorschlag) vorgelegt. Hierzu war sie aufgrund der Richtlinie 88/166/EWG zur Haltung von Legehennen verpflichtet.

Der Vorschlag beinhaltet folgende Elemente:

Es werden Anforderungen an das Halten von Legehennen in verschiedenen Systemen geregelt. Die Regelungen zur Nichtkäfighaltung sind allerdings unvollständig. So fehlen Angaben zur Mindestfläche, die den Tieren zur Verfügung stehen muß. Regelungen zur Freilandhaltung fehlen ganz.

Der Vorschlag sieht unter anderem vor, daß

  1. alle Legehennenhaltungssysteme, die ab 1. Januar 1999 in Betrieb genommen werden, Nester, Sitzstangen und Sandbäder haben müssen.

  2. in mehretagigen Systemen ohne Käfige (Volieren) sowie in Bodenhaltung mindestens die Hälfte der Bodenfläche eingestreut sein muß. Das Schnabelkürzen ist in diesen Haltungssystemen erlaubt.

  3. sogenannte "ausgestaltete" Käfige (enriched cages) zusätzlich zu den Anforderungen der Nummer 1 mindestens 50 cm hoch sein müssen. Eine Mindestfläche wird nicht vorgegeben. Das Schnabelkürzen ist in diesen Haltungssystemen verboten.

  4. die Mitgliedstaaten die Verwendung von Käfigen ohne Nester und Sandbäder zulassen können, wenn diese mindestens 800 cm2 Fläche pro Huhn haben und mindestens 50 cm hoch sind. Amtlich zugelassene Vorrichtungen, mit denen der Abrieb der Krallen sichergestellt ist, müssen vorhanden sein. Das Schnabelkürzen ist in diesen Haltungssystemen verboten.

Alle Anlagen müssen die genannten Anforderungen ab 1. Januar 2009 erfüllen.

Käfighaltungen, die am 1. Januar 1999 nicht älter als zehn Jahre sind, können mit Zustimmung der Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2008 unter folgenden Voraussetzungen weiter benutzt werden:

  1. Die Bestimmungen der geltenden Legehennen-Richtlinie gelten weiter (unter anderem 450 cm2 Mindestfläche pro Tier). Zusätzlich wird ab 1. Januar 1999 das Schnabelkürzen verboten.

  2. Ab 1. Januar 2004 wird eine Mindestfläche von 550 cm2 pro Henne gefordert.

  3. Anlagen, die am 1. Januar 1999 älter als zehn Jahre sind, dürfen mit Zustimmung der Mitgliedstaaten längstens bis zum 31. Dezember 2003 benutzt werden, sofern sie die Voraussetzungen der Nummer 1 erfüllen.

Als flankierende Maßnahme soll künftig die Angabe des jeweiligen Haltungssystems obligatorischer Bestandteil der Eierkennzeichnung für EU-Ware sein. Zudem soll bei der nächsten WTO-Verhandlungsrunde die Aufnahme des Tierschutzes in die WTO-Vorschriften angestrebt werden. Die konkreten Vorschläge der Kommission hierzu bleiben abzuwarten.

Der Rat hat im September 1998 eine erste Orientierungsdebatte zu dem Vorschlag geführt. Dabei wurden folgende Positionen vertreten:

Ferner forderten sie, in jedem Fall wirtschaftliche Aspekte bei der Umstellung zu berücksichtigen.

Alle Mitgliedstaaten forderten eine EU-weit geltende Regelung, die Absicherung des europäischen Marktes gegenüber Importen aus Drittstaaten sowie finanzielle Unterstützung bei der Umstellung auf alternative Haltungssysteme.

Einige Mitgliedstaaten haben im Sonderausschuß Landwirtschaft einen "stand-still" bei den Tierschutzvorschriften in der Legehennenhaltung gefordert. Der Anstieg der Produktionskosten würde wesentlich höher ausfallen als die von der Kommission angegebenen 10 bis 15 %. Aus wirtschaftlichen und arbeitstechnischen Gründen sowie unter Umweltschutzaspekten sei der Vorschlag als Rückschritt zu werten. Eine Verschärfung der Vorschriften im Vorgriff auf die WTO-Runde sei abzulehnen, da ein Schutz der europäischen Produktion vor billigen Drittlandimporten nicht sichergestellt werden könne. Das in Aussicht gestellte Investitionshilfeprogramm sei im übrigen in der Praxis kaum realisierbar.

Die anderen Mitgliedstaaten hingegen forderten eine Verbesserung des Tierschutzes in der Legehennenhaltung. Es gehe nicht nur um Tierschutz, auch unter wirtschaftlichen Aspekten müsse dem Imageverlust der Veredelungswirtschaft entgegengewirkt werden. Der von der Kommission errechnete Anstieg der Produktionskosten sei nachvollziehbar. Allerdings müßten für Importprodukte die gleichen Bedingungen gelten wie für EU-Erzeugnisse.

Der Bundesrat hat zu dem KOM-Vorschlag am 10. Juli 1998 einen Beschluß gefaßt (Drucksache 295/98 (Beschluß)). Der Bundesrat begrüßt den Vorschlag grundsätzlich. Gleichzeitig fordert er jedoch ein EU-weites Verbot der herkömmlichen Käfighaltung. Daher bittet er die Bundesregierung, "sich bei den Beratungen in Brüssel dafür einzusetzen, daß die herkömmliche Käfighaltung nach angemessener Übergangsfrist EU-weit verboten wird, wobei ein ergänzender Außenschutz sicherzustellen ist und die Entwicklung praxisrelevanter Alternativen auf EU-Ebene forciert wird." Außerdem fordert er, daß Mindestnormen für die alternativen Haltungssysteme festgelegt werden.

Der federführende Ernährungsausschuß des Deutschen Bundestages hat am 23. Juni 1998 einstimmig eine im wesentlichen gleichlautende Empfehlung angenommen (Drucksache 13/11371).

Beim Deutschen Bauernverband hat sich eine Arbeitsgruppe mit der Weiterentwicklung der Legehennenhaltung befaßt. In der Arbeitsgruppe waren Verbände, Praxisvertreter, Hersteller von Haltungseinrichtungen, Wissenschaftler und das Land Niedersachsen vertreten. Die Arbeitsgruppe kommt in ihrer Stellungnahme zu dem Schluß, daß alle derzeit eingeführten Haltungssysteme weiterentwickelt werden müssen. An der herkömmlichen Käfighaltung würden die eingeschränkte Bewegung der Tiere, das Fehlen eines Nestes sowie einer Scharrmöglichkeit nachhaltig kritisiert. Daher soll der herkömmliche Käfig dahingehend weiterentwickelt werden, daß die Gruppengröße je Käfig erhöht wird, eine Rückzugsmöglichkeit zur Eiablage geboten wird und eine vertikale Strukturierung vorhanden ist. Ferner sollte die Aktivitätsmöglichkeit der Henne durch entsprechende Beschäftigung (zum Beispiel Scharrmöglichkeit) erhöht werden. Auch die Boden- und Freilandhaltung bedürfen weiterer Verbesserungen, die insbesondere die Vermeidung von Federpicken und Kannibalismus sowie die Verbesserung der Hygiene und Produktionsdaten betreffen.

Der Berichterstatter des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung des Europäischen Parlamentes, MdEP Heinz Kindermann, begrüßt den KOM-Vorschlag grundsätzlich als Schritt in die richtige Richtung. Er fordert kein Verbot jeglicher Käfighaltung, plädiert allerdings dafür, den herkömmlichen Käfig in einer Übergangszeit als "Ausnahme von dem neu zu schaffenden ausgestalteten Käfig" zu betrachten. Da dieser neue Käfigtyp noch nicht am Markt sei, schlägt der Berichterstatter jedoch längere Übergangszeiten als die Kommission vor.

Darüber hinaus fordert er konkretere Anforderungen an alternative Haltungssysteme. Dennoch votierte das Europäische Parlament für ein Verbot der Käfighaltung innerhalb von zehn Jahren und schloß sich damit dem Votum des mitberatenden Umweltausschusses an.

Ein von der österreichischen Präsidentschaft vorgelegter Vorschlag wird unter der deutschen Präsidentschaft weiterentwickelt. Der Vorschlag untergliedert sich in einen Abschnitt zur "Nichtkäfighaltung" und einen Abschnitt zur Käfighaltung. Ziel der Beratungen im ersten Halbjahr 1999 muß sein:

  1. Nachhaltige Verbesserung des Tierschutzes für alle Formen der Legehennenhaltung EU-weit.

  2. In allen Haltungssystemen müssen den Legehennen Nest, Sitzstange und Scharrmöglichkeit, mit oder ohne Einstreu, zur Verfügung stehen. Das bedeutet ein Verbot der herkömmlichen Käfige.

  3. Vergrößerung der Nutzfläche (das heißt die für die Hennen begehbare Fläche).

Weitere Anfoderungen an die Legehennenhaltung:

Die Umsetzung dieser Vorgaben muß schrittweise erfolgen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß

Nach einer angemessenen Übergangsfrist müssen jedoch alle Anforderungen erfüllt werden.

Die Richtlinie muß zu gegebener Zeit überprüft werden.

Einen entsprechenden Vorschlag hat die deutsche Präsidentschaft im Januar 1999 eingebracht.

Die Möglichkeit einer Investitionsbeihilfe bei vorzeitiger Umstellung der Systeme muß geprüft werden.

Die Bundesregierung wird alles tun, um das Vorhaben unter der deutschen Präsidentschaft zum Abschluß zu bringen.

Das Institut für Tierzucht und Tierverhalten der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) sieht in modifizierten Legekäfigen eine Möglichkeit, den Anforderungen des Tierschutzes wesentlich besser gerecht zu werden, als dies in herkömmlichen Käfigbatterien der Fall ist:

" Im Vergleich zu herkömmlichen Käfigen ergibt sich derzeit aufgrund detaillierter Verhaltenserhebungen für kleine Alternativkäfige:

 

Offene Fragen

Trotz der optimistischen Einschätzung für die praktische Legehennenhaltung, mit modifizierten Käfigen eine verhaltenserweiternde Alternative zu herkömmlichen Käfigen zu finden, ergeben sich noch eine ganze Reihe offener Fragen. Es gilt vor allem, in umfangreicheren Versuchen zu klären, inwieweit die Aussagen über das erreichte Niveau entsprechend wiederholbar sind. Die Beantwortung der Fragen hängt unter anderem von den Ergebnisschwankungen zwischen den einzelnen Jahren ab. Auch ist nur wenig bekannt, wie die Situation in mehrstöckigen Käfigblöcken ist und wie die unterschiedlichen Hennenherkünfte reagieren. Darüber hinaus ist das Ergebnis der Praxisversuche, die zur Zeit in Schweden laufen, zur Übertragbarkeit der Forschungsergebnisse in die Praxis abzuwarten.

Des weiteren sind noch detaillierte Untersuchungen zur Frage, welches das geeignetste Staubbadematerial ist, vorzunehmen. Dieses berührt nicht nur die Bevorzugung bestimmter Materialien durch die Tiere, sondern auch die Luftqualität des Stalles, weil die Materialien bei gleicher Aktivität der Tiere unterschiedliche Staubmengen abgeben und somit die Qualität der Stalluft wie auch die Keimbesiedlung des Staubes beeinflussen können. Das Verschleudern des Materials aus dem Staubbadebereich hat zur Folge, daß ein Nachfüllen während der Legeperiode notwendig wird. Zusätzlicher technischer Aufwand ist unumgänglich, um den Arbeitseinsatz zu reduzieren. Diese Fragen dürften jedoch langfristig keine unüberwindlichen Probleme darstellen.

An den Käfigen selbst sind darüber hinaus noch konstruktive Veränderungen vorzunehmen, um die Gefiederqualität zu verbessern und den Schmutzeieranteil zu verringern. Trotz des gestiegenen Anteils nichtperforierter Bodenflächen, durch die der Kot nicht schwerkraftbedingt aus dem Tierbereich gelangt, wird der modifizierte Käfig, gemessen an Einstreu- und Auslaufhaltungen, als deutliche Verbesserung der Hygienesituation für die Hennen angesehen. Im Vergleich zur herkömmlichen Käfighaltung stellt dieser modifizierte Käfig jedoch in gewissem Umfang eine Verschlechterung der Hygiene dar.

Die Erfolge mit alternativen Käfigen motivierten Wissenschaftler aus mehreren Ländern, 1997 einen gemeinsamen Forschungsantrag bei der EU zu stellen, um die noch vorhandenen Nachteile schneller in den Griff zu bekommen. Er wurde jedoch abgelehnt. Eine finanzielle Unterstützung der Prüfung alternativer Käfige auf Praxistauglichkeit durch die EU ist bisher nicht erreicht worden.

 

Schlußbetrachtung

Nach Einschätzung der Wissenschaftler ist durch Verwendung modifizierter Käfige die Aussicht auf das Erreichen der gesetzten Ziele deutlich gestiegen. Dieser Käfig stellt immer noch eine Begrenzung der Hennen auf einen relativ engen Raum dar und somit auch weiterhin eine Käfighaltung, jedoch bietet er Vorteile gegenüber der Großgruppenhaltung (Bodenhaltung usw.), in welcher tierbedingte Verletzungen bei weitaus mehr Tieren vorkommen. Darüber hinaus ist der heutige Stand der Technik der Kotbehandlung in der herkömmlichen Käfighaltung mit ihrer geringeren Belastung der Umwelt so weit fortgeschritten, daß die Übernahme in modifizierte Käfige leicht möglich ist. Inwieweit sich die hervorragenden Arbeitsbedingungen der herkömmlichen Käfighaltung bewahren lassen, ist derzeit schwierig zu beantworten. Die Übersichtlichkeit des Haltungssystems wird vermutlich reduziert werden, weil den Hennen unter anderem bessere, jedoch weniger leicht vom Betreuer einsehbare Rückzugsmöglichkeiten angeboten werden. Die Produktionskosten je Ei werden jedoch etwas höher sein als in der herkömmlichen Käfighaltung, weil je Stall weniger Hennen gehalten werden und der Hennenplatz je Käfig zusätzlich teurer ist".

Nicht nur durch Rechtsvorschriften, sondern auch durch ein entsprechendes Verbraucherverhalten kann die Praxis der Legehennenhaltung entscheidend beeinflußt werden.

Die EG-Vermarktungsvorschriften wurden bereits 1985 dahingehend geändert, daß auf Eiern der Klasse A und auf entsprechenden Kleinpackungen das Haltungssystem der Legehennen angegeben werden darf. Freilandhaltung, intensive Auslaufhaltung, Boden- und Volierenhaltung wurden in der EG-Verordnung entsprechend definiert (Verordnung (EWG) Nr. 1274/91 der Kommission vom 15. Mai 1991 mit Durchführungsvorschriften für die Verordnung (EWG) Nr. 1907/90 des Rates über bestimmte Vermarktungsnormen für Eier, ABl. EG Nr. L 121 S. 11, zuletzt geändert durch Verordnung (EWG) Nr. 505/98 der Kommission vom 3. März 1998, ABl. EG Nr. L 63 S. 16). Inzwischen wurden auch Käfigeier in die fakultative Kennzeichnungsregelung einbezogen (Verordnung (EG) Nr. 2401/95 der Kommission vom 12. Oktober 1995 - ABl. EG Nr. L 246 S. 6). Bei Lose-Verkäufen sind derartige Angaben über die Haltungsform nur zulässig, wenn die einzelnen Eier entsprechend gekennzeichnet werden.

Tierschutzinteressierte Verbraucher können sich also beim Kauf über die Haltungsform der Legehennen informieren und eine entsprechende Auswahl treffen. Bei Eiern, die ohne derartige Informationen angeboten werden, kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß es sich um Eier aus Käfighaltung handelt.

 

2.3  Mastgeflügel

Als Mastgeflügel werden in Deutschland vor allem Masthühner, Truthühner (Puten), Enten und Gänse gehalten. Im Dezember 1996 waren dies ca. 43,4 Millionen Masthühner, 7,1 Millionen Truthühner, 2,1 Millionen Enten und 0,6 Millionen Gänse.

Der aufgrund des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen eingesetzte Ständige Ausschuß des Europarates erarbeitet derzeit Empfehlungen für das Halten von Enten, Gänsen und Puten.

Eine Empfehlung für das Halten von Masthühnern wurde im November 1995 angenommen. Sie wurde mit der bereits 1986 verabschiedeten Empfehlung für das Halten von Legehennen zusammengefaßt und für die Praxis bekanntgemacht (Ausbildung und Beratung im Agrarbereich / Informationen für die Agrarberatung - 10/96 (aid) / "Neue Europaratsempfehlung: Tierschutz in der Masthühnerhaltung").

Die Empfehlung für das Halten von Straußenvögeln wurde im April 1997 angenommen und trat im Oktober 1997 in Kraft. Diese Empfehlung enthält Regelungen zur Betreuung und Versorgung der Tiere sowie zu ihrer Unterbringung einschließlich Richtwerte über den Platzbedarf. Außerdem sind detaillierte Anforderungen an die Qualifikation des Betreuers enthalten. Die Empfehlung wurde allen Behörden und Verbänden zugänglich gemacht. Sie kann außerdem beim BML angefordert werden.

Im Hinblick auf die sich ausweitende und sehr unterschiedlich beurteilte nutztierartige Straußenhaltung hat BML frühzeitig die Sachverständigengruppe "Vögel" mit der Erstellung eines Gutachtens über Anforderungen an eine tierschutzgerechte Straußenhaltung beauftragt. (Näheres siehe im Abschnitt III.2.13.) Das Gutachten ergänzt in der Praxis die Regelungen der Empfehlung.

BML hat eine Sachverständigengruppe mit Vertretern der Tierzuchtwissenschaft, Veterinärmedizin sowie der Geflügelwirtschaft und -praxis mit der Ausarbeitung einer Empfehlung zur artgemäßen und verhaltensgerechten Geflügelmast (Masthühner) beauftragt. In ihrer Stellungnahme vom April 1993 hat die Sachverständigengruppe festgestellt, daß hinsichtlich der Höchstbesatzdichte ein Bereich von 30 bis 37 kg je Quadratmeter diskutiert werde, sich eine wissenschaftlich fundierte Festlegung unter dem Aspekt des Tierschutzes derzeit aber nicht treffen ließe.

Insbesondere in Tierhaltungsbereichen, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichtet werden müssen und für die bisher keine rechtsverbindlichen Vorgaben bestehen, ist die Umsetzung tierschutzrechtlicher Mindestanforderungen für die für den Vollzug zuständigen Behörden häufig schwierig und gegebenenfalls mit langwierigen verwaltungsrechtlichen Auseinandersetzungen verknüpft. Dieses trifft insbesondere die Bundesländer, in denen traditionsgemäß eine intensive Veredelungswirtschaft betrieben wird. So werden in Niedersachsen über 50 % der in der Bundesrepublik gehaltenen Jungmasthühner und knapp 50 % der Mastputen gehalten. Nach intensiven und ausführlichen Diskussionen mit Wissenschaftlern, Tierhaltern, dem niedersächsischen Tierschutzbeirat, der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft Landesverband e. V. und Behördenvertretern wurden insbesondere für die vorgenannten Tierarten Mindestanforderungen erarbeitet. Diese legen zum einen Anforderungen an die Pflege und Betreuung der Tiere, die Lüftungseinrichtungen, die Beleuchtung und das Lichtprogramm, die Besatzdichte etc. fest; dabei ist die Höhe der Besatzdichte zum Teil an Kenntnisse und Fähigkeiten des Tierhalters sowie unter anderem an die tierärztliche Betreuung geknüpft. Zum anderen werden Eigenkontrollmaßnahmen und deren Dokumentation verlangt. Besonders hervorzuheben ist, daß der Einfall von natürlichem Tageslicht bei Neubauten einvernehmlich festgelegt wurde.

Zwischen dem Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und der Niedersächsischen Geflügelwirtschaft Landesverband e. V. ist die Umsetzung und Einhaltung der Anforderungen schriftlich vereinbart worden. Die Umsetzung der Haltungsanforderungen und der Eigenkontrollmaßnahmen wird durch die Veterinärbehörden stichprobenartig kontrolliert sowie im Rahmen der Schlachtgeflügel-Untersuchung überwacht. Die Nichteinhaltung der Anforderungen zieht behördliche Maßnahmen nach sich. In den Vereinbarungen ist die ständige wissenschaftliche Weiterentwicklung fixiert. Hierfür ist eine Arbeitsgruppe berufen, die die gefundenen Kompromisse unter Berücksichtigung der Praxiserfahrungen und neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse aufarbeitet. Hierbei stehen insbesondere eine weitere Strukturierung in den Mastgeflügelhaltungen, eine verstärkte Berücksichtigung der Vitalität der Tiere bei Zucht und Fütterung und auch die Problematik des Auftretens von Federpicken und Kannibalismus im Vordergrund. Der Vereinbarung zur Junghühnermast sind zwischenzeitlich weit über 80 % der Tierhalter beigetreten. Die neuere Putenvereinbarung ist von den Erzeugergemeinschaften bereits akzeptiert worden, das Beitrittsverfahren läuft derzeit.

Das Ministerium für Landwirtschaft und Naturschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat am 12. September 1996 eine "Verwaltungsvorschrift zur Durchführung von Kontrollen der Funktionssicherheit von Zwangslüftungseinrichtungen in Anlagen der Tierhaltung" bekanntgemacht. Das dortige Landesveterinär- und Lebensmitteluntersuchungsamt hat ein "Merkblatt zur Hyperthermieprophylaxe bei der Broilermast" herausgegeben.

Die Bundesregierung stimmt mit den Agrarministern der Länder und mit der Geflügelwirtschaft überein, daß letztlich nur eine EU-weite Regelung der Masthühnerhaltung zu einer insgesamt befriedigenden Lösung der Probleme führen kann. BML hat die Europäische Kommission auf die Notwendigkeit diesbezüglicher Gemeinschaftsregelungen hingewiesen und um die Vorlage eines wissenschaftlichen Berichtes zur Mastgeflügelhaltung gebeten. Grundlage von EG-Vorschriften könnten die Empfehlungen zur Geflügelhaltung sein, die derzeit beim Europarat erarbeitet werden.

Parallel zu den Beratungen im Ständigen Ausschuß beim Europarat hat sich eine nationale Arbeitsgruppe bemüht, Empfehlungen für die Enten- und Putenhaltung zu erarbeiten. Bedauerlicherweise sind diese Bemühungen an unüberbrückbaren Gegensätzen zwischen den einzelnen Sachverständigen inzwischen gescheitert.

In den letzten Jahren hat die Intensivhaltung von Moschusenten in Deutschland an Bedeutung gewonnen. Die geschlachteten Tiere wurden ursprünglich unter der Bezeichnung "Flugente" vermarktet. Um eine Irreführung der Verbraucher hinsichtlich der Haltungsbedingungen der Enten zu vermeiden, wurde diese Angabe inzwischen durch "Barbarieente" ersetzt (Verordnung (EWG) Nr. 1538/91 der Kommission vom 5. Juni 1991 mit ausführlichen Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EWG) Nr. 1906/90 des Rates über bestimmte Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch, ABl. EG Nr. L 143 S. 11, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1000/96, ABl. EG Nr. L 134 S. 9).

In den bestehenden Haltungssystemen treten vielfach Probleme auf, insbesondere Kannibalismus und Verletzungen durch die scharfen Krallen der Moschusenten, denen häufig durch Schnabel- und Krallenkürzen begegnet wird. In einer vom BML in Auftrag gegebenen und 1992 vorgelegten Untersuchung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) und der Universität Leipzig zu Problemen "der Intensivhaltung von Moschusenten und Möglichkeiten zur Vermeidung des Schnabelstutzens" konnte das Problem der gegenseitigen Verletzungen auch durch verminderte Besatzdichte, Angebot von Einstreu, Beschäftigungsmöglichkeiten, Auslauf mit Bademöglichkeit und verschiedene Beleuchtungsprogramme nicht überwunden werden. Die Wissenschaftler kamen daher zu dem Schluß, daß nach derzeitigem Kenntnisstand bei der Haltung dieser Tierart noch nicht auf geringfügiges und fachgerechtes Kürzen der Schnabel- und Krallenspitzen verzichtet werden kann, um gegenseitige, zum Teil schwerwiegende Verletzungen zu vermeiden.

Es gibt jedoch Hinweise, wonach durch eine geeignete Zuchtauswahl, eine geringere Besatzdichte sowie geeignete Futterzusammensetzung das Problem des Kannibalismus verringert werden könnte. Das Kürzen der Krallenspitzen ist nach der Novellierung des Tierschutzgesetzes, soweit durchblutetes und innerviertes Gewebe betroffen ist, nur aufgrund einer tierärztlichen Indikation erlaubt.

Auch beim Kauf von Geflügelfleisch können tierschutzinteressierte Verbraucher Informationen über die Haltung der Tiere berücksichtigen. Nach den oben genannten Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch können die Haltungsformen "Extensive Bodenhaltung, Auslaufhaltung, Bäuerliche Auslaufhaltung und Bäuerliche Freilandhaltung" bei Masthühnern, Truthühnern, Enten, Gänsen und Perlhühnern auf dem Etikett angegeben werden, sofern die in der Verordnung jeweils festgelegten Mindestanforderungen, insbesondere an den Zugang zu Ausläufen, Besatzdichten und Mastdauer, eingehalten werden.

 

2.4  Schweine

Die Schweinehaltung stellt einen der wichtigsten Betriebszweige unserer Landwirtschaft dar. Im April 1998 wurden in Deutschland 25,2 Millionen Schweine gehalten.

Im Rahmen des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen wurde 1986 beim Europarat eine Empfehlung für das Halten von Schweinen angenommen. Die Verpflichtung zur Umsetzung der Empfehlung wurde mit Bestimmungen des Tierschutzgesetzes, mit Beratungsempfehlungen (AID-Informationen, Arbeitsunterlagen für Berufsbildung und Beratung Nr. 17, vom 8. Juli 1988 und AID-Informationen für die Agrarberatung Nr. 3, März 1994) sowie mit der Verordnung zum Schutz von Schweinen bei Stallhaltung (Schweinehaltungsverordnung) erfüllt. Die Schweinehaltungsverordnung wurde am 30. Mai 1988 erlassen (BGBl. I S. 673). In Anpassung an die zwischenzeitlich verabschiedete Richtlinie 91/630/EWG des Rates vom 19. November 1991 über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen (ABl. EG Nr. L 340 S. 33) wurde die Verordnung in einigen Punkten geändert und am 18. Februar 1994 neu bekanntgemacht (BGBl. I S. 311). Die zweite Verordnung zur Änderung der Schweinehaltungsverordnung, mit der neueren Entwicklungen in der Fütterungstechnik Rechnung getragen wird, wurde im August 1995 verkündet (BGBl. I S. 1016).

Die Schweinehaltungsverordnung enthält insbesondere:

In institutsübergreifenden Projekten der FAL konnte festgestellt werden, daß Außenklimaställe unter der Voraussetzung eines sehr guten Managements ein tiergerechtes Haltungsverfahren sind. Im Wettbewerb "landwirtschaftliches Bauen", den BML 1997/98 mit dem Titel "Offene Stallsysteme für Schweine oder Geflügel" ausgeschrieben hatte, wurden mehrere Betriebe mit Außenklimaställen ausgezeichnet (aid-Heft "Außenklimaställe für Schweine", 1998).

In einem weiteren Projekt der FAL wurde gezeigt, daß die Mistmatratze sogenannter Tiefstreuverfahren unter bestimmten klimatischen Voraussetzungen eine Belastung für die Tiere darstellen kann. In diesen Fällen muß für eine ausreichende Kühlung der Schweine gesorgt werden.

Die in jüngster Zeit zunehmenden Großgruppenhaltungen von Mastschweinen bietet den Tieren die gewünschte Raumstruktur für die einzelnen Funktionskreise. Darüber hinaus treten geringere Schadgasemissionen auf. Außerdem werden bei diesen Verfahren hohe Tierleistungen erzielt.

In letzter Zeit wurde von einigen Experten das in den USA häufig praktizierte Frühabsetzen der Ferkel (segregated early weaning - SEW -) propagiert. Daher wurde gefordert, die Bestimmung, daß Ferkel frühestens mit 21 Tagen abgesetzt werden dürfen, in der Schweinehaltungsverordnung zu streichen. Nachdem jedoch auch der Wissenschaftliche Veterinärausschuß bei der Kommission in seinem im September 1997 vorgelegten Bericht von dieser Methode abrät, wurden diese Bestrebungen nicht weiter verfolgt. Vielmehr sollen zunächst die anderen Voraussetzungen des SEW untersucht werden (unter anderem strikte Trennung der Altersgruppen, strikte Einhaltung der Hygienebestimmungen), bevor über die Notwendigkeit des Frühabsetzens für den Erfolg dieser Methode erneut entschieden wird. Als weitere Probleme bei der Schweinehaltung haben die Länder im Rahmen ihre Berichtspflicht aufgrund der Richtlinie 91/630/EWG folgende Bereiche benannt:

Insgesamt wurden 26.753 Betriebe im Zeitraum 1996 bis 1997 überprüft.

 

2.5  Rinder / Kälber

Im Juni 1998 wurden in Deutschland rd. 15,2 Millionen Rinder, darunter 2,4 Millionen Kälber gehalten.

Der beim Europarat aufgrund des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen eingesetzte Ständige Ausschuß hat 1988 eine Empfehlung für das Halten von Rindern angenommen. Diese wurde - ohne Anhänge - in den AID-Informationen, Arbeitsunterlagen für Berufsbildung und Beratung, 42. Jahrgang Nr. 5 vom 15. Januar 1993, veröffentlicht. Im Juni 1993 wurde die Rinderempfehlung mit einem speziellen Anhang für Kälber vervollständigt.

Auf EU-Ebene wurde im November 1991 die Richtlinie 91/629/EWG des Rates über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern (ABl. EG Nr. L 340 S. 28) verabschiedet. Danach dürfen Kälber nicht in ständiger Dunkelheit gehalten werden; eine künstliche Beleuchtung muß mindestens der normalen natürlichen Beleuchtung zwischen 9.00 und 17.00 Uhr entsprechen. Kälbern unter zwei Wochen muß Einstreu zur Verfügung stehen. Die Verwendung von Maulkörben ist verboten. Die Tiere müssen mindestens einmal täglich kontrolliert und gefüttert werden.

Eine Abkehr von der Einzelboxenhaltung war seinerzeit nicht mehrheitsfähig. Die Kälber müssen aber auch in Boxen die Möglichkeit zu gegenseitigem Sichtkontakt haben. Hinsichtlich der Breite der Boxen mußte ebenfalls ein Kompromiß in Kauf genommen werden. Danach sollen die Boxen eine Mindestbreite von 90 cm mit einer Abweichung von ± 10 % oder eine Mindestbreite vom 0,8-fachen der Widerristhöhe aufweisen.

Bei Gruppenhaltung muß Kälbern mit einem Gewicht bis zu 150 kg ein Mindestplatzgebot von 1,5 m2 zur Verfügung stehen.

Die Mitgliedstaaten mußten die Richtlinie bis spätestens 1. Januar 1994 umsetzen. Hinsichtlich der Mindestmaße der Buchten oder Stände kann jedoch für bestehende oder vor 1998 gebaute Einrichtungen eine Übergangsfrist bis Ende 2003 oder - bei letzteren - bis Ende 2007 gewährt werden.

Es ist ausdrücklich vorgesehen, daß auf nationaler Ebene strengere Regelungen erlassen werden dürfen.

Die nationale Verordnung zum Schutz von Kälbern bei Stallhaltung (Kälberhaltungsverordnung) vom 1. Dezember 1992 (BGBl. I S. 1977) dient der Umsetzung der Richtlinie und beruht im wesentlichen auf einem Verordnungsentwurf von 1988, dem der Bundesrat bereits im Februar 1989 zugestimmt hatte, der aber seinerzeit wegen einer von der EG-Kommission verhängten Wartefrist nicht verkündet werden konnte. Ausführlich dargestellt wird die Verordnung in den AID-Informationen, Arbeitsunterlagen für Berufsbildung und Beratung, 42. Jahrgang Nr. 5, vom 15. Januar 1993.

Die Kälberhaltungsverordnung geht aus Tierschutzgründen in einigen wesentlichen Bereichen über die EG-Mindestanforderungen hinaus:

Durch angemessene Übergangsregelungen sowie ein gestaffeltes Inkrafttreten werden unzumutbare Härten bei der Umsetzung vermieden. Darüber hinaus sollen eventuell auftretende Wettbewerbsprobleme durch entsprechende Maßnahmen der Investitionsförderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" ausgeräumt oder zumindest verringert werden.

Auf nachhaltiges Drängen mehrerer Mitgliedstaaten hat die Kommission am 24. Januar 1996 einen Vorschlag zur Änderung der Kälberhaltungsrichtlinie vorgelegt.

Der Vorschlag konnte am 17. Dezember 1996 grundsätzlich angenommen werden und wurde als Richtlinie 97/2/EG des Rates vom 20. Januar 1997 zur Änderung der Richtlinie 91/629/EWG über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern (ABl. EG Nr. L 25 S. 24) formell verabschiedet. Nach dieser Richtlinie müssen die über acht Wochen alten Kälber künftig grundsätzlich in Gruppen gehalten werden. Bei Boxenhaltung müssen die Kälber in Seitenlage ihre Beine ausstrecken können. Diese Regelung findet auf neue Ställe ab 1. Januar 1998 Anwendung; ab 31. Dezember 2006 müssen alle Kälberhaltungen der EU, mit Ausnahme sehr kleiner Betriebe, diese Anforderungen erfüllen.

Daneben wurde der Anhang der Kälberhaltungsrichtlinie durch Entscheidung der Kommission 97/182/EG vom 24. Februar 1997 zur Änderung des Anhangs der Richtlinie 91/629 über Mindestanforderungen für den Schutz von Kälbern (ABl. EG Nr. L 76 S. 30) geändert. Mit dieser Änderung wurde im wesentlichen festgelegt, daß künftig Kälber nicht mehr angebunden gehalten werden dürfen, die tägliche Futterration genügend Eisen enthalten muß, um Gesundheit und Wohlbefinden der Kälber zu gewährleisten. Zudem müssen Kälber ab der zweiten Lebenswoche wiederkäuergerechtes Rauhfutter erhalten.

Die novellierte EG-Kälberhaltungsrichtlinie dient der weiteren Verbesserung der Kälberhaltung. Hierbei entsprechen die Vorgaben des EG-Rechts weitgehend den Zielen und Inhalten unserer Kälberhaltungsverordnung aus dem Jahre 1992. Um dies in Brüssel zu erreichen, mußten jedoch bei bestimmten Vorschriften lange Übergangsfristen hingenommen werden.

Mit der Ersten Verordnung zur Änderung der Kälberhaltungsverordnung vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3326), die am 1. Januar 1998 in Kraft getreten ist, werden die Bestimmungen zur Kälberhaltung an die neue EG-Rechtslage angepaßt.

Da aus Tierschutzgründen aufgrund der Kälberhaltungsverordnung vom 1. Dezember 1992 bereits strengere Anforderungen an die Kälberhaltung in Kraft waren als im Gemeinschaftsrecht vorgesehen und bereits ab der achten Lebenswoche der Kälber eine grundsätzliche Gruppenhaltung sowie bei Einzelhaltung Boxenmaße vorgeschrieben sind, die es den Kälbern erlauben, in Seitenlage ihre Beine auszustrecken, ergibt sich aufgrund der Änderungsrichtlinie insgesamt gesehen ein nur relativ geringer Änderungsbedarf. Dieser betrifft insbesondere folgende Bereiche:

Im Rahmen ihrer Berichtspflicht aufgrund der Richtlinie 91/629/EWG meldeten die Länder für den Zeitraum von 1996 bis 1997 die Überprüfung von 588 von den insgesamt 693 reinen Kälbermastbetrieben. Die häufigsten Beanstandungen waren hierbei:

 

2.6  Pferde

Im Dezember 1996 wurden in der Bundesrepublik Deutschland rd. 652.000 Pferde gehalten.

Nur wenige davon dienen noch, wie zum Beispiel in der Forstwirtschaft, als Arbeitspferde. Der größte Teil der Pferde ist für die Freizeitreiterei bestimmt. Gleichwohl gelten auch Reitpferde aus systematischen Gründen noch als landwirtschaftliche Nutztiere im Sinne des Tierschutzgesetzes.

Empfehlungen oder Richtlinien zur tierschutzgerechten Haltung von Pferden sind bisher weder auf Europarats- noch auf EU-Ebene vorgesehen. Die generellen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes - insbesondere der §§ 2 und 3 - gelten selbstverständlich auch für die Pferdehaltung.

Wer gewerbsmäßig einen Reit- oder Fahrbetrieb unterhält, bedarf nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe c des Tierschutzgesetzes der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Hierbei wird neben der Sachkunde und Zuverlässigkeit auch geprüft, ob die der Tätigkeit dienenden Räume eine den Anforderungen des § 2 des Tierschutzgesetzes entsprechende Ernährung, Pflege und Unterbringung der Tiere ermöglichen. Darüber hinaus unterliegen nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Tierschutzgesetzes alle Nutztierhaltungen der Aufsicht durch die zuständige Behörde.

Auf der Grundlage der bereits 1991 von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e. V. (FN) und der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft e. V. (DVG) vorgelegten "Richtlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten" wurden von der Sachverständigengruppe tierschutzgerechte Pferdehaltung die "Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten" vom 10. November 1995 erarbeitet. Diese liegen als Broschüre vor und können beim BML bezogen werden. Außerdem sind sie über das Internet (http:www.bml.de - Stichwort Tierschutz -) abrufbar.

Die Probleme bei der Erarbeitung dieser Leitlinien haben deutlich gemacht, daß die in Abhängigkeit von der jeweiligen Nutzungsform sehr differenzierten Anforderungen an die Pferdehaltung derzeit schwerlich im Rahmen einer Verordnung geregelt werden können. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Nutzungsformen und Beanspruchungen der Pferde muß notwendigerweise mit einer Fülle von Vorgaben gearbeitet werden, die Sachverständige zum Teil unterschiedlich bewerten.

Ungeachtet dessen sind die "Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten" nicht nur Grundlage der Selbstkontrolle der Pferdehalter, sondern werden nach Absprache mit den Ländern auch von den für die Durchführung des Tierschutzgesetzes zuständigen Behörden, insbesondere bei der Erfüllung der in den §§ 11 und 16 des Gesetzes genannten Aufgaben, als Orientierungshilfe für die Entscheidung von Einzelfällen anerkannt.

Aus der Sicht des Tierschutzes haben die Hufpflege und der Hufbeschlag für Pferde eine besondere Bedeutung. Sowohl die nicht sachgerechte Durchführung als auch die Unterlassung der Hufpflege oder des Hufbeschlages können das Wohlbefinden der Pferde erheblich beeinflussen und zu Schmerzen, Leiden oder Schäden führen.

Die bei einer BML-Anhörung anwesenden Hufbeschlagschmiedemeister, die jeweils auch in der beruflichen Ausbildung tätig sind, machten deutlich, daß sowohl die erforderliche praktische Unterweisung der Auszubildenden, die Gesellen- und Meisterprüfung als auch die Anerkennung als Lehrschmiede derzeit mit großen Problemen behaftet sind. Es ist eine Regelung erforderlich, die einen qualitativ guten Hufbeschlag gewährleistet.

Federführend in dieser Frage ist das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi). Dieses hat das Bundesinstitut für Berufsbildung beauftragt, Lösungsalternativen zu erarbeiten.

Das Bundesinstituts für Berufsbildung hat hierzu eine Sachverständigengruppe gebildet, in der sowohl Hufbeschlagschmiede als auch Tierärzte sowie die betroffenen Verbände einschließlich des Tierschutzes beteiligt sind. Diese Arbeitsgruppe hat im Sommer 1997 Vorschläge zur Verbesserung der Situation in dem Bereich des Hufbeschlags vorgelegt. Die Beratungen über eine geeignete Ausbildungsordnung dauern gegenwärtig noch an.

 

2.7  Schafe und Ziegen

Im Juni 1998 wurden in der Bundesrepublik Deutschland etwa 2,9 Millionen Schafe, darunter 1,7 Millionen weibliche Zuchtschafe, und schätzungsweise 100.000 Ziegen gehalten.

Während in den alten Bundesländern die Erzeugung von Lammfleisch im Vordergrund steht, hatte in der ehemaligen DDR die Wollproduktion große Bedeutung. Aufgrund der geänderten Preis-Kosten-Verhältnisse haben sich bei den Schafbeständen der neuen Bundesländer erhebliche strukturelle Veränderungen ergeben. Inzwischen haben sich dort die Bestände auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau weitgehend stabilisiert.

Obwohl die Schafhaltung für viele landwirtschaftliche Betriebe einen mehr oder weniger großen Beitrag zum Betriebseinkommen leistet, wird sie oft - ebenso wie die Ziegenhaltung - nur als Hobby oder zur Selbstversorgung betrieben.

Für das Halten von Schafen und Ziegen gibt es bisher weder auf EG- noch auf nationaler Ebene spezielle tierschutzrechtliche Vorschriften. Die generellen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes gelten selbstverständlich auch für Schafe und Ziegen.

Im November 1992 hat der aufgrund des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen beim Europarat eingerichtete Ständige Ausschuß sowohl eine Empfehlung für das Halten von Schafen als auch eine Empfehlung für das Halten von Ziegen angenommen. Diese Tierschutzempfehlungen entsprechen der Praxis gutgeführter Betriebe. Sie wurden allen betroffenen Stellen in deutscher Übersetzung zugesandt und in den AID-Informationen für die Agrarberatung Nr. 6 (Juni 1994) ausführlich besprochen. Die Empfehlungen dienen den Schaf- und Ziegenhaltern sowie den zuständigen Behörden als Leitlinie und sollen später auch in EG-Recht umgesetzt werden.

 

2.8  Pelztiere

Pelztiere werden in der Regel nicht zu den Heimtieren gezählt, ihre Haltung ist in Deutschland allerdings auch nicht als landwirtschaftlicher Betriebszweig anerkannt. Mit Ausnahme von etwa 40 Nerzfarmen, wenigen Fuchs- und Nutriahaltungen und einer unbekannten Zahl von Chinchilla-Zuchten unterschiedlichster Größe sind hierzulande keine Pelztierhaltungen mehr angesiedelt.

Der auf Grund des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen eingesetzte Ständige Ausschuß beim Europarat hat eine Empfehlung für das Halten von Pelztieren erarbeitet, die im Oktober 1990 angenommen wurde und derzeit aufgrund einer Revisionsklausel überarbeitet wird. Die Europäische Gemeinschaft sowie alle EU-Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien des Europäischen Übereinkommens und insoweit zur Umsetzung dieser Empfehlung verpflichtet. Mit der Verabschiedung der überarbeiteten Empfehlung wird im Jahr 1999 zu rechnen sein.

Die Bundesregierung hält eine EU-weite Regelung der Pelztierhaltung für angezeigt. Im Rahmen der Richtlinie 98/58/EG ist eine entsprechende EG-Regelung zu erwarten (siehe Abschnitt III.1.3). Die Bundesregierung wird dabei darauf hinwirken, daß möglichst hohe tierschutzrechtliche Mindestanforderungen durchgesetzt werden.

Solange eine Rechtsvorschrift noch nicht erlassen ist, kann die Empfehlung des Ständigen Ausschusses sowie das vom BML in Auftrag gegebene Gutachten zur tierschutzgerechten Haltung und Tötung von Pelztieren in Farmen vom 26. September 1986 den Pelztierhaltern, den Überwachungsbehörden sowie den Gerichten als Orientierung dienen.

Die Verordnung (EWG) Nr. 3254/91 des Rates vom 4. November 1991 zum Verbot von Tellereisen in der Gemeinschaft und der Einfuhr von Pelzen und Waren von bestimmten Wildtierarten aus Ländern, die Tellereisen oder den internationalen humanen Fangnormen nicht entsprechende Fangmethoden anwenden (ABl. EG Nr. L 308 S. 1) - Tellereisenverordnung - verbietet neben der Verwendung von Tellereisen in der Europäischen Union ab dem 1. Januar 1995 auch die Einfuhr von Pelzen bestimmter Tierarten in die Gemeinschaft aus Ländern, in denen Tellereisen verwendet werden.

Ausgenommen von dem Importverbot können nur die Länder werden, in denen entweder die Verwendung von Tellereisen verboten ist oder die dortigen Fangmethoden international vereinbarten humanen Fangformen entsprechen.

Nach zweimaliger Verschiebung der Umsetzung des Importverbotes hätte es zum 1. Januar 1997 in Kraft treten müssen. Zu diesem Zeitpunkt waren die durch die Europäische Kommission geführten Verhandlungen über ein Rahmenübereinkommen, welches die international vereinbarten humanen

Fangformen festlegen soll, zwischen den hauptbetroffenen Parteien Kanada, der Russischen Föderation, den USA und der Europäischen Union aber noch nicht abgeschlossen. Der Entwurf des Übereinkommens konnte somit nicht abschließend durch den Rat gebilligt werden. Es war daher zum genannten Stichtag nicht möglich, die Länder zu bestimmen, die vom Importverbot hätten befreit werden können.

Nachdem sowohl der Umweltrat als auch der Allgemeine Rat das Ende 1996 von der Kommission ausgehandelte Rahmenübereinkommen für nachbesserungswürdig hielten, hat die Kommission mit Kanada und der Russischen Föderation Nachverhandlungen geführt und Ende Mai 1997 ein Rahmenübereinkommen vorgelegt, dem der Allgemeine Rat am 22. Juli 1997 zugestimmt hat. Gleichzeitig wurde vom Rat auch die sogenannte "Freistellungsliste" gebilligt, das heißt die Liste der Staaten, die zukünftig von dem in der Tellereisenverordnung festgelegten Einfuhrverbot für Pelze in die Europäische Union ausgenommen sind.

Zusammen mit der von der Kommission bereits im Januar 1997 erlassenen Durchführungsverordnung zur Tellereisenverordnung ist nunmehr mit Wirkung ab dem 1. Dezember 1997 ein Importverbot für alle nicht in der Freistellungsliste aufgeführten Staaten in Kraft getreten. Der EU-Ministerrat hat am 11. Dezember 1997 mit qualifizierter Mehrheit einem (mit dem Rahmenübereinkommen mit Kanada und der Russischen Förderation) vergleichbaren Abkommen zwischen der EU und den USA zugestimmt. Durch eine Entscheidung der Kommission vom 2. März 1998 wurden die USA rückwirkend zum 1. Dezember 1997 in die o. g. Freistellungsliste aufgenommen, so daß auch sie vom Einfuhrverbot der Tellereisenverordnung ausgenommen sind.

Am 22. April 1998 unterzeichnete die Russische Föderation das bereits im Februar 1998 von der EG und Kanada signierte trilaterale Abkommen über humane Fangformen.

Auf seiner Sitzung am 13. Juli 1998 hat der Rat der Europäischen Union den Abschluß einer internationalen Vereinbarung in Form einer vereinbarten Niederschrift über Normen für humane Fangmethoden zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den USA gebilligt.

 

2.9  Damwild in nutztierartiger Haltung

Zum Umfang der Damwildhaltung liegen zwar keine Statistiken vor, schätzungsweise werden aber in etwa 4.300 Gehegen ca. 88.000 Damhirsche nutztierartig gehalten, wobei etwa 75 % dieser Tiere in benachteiligten Gebieten zu finden sind.

Damhirsche sind nicht domestiziert, es handelt sich um gefangen gehaltene Wildtiere zur Fleischerzeugung (nutztierartige Haltung).

Auch für das Halten von Damwild gelten die Grundsätze des § 2 des Tierschutzgesetzes. Die Einrichtung, Erweiterung und der Betrieb von Gehegen zur Haltung von Damwild unterliegen neben baurechtlichen Bestimmungen dem Genehmigungsvorbehalt nach § 24 des Bundesnaturschutzgesetzes. Die zuständige Behörde prüft vor Erteilung dieser Genehmigung auch, ob die Voraussetzungen für eine tierschutzgerechte Haltung, Pflege und Unterbringung gegeben sind. Nach der Novellierung des Tierschutzgesetzes unterliegt die Damwildhaltung zusätzlich dem tierschutzrechtlichen Erlaubnisvorbehalt nach § 11 Tierschutzgesetz. Sind die tierschutzrechtlichen Gesichtspunkte, zum Beispiel auch hinsichtlich der Sachkunde und der Zuverlässigkeit des Halters, ausreichend nach den Bestimmungen des Naturschutzrechts der Länder bei der Erteilung der Gehegegenehmigung geprüft worden, kann die Erlaubnis nach § 11 in der Regel ohne erneute materielle Prüfung erteilt werden.

Der zuständigen Behörde dient bei der Beurteilung von Damwildhaltungen als Entscheidungshilfe das im Auftrag des BML erstellte Gutachten über die tierschutzgerechte Haltung von Damwild in Gehegen zum Zwecke der Fleischproduktion einschließlich der Gewinnung von Nebenprodukten vom 2. November 1979.

Die Gutachten enthalten Tierschutzmindestanforderungen an

Zur ordnungsgemäßen Betreuung gehört die tägliche Kontrolle des Geheges. Auch die nutztierartige Damwildhaltung unterliegt der Aufsicht durch die zuständige Behörde nach § 16 des Tierschutzgesetzes.

Bei der nutztierartigen Haltung von männlichen Damhirschen ist vielfach für das Geweih eine generelle Ausnahme vom Amputationsverbot gefordert worden, um die Verletzungsgefahr für Mensch oder Tier zu verringern. Eine Geweihamputation ist jedoch nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 des Tierschutzgesetzes nur im begründeten Einzelfall nach tierärztlicher Indikation zulässig, nicht aber zur Anpassung an bestimmte Haltungssysteme. Bei Damhirschen führt diese Amputation zur Einschränkung wesentlicher Funktionskreise des Verhaltens und als Folge davon zu Verhaltensstörungen und anderen Erkrankungen. Damwild kann auch dann nutztierartig gehalten werden, wenn den Damhirschen das Geweih belassen wird. Dies setzt allerdings voraus, daß die Gehege entsprechend gestaltet werden. Verursachen geweihtragende Damhirsche Schäden, so weist dies in der Regel auf Mängel im Haltungssystem hin.

 

2.10  Versuchstiere  (Anmerkung)

Das Europäische Übereinkommen vom 18. März 1986 zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere enthält in Artikel 5 allgemeine Anforderungen an die Tierhaltung, die hinsichtlich einiger Tierarten in Form von Leitlinien des Anhangs A konkretisiert werden. Diese Leitlinien sind zwar nicht rechtsverbindlich, sollten jedoch sowohl von den Tierhaltern als auch von den Behörden bei der Beurteilung entsprechender Tierhaltungen herangezogen werden.

Die Bundesrepublik Deutschland hat das Übereinkommen 1988 gezeichnet und mit dem Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 18. März 1986 zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere vom 11. Dezember 1990 (BGBl. II 1990 S. 1486) ratifiziert; weitere Vertragsparteien des am 1. Januar 1991 völkerrechtlich in Kraft getretenen Übereinkommens sind: Belgien, Finnland, Griechenland, die Niederlande, Norwegen, Schweden, die Schweiz, Spanien und Zypern. Das Übereinkommen wurde zudem von Dänemark, Frankreich, Irland, der Türkei, dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Gemeinschaft gezeichnet.

Mit der Richtlinie 86/609/EWG des Rates vom 24. November 1986 zur Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (ABl. EG Nr. L 358 S. 1) sind die allgemeinen Bestimmungen über die Tierhaltung aus dem Europäischen Übereinkommen in EG-Recht übernommen worden (Artikel 5 der Richtlinie). Gleichzeitig wurde der Anhang A des Übereinkommens als Anhang II der Richtlinie übernommen; auch als Anhang der EG-Richtlinie sind diese Bestimmungen aber nicht verbindlich (Anhang II, Nr. 6 der Präambel, Satz 5).

Für die Haltung von Versuchstieren gelten ebenfalls die Bestimmungen des § 2 des Tierschutzgesetzes. Seit Inkrafttreten der Gesetzesnovelle am 1. Juni 1998 sind alle für wissenschaftliche Zwecke gehaltenen Wirbeltiere den gleichen Schutzvorschriften unterstellt. Wer solche Wirbeltiere züchtet oder hält, bedarf nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Tierschutzgesetzes der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Außerdem unterliegen diese Tierhaltungen nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 des Tierschutzgesetzes der Überwachung durch die zuständige Behörde.

Bei der Überwachung der Tierhaltungen dienen den Behörden als Entscheidungshilfe

BML hat im Mai 1993 in Zusammenarbeit mit dem Bundesgesundheitsamt und mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Kommission einen internationalen Workshop über Versuchstierhaltung ausgerichtet. Ziel der Veranstaltung war eine im Hinblick auf Tierschutzaspekte kritische Durchsicht der Empfehlungen des Europarates und der EU zur Haltung bestimmter Versuchstierarten. Der Abschlußbericht "The Accommodation of Laboratory Animals in Accordance with Animal Welfare Requirements" ist beim BML, Referat 321, zu beziehen.

Der Workshop hat maßgeblich dazu beigetragen, daß auf Ebene des Europarates die Beratungen über die Aktualisierung der Leitlinien in Anhang A des Übereinkommens aufgenommen wurden.

Anläßlich der Dritten Multilateralen Konsultation zum Versuchstierübereinkommen (1997) wurde nach kritischer Prüfung des Abschlußberichtes und nach eingehender Erörterung der Problematik eine Entschließung zur Unterbringung und Pflege von Versuchstieren verabschiedet, die die Empfehlungen des Anhangs A bis zu dessen abschließender Überarbeitung ergänzen soll. In der Entschließung werden unter anderem Empfehlungen zur Anreicherung der Haltungsbedingungen für Versuchstiere durch Gruppenhaltung und Angebot von Beschäftigungsmaterial gegeben (siehe Anhang 5).

Um die Überarbeitung der technischen Anhänge zu erleichtern und den hierfür erforderlichen administrativen Aufwand zu reduzieren, wurde zudem ein Zusatzprotokoll zu dem Übereinkommen erarbeitet. Nach Inkrafttreten dieses Protokolls können Änderungen der technischen Anhänge des Übereinkommens anläßlich Multilateraler Konsultationen beschlossen werden, wenn mindestens zwei Drittel der Vertragsparteien entsprechend votieren. Die Änderungen treten zwölf Monate nach der Beschlußfassung in Kraft, sofern nicht zwischenzeitlich von mindestens einem Drittel der Vertragsparteien Vorbehalte geäußert wurden. Voraussetzung für das Inkrafttreten des Zusatzprotokolls ist die Ratifikation seitens aller Vertragsparteien des Übereinkommens.

Bisher haben Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, die Niederlande, Schweden und das Vereinigte Königreich das Zusatzprotokoll gezeichnet. Schweden hat es auch ratifiziert.

 

2.11  Fische

Weltweit nimmt die Haltung von Nutzfischen unter kontrollierten Bedingungen zu Mastzwecken zu. In Deutschland werden verschiedene Arten von Süßwasserfischen in konventionellen Erdteichen oder in künstlichen Behältnissen gezüchtet und für den menschlichen Verzehr aufgezogen. Dabei wird bei der intensiven Fischzucht teilweise mit hohen Besatzdichten gearbeitet, die verschiedentlich als tierschutzwidrig kritisiert werden.

Die in § 2 Tierschutzgesetz geforderte artgemäße Haltung von Tieren ist für Fische schwer zu definieren; das gilt insbesondere für den Raumbedarf. Bei vielen Fischarten (zum Beispiel Aal, Forelle, Seezunge, Wels) führt eine zu geringe Besatzdichte zu Aggressionen, Bißverletzungen und Streß. Einige Fischarten nutzen nur einen kleinen Teil des angebotenen Raumes, ziehen sich zu größeren Aggregationen zusammen und benutzen einander als "Substrat", um sich darin zu verkriechen (zum Beispiel Aal, Seezunge).

Die tierschutzgerechte Haltung von Fischen setzt ein umfangreiches, artspezifisches Fachwissen voraus.

Der aufgrund des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen eingesetzte Ständige Ausschuß beim Europarat hat bereits 1992 mit fachlichen Vorbereitungen für den Entwurf einer Empfehlung für das Halten von Nutzfischen angefangen. Inzwischen wurde mit den Beratungen eines ersten Entwurfs begonnen.

 

2.12  Heimtiere

In Anlehnung an Artikel 1 Abs. 1 des Europäischen Übereinkommens vom 13. November 1987 zum Schutz von Heimtieren werden Tiere, die der Mensch insbesondere in seinem Haushalt und als Gefährten hält oder die für diesen Zweck bestimmt sind, als Heimtiere bezeichnet. Schätzungsweise werden derzeit in Deutschland mehr als 90 Millionen Heimtiere gehalten, insbesondere Zierfische, Vögel, Katzen, Hunde und Kleinnager. Die Zahl der in Deutschland gehaltenen Hunde beläuft sich schätzungsweise auf etwa 4,8 Millionen, die der Katzen auf etwa 5,5 Millionen.

Das Europäische Übereinkommen enthält Grundsätze und Detailbestimmungen über die Haltung, die Zucht, den Handel und die tierschutzgerechte Tötung von Heimtieren, außerdem Tierschutzbestimmungen über die Verwendung von Heimtieren zu Schaustellungen und Wettkämpfen sowie über die Behandlung streunender Tiere.

Durch das Gesetz zu dem Europäischen Übereinkommen vom 13. November 1987 zum Schutz von Heimtieren vom 1. Februar 1991 (BGBl. 1991 II S. 402) wurde es in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft gesetzt.

Weitere Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind Belgien, Dänemark, Finnland, Griechenland, Luxemburg, Norwegen, Portugal, Schweden, die Schweiz und Zypern. Österreich, Italien und die Niederlande haben es unterzeichnet.

Das Übereinkommen trägt zur weiteren Harmonisierung des unterschiedlichen Tierschutzrechts in den Mitgliedstaaten des Europarates bei. Die materiellen Anforderungen der vorliegenden völkerrechtlichen Vereinbarung sind bereits weitgehend Bestandteil des Rechts der Bundesrepublik Deutschland. Abweichend vom Übereinkommen ist allerdings das Kupieren der Rute bei Hunden in bestimmten Einzelfällen erlaubt.

Zum Zeitpunkt der Ratifikation war von der Möglichkeit entsprechender Vorbehalte Gebrauch gemacht worden. Nach der Novellierung des Tierschutzgesetzes ist es nun möglich, diese Vorbehalte zurückzunehmen. Die hierzu notwendigen Schritte werden derzeit vorbereitet.

Im März 1995 fand eine erste Multilaterale Konsultation der Vertragsparteien des Übereinkommens statt. Sie diente einer Überprüfung der bisherigen Anwendung des Übereinkommens. Schwerpunktthemen der Konsultation waren die Qualzuchtproblematik bei Hunden und Katzen sowie die Vermeidung des Schwanz- und Ohrenkupierens bei Hunden. Bei beiden Themen sollte vor allem auch eine Diskussion mit den Zuchtverbänden über Zuchtstandards initiiert werden, die tierschutzrelevante Anforderungen festschreiben. Weitere Themenbereiche der Konsultation waren die zunehmende Heimtierhaltung exotischer Tiere sowie die Kontrolle streunender Hunde und Katzen.

Auch für die Haltung, Pflege und Unterbringung von Heimtieren gelten die grundsätzlichen Bestimmungen des § 2 des Tierschutzgesetzes.

Diese Anforderungen wurden bisher für Haushunde, die im Freien gehalten werden, durch die Verordnung über das Halten von Hunden im Freien vom 6. Juni 1974 (BGBl. I S. 1265) konkretisiert. Darin werden Regelungen für die Anbindehaltung, Zwingerhaltung, Haltung in Freianlagen, Schuppen, Scheunen oder ähnlichen Einrichtungen getroffen.

Insbesondere die Länder sowie die Tierschutzorganisationen sind der Auffassung, daß eine Überarbeitung der Hundehaltungsverordnung dringend erforderlich ist. Ein entsprechender Entwurf, zu dem Sachverständige, Verbände und Organisationen gehört wurden, liegt inzwischen vor.

Das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder Organen ist nach § 6 des Tierschutzgesetzes grundsätzlich verboten; unter dieses Verbot fällt ausdrücklich auch das Kupieren der Ohren bei Hunden.

Seit dem Inkrafttreten des novellierten Tierschutzgesetzes am 1. Juni 1998 ist das Kupieren der Ruten ebenfalls grundsätzlich verboten. Ausgenommen ist die tierärztliche Indikation sowie das Kürzen der Ruten von Hunden, die jagdlich geführt werden, soweit dies für die vorgesehene Nutzung des Tieres unerläßlich ist und tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen. Beim Rutenkupieren von jagdlich zu führenden Hunden gilt es, folgendes zu beachten:

Der Eingriff ist in jedem Falle dem Tierarzt vorbehalten. Dieser hat sich anhand allgemeiner Plausibilitätskriterien zu vergewissern, ob der Hund jagdlich geführt werden soll (oder gar bereits jagdlich geführt wird) und der Eingriff infolgedessen im Einzelfall gerechtfertigt ist. Je nach Rasse und Verwendungszweck (zum Beispiel Abstammung von jagdlich geprüften Eltern, Vorbestellung der Welpen durch Jagdscheininhaber oder andere Interessenten) kann es sich im Einzelfall um den gesamten Wurf oder aber auch nur um einzelne Wurfgeschwister handeln.

Im übrigen sollte der Eingriff möglichst früh, jedoch erst dann vorgenommen werden, wenn die künftige jagdliche Nutzung des Hundes mit großer Wahrscheinlichkeit feststeht.

Die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes können den immer wieder zu beobachtenden "Kupiertourismus" nicht immer unterbinden. Im Rahmen des Vermittlungsverfahrens zur Novellierung des Tierschutzgesetzes hat die Bundesregierung zugesagt, innerhalb von zwei Jahren eine auf § 12 des Gesetzes gestützte Verordnung zu erlassen, um das Verbringen und Halten von Tieren, an denen tierschutzwidrige Handlungen zum Erreichen bestimmter Rassemerkmale vorgenommen worden sind, zu verbieten.

Als besonderes Problem der Heimtierhaltung werden in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit verstärkt die Haltung "gefährlicher Hunde" sowie die hiervon ausgehenden Gefahren für Mensch und Tier diskutiert.

Die Probleme der von "gefährlichen Hunden" ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung können nicht in den Regelungsbereich des Tierschutzgesetzes eingeordnet und müssen daher auf anderem Wege gelöst werden (siehe Tierschutzbericht 1991, Bundestagsdrucksache 12/224, S. 25). Hierzu sind insbesondere Regelungen im Bereich des Polizei- und Ordnungsrechts geeignet, für die die Länder zuständig sind. Inzwischen haben die meisten Länder entsprechende Regelungen erlassen.

Da jedoch nicht auszuschließen ist, daß übermäßig aggressives Verhalten auch bei den betroffenen Tieren zu Schmerzen, Leiden oder Schäden führen kann, wurde bei der Novellierung des Tierschutzgesetzes folgender Verbotstatbestand aufgenommen (§ 3 Nr. 8a):

" Niemand darf ein Tier zu einem derartig aggressiven Verhalten ausbilden oder abrichten, daß dieses Verhalten
a) bei ihm selbst zu Schmerzen, Leiden oder Schäden führt oder
b) im Rahmen jeglichen artgemäßen Kontaktes mit Artgenossen bei ihm selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führt oder
c) seine Haltung nur unter Bedingungen zuläßt, die bei ihm zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führen."

Nach den Beobachtungen der Kommunalbehörden ist ein steigender Trend zur Haltung von Fischen in Aquarien, Gartenteichen und ähnlichen Einrichtungen zu beobachten. Gerade Zierfische werden immer wieder ohne Grundkenntnisse über die Bedürfnisse der Tiere gekauft, wahllos miteinander vergesellschaftet und in jedes beliebige Wasser, sowohl in Aquarien als auch in Gartenteiche eingesetzt. Entsprechend kommt es zu hohen Verlusten, die durch Aufklärung - auch im Zoofachhandel - reduziert werden können.

Für diesen Bereich hat BML ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Das Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Zierfischen konnte inzwischen abgeschlossen werden. Es wird in Kürze veröffentlicht.

 

2.13  Wildtiere

Grundsätzliches

Die Meinungen über die Zulässigkeit der Wildtierhaltung gehen weit auseinander. Viele Menschen lehnen die Haltung von Tieren wildlebender Arten grundsätzlich ab. Vielfach wird dies mit dem artgemäßen Bewegungsbedürfnis der Wildtiere begründet, dabei jedoch dieses Bewegungsbedürfnis häufig überschätzt.

Auch wird häufig bezweifelt, daß die Halter von Wildtieren das erforderliche Wissen über die Bedürfnisse der Tiere besitzen. Verwiesen wird dabei auf Tiere, die in einem schlechten Zustand dem Tierarzt vorgestellt oder in Tierheime abgegeben wurden. Meist handelt es sich hierbei um Tiere von Arten, die sehr spezielle Haltungsansprüche haben und daher vom Halter umfassende Kenntnisse über die Bedürfnisse der Tiere verlangen. Häufig sind diese Halter auch keinem Fachverband angeschlossen, so daß fachlich versierte Ansprechpartner und der für eine ausreichende Sachkunde notwendige Erfahrungsaustausch fehlen.

Andererseits verfügen aber zahlreiche Tierhalter durchaus über umfassendes Wissen und profunde Kenntnisse und haben langjährige Erfahrung in der Haltung wildlebender Arten. Nicht selten sind durch diese Tierhalter wissenschaftliche Erkenntnisse erlangt, bestätigt, vertieft und umfassende Kenntnisse über die Biologie wildlebender Arten bei deren Haltung gewonnen worden. Eine undifferenzierte Betrachtungsweise und Beurteilung der Wildtierhaltung mit dem Ruf nach einem generellen Verbot ist deshalb nicht gerechtfertigt und wäre unverhältnismäßig.

Bei der Haltung von Wildtieren sind tierschutz-, artenschutz- und jagdrechtliche Bestimmungen zu beachten. Die Tierschutzanforderungen sind in § 2 des Tierschutzgesetzes festgelegt. Die Anforderungen, die an eine tierschutzgerechte Haltung gestellt werden müssen, wurden in den im Auftrag des BML erstellten Gutachten weiter ausgeführt (siehe Anhang 4 Nr. 1).

Auf die tierschutzrechtlichen Erfordernisse wird auch im Bundesnaturschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1998 (BGBl. I S. 2994), in der Bundesartenschutzverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. September 1989 (BGBl. I S. 1677, 2011), zuletzt geändert durch Verordnung vom 9. Juli 1994 (BGBl. I S. 1523), und der Bundeswildschutzverordnung vom 25. Oktober 1985 (BGBl. I S. 2040) hingewiesen. Nach der Bundesartenschutzverordnung dürfen Tiere der zahlreichen besonders geschützten Arten nur dann gehalten werden, wenn sie keinem Besitzverbot unterliegen und der Halter nach § 10 der Bundesartenschutzverordnung über

verfügt.

Auf Grund jagdrechtlicher Bestimmungen ist das Halten heimischer Greifvögel der in Anlage 4 der Bundeswildschutzverordnung aufgeführten Arten nur unter den Voraussetzungen des § 3 der Bundeswildschutzverordnung zulässig.

Das Halten gefährlicher wilder Tiere durch Privatpersonen wird in einigen Ländern durch sicherheits- und ordnungsrechtliche Vorschriften geregelt; sie dienen dem Schutz der Allgemeinheit vor möglichen Schäden durch solche Tiere. Nach § 121 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juni 1998 (BGBl. I S. 156, 340), kann mit einer Geldbuße belegt werden, wer ein gefährliches Tier einer wildlebenden Art sich frei umherbewegen läßt oder es als Verantwortlicher für die Beaufsichtigung eines solchen Tieres unterläßt, die nötigen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um Schäden durch das Tier zu verhüten.

Dem Tierschutz für herrenlose wildlebende Tiere, die in einer zunehmend technisierten Umwelt (Verkehr, moderne Land- und Forstwirtschaft) Gefahren ausgesetzt sind, sollte vermehrt Beachtung geschenkt werden. Hierbei ist beispielhaft zu denken an

 

Gutachten über tierschutzgerechte Haltung von Wildtieren

Das 1977 verabschiedete Säugetiergutachten und das 1978 verabschiedete Gutachten über die tierschutzgerechte Haltung sonst freilebender Tiere - Wild - in Gehegen oder ähnlichen Einrichtungen wurden überarbeitet und liegen nunmehr in aktualisierter, neuer Fassung als BML-Broschüre vor (Mindestanforderungen an die tierschutzgerechte Haltung von Säugetieren vom 10. Juni 1996 sowie Leitlinien für eine tierschutzgerechte Haltung von Wild in Gehegen vom 27. Mai 1995).

Die Sachverständigengruppe "Tierschutzgerechte Haltung von Vögeln" hat sich zuerst mit der Haltung von Straußen befaßt. Am 10. Juni 1994 wurden die Mindestanforderungen an die Haltung von Straußenvögeln, außer Kiwis, verabschiedet. Das Gutachten liegt nunmehr in der ergänzten Fassung vom 10. September 1996 vor.

Die Gutachter gingen davon aus, daß, unabhängig davon, wo die Straußenvögel gehalten werden, die Anforderungen des Gutachtens zu erfüllen sind. Besondere Anforderungen, die einer nutztierartigen Haltung entgegenkommen, wurden abgelehnt. Die Gutachter sind der Auffassung, daß nicht der Zweck der Haltung, sondern die Bedürfnisse des Tieres für die Festlegung der Mindestanforderungen Vorrang haben.

Eine ständige oder überwiegende Stallhaltung oder Einzelhaltung wird als tierschutzwidrig beurteilt.

Darauf aufbauend wird im Gutachten insbesondere zu folgenden Sachverhalten Stellung genommen:

Für die Straußenhaltung außerhalb von Zoos wird empfohlen, sie von einem Sachkundenachweis abhängig zu machen.

Als Mitunterzeichner haben die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e. V. eine Erklärung zur nutztierartigen Haltung und der Deutsche Tierschutzbund e. V. bestimmte Differenzen zu Protokoll gegeben. Insbesondere wird die nutztierartige Haltung abgelehnt.

Das Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Papageien wurde am 10. Januar 1995 verabschiedet. Es wurde als BML-Broschüre veröffentlicht.

Papageien sind als Heimtiere sehr beliebt und sowohl bei versierten Züchtern als auch in Haushalten zu finden. Viele dieser Tiere sind menschengeprägt und werden einzeln gehalten, obwohl das ihrem natürlichen Verhalten widerspricht. Aufgrund hoher Lebenserwartung der Papageien und häufiger Probleme, einzeln gehaltene Tiere zu vergesellschaften, sind diese Haltungen in absehbarer Zeit nicht vollständig abzuschaffen. Künftig sind Papageien artgeprägt und an den Menschen gewöhnt aufzuziehen und in der Regel mindestens zu zweit zu halten.

Als tierschutzwidrig wird die Anbindehaltung beurteilt.

Im Gutachten werden die Papageien in vier Gruppen - Sittiche, kurzschwänzige Papageien, Aras sowie Loris und andere nektartrinkende Arten - eingeteilt. Die den Gruppen zugehörenden Gattungen sind jeweils genannt.

Die Gutachter haben sich weiterhin zu folgenden Sachverhalten geäußert:

Der Deutsche Tierschutzbund e. V., der unter anderem größere Käfige fordert und die Papageienhaltung auf wissenschaftlich geleitete Einrichtungen beschränkt wissen will, hat als Mitunterzeichner entsprechende Differenzen zu Protokoll gegeben.

Auch ein Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Greifvögeln und Eulen wurde erarbeitet, am 10. Januar 1995 verabschiedet und als BML-Broschüre veröffentlicht.

Greifvögel und Eulen stellen hohe Anforderungen an Haltung, Pflege und Unterbringung. Besonders problematisch ist die Haltung von Vögeln, die krank oder verletzt aufgefunden wurden und nicht an den Menschen gewöhnt sind; diese Vögel müssen an Auffang- oder Pflegestationen abgegeben werden.

Die Gutachter haben sich unter anderem zu folgenden Sachverhalten geäußert:

Der Deutsche Tierschutzbund e. V. und der Deutsche Naturschutzring e. V. haben als Mitunterzeichner Differenzen zu Protokoll gegeben. Unter anderem wird eine Beschränkung der Greifvogelhaltung auf wissenschaftlich geführte Einrichtungen gefordert, Haltungsformen der falknerischen Haltung werden gänzlich abgelehnt (Deutscher Tierschutzbund e. V.) oder nur unter der Voraussetzung einer zeitlichen Befristung vorübergehend akzeptiert.

Das Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung körnerfressender Kleinvögel wurde 1996 abgeschlossen und als BML-Broschüre veröffentlicht (Mindestanforderungen an die Haltung von Kleinvögeln, Teil 1, Körnerfresser, vom 10. Juli 1996).

Die Sachverständigengruppe "Terrarientiere" hatte sich dahingehend geeinigt, zunächst Mindestanforderungen an die Haltung von Reptilien zu erarbeiten. Dieses Gutachten wurde am 10. Januar 1997 abgeschlossen und liegt als BML-Broschüre vor.

Reptilien werden sowohl von Züchtern als auch in Haushalten als Hobbytiere gehalten. Diese Tiere stellen spezifische Ansprüche, die von denen der Säugetiere und Vögel erheblich abweichen können. So stehen besonders Klima und Beleuchtung im Vordergrund. Räumliche Anforderungen sind eher zweitrangig, Beschäftigungsangebote für die Tiere sind nicht erforderlich.

Der Deutsche Tierschutzbund e. V. und der Deutsche Naturschutzring e. V. haben als Mitunterzeichner Differenzen zu Protokoll gegeben.

Das Gutachten zu Mindestanforderungen an die Haltung von Zierfischen (Süßwasser) konnte 1998 abgeschlossen werden. Es wird in Kürze veröffentlicht.

Abschließend muß die engagierte und zeitaufwendige Arbeit aller Sachverständigen besonders gewürdigt werden. Sie haben die Erarbeitung der Gutachten neben ihren beruflichen Aufgaben übernommen und stellen dafür einen erheblichen Teil ihrer Freizeit zur Verfügung.

 

Spezifisches zur Haltung von Tieren in Zoos

Zoos können insbesondere folgende Aufgaben wahrnehmen: Erholungsfunktion, Verwirklichung pädagogischer Ziele, Wissenschaft und Artenschutz.

Die Bezeichnungen "Zoo", "Zoologischer Garten", "Tiergarten", "Tierpark" und ähnliche Bezeichnungen dürfen nach § 25 des Bundesnaturschutzgesetzes nur mit behördlicher Genehmigung geführt werden; die Einrichtungen bedürfen der Genehmigung nach § 24 des Bundesnaturschutzgesetzes. Nach der Novellierung des Tierschutzgesetzes unterliegen sie seit dem 1. Juni 1998 auch dem Erlaubnisvorbehalt des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a sowie - soweit die Einrichtungen gewerbsmäßig handeln - Nr. 3 Buchstabe d des Tierschutzgesetzes. Die Erteilung der Erlaubnis ist gebunden an einen Sachkundenachweis, an die Zuverlässigkeit der für die Haltung der Tiere verantwortlichen Personen und an das Vorhandensein der erforderlichen Räume und Einrichtungen, die eine tierschutzgerechte Ernährung, Pflege und Unterbringung der Tiere ermöglichen.

Für die Haltung von Tieren in Zoos gelten die Grundsätze des § 2 des Tierschutzgesetzes. Zur Beurteilung der Tierhaltung in diesem Bereich dienen der zuständigen Behörde als Entscheidungshilfe die bereits erwähnten im Auftrag des BML erstellten Gutachten.

Die Europäische Kommission hatte im Juli 1991 einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Mindestnormen zur Haltung von Tieren in Zoos (ABl. EG Nr. C 249 S. 14) vorgelegt.

Die Bundesregierung bezweifelte, daß in diesem Bereich eine Rechtsgrundlage für EG-Vorschriften besteht. Der Bundesrat hat im Dezember 1991 die Bundesregierung gebeten, darauf hinzuwirken, daß vom Erlaß der Richtlinie abgesehen wird (Drucksache 583/91 - Beschluß -).

Die Kommission hatte ihren Richtlinienvorschlag offiziell zurückgezogen und eine Empfehlung des Rates für die Haltung von Wildtieren in Zoos vorgeschlagen, die gegenüber dem Richtlinienvorschlag einige wesentliche Änderungen aufwies. Zu dieser Empfehlung konnte im zuständigen Umweltministerrat politisches Einvernehmen erzielt werden. Die abweichenden Auffassungen Deutschlands hinsichtlich der Rechtsgrundlage für die Empfehlung und der Beachtung des Subsidiaritätsgrundsatzes wurden durch eine entsprechende Protokollerklärung zum Ausdruck gebracht.

Das Europäische Parlament hatte in seiner Stellungnahme jedoch wiederum eine Richtlinie zu diesem Bereich gefordert. Hierzu hat der Rat einen gemeinsamen Standpunkt im Juni 1998 verabschiedet. Hiernach werden keine konkreten Anforderungen an die Tierhaltung gestellt. Die Richtlinie beschränkt sich auf artenschutzrechtliche Aspekte und regelt im wesentlichen die Erlaubniserteilung für zoologische Gärten. Mit der Äußerung des Europäischen Parlamentes hierzu wird Anfang 1999 gerechnet.

Zu der teilweise problematischen Frage der Bestandsregulierung in Tiergehegen und ähnlichen Einrichtungen hat BML eine Gruppe von Verhaltenswissenschaftlern, Zoofachleuten sowie Sachverständigen des Tier- und Artenschutzes konsultiert. Diese stellte fest, daß eine Vermehrung von Zootieren grundsätzlich nur ermöglicht werden sollte, wenn auch für die Nachkommen eine artgemäße Unterbringung gesichert ist.

Da es nur bei wenigen in Zoos gehaltenen Arten eine natürliche Bestandsregulierung gibt, wird dieser Forderung durch die verschiedenen Verfahren der Geburtenkontrolle (kontrollierte Zucht, vorübergehende Sterilisierung, zeitweises Aussetzen der Zucht, Festlegung eines bestimmten Zuchtturnus für die einzelnen Zoos) Rechnung getragen.

Eine besonders wichtige Funktion haben in diesem Zusammenhang die Europäischen Erhaltungszuchtprogramme (EEP), die es bisher für knapp 70 vom Aussterben bedrohte Tierarten gibt.

Die Notwendigkeit, lediglich eine kontrollierte Vermehrung der in den Erhaltungszuchtprogrammen stehenden Zootiere zuzulassen, führt zu gewissen Einschränkungen bei den pädagogischen Aufgaben. Es muß in Kauf genommen werden, daß nur einige Arten - und diese zum Teil auch nicht jedes Jahr - vermehrt werden. Um die pädagogische Aufgabe wahrzunehmen, Zeugung, Trächtigkeit und Geburt von Tieren zeigen zu können, sind Haustierarten jedoch in der Regel ebenso gut geeignet wie Wildtiere. Ersteren sollte daher insoweit der Vorrang eingeräumt werden.

Auch bei kontrollierter Zucht wird es nicht immer auszuschließen sein, daß einzelne Tiere getötet werden müssen. Neben der tierärztlichen Indikation ist eine Tötung nur dann zulässig, wenn ein vernünftiger Grund vorliegt (§ 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes). Dies muß jeweils sehr sorgfältig geprüft werden (siehe Abschnitt XII.1).

 

Spezifisches zur Haltung von Tieren im Zirkus

Das Zurschaustellen und Vorführen von Zirkustieren wird von manchen Kritikern aus Tierschutzgründen abgelehnt. Die Bundesregierung geht jedoch davon aus, daß die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Zirkustieren nicht grundsätzlich untersagt werden kann. Voraussetzung ist allerdings, daß bestimmte Mindestanforderungen erfüllt werden.

Nach den Erfahrungen der Länder werden bei der Überwachung kleiner Wanderzirkusse häufig Probleme in bezug auf die Haltung der Tiere, den Nachweis eines geeigneten Winterquartiers und die Regulierung und Unterbringung der Nachzucht festgestellt. Bei Verstößen gegen das Tierschutzgesetz können behördliche Maßnahmen oft aufgrund häufiger Ortswechsel nur schwer durchgesetzt werden. Darüber hinaus befinden sich die Zirkusunternehmen nicht selten in finanziellen Notlagen, so daß durch eine Verhängung von Bußgeldern keine Verbesserung der Situation der Tiere erreicht wird. Eine Wegnahme insbesondere exotischer Tiere ist ebenfalls problematisch, da die Möglichkeiten zu ihrer pfleglichen Unterbringung sehr begrenzt sind und die Tiere zum Teil bereits derartige Störungen in ihrem Verhalten zeigen, daß sie nicht mehr in bestehende Gruppen integriert werden können. In solchen Fällen stellt sich die Frage, ob nicht eine Tötung des Tieres angezeigt sein kann (siehe Abschnitt XII.1).

Das Zurschaustellen von Tieren sowie das gewerbsmäßige Zur-Verfügung-Stellen von Tieren zu Schauzwecken unterliegen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a und Nr. 3 Buchstabe d des Tierschutzgesetzes einem Erlaubnisvorbehalt. Die Erteilung der Erlaubnis ist gebunden an einen Sachkundenachweis, die Zuverlässigkeit der für diese Tätigkeit verantwortlichen Person und an das Vorhandensein der erforderlichen Räume und Einrichtungen, die eine tierschutzgerechte Ernährung, Pflege und Unterbringung der Tiere ermöglichen.

Die Erlaubnis kann, soweit es zum Schutz der Tiere erforderlich ist, unter Befristungen, Bedingungen und Auflagen erteilt werden. Insbesondere kann angeordnet werden

  1. die Verpflichtung zur Kennzeichnung der Tiere sowie zur Führung eines Tierbestandsbuches,

  2. eine Beschränkung der Tiere nach Art, Gattung oder Zahl,

  3. die regelmäßige Fort- und Weiterbildung,

  4. das Verbot, Tiere zum Betteln zu verwenden,

  5. bei Einrichtungen mit wechselnden Standorten die unverzügliche Meldung bei der für den Tätigkeitsort zuständigen Behörde,

  6. die Fortpflanzung der Tiere zu verhindern.

Es wird von diesen Auflagen eine deutliche Verbesserung der Vollzugsmöglichkeiten erwartet. Darüber hinaus ist unter Federführung von Baden-Württemberg eine Arbeitsgruppe des Ausschusses für Tierschutz der Argevet mit der Erarbeitung detaillierter Vorgaben für die Erlaubniserteilung und Überwachung von Zirkusunternehmen befaßt. Hinzu kommt die Ermächtigung für das BML, in einer Rechtsverordnung die zentrale Erfassung von Tierschauen und Zirkusbetrieben mit Tierhaltung, sofern die Tätigkeit an wechselnden Standorten ausgeübt wird (Zirkuszentralregister), zu regeln (§ 16 Abs. 5 Nr. 5).

Als eine Richtschnur für die Beurteilung von Tierhaltungen in Zirkusbetrieben können das im Auftrag des BML erstellte Gutachten "Mindestanforderungen an die tierschutzgerechte Haltung von Säugetieren" vom 10. Juni 1996 sowie die übrigen in Vorbereitung befindlichen oder bereits veröffentlichten Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung wildlebender Tierarten herangezogen werden.

Auf der Grundlage der Empfehlung des Schweizer Bundesamtes für Veterinärwesen vom 10. März 1983 über Gehegeanforderungen für Zirkustiere in Verbindung mit der Schweizer Tierschutzverordnung wurden im Auftrag des BML von Sachverständigen "Leitlinien für die Haltung, Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen Einrichtungen" erarbeitet.

Diese Leitlinien, die im Oktober 1990 den zuständigen obersten Landesbehörden sowie den betroffenen Verbänden zugesandt wurden, sollen in erster Linie den Zirkusunternehmen selbst sowie den dort für die Tierhaltung Verantwortlichen, darüber hinaus aber auch den Überwachungsbehörden und letztlich den Gerichten als Entscheidungshilfe dienen.

Diese Leitlinien werden zur Zeit im Auftrag des BML von einer Sachverständigengruppe überarbeitet.

Bei der Haltung von Zirkustieren ist insbesondere folgendes zu beachten: