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Adresse: Otfried-Müller-Straße 14
72076 Tübingen


Forschungsgruppe Prof. Dr. Lauer

Apl.Prof. Dr. Ulrich Lauer

Leiter der Forschergruppe “Virotherapie“/ Virotherapie Zentrum Tübingen (VCT), Stellvertretender Ärztlicher Direktor

Adresse: Medizinische Universitätsklinik
Otfried-Müller-Str.10
72076 Tübingen

Telefonnummer: 07071 29-83190

Faxnummer: 07071 29-4686

E-Mail-Adresse: ulrich.lauer@med.uni-tuebingen.de

Personenprofil: Mehr zur Person

Laboranschrift

Virotherapie Zentrum Tübingen (VCT)
Labor im Hertie-Institut für
Klinische Hirnforschung (HIH)

frontend.sr-only_#{element.contextual_1.children.icon}: 5. Stock
Otfried-Müller-Str. 27
72076 Tübingen


Laborleiterin

frontend.sr-only_#{element.contextual_1.children.icon}: Dr. Susanne Berchtold


Onkolytische Virotherapie
 - Viren gegen Krebs

Das Virotherapie Zentrum Tübingen (VCT) fokussiert sich sowohl auf präklinische als auch auf klinische Forschungsaktivitäten im Bereich der Onkolytischen Virotherapie. 

Onkolytische Viren (OV) sind in der Lage, sich spezifisch in Krebszellen zu vermehren, was zu einer direkten Zerstörung (Onkolyse) des Krebsgewebes führt; gesunde Zellen sind hingegen nicht betroffen, da es hier zu keiner relevanten Virusvermehrung kommt (siehe nachfolgende Abbildung aus: Lauer UM, Beil J. Oncolytic viruses: challenges and considerations in an evolving clinical landscape. Future Oncol. 2022 Jul 12. doi: 10.2217/fon-2022-0440).

Zahlreiche onkolytische Viren üben ihre antitumorale Wirkung nicht nur durch die direkte Onkolyse der Krebszellen aus, sondern auch durch die Auslösung einer antitumoralen Immun­reaktion als Folge der Tumorzell-Lyse und der damit einhergehenden Freisetzung tumorspezifischer Antigene. Zusätzlich bildet sich ein Virus-induziertes entzündliches Tumor-Mikromilieu aus, was die antitumorale Immunreaktion verstärkt. Auf diese Weise können onkolytische Viren auch bei Patienten, bei denen Standardtherapien versagen, zu einer Regression der Krebserkrankung führen. Insbesondere gentechnisch veränderte onkolytische Viren, die die Einschränkungen von Wildtyp-Viren der ersten Vektor-Generation überwinden, verfügen über ein sehr großes Potenzial für eine biologische Behandlung von Krebs.

Wissenschaftliche Abbildung
Wirkmechanismen onkolytischer Viren (OVs). Gesunde Zellen (Zellkörper: rot) werden durch OVs nicht geschädigt. Hingegen werden Tumorzellen (Zellkörper: grün) im Zuge einer ungebremsten viralen Replikation (onko)lysiert, woraufhin eine starke systemische anti-tumorale Immunantwort induziert wird (Abbildung modifiziert nach [3]).

Forschungsaktivitäten des VCT

Zahlreiche onkolytische Viren werden derzeit parallel für die Bekämpfung verschiedenster Tumorerkrankungen entwickelt und erforscht (siehe unten stehende Tabelle aus: Lauer UM, Beil J. Oncolytic viruses: challenges and considerations in an evolving clinical landscape. Future Oncol. 2022 Jul 12. doi: 10.2217/fon-2022-0440).

Im Fokus der Forschungsarbeiten des VCT stehen aktuell zahlreiche Virusplattformen, die sich von folgenden Virusstämmen ableiten lassen: 

  • Masern-Impfviren (MeV)
  • Sendai Viren (SeV)
  • Pocken-Impfviren (Vaccinia Viren) (VACV)
  • Herpes-Simplex-Viren (HSV)
  • Vesicular stomatitis Viren (VSV)
  • Adenoviren (Ad)

In unterschiedlichen Projekten werden neue Viruskonstrukte durch molekular-genetische Modifikation der Virusgenome generiert, experimentelle ex vivo Tumormodelle entwickelt und virotherapeutisch getestet oder Kombinationstherapien für spezifische therapeutische Zwecke sowohl präklinisch als auch klinisch im Rahmen Klinischer Studien und Personalisierter Therapieansätze erforscht und umgesetzt.

Zusammen mit Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts (MPI) für Biochemie in Martinsried (München) (Prof. Wolfgang Neubert) hat das VCT einen mit Selbstmordgenen bewaffneten virotherapeutischen Vektor auf Basis rekombinanter Masern-Impfviren (TMV-018) entwickelt (sieh nachfolgende Abbildung aus Noll M, Berchtold S, Lampe J, Malek NP, Bitzer M, Lauer UM. Primary resistance phenomena to oncolytic measles vaccine viruses. Int J Oncol 2013;43:103-112), der die onkolytische Effizienz bei der Behandlung verschiedener Tumorarten erheblich steigert.

Wissenschaftliche Abbildung
TMV-018 als Beispiel für ein Viro¬the¬rapeutikum der zweiten Vektor-Generation. Neben den 6 Virus-eigenen Genen (N, P, M, F, HN, L) kodiert TMV-018 zusätzlich für das Enzym Super-Cytosin Deami¬na¬se (SCD), das die i.v. verabreichte prodrug 5-FC selektiv in den infizierten Tumorgeweben in 5-FU konvertiert. Mit diesem Ansatz wird eine auf TMV-018 infizierte Tumorherde begrenzte zusätzliche Chemotherapie ermöglicht, wodurch eine deutlich ver-stärkte Onkolyse bei gleichzeitig sehr guter Verträglichkeit erzielt wird.

Alle Aktivitäten bzgl. CMC (Chemie, Manufacturing/Herstellung, Control/Kontrollen) sind bereits abgeschlossen und validiert. Eine erste Phase I Studie zur Virotherapie fortgeschrittener Tumorerkrankungen mit TMV-018 ist derzeit in Vorbereitung (s. a. beiliegende Technology Offer).

Technology Offer zum Download

Im Hinblick auf eine künftige, noch stärker Personalisierte Virotherapie werden im VCT außerdem experimentelle Systeme entwickelt, die das Ansprechen solider Tumore auf onkolytische Wirkstoffe nachahmen und dadurch das Ansprechen bei Tumorpatienten vorhersagen lassen (im Sinne einer Companion Diagnostic). Hierzu gehören in erster Linie: aus Patientenmaterial generierte Tumorgewebeschnitte, Tumorzellsuspensionen oder drei-dimensionale Tumor-Organoidmodelle (siehe hierzu auch nachfolgende Abbildung aus: Kloker L, Yurttas C, Lauer UM. Three-dimensional Tumor Cell Cultures Employed in Virotherapy Research. Oncolytic Virotherapy 2018;7,79-93).

Abbildung zum Download

Charakteristische Parameter wie Infektionseffizienz, die Kinetik der intratumoralen viralen Replikation sowie die Stärke der bewirkten Onkolyse werden in vitro bestimmt. Dies trägt nicht nur dazu bei, neue Generationen von virotherapeutischen Vektoren zu testen und weiter zu entwickeln, sondern auch ihre Wirksamkeit in einem hochgradig personalisierten Kontext (im Sinne einer prätherapeutischen Begleitdiagnostik) vorherzusagen.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt des VCT liegt in der immunovirotherapeutischen Behandlung des sehr seltenen NUT Karzinoms (NC), früher auch bekannt als NUT Mittellinien-Karzinom. 

Beim NC handelt es sich um eine Tumorerkrankung, die sowohl Erwachsene als auch Kinder und Jugendliche betrifft (siehe nachfolgende Abbildung aus der "NUT Carcinoma Support Page; https://www.facebook.com/photo/?fbid=959771710840224&set=a.416299545187446) und sich häufig entlang der Mittellinie (Kopf, Hals oder Mediastinum/Lunge) entwickelt. 

Bildkollage aus Portraits verschiedener Personen aus verschiedenen Nationen
Die vielen Gesichter des NUT-Karzinoms

Dieses besonders aggressive Plattenepithelkarzinom entsteht auf dem Boden einer initial stattfindenden aberranten Gentranslokation, durch die es zur Bildung von Fusions-Onkoproteinen (z. B. BRD4-NUTM1) kommt, die über fehlerhafte Transkriptionsprofile (also im Rahmen eines epigenetischen Mechanismus) für die maligne Transformation verantwortlich sind. 

Das Universitätsklinikum Tübingen stellt in Deutschland das bislang einzige Zentrum für NUT Karzinome (NUT Zentrum Tübingen - NUT-CT) dar und berät und behandelt mit Abstand die meisten NC Patienten in Deutschland und den angrenzenden Nachbarländern. 

Darüber hinaus erforscht das NUT Zentrum Tübingen die molekularen Grundlagen dieser Tumorerkrankung und entwickelt neue Therapieansätze (u.a. unter Einbeziehung der Immunovirotherapie in Kombination mit BET-Inhibitoren und/oder weiteren small-molecule Inhibitoren aber auch in Kombination mit herkömmlichen Therapien wie Chemotherapie oder Bestrahlung).

Das VCT stellt seine virologische Kompetenz und Infrastruktur zur Verfügung, um am Universitätsklinikum Tübingen (UKT) Klinische Studien zu gentherapeutischen Verfahren zu unterstützen und damit zu ermöglichen. Dabei steht derzeit insbesondere die monogenetisch bedingte Störung des Kupferstoffwechsels im Vordergrund (der Morbus Wilson), bei der im Rahmen von Phase I Studien virale Vektoren als Genfähren zur Genkorrektur der vom Gendefekt betroffenen Leberzellen eingesetzt werden (siehe nachfolgende Patienteninformation aus dem "booklet" zur sog. GATEWAY Studie (Version 4.0. Date: 17 Feb 2023)).

Patienteninformation als Download

In der Tübinger Early Clinical Trials Unit (ECTU; Leitung Prof. Lauer), einem der führenden klinischen Viro- und Gentherapie-Zentren in Deutschland, werden zahlreiche Viro- und Gentherapie-Studien der Phasen I/II durchgeführt:

Studienliste als Download

In einem weiteren Projekt, abseits der Krebstherapien mit Viren, arbeitet das VCT an viralen Vektor-basierten Impfstoffen gegen pandemische Bedrohungen, die von SARS-CoV-2 (COVID-19) oder anderen viralen Erregern der Atemwege ausgelöst werden.

Dabei werden neuartige "Semi-Live"-Impfstoffe (aus der "vir4vac"-Plattform) für die intranasale Anwendung gegen SARS-CoV-2 oder andere virale Erreger der Atemwege hergestellt und für die klinische Testung zur Verfügung gestellt (s. a. beiliegende Technology Offer).

Zu diesem Zweck wird ein vollkommen neuartiger viraler Atemwegsvektor (auf der Basis von Sendai-Virus (SeV)) zur Expression des Spike (S)-Proteins von SARS-CoV-2 verwendet, womit den natürliche Weg der Atemwegsinfektionen nachgeahmt werden kann.

Dies führt zu einem vollständigen Schutz, auch der Atemwege, und unterbricht somit jede weitere Übertragung von SARS-CoV-2, wodurch unkontrolliert ablaufende Infektionsketten verhindert werden.

Laut WHO werden solche Impfstoffe als Impfstoffe der 2. Generation eingestuft und sollen vor allem bei der Induktion einer sterilisierenden Immunität den bisher nur intra-musculär applizierbaren Impfstoffen der 1. Generation überlegen sein.

Technology Offer als Download

  • DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft): Multimodal therapy approaches for NUT carcinoma (NC)
  • DKTK (Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung)
  • NCT (Nationales Centrum für Krebserkrankungen)
  • fortüne (Medizinische Fakultät Tübingen)
  • AKF (Medizinische Fakultät Tübingen)

Methodenspektrum

Schmuckbild: Einzelstrang der RNA. Mikroskopische Darstellung einer infektiösen SARS-CoV-2-Viruszelle

Spezielles Methodenspektrum der Forschergruppe “Virotherapie“

Virale Gentransfersysteme (Masern-Impfviren, Vaccinia-Impfviren, Herpes simplex Viren, Adeno-assoziierte Viren, Sendai Viren, Vesiculäres Stomatitis Virus), tierexperimentelle/präklinische Evaluation virotherapeutischer Applikationen (incl. Kathetertechniken), Primärkulturen von Tumorzellsuspensionen und Kulturen von Tumorgewebeschnitten (sog. „tissue slice“ Technologie, Organoid-Kulturen) aus humanen Operationspräparaten (in Zusammenarbeit mit der Abt. Allgemeine, Viszeral- und Transplantationschirurgie des UKT). Entwicklung neuartiger Vektor-basierter Impfstoffe. Darüber hinaus alle grundlegenden Techniken der Zellkultur, Zellbiologie, Molekularbiologie und Molekularen Virologie.

Schmuckbild: Graduierungskappe auf Buch und Holzhintergrund

Vergabe von Diplom- und Promotionsarbeiten (Medizin, Naturwissenschaften)

Unsere Forschergruppe vergibt fortlaufend Themen für neu anzufertigende Bachelor-, Master- und Promotionsarbeiten, bei denen neben einer engagierten Betreuung auch das in der Forschergruppe etablierte Methodenspektrum vermittelt wird. Im Falle des Interesses an einer Medizinischen Doktorarbeit in unserer Arbeitsgruppe erwarten wir, dass die Bewerber ein Freisemester nehmen. Gleichzeitig unterstützen wir nachhaltig die Einwerbung eines IZKF-Doktoranden-Stipendiums für diesen Zeitraum.

Zertifikate und Verbände