X. Betäuben, Schlachten und Töten von Tieren

 

1 Zum vernünftigen Grund

Nach seiner Zweckbestimmung in § 1 Satz 1 schützt das Tierschutzgesetz nicht nur das Wohlbefinden des Tieres, sondern auch dessen Leben. Satz 2 verbietet, Tieren ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. Bei einheitlicher Betrachtungsweise beider Sätze des § 1 TierSchG ergibt sich, dass ein Tier nur bei Vorliegen eines vernünftigen Grundes getötet werden darf. Verstöße hiergegen können nach § 17 Nr. 1 TierSchG mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden.

Eine Legaldefinition des Begriffs "vernünftiger Grund" gibt es nicht. Der Gesetzgeber bedient sich hier zur Beschreibung seiner Ziele eines unbestimmten Rechtsbegriffs, da die vielfältigen Vorgänge der Lebenswirklichkeit nicht umfassend und abschließend dargestellt werden können. Zudem kann durch die offene Tatbestandsformulierung das Tierschutzrecht durch Auslegung und Rechtsprechung weiterentwickelt und gesellschaftlichen Gegebenheiten angepasst werden, ohne dass eine Gesetzesänderung erforderlich wäre.

Ein vernünftiger Grund kann dann gegeben sein, wenn der mit der Tötung verfolgte Zweck, die die Handlung auslösenden Umstände und die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts die Handlung des Täters erforderlich machen. Diese auf den ersten Blick eher abstrakten Kriterien sind inzwischen durch gerichtliche Entscheidungen und Bearbeitungen in der Literatur konkretisiert worden (siehe als Beispiel zum vernünftigen Grund: Fangen von Fischen, Abschnitt XI).

Die vielfältigen Umstände, die Anlass zur Tötung eines Tieres sein können, sind einer allgemeinen Einteilung in rechtswidrige oder rechtmäßige Fälle nicht zugänglich. Nur das Abstellen auf den Einzelfall unter Einbeziehung aller für das Tier und seinen Halter wichtigen Faktoren kann zu einer der Situation des in der Obhut des Menschen lebenden Tieres angemessenen Entscheidung führen.

Auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung stellt sich die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Tötung von Eintagsküken auf Grund ihres Geschlechts. Durch die extreme Spezialisierung in der Hühnerzucht, auf Legelinien einerseits und Mastlinien andererseits, besteht für den ganz überwiegenden Anteil der männlichen Tiere der Legelinien in der Geflügelwirtschaft keine Verwendung; sie werden bisher aus ökonomischen Gründen trotz bestehender ethischer Bedenken als Eintagsküken getötet. Ein Forschungsvorhaben der FAL hat zwar belegt, dass es möglich ist, männliche Embryone in einem frühen Stadium der Bebrütung zu erkennen. Eine praxisreife Methode ist dies jedoch nicht.

Im Zuge der BSE-Krise hat die Kommission ein Marktentlastungsprogramm vorgelegt, mit dem ältere Rinder aus dem Fleischmarkt genommen werden sollen. Deutschland hat erreicht, dass diese Tiere in jedem Fall auf BSE getestet werden. Gegen die Maßnahme wurden ethische Bedenken geltend gemacht. Im Rahmen eines Runden Tisches haben die betroffenen Organisationen und Verbände das Für und Wider dieser Maßnahme dargelegt. Nach Abwägung aller Faktoren hat die Bundesregierung sich für eine Beteiligung an dieser Maßnahme entschieden, insbesondere da angesichts des zusammengebrochenen Rindfleischmarktes keine Alternativen gesehen wurden. Wegen dieser Entscheidung hat es mehrere Strafanzeigen gegen die Bundesregierung, vertreten durch das BMVEL, gegeben, deren Ausgang abgewartet werden muss. Allerdings müssen nun auf EU-Ebene die notwendigen Schritte eingeleitet werden, um sicherzustellen, dass eine derartige Maßnahme nicht wiederholt werden muss.

Im Frühjahr 2000 löste ein Papier des Verbandes der Zoodirektoren eine öffentliche Diskussion über das Töten überzähliger Zootiere aus. Auch der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Deutschen Bundestages befasste sich in einer Anhörung mit dieser Frage. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass wegen der problematischen Frage der Bestandsregulierung in Tiergehegen und ähnlichen Einrichtungen eine Vermehrung von Zootieren grundsätzlich nur ermöglicht werden sollte, wenn auch für die Nachkommen eine artgemäße Unterbringung gesichert ist. Da es nur bei wenigen in Zoos gehaltenen Arten eine natürliche Bestandsregulierung gibt, wird dieser Forderung durch die verschiedenen Verfahren der Geburtenkontrolle (kontrollierte Zucht, vorübergehende Sterilisierung, zeitweiliges Aussetzen der Zucht, Festlegung eines bestimmten Zuchtturnus für die einzelnen Zoos) Rechnung getragen. Eine besonders wichtige Funktion der Zoos ist die Beteiligung an den Europäischen Erhaltungszuchtprogrammen (EEP), die es bisher für knapp 130 vom Aussterben bedrohte Tierarten gibt. Selbst bei diesen unter kontrollierten Bedingungen durchgeführten Zuchten wird es nicht immer auszuschließen sein, dass für einzelne Tiere keine geeignete Unterbringung gefunden werden kann. Aus tierschutzrechtlicher Sicht kann für die Tötung einzelner Zootiere ein vernünftiger Grund vorliegen (§ 1 Satz 2 TierSchG). Dabei muss auch hier auf den Einzelfall abgestellt werden.

 

2 Schlachten und Töten von Tieren

In der Bundesrepublik Deutschland wurden laut offizieller Statistik im Jahre 1998 rund 4,1 Mio. Rinder, 40,2 Mio. Schweine, 0,9 Mio. Schafe und Ziegen sowie über 17.500 Pferde geschlachtet und amtlich untersucht. Im Geflügelfleischsektor wurden 332.1 Mio Jungmasthühner, 24 Mio. Suppenhühner, 20,3 Mio. Puten, 14,2 Mio. Enten, 1 Mio. Gänse und rund 1.200 Perlhühner erfasst.

2.1 Europarat

Das Europäische Übereinkommen vom 10. Mai 1979 über den Schutz von Schlachttieren enthält Grundsätze und Detailbestimmungen, die dem Schutz von Einhufern, Wiederkäuern, Schweinen, Kaninchen und Geflügel, soweit sie als Haustiere gehalten werden, vor vermeidbaren Schmerzen oder Leiden beim Verbringen, Unterbringen, Ruhigstellen, Betäuben und Schlachten dienen. Die Bundesrepublik Deutschland hat das Übereinkommen unterzeichnet und 1983 ratifiziert (Gesetz vom 9. Dezember 1983 - BGBl. 1983 II S. 770), ebenso sind Bosnien-Herzegowina, Dänemark, Finnland, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Luxemburg, die frühere jugoslawische Republik Mazedonien, die Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, die Schweiz und Slowenien dem Übereinkommen beigetreten; Belgien, Frankreich, das Vereinigte Königreich, die Tschechische Republik und Zypern haben es unterzeichnet. Mit Beschluss 88/306/EWG des Rates vom 16. Mai 1988 über den Abschluss des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Schlachttieren (ABl. EG Nr. L 137 S. 25) wurde das Übereinkommen im Namen der Europäischen Union genehmigt. Sobald alle EU-Mitgliedstaaten das Übereinkommen ratifiziert haben, wird die Europäische Union die Genehmigungsurkunde beim Generalsekretär des Europarates hinterlegen.

2.2 Europäische Union

Auf EU-Ebene liegt hierzu die Richtlinie 93/119/EG des Rates vom 22. Dezember 1993 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Schlachtung oder Tötung (ABl. EG Nr. L 340 S. 21) vor, mit der die Richtlinie 74/577/EWG des Rates vom 18. November 1974 über die Betäubung von Tieren vor dem Schlachten (ABl. EG Nr. L 316 S. 10) abgelöst worden ist.

Die Richtlinie enthält Mindestanforderungen hinsichtlich der baulichen und technischen Ausstattung und der Wartung der Anlagen und Geräte, die beim Umgang mit lebenden Schlachttieren in Schlachthöfen verwendet werden, sowie in Bezug auf das Entladen, die Unterbringung und Betreuung der Tiere in Schlachthöfen. Für den Regelfall ist vor der Schlachtung eine Betäubung vorgeschrieben, und es sind bestimmte zulässige Betäubungs- und Tötungsverfahren festgelegt. Während sich die meisten Vorschriften der Richtlinie auf das Schlachten von Einhufern, Wiederkäuern, Schweinen, Kaninchen und Geflügel im Schlachthof, bei der Hausschlachtung oder in anderen Schlachtstätten beziehen, gilt der allgemeine Grundsatz, dass die Tiere beim Ruhigstellen, Betäuben, Schlachten und Töten von vermeidbaren Aufregungen, Schmerzen und Leiden verschont bleiben müssen, für alle unter der Obhut des Menschen gehaltenen Tiere, die zur Gewinnung von Fleisch, Häuten, Pelzen oder sonstigen Erzeugnissen gehalten werden. Für das Töten landwirtschaftlicher Nutztiere zum Zwecke der Seuchenbekämpfung, von Pelztieren sowie Eintagsküken sind darüber hinaus spezifische Anforderungen festgelegt.

2.3 Bundesrepublik Deutschland

§ 4 Abs. 1a TierSchG unterwirft das berufs- oder gewerbsmäßige Betäuben oder Töten von Wirbeltieren einem Sachkundevorbehalt (siehe auch Abschnitt II).

Nach § 4a Abs. 1 TierSchG sind warmblütige Tiere beim Schlachten vor dem Blutentzug zu betäuben. Ausnahmen sind nach § 4a Abs. 2 TierSchG nur zulässig

Eine Ausnahmegenehmigung nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG darf nur insoweit erteilt werden, als es erforderlich ist, den Bedürfnissen von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften im Geltungsbereich des Gesetzes zu entsprechen, denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben oder den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen. Diese Regelung trägt dem durch Artikel 4 Abs. 2 GG geschützten Grundrecht auf freie Religionsausübung Rechnung.

Die Frage, ob zwingende Vorschriften vorliegen, die Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften das Schächten vorschreiben oder den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen, haben mehrere Gerichte, wie etwa die Verwaltungsgerichte Gelsenkirchen und Koblenz, in inzwischen rechtskräftigen Urteilen hinsichtlich der islamischen Religionsgemeinschaft verneint. Auch ein entsprechendes Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts wurde am 15. Juni 1995 vom Bundesverwaltungsgericht (3 C 31.93, BVerwGE 99, 1 ff.) bestätigt.

Der Staat ist verfassungsrechtlich daran gehindert, von sich aus zu bestimmen, was als Ausübung von Religion und Weltanschauung anzusehen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach festgestellt, dass bei der Beurteilung der Frage, welche Tätigkeiten für die Angehörigen einer Religionsgemeinschaft unter die Glaubensfreiheit fallen, das Selbstverständnis dieser Gemeinschaft eine wichtige Rolle spielt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 15. Juni 1995 entschieden und in seinem Urteil vom 23. November 2000 bestätigt, dass die Frage, ob Vorschriften einer Religionsgemeinschaft deren Angehörigen das Schächten vorschreiben, die nach dem Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft als zwingend zu gelten haben, staatlicher Beurteilung unterliege. Gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 1995 wurde beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde eingereicht, ein Termin für die Entscheidung steht noch nicht fest.

In einem Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 9. September 1999 (3 E 952/99 (3)) ging es um die Erteilung einer Ausnahmeregelung für das Schächten anlässlich des islamischen Opferfestes nach § 4a Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative TierSchG, also nicht um den Verzehr von Fleisch geschächteter Tiere. Das Gericht kam zu der Auffassung, dass dem Kläger als Angehöriger der als Religionsgemeinschaft im Sinne des Tierschutzgesetzes anzusehenden Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen eine Ausnahmegenehmigung zum Schächten eines Schlachttieres für das Islamische Opferfest zu erteilen sei, wenn er einen entsprechenden Antrag stelle. Gegen das Urteil hat die beklagte Landesbehörde die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht eingelegt. Am 23. November 2000 hat das Bundesverwaltungsgericht (3 C 40.99) die Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung unter Berücksichtigung seines Urteiles an das Verwaltungsgericht Darmstadt zurückverwiesen. Die Mitgliedschaft eines Muslims in der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen rechtfertige nicht die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung, da es sich bei der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen nicht um eine Religionsgemeinschaft im Sinne von § 4a TierSchG handle, die ihre Mitglieder zwingenden Vorschriften zur Notwendigkeit des Schächtens unterwerfen könne. Der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen fehle es an einem spezifisch religiösen Profil. Sie verstehe sich in glaubensmäßiger Hinsicht als bloßes Sammelbecken von Moslems unterschiedlicher Herkunft und Bekenntnisse. Diese Zielsetzung schließe es aus, Glaubenswahrheiten für verbindlich zu erklären, die innerhalb des Islams umstritten sind. Ob Tatsachen vorliegen, wonach der Kläger einer anderen Religionsgemeinschaft angehöre, die für sich die zwingende Notwendigkeit des betäubungslosen Schächtens als anerkannte Regel betrachte, muss das Verwaltungsgericht Darmstadt nun erneut feststellen.

Wechselwarme Wirbeltiere, also zum Beispiel Fische, dürfen nach § 4 Abs. 1 TierSchG nur unter Betäubung oder sonst, soweit nach den gegebenen Umständen zumutbar, nur unter Vermeidung von Schmerzen getötet werden.

Auch das Töten von Tieren zur anschließenden Entnahme von Organen oder Geweben im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 TierSchG darf nur unter Betäubung oder sonst unter Vermeidung von Schmerzen von einer sachkundigen Person vorgenommen werden.

Mit der Verordnung zum Schutz von Tieren im Zusammenhang mit der Schlachtung oder Tötung (Tierschutz-Schlachtverordnung) vom 3. März 1997 (BGBl. I S. 405) wird das Schlachten und Töten von Tieren umfassend geregelt. Sie dient der Umsetzung der Richtlinie 93/119/EG in nationales Recht. Gleichzeitig wird das vorkonstitutionelle Schlachtrecht (Gesetz und Verordnungen aus den dreißiger Jahren) abgelöst, wobei dessen Bestimmungen dem aktuellen Erkenntnisstand entsprechend übernommen, angepasst oder ergänzt werden. Zudem wird dem Europäischen Übereinkommen vom 10. Mai 1979 über den Schutz von Schlachttieren (BGBl. II S. 770) einschließlich der im Rahmen einer Multilateralen Konsultation der Vertragsparteien erarbeiteten Empfehlung zum Schlachten von Tieren Rechnung getragen.

Die Verordnung legt spezifische Anforderungen nicht nur für die Schlachtung oder Tötung von landwirtschaftlichen Nutztieren, sondern auch von anderen Tieren fest, die zur Gewinnung tierischer Erzeugnisse bestimmt sind oder die auf Grund einer behördlichen Veranlassung getötet werden sollen. Dies schließt grundsätzlich Fische und Krustentiere ein. Die Verordnung findet keine Anwendung auf die weidgerechte Ausübung der Jagd.

Neben dem Grundsatz, dass Tiere so zu betreuen, ruhigzustellen, zu betäuben, zu schlachten oder zu töten sind, dass bei ihnen nicht mehr als unvermeidbare Aufregung, Schmerzen, Leiden oder Schäden verursacht werden, legt die Verordnung die zulässigen Betäubungs- oder Tötungsverfahren sowie die zum Schutz der Tiere erforderlichen baulich-technischen und personellen Anforderungen fest.

Der Bundesrat hat am 6. November 1998 einer Verordnungsinitiative, die von Baden-Württemberg eingebracht wurde, zugestimmt. Mit dieser Änderungsverordnung sollen die in § 4 der Tierschutz-Schlachtverordnung enthaltene Sachkunderegelung für das berufsmäßige Schlachten von Einhufern, Wiederkäuern, Schweinen, Kaninchen und Geflügel flexibilisiert sowie Fehlverweisungen korrigiert werden.

Da die Bundesregierung die Ziele der Bundesratsvorlage begrüßt, die Änderungsverordnung in der Fassung des Bundesratsbeschlusses jedoch aus rechtsförmlichen Gründen nicht verkündet werden konnte, hat die Bundesregierung die Erste Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Schlachtverordnung eingebracht, die dem Votum des Bundesrates Rechnung trägt. Diese Änderungsverordnung wurde am 25. November 1999 erlassen (BGBl. I S. 2392). Gleichzeitig wird - nachdem mit § 4b Nr. 3 TierSchG nunmehr die Rechtsgrundlage hierzu vorliegt - auch das noch bestehende vorkonstitutionelle Schlachtrecht (§ 8 der Verordnung über das Schlachten von Tieren in der im Bundesgesetzblatt Teil III veröffentlichten bereinigten Fassung - Dekapitieren von Geflügel -) abgelöst und in die Tierschutz-Schlachtverordnung übernommen.

 

3 Regulieren von Wirbeltierpopulationen

Von zahlreichen Betroffenen wird die Verminderung bestimmter überhöhter Wirbeltierbestände gefordert, insbesondere wenn diese die Gesundheit des Menschen oder seiner Nutztiere gefährden, wirtschaftliche Schäden verursachen, die Sicherheit von Verkehrsanlagen bedrohen, als Schädlinge oder Lästlinge im Siedlungsbereich auftreten oder Verminderungsmaßnahmen aus Gründen des Artenschutzes für erforderlich gehalten werden, ein vernünftiger Grund für die Tötung also in der Regel vorliegt. In jedem Fall muss die Person, die Wirbeltiere tötet, sachkundig sein. Darüber hinaus bedarf derjenige, der gewerbsmäßig Wirbeltiere als Schädlinge bekämpft, gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe e TierSchG der Erlaubnis der zuständigen Behörde.

Nach § 13 Abs. 1 TierSchG ist es verboten, zum Fangen, Fernhalten oder Verscheuchen von Wirbeltieren Vorrichtungen oder Stoffe anzuwenden, wenn damit die Gefahr vermeidbarer Schmerzen, Leiden oder Schäden für Wirbeltiere verbunden ist; dies gilt nicht für die Anwendung von Vorrichtungen oder Stoffen, die auf Grund anderer Rechtsvorschriften zugelassen sind. Vorschriften des Jagd-, Naturschutz-, Pflanzenschutz- und Seuchenrechts bleiben von dieser Bestimmung unberührt. Hierbei wird von der Einheit der Rechtsordnung ausgegangen: was auf Grund der genannten Rechtsvorschriften zugelassen ist, kann nicht generell durch das Tierschutzgesetz verboten werden. Die Belange des Tierschutzes sind jedoch angemessen zu berücksichtigen. Gegebenenfalls müssen bereits zugelassene Methoden oder Verfahren überprüft und geändert werden; dies ist eine Daueraufgabe.

Die Auslegung dieser Vorschrift bei der Planung und Durchführung bestandsvermindernder Maßnahmen gestaltet sich oft schwierig. Zur Klärung strittiger Fragen hat BMVEL das in seinem Auftrag erstellte Gutachten über "Maßnahmen zur Verminderung überhandnehmender freilebender Säugetiere und Vögel. Bestandsaufnahme, Berechtigung und tierschutzrechtliche Bewertung" in der Schriftenreihe des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Reihe A: Angewandte Wissenschaft, veröffentlicht (Heft 404: Müssen wir Tiere gleich töten?, Landwirtschaftsverlag, Münster-Hiltrup, 1991).

Nach den Erfahrungen der Länder stellt die tierschutzgerechte Verminderung überhöhter Populationen verwildeter Haustauben und Katzen in Städten ein besonderes Problem dar. Das aus wissenschaftlicher Sicht geeignetste Mittel - ein generelles Fütterungsverbot - ist unter Praxisbedingungen nur schwer durchsetzbar und wird häufig aus falsch verstandener Tierliebe unterlaufen. Daher werden neue Methoden zur Verhinderung der Fortpflanzung bei Tauben entwickelt. Der Einsatz von so genannten Taubenpillen bewirkt eine erfolgreiche Verminderung der Taubenpopulation. Leider kann diese Methode nicht genutzt werden, weil durch Taubenpillen ein Eintrag von synthetischen Hormonstoffen in die Umwelt für möglich erachtet wird.

Vom niedersächsischen Landwirtschaftsministerium ist ein Heft mit Hinweisen für die Verminderung der Taubenpopulation zu beziehen.

In jüngster Zeit wird der Einsatz von Lasergewehren zum Vergrämen von Kormorankolonien diskutiert. Zur tierschutzrechtlichen Beurteilung dieser Methoden wird derzeit vom Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) eine Untersuchung durchgeführt.

 

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