XV. | Tierversuche sowie Ersatz- und Ergänzungsmethoden |
Abschnitte 1 bis 4 |
Obwohl in der biomedizinischen Forschung zunehmend mit In-vitro-Methoden gearbeitet wird, kann nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft auf Tierversuche - das sind Eingriffe oder Behandlungen zu Versuchszwecken, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sein können - nicht generell verzichtet werden. Sie sind jedoch auf das unerläßliche Maß zu beschränken. Nach den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes dürfen Tierversuche nur durchgeführt werden, wenn sie für einen der im Gesetz abschließend aufgeführten Versuchszwecke nach dem aktuellen Wissensstand unerläßlich und im Hinblick auf die angestrebten Ergebnisse ethisch vertretbar sind.
Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, daß es in bestimmten Bereichen nicht möglich ist, die häufig kritisierten, aus rechtlichen Gründen notwendigen Tierversuche vollständig durch Alternativmethoden zu ersetzen. Für Erfolge auf diesem Gebiet liefern Wissenschaft und Forschung die Basisarbeit. Neu entwickelte tierversuchsfreie Methoden müssen jedoch experimentell validiert werden, um zu erreichen, daß diese Modelle auch von den internationalen Institutionen akzeptiert werden, die die gesetzlichen Prüfanforderungen maßgeblich beeinflussen. Hierbei treten einzelstaatliche Prüfvorschriften zunehmend in den Hintergrund.
Sowohl im Bereich des Chemikalienrechts als auch des Arzneimittelrechts konnten in den vergangenen Jahren erfreuliche Fortschritte bei der Validierung und Anerkennung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden erzielt werden (siehe Abschnitt XV.5).
Die Bundesregierung mißt der Entwicklung und Anerkennung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden große Bedeutung bei. In den folgenden Abschnitten finden sich entsprechende Beispiele.
1 | Rechtsvorschriften |
Das vom Europarat im März 1986 verabschiedete Europäische Übereinkommen zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere enthält Grundsätze und Detailbestimmungen über die Voraussetzungen und die Durchführung von Tierversuchen, über Zucht, Pflege und Unterbringung von Versuchstieren, über die Versuchseinrichtungen und über statistische Informationen in bezug auf Tierversuche. Die Leitlinien in Anhang A konkretisieren die in Artikel 5 des Übereinkommens dargelegten allgemeinen Anforderungen an die Haltung von Versuchstieren, ohne jedoch rechtsverbindlich zu sein (siehe Abschnitt III, 2.10).
Die Vertragsparteien und Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens tauschten 1992, 1993 und 1997 im Rahmen Multilateraler Konsultationen gemäß Artikel 30 des Übereinkommens ihre Erfahrungen über die Anwendung dieser internationalen tierschutzrechtlichen Bestimmungen aus. Im Mittelpunkt der Beratungen standen dabei folgende Themen:
die Überarbeitung und Konkretisierung der Vorschriften zu den statistischen Erhebungen,
die Auslegung des Vertragstextes im Hinblick auf den Schutz transgener Tiere und Versuchstiermutanten, die für wissenschaftliche Zwecke gezüchtet oder verwendet werden und infolge der genetischen Modifikation in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt sind,
die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Personen, die mit Versuchstieren arbeiten,
die Überarbeitung der Empfehlungen des Anhangs A zur Haltung von Versuchstieren,
die Erarbeitung eines Zusatzprotokolls zu dem Übereinkommen, um ein vereinfachtes Verfahren zur Änderung der Anhänge zu ermöglichen,
Die Vertragsparteien des Übereinkommens einigten sich auf das Ziel, ab 1997 statistische Daten über die Verwendung von Versuchstieren zu erheben, die sich in einigen Details von den Tabellen des Anhangs B zu dem Übereinkommen unterscheiden.
Bei der Zucht und Haltung transgener Tiere und Mutanten, die für Versuchszwecke bestimmt sind, muß deren besonderen Ansprüchen Rechnung getragen werden. So ist bei der Registrierung der entsprechenden Versuchstierzuchten sicherzustellen, daß die Einrichtungen über die erforderliche sachliche Ausstattung sowie über eine verantwortliche Person mit speziellen Kenntnissen der tierschutzrelevanten Probleme bei den erbgutveränderten Tieren verfügen. Diese Auslegung wurde den Bundesländern zur Kenntnis gegeben.
Des weiteren wurden Leitlinien für die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Personen, die mit Versuchstieren umgehen, erarbeitet. Sie richten sich als Verhaltenskodex an alle für diesen Bereich zuständigen Personen und Stellen. Der Text dieser Vereinbarung findet sich in Anhang 5 des Tierschutzberichtes 1997.
In der dritten Multilateralen Konsultation 1997 wurde sowohl eine Entschließung zur Unterbringung und Pflege von Versuchstieren als auch zu deren Erwerb und Transport verabschiedet. Beide Texte finden sich in Anhang 5. Derzeit wird die Novellierung des Anhangs A im Sinne der Entschließung zur Unterbringung und Pflege von Versuchstieren in einzelnen Arbeitsgruppen fachlich vorbereitet. Aufgrund noch ausstehender wissenschaftlicher Erkenntnisse zu einzelnen Problembereichen ist mit erheblichem Zeit- und Beratungsbedarf bis zum Abschluß der Arbeiten zu rechnen. Das 1997 von der Multilateralen Konsultation erarbeitete Zusatzprotokoll wurde bereits im Juni 1998 zur Zeichnung aufgelegt. Nach Inkrafttreten dieses Protokolls sind Änderungen der beiden Anhänge zu dem Übereinkommen nach einem vereinfachten Verfahren, das heißt ohne Befassung nationaler oder internationaler gesetzgebender Organe, möglich. Dies ist Voraussetzung für eine zeitgerechte Anpassung der Anhänge an neue Erkenntnisse und Gegebenheiten.
Die Europäische Gemeinschaft hat mit der Richtlinie 86/609/EWG des Rates vom 24. November 1986 zur Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (ABl. EG Nr. L 358 S. 1) Regelungen für diejenigen Tierversuche getroffen, die im Rahmen der Stoff- und Produktentwicklung und -prüfung sowie im Rahmen des Umweltschutzes durchgeführt werden. Dabei wurden im wesentlichen die Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens vom 18. März 1986 zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere übernommen. 1998 hat der Rat die Entscheidung über den Abschluß des Europäischen Versuchstierübereinkommens im Namen der Gemeinschaft getroffen, so daß diese nunmehr den Status einer Vertragspartei des Übereinkommens hat. Die Urkunden zur Annahme des Übereinkommens durch die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten sollen vereinbarungsgemäß spätestens am 1. Januar 2000 hinterlegt werden.
Die national zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und die zuständige Kommissionsdienststelle beraten in regelmäßigen Abständen über Erfahrungen und Probleme im Zusammenhang mit der Richtlinie. Dieses auf Einladung der Kommission tagende Gremium hat sich bisher vornehmlich mit dem Problem einer EU-weit einheitlichen statistischen Erhebung von Daten zu Tierversuchen nach Artikel 13 der Richtlinie beschäftigt. 1997 hat man sich in Form eines "Gentlemens agreement" auf eine Liste von Informationen über die Verwendung von Wirbeltieren zu wissenschaftlichen Zwecken geeinigt, die die Mitgliedstaaten der Kommission für einen aussagefähigen Bericht über die Situation in der Europäischen Union zur Verfügung stellen. Dies war notwendig, da die bisher in den einzelnen Mitgliedstaaten erhobenen Daten weder einen Vergleich auf europäischer Ebene noch zuverlässige Aussagen im Hinblick auf Tendenzen bei der wissenschaftlichen Verwendung von Wirbeltieren erlauben.
Die Vertreter der übrigen Mitgliedstaaten haben zugesagt, der Kommission die national erhobenen Daten im Jahr 2000 in der vereinbarten Tabellenform zur Verfügung zu stellen. In Deutschland können die getroffenen Vereinbarungen aus rechtlichen Gründen nur durch eine Änderung der geltenden Versuchstiermeldeverordnung umgesetzt werden. Wegen des hierfür erforderlichen Zeitbedarfs wird Deutschland die gewünschten Informationen voraussichtlich erst später als die übrigen Mitgliedstaaten zur Verfügung stellen können.
Weiterhin hat das Gremium Richtlinien für die angemessene Ausbildung von Personen, die mit Versuchstieren umgehen, verabschiedet.
1.3 Bundesrepublik Deutschland
Durch Artikel 5 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Gentechnik vom 20. Juni 1990 (BGBl. I S. 1080) wurde die im Tierschutzgesetz festgelegte Definition des Begriffes "Tierversuch" erweitert.
Damit hat § 7 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes nunmehr folgenden Wortlaut:
"(1) Tierversuche im Sinne dieses Gesetzes sind Eingriffe oder Behandlungen zu Versuchszwecken
verbunden sein können. "
Diese Formulierung bezweckt eine Klarstellung, daß auch Eingriffe am genetischen Material befruchteter Eizellen oder Embryonen den rechtlichen Stellenwert eines Tierversuchs haben, sofern sie zu Versuchszwecken durchgeführt werden und bei den an dem Eingriff mittelbar oder unmittelbar beteiligten Tieren zu Schmerzen, Leiden oder Schäden führen können. Neben den eigentlich erbgutveränderten Tieren werden somit auch die "Muttertiere" den Schutzvorschriften unterstellt. Der Begriff "Trägertiere" wurde gewählt, da es sich in den meisten Fällen um Leihtiere, das heißt nicht um die genetischen Muttertiere, handelt.
Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind für die tierschutzrechtliche Einordnung von Behandlungen und Eingriffen als Tierversuch zwei Kriterien maßgeblich:
Die Maßnahme erfolgt zu Versuchszwecken, das heißt mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns zu einem noch nicht hinreichend gelösten Problem;
für die Tiere besteht die Gefahr einer Beeinträchtigung in Form von Schmerzen, Leiden oder Schäden.
Daher sind von den Tierversuchen insbesondere abzugrenzen:
Eingriffe und Behandlungen zu diagnostischen oder therapeutischen Zwecken im Rahmen der kurativen tierärztlichen Tätigkeit;
Entnahmen von Organen oder Geweben für wissenschaftliche Untersuchungen, wenn das Tier vorher im Hinblick auf die weiteren Untersuchungen nicht behandelt wurde (siehe Abschnitt IX.);
Eingriffe und Behandlungen zu Demonstrationszwecken bei der Aus-, Fort- oder Weiterbildung (siehe Abschnitt XVI.);
Eingriffe und Behandlungen im Rahmen der Herstellung und Gewinnung von Produkten, zum Beispiel von Immunseren oder der "Aufbewahrung" von Organismen wie Viren, Bakterien oder Parasiten.
Entnahme von Organen an zuvor getöteten Tieren (siehe Abschnitt XII.).
Das novellierte Tierschutzgesetz regelt in einem neu eingefügten siebenten Abschnitt nunmehr auch die letztgenannten Sachverhalte. Die Frage der Zulässigkeit der Produktion monoklonaler Antikörper in Mäusen mit Aszites (Bauchhöhlenwassersucht) wird hiervon jedoch nicht berührt. Insoweit ist nach wie vor auf das Ergebnis eines Sachverständigengesprächs zu verweisen, das 1989 auf Einladung von ZEBET zu dieser Thematik stattfand. Demnach ist die Produktion monoklonaler Antikörper in vivo nur in folgenden Ausnahmefällen als unerläßlich zu betrachten:
Monoklonale Antikörper zur Abgabe an Dritte dürfen nur noch in vitro hergestellt werden, da bei der Herstellung monoklonaler Antikörper die In-vivo-Methode nicht mehr dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht. Sofern dennoch das Aszitesverfahren angewendet wird, liegt ein Verstoß gegen § 17 Nr. 2 Buchstabe b oder gegen § 18 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 1 des Tierschutzgesetzes vor.
2 | Die Anwendung tierschutzrechtlicher Bestimmungen anhand ausgewählter Beispiele |
2.1 Die ethische Abwägung bei der Begutachtung von Tierversuchen
Tierversuche dürfen nach dem Tierschutzgesetz nur durchgeführt werden, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen, zur Erkennung von Umweltgefährdungen oder für die Grundlagenforschung unerläßlich sind und der verfolgte Zweck nicht durch andere Methoden oder Verfahren erreicht
werden kann. Es ist dabei abzuwägen, ob die zu erwartenden Schmerzen, Leiden oder Schäden der Versuchstiere im Hinblick auf den Versuchszweck ethisch vertretbar sind. Versuche mit länger anhaltenden oder sich wiederholenden erheblichen Schmerzen, Leiden oder Schäden dürfen nur durchgeführt werden, wenn dies für wesentliche Bedürfnisse von Mensch oder Tier notwendig ist. Tierversuche zur Entwicklung oder Erprobung von Waffen sind verboten. Das Verbot gilt grundsätzlich auch für Tierversuche zur Entwicklung von Tabakerzeugnissen, Waschmitteln und Kosmetika.
Die Prüfung der ethischen Vertretbarkeit kann im Einzelfall mit Schwierigkeiten verbunden sein. Die Tierschutzkommission beim BML hat 1990 einstimmig folgendes Votum beschlossen:
" Die Tierschutzkommission bittet den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten darauf hinzuwirken, daß in den alten und neuen Bundesländern bei der Beratung und Entscheidung über die Genehmigung von Tierversuchen neben der wissenschaftlichen Begründung auch die gesetzlich geforderte ethische Abwägung (§ 7 Abs. 3 des Tierschutzgesetzes) in angemessener Weise beachtet wird. Um dies zu erreichen, empfiehlt die Kommission,
daß in den beratenden Kommissionen nach § 15 Abs. 1 und 3 des Tierschutzgesetzes dem ethischen Aspekt die notwendige Aufmerksamkeit beigemessen und das entsprechende Ergebnis im Protokoll festgehalten wird; bei der Abwägung ist der Grundsatz anzuwenden:
je schwerer der Eingriff zu Lasten der Versuchstiere, desto größer muß das Gewicht der ihn legitimierenden Gründe sein;
daß der offenkundig gewordene Informationsbedarf der an der Beratung und an der Genehmigung beteiligten Personen durch das Angebot von jährlichen Weiterbildungsveranstaltungen seitens des Bundes und der Länder befriedigt wird; um diese Anforderung auch langfristig zu erfüllen ist es erforderlich, die entsprechenden Fragen der ethischen Abwägung zunehmend in die Ausbildung von Veterinär- und Humanmedizin sowie Biologie einzubeziehen. "
Auf Initiative des BML bietet die Akademie für tierärztliche Fortbildung seit einigen Jahren in Kooperation mit dem Arbeitskreis der Tierschutzbeauftragten in Bayern regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen zum Themenkreis "Tierversuche / Versuchstiere" an. Diese Veranstaltungen stehen Tierschutzbeauftragten und interessierten Mitgliedern der Kommissionen nach § 15 des Tierschutzgesetzes ebenso offen wie den mit diesem Aufgabengebiet befaßten Amtstierärzten. Das Themenspektrum dieser Seminare ist breit gefächert und beinhaltet regelmäßig Diskussionen ethischer und tierschutzrechtlicher Positionen.
2.2 Tierschutzbeauftragte nach § 8b des Tierschutzgesetzes
Mit der Novellierung des Tierschutzgesetzes wurde der Aufgabenbereich des Tierschutzbeauftragten dahingehend erweitert, daß sich seine beratende Funktion nunmehr auf alle Eingriffe und Behandlungen an Wirbeltieren einschließlich ihrer Tötung, die im Zusammenhang mit Forschung und Lehre durchgeführt werden, bezieht. Vor Inkrafttreten der Gesetzesnovelle beschränkte sich die Zuständigkeit des Tierschutzbeauftragten auf den Bereich der Tierversuche im Sinne der Definition in § 7 des Tierschutzgesetzes. Durch die Kompetenzerweiterung des Tierschutzbeauftragten soll die Eigenkontrolle in der Wissenschaft weiter verbessert werden. Daher sind nach dem geltenden Recht Träger von Einrichtungen, in denen Wirbeltiere für wissenschaftliche Zwecke getötet, für Gewebe- oder Organentnahmen im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, für Tierversuche im Sinne des § 7, für Aus-, Fort- oder Weiterbildungszwecke nach § 10 oder für "Produktionszwecke" nach § 10a verwendet werden, zur Bestellung eines oder mehrerer fachlich qualifizierter Tierschutzbeauftragter verpflichtet. Es ist vorgesehen, in der novellierten Fassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes die Anforderungen an die fachliche Qualifikation, an die innerbetriebliche Stellung sowie das Aufgabengebiet dieses Personenkreises zu präzisieren.
Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Tierschutzbeauftragten zu einem wichtigen und unverzichtbaren Bindeglied zwischen den Behörden einerseits und den Versuchsanstellern andererseits geworden sind. Es steht zu erwarten, daß sich die konstruktive Zusammenarbeit künftig auch auf die genannten anderen Bereiche der wissenschaftlichen Verwendung von Tieren erstrecken wird.
Der Aufgabenbereich des Tierschutzbeauftragten erfordert Fachkenntnisse auf unterschiedlichen Spezialgebieten, besonders in wissenschaftlichen Einrichtungen, die Tiere zur Bearbeitung eines weiten Spektrums wissenschaftlicher Fragestellungen einsetzen. Diese Situation und die zum Teil schwierige Mittlerfunktion zwischen Anliegen des Tierschutzes und der Wissenschaft hat dazu beigetragen, daß sich die Tierschutzbeauftragten auf Länderebene zunehmend in Arbeitskreisen organisieren, um Erfahrungen und Informationen auszutauschen, fachliche Stellungnahmen zu bestimmten Problemen zu erarbeiten und Fortbildungsveranstaltungen zu organisieren.
2.3 Besondere Aspekte bei Genehmigungs- und Anzeigeverfahren
Im Zusammenhang mit dem Anwendungsbereich der tierschutzrechtlichen Bestimmungen zu Tierversuchen im fünften Abschnitt des Tierschutzgesetzes stand im Berichtszeitraum insbesondere die tierschutzrechtliche Bewertung von Klonierungstechniken zur Diskussion.
Bei der genetisch identischen Vermehrung (Klonen) von Tieren ist das Verfahren der Embryonenteilung (Embryonensplitting) von den Techniken zu differenzieren, die auf der Übertragung von Zellkernen aus Embryonalzellen (embryonales Klonen) oder aus Körperzellen (adultes Klonen) in entkernte tierische Eizellen beruhen. Da das Embryonensplitting bei landwirtschaftlichen Nutztieren und Versuchstieren bereits seit langem angewandt wird, bezog sich die durch eine wissenschaftliche Veröffentlichung (Stichwort "Dolly") ausgelöste öffentliche Diskussion in erster Linie auf die Anwendung von Kerntransfertechniken.
Im Deutschen Bundestag wurde dieses Thema in engem inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Novellierung des Tierschutzgesetzes beraten. Die Forderung nach einem Verbot des Klonens von Tieren aus tierschutzrechtlichen Gründen führte zu dem Auftrag an das Büro für Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages, das Themenfeld "Chancen und Risiken der Entwicklung und Anwendung des Klonens sowie der Gentechnik und der Reproduktionstechnik bei der Züchtung von Tieren für die Forschung, bei der Züchtung von Labortieren und bei der Nutztierzucht" im Rahmen eines Projektes zu bearbeiten. Der Abschlußbericht des Projekts, an dem Gutachterinnen und Gutachter aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen beteiligt sind, wurde für Anfang 1999 in Aussicht gestellt.
Bei der Novellierung des Tierschutzgesetzes wurde kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf für spezielle Regelungen zum Klonen von Tieren gesehen. Aufgrund der Beratungen in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages ist davon auszugehen, daß nach dem Willen des Gesetzgebers § 7 des Tierschutzgesetzes so auszulegen ist, daß hiervon auch die Anwendung noch nicht zur Praxisreife entwickelter Klonierungstechniken abgedeckt wird, das heißt, daß die derzeit noch im Experimentalstadium befindlichen Kerntransfertechniken als genehmigungspflichtige Tierversuche einzustufen sind. Dies gilt jedoch nicht für die bereits etablierten Verfahren des Embryonensplittings. Bei der tierschutzrechtlichen Bewertung ist also der jeweilige Stand von Wissenschaft und Technik zu berücksichtigen.
Dieser Grundsatz ist auch bei der tierschutzrechtlichen Bewertung der Erstellung transgener Tierlinien zu beachten. In Anhang 5 des Tierschutzberichtes 1997 findet sich zu diesem Thema ein Informationspapier "Erzeugung und Zucht transgener Mäuse und Ratten unter Tierschutzgesichtspunkten", das auf Vorschlag von BML 1996 von einer Sachverständigengruppe erarbeitet wurde.
Leider ist es nicht möglich, auf alle in dem Zusammenhang auftretenden Fragen umfassende und befriedigende Antworten zu geben. Wie auch die internationalen Diskussionen zeigen, ist hierfür die gezielte Aufarbeitung bisheriger Erfahrungen sowie die Durchführung konkreter Forschungsvorhaben zu tierschutzrelevanten Aspekten bei der Erzeugung transgener Tiere notwendig. Auch infolge der rasch steigenden Zahl transgener Tiermodelle wird dieses Thema voraussichtlich auch in den nächsten Jahren weiterhin in der Diskussion bleiben.
2.4 Beratende Kommissionen nach § 15 Abs. 1 und 3 des Tierschutzgesetzes
Die Zusammensetzung der Kommissionen aus Veterinärmedizinern, Medizinern, Naturwissenschaftlern und Vertretern, die von Tierschutzorganisationen vorgeschlagen wurden, ermöglicht eine sachgerechte Unterstützung der Behörde, insbesondere im Hinblick auf die Voraussetzungen der wissenschaftlichen und ethischen Vertretbarkeit für die Genehmigung von Tierversuchen. Die Zusammenarbeit zwischen Tierschutzkommissionen, Antragstellern und Behörden verläuft in der Regel konstruktiv und führt im Ergebnis zu einer fundierten Beurteilung der jeweiligen Versuchsvorhaben. Der kooperative Charakter dieser Zusammenarbeit zeigt sich unter anderem darin, daß die Behörden bei ihren Entscheidungen nur in Ausnahmefällen vom Vorschlag der sie beratenden Gremien abweichen. Der relativ geringe Anteil endgültig abgelehnter Genehmigungsanträge sollte nicht vergessen lassen, daß bei den genehmigten Versuchsvorhaben in vielen Fällen durch die intensiven Beratungen Zahl und Belastung der verwendeten Tiere erheblich eingeschränkt und die Genehmigungsbescheide mit entsprechenden Nebenbestimmungen versehen werden.
Versuchsvorhaben im Auftrag des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums der Verteidigung werden nicht nur an eigenen Tieren und in eigenen Dienststellen durchgeführt, sondern auch an bundeswehrfremde Forschungseinrichtungen vergeben. Für die Genehmigung dieser Versuchsvorhaben sind die für den Sitz dieser Einrichtung zuständigen Landesbehörden und damit auch die diesen angehörigen Kommissionen nach § 15 Abs. 1 zuständig. Wegen der besonderen Sensibilität der Öffentlichkeit gegenüber Tierversuchen der Bundeswehr werden alle genehmigungspflichtigen Tierversuche, die im Auftrag des Geschäftsbereiches des Bundesministeriums der Verteidigung durchgeführt werden, zusätzlich auch der Tierschutzkommission des Bundesministeriums der Verteidigung zur Beratung vorgelegt. Damit ist ein weiteres Gremium zur Bewertung wehrmedizinischer Forschungsvorhaben eingeschaltet, um für die mitunter sehr speziellen Fragestellungen ergänzende Hinweise zu geben.
2.5 Tierversuche nach § 15a des Tierschutzgesetzes
Die Bestimmung des § 15a des Tierschutzgesetzes verpflichtet die nach Landesrecht zuständigen Behörden, den Bundesminister über Fälle grundsätzlicher Bedeutung bei der Genehmigung von Versuchsvorhaben zu unterrichten. Die Mitteilungspflicht bezieht sich vorrangig auf Genehmigungsanträge, deren ethische Vertretbarkeit von der zuständigen Behörde, der Beratenden Kommission oder dem Tierschutzbeauftragten in Zweifel gezogen wurde.
Im Zeitraum dieses Berichtes wurde BML von den Ländern in Zusammenhang mit § 15a über zwei Versuchsanträge informiert, die von den zuständigen Behörden mit der Begründung ablehnend beschieden wurden, daß das beantragte Vorhaben ethisch nicht vertretbar sei. In vier weiteren Fällen wurde eine Genehmigung erteilt, obwohl die ethische Vertretbarkeit der beantragten Verfahren von der Beratenden Kommission oder dem Tierschutzbeauftragten bezweifelt wurde.
3 | Amtliche Daten über die Verwendung von Versuchstieren |
3.1 Rechtliche Rahmenbedingungen
Mit der Verordnung über die Meldung von in Tierversuchen verwendeten Wirbeltieren (Versuchstiermeldeverordnung) vom 1. August 1988 (BGBl. I S. 1213) werden Personen und Einrichtungen, die Tierversuche an Wirbeltieren durchführen, verpflichtet, regelmäßig Meldungen über Art und Zahl der für Versuche verwendeten Tiere zu erstatten. Diese Daten umfassen alle genehmigungs- und anzeigepflichtigen Tierversuche im Sinne des § 7 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes. Von den Tierversuchen sind insbesondere Eingriffe und Behandlungen an Tieren zu Demonstrationszwecken bei der Ausbildung ausgenommen (siehe Abschnitt XVI.). Darüber hinaus sind zum Beispiel auch Eingriffe und Behandlungen an Tieren im Rahmen der Herstellung von Impfstoffen und Sera keine Tierversuche im Sinne des Gesetzes (siehe Abschnitt XV.1.3).
Das novellierte Tierschutzgesetz enthält eine erweiterte Verordnungsermächtigung für diesen Bereich, so daß künftig auch Daten zur Verwendung von Wirbeltieren für diese Zwecke erhoben werden können. Ein entsprechender Verordnungsentwurf ist in Vorbereitung. Der vorgesehene Anwendungsbereich schließt auch zu wissenschaftlichen Zwecken vorgenommene Tiertötungen ein. Dies entspricht dem dringenden Anliegen der Tierschutzverbände sowie der interessierten Öffentlichkeit, umfassend über alle für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere informiert zu werden.
Der noch geltenden Meldeverordnung von 1988 ist als Anlage ein Formblatt mit drei Tabellen beigefügt, das für die amtlichen Erhebungen zu verwenden ist. Demnach beziehen sich die zu erhebenden Daten auf folgende Aspekte:
Tabelle 1 gibt Aufschluß über Art und Zahl der verwendeten Wirbeltiere und berücksichtigt dabei auch den Umfang ihrer Mehrfachverwendung in verschiedenen voneinander unabhängigen Versuchsvorhaben.
Tabelle 2 erfordert eine Zuordnung der verwendeten Tiere zu bestimmten selektiv aufgeführten Versuchszwecken, beispielsweise zur Entwicklung und Prüfung von Stoffen und Produkten wie Arzneimitteln oder Pflanzenschutzmitteln oder zur Grundlagenforschung.
Die mit Tabelle 3 erhobenen Angaben ermöglichen einen Überblick über die Verwendung der einzelnen Tiergruppen in bestimmten Arten von Tierversuchen, zum Beispiel in operativen Eingriffen oder Toxizitätsprüfungen, und liefern Informationen über die Dauer der Belastung bei diesen Versuchen.
Die Verpflichtung zur Erhebung amtlicher Daten ergibt sich für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus der Versuchstierrichtlinie 86/609/EWG. Im Rahmen der harmonisierten Anwendung der entsprechenden Bestimmung wurden 1997 Empfehlungen für eine einheitliche Erhebung dieser Daten in den Mitgliedstaaten verabschiedet. Diesen Empfehlungen soll bei der Neufassung der Versuchstiermeldeverordnung Rechnung getragen werden (siehe auch Abschnitt XV.1.2).
3.2 Entwicklungen bei der Verwendung von Versuchstieren
Die nachfolgend aufgeführten Tabellen geben einen Überblick über die in den Jahren 1996 und 1997 in Deutschland für Versuchszwecke verwendeten Wirbeltiere sowie über die Entwicklung der Versuchstierzahlen seit 1991. Weitere tabellarische Darstellungen wurden aus Gründen besserer Übersichtlichkeit in Anhang 6 aufgenommen.
Die Verwendung von Versuchstieren ist seit 1989, dem Beginn der amtlichen Datenerhebung, rückläufig. Im Zeitraum 1991(Anmerkung 1) bis 1997 hat sich die Zahl der verwendeten Versuchstiere von 2,4 Millionen auf knapp 1,5 Millionen, das heißt um 37,7 % reduziert.
Insbesondere im Bereich der Entwicklung und Prüfung von Arzneimitteln konnte die Zahl der jährlich benötigten Versuchstiere kontinuierlich gesenkt werden, obwohl die Zahl neu zugelassener innovativer Produkte in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen ist. Im Vergleich zu 1991 ging der Bedarf an Versuchstieren in diesem Bereich um 43,6 % zurück. Dies dürfte zu einem großen Teil auf den zunehmenden Einsatz von In-vitro-Methoden bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe zurückzuführen sein. Bei der Prüfung zur Erkennung von Umweltgefährdungen zeigt ein Vergleich der amtlichen Zahlen von 1991 und 1997 sogar einen Rückgang um 65 %, jedoch sind hier - ebenso wie bei der Verwendung von Tieren für gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen im Zusammenhang mit der Anmeldung und Zulassung von Stoffen oder Produkten - erhebliche jährliche Schwankungen festzustellen. Annähernd konstant blieb die Zahl der im Rahmen der Grundlagenforschung benötigten Tiere.
Die zum Redaktionsschluß dieses Berichts aktuellen amtlichen Zahlen beziehen sich auf das Jahr 1997. In diesem Berichtszeitraum reduzierte sich die Zahl der Versuchstiere im Vergleich zum Vorjahr lediglich um 13.900 Tiere auf 1,496 Millionen. Mit 0,9 % ist der jährliche Rückgang deutlich geringer ausgefallen als in den Vorjahren.
Die Tendenz bei der Verwendung von Tieren der einzelnen Kategorien ist dabei unterschiedlich; Abnahmen betreffen 1997 im Vergleich zum Vorjahr vor allem Ratten, Halbaffen und Vögel einschließlich Geflügel sowie Amphibien. Ein Anstieg der Zahlen ist insbesondere bei der Verwendung von Kaninchen, von Hunds- und Breitnasenaffen sowie von Schweinen, Rindern und Fischen festzustellen. Die Zahl der verwendeten Hunde und Katzen (5.526 Tiere) ist im Vergleich zum Vorjahr weitgehend konstant geblieben. Der Einsatz von Menschenaffen war 1997 nicht erforderlich; die letzte Verwendung dieser Tiere für Versuchszwecke in Deutschland datiert aus dem Jahr 1991.
Nach den bisherigen Erfahrungen erlauben die jährlich erhobenen Zahlen - und somit auch der 1997 festgestellte Anstieg bei der Verwendung von Hunds- und Breitnasenaffen - keine Prognose im Hinblick auf künftige Entwicklungen beim Einsatz von Primaten; da pro Jahr nur relativ wenige Tiere für Versuchszwecke eingesetzt werden, spiegeln sich einzelne Forschungsvorhaben besonders deutlich in der Statistik wider. Im Bereich der Grundlagenforschung wurden beispielsweise 1997 deutlich weniger Primaten als in den Vorjahren eingesetzt. Demgegenüber ist im selben Berichtsjahr die Zahl der Hunds- und Breitnasenaffen, die für die Entwicklung und Prüfung von Arzneimitteln verwendet wurden, im Vergleich zu 1996 um etwa 500 Tiere gestiegen.
Bei 1,2 Millionen der 1997 verwendeten Tiere handelte es sich um Nager wie beispielsweise Mäuse, Ratten und Meerschweinchen. Dies entspricht einem Prozentsatz von über 80 %. In der Häufigkeit der Verwendung folgen Fische mit 8,6 %,Vögel einschließlich Geflügel mit 5,1 % sowie Kaninchen mit 3,2 %. Auf jede andere Tierart entfällt weniger als 1 % der Gesamtsumme.
Etwa 49 % der eingesetzten Versuchstiere wurden 1997 zur Entwicklung oder Prüfung von Arzneimitteln herangezogen. Die Zahl der eingesetzten Tiere ging in den letzten Jahren kontinuierlich zurück, 1997 um 22.600 Tiere, 1996 sogar um über 100.000 Tiere gegenüber dem Vorjahr. Für alle anderen in den amtlichen Meldungen erfaßten Versuchszwecke wurden 1997 mehr Tiere als im Vorjahr herangezogen. 21,3 % aller Tiere wurden für Versuchsvorhaben im Bereich der Grundlagenforschung eingesetzt, 17,5 % für die Erforschung oder Erprobung von Methoden zur Diagnostik, Prophylaxe oder Therapie von Erkrankungen. 5,6 % der Versuchstiere dienten der Erkennung von Umweltgefährdungen. Mehr als ein Drittel aller Versuchstiere wurde aufgrund gesetzlich erforderlicher Prüfungen für die Anwendung oder Zulassung von Stoffen oder Produkten verwendet.
Der Prozentsatz der in mehreren voneinander unabhängigen Versuchen verwendeten Wirbeltiere betrug 1997 4,6 %, der höchste Wert der letzten sieben Jahre wurde 1993 mit 5,5 % erzielt.
Die nach Tabelle 3 der Versuchstiermeldeverordnung erhobenen Angaben zeigen, daß auch 1997 die meisten Tiere für "Applikationen und Punktionen ohne Erzielen von Krankheitszuständen" verwendet wurden (354.000 Tiere). Für Toxizitätsuntersuchungen wurden 274.000 Tiere, für Infektionsversuche 225.000 Tiere eingesetzt. An 258.000 Tieren wurden operative Eingriffe vorgenommen, wobei etwa die Hälfte der Operationen als Finalversuche, das heißt ohne Wiedererwachen der Tiere aus der Narkose, durchgeführt wurde. Leider ist die Aussagefähigkeit dieser tabellarischen Auflistungen beschränkt, da unter der Rubrik "Andere Eingriffe und Behandlungen" ebenfalls relativ hohe Tierzahlen (288.000 Tiere) gemeldet wurden.
Die Dauer der versuchsbedingten Belastung betrug nach den Angaben unter der Tabelle 3 bei etwa einem Drittel der eingesetzten Versuchstiere weniger als einen Tag, bei etwa einem Fünftel mehr als 30 Tage.
Anzahl der von 1991 bis 1997 verwendeten Versuchstiere*) in der |
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Art der Versuchstiere | 1991 | 1992 | 1993 | 1994 | 1995 | 1996 | 1997 |
Mäuse | 1.223.741 | 1.064.883 | 973.106 | 868.312 | 821.888 | 729.612 | 732.742 |
Ratten | 611.530 | 558.516 | 508.769 | 459.781 | 439.010 | 415.766 | 401.179 |
Meerschweinchen | 101.842 | 86.252 | 73.905 | 68.457 | 56.944 | 50.059 | 52.086 |
Andere Nager | 25.905 | 21.083 | 27.492 | 23.985 | 25.537 | 23.839 | 19.354 |
Kaninchen | 70.228 | 63.210 | 52.188 | 44.126 | 41.565 | 38.834 | 47.734 |
Menschenaffen | 5 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 |
Hunds- + Breitnasenaffen | 1.547 | 1.032 | 1.172 | 1.447 | 1.362 | 1.364 | 1.905 |
Halbaffen | 116 | 33 | 125 | 178 | 126 | 155 | 22 |
Hunde | 6.517 | 6.007 | 5.551 | 6.067 | 5.318 | 4.515 | 4.564 |
Katzen | 1.921 | 1.725 | 1.127 | 1.067 | 1.037 | 1.010 | 962 |
Andere Fleischfresser | 228 | 365 | 248 | 318 | 249 | 362 | 301 |
Pferde, Esel usw. | 217 | 284 | 200 | 151 | 275 | 182 | 362 |
Schweine | 12.158 | 11.239 | 10.719 | 12.622 | 10.518 | 9.571 | 10.704 |
Ziegen und Schafe | 2.690 | 2.550 | 1.911 | 1.964 | 2.242 | 2.238 | 1.851 |
Rinder | 3.079 | 2.096 | 2.910 | 2.880 | 1.854 | 2.035 | 3.077 |
Andere Säugetiere | 286 | 287 | 669 | 339 | 180 | 332 | 298 |
Vögel einschl. Geflügel | 87.621 | 85.676 | 89.636 | 103.973 | 89.726 | 94.793 | 76.377 |
Reptilien | 124 | 82 | 281 | 293 | 743 | 149 | 150 |
Amphibien | 6.568 | 6.705 | 10.718 | 9.221 | 14.882 | 14.581 | 12.857 |
Fische | 246.387 | 170.563 | 163.494 | 153.319 | 129.076 | 120.222 | 129.216 |
Gesamt | 2.402.710 | 2.082.588 | 1.924.221 | 1.758.500 | 1.642.532 | 1.509.619 | 1.495.741 |
*) | Wirbeltiere, die für Tierversuche im Sinne des § 7 des Tierschutzgesetzes verwendet wurden |
Bundesrepublik
Deutschland |
Anzahl der verwendeten Tiere |
||
Gesamt |
davon |
||
in
mehreren |
in
Versuchen, |
||
Art der Versuchstiere | |||
Mäuse | 729.612 | 17.340 | 13.295 |
Ratten | 415.766 | 13.686 | 3.406 |
Meerschweinchen | 50.059 | 733 | 18 |
Andere Nager | 23.839 | 894 | 394 |
Kaninchen | 38.834 | 11.874 | 605 |
Menschenaffen | 0 | 0 | 0 |
Hunds- und Breitnasenaffen | 1.364 | 256 | 152 |
Halbaffen | 155 | 0 | 2 |
Hunde | 4.515 | 574 | 26 |
Katzen | 1.010 | 97 | 19 |
Andere Fleischfresser | 362 | 51 | 0 |
Pferde, Esel usw. | 182 | 5 | 26 |
Schweine | 9.571 | 422 | 73 |
Ziegen und Schafe | 2.238 | 99 | 172 |
Rinder | 2.035 | 206 | 121 |
Andere Säugetiere | 332 | 98 | 128 |
Vögel einschließlich Geflügel | 94.793 | 674 | 700 |
Reptilien | 149 | 65 | 0 |
Amphibien | 14.581 | 1.444 | 649 |
Fische | 120.222 | 14.074 | 519 |
Gesamt | 1.509.619 | 62.592 | 20.305 |
Bundesrepublik
Deutschland |
Anzahl der verwendeten Tiere |
||
Gesamt |
davon |
||
in
mehreren |
in
Versuchen, |
||
Art der Versuchstiere | |||
Mäuse | 732.742 | 20.072 | 19.183 |
Ratten | 401.179 | 15.877 | 6.670 |
Meerschweinchen | 52.086 | 1.559 | 21 |
Andere Nager | 19.354 | 1.950 | 570 |
Kaninchen | 47.734 | 8.672 | 564 |
Menschenaffen | 0 | 0 | 0 |
Hunds- und Breitnasenaffen | 1.905 | 248 | 176 |
Halbaffen | 22 | 3 | 0 |
Hunde | 4.564 | 511 | 84 |
Katzen | 962 | 94 | 6 |
Andere Fleischfresser | 301 | 46 | 12 |
Pferde, Esel usw. | 362 | 36 | 48 |
Schweine | 10.704 | 432 | 73 |
Ziegen und Schafe | 1.851 | 166 | 364 |
Rinder | 3.077 | 103 | 122 |
Andere Säugetiere | 298 | 19 | 24 |
Vögel einschließlich Geflügel | 76.377 | 2.045 | 114 |
Reptilien | 150 | 0 | 65 |
Amphibien | 12.857 | 599 | 419 |
Fische | 129.216 | 15.745 | 1.059 |
Gesamt | 1.495.741 | 68.177 | 29.574 |
4 | Maßnahmen zur Verringerung von Tierversuchen in den einzelnen Rechtsbereichen, Zweitanmelderregelung |
Die einzelnen Rechtsvorschriften, die Tierversuche zur Folge haben, sind in Anhang 3 aufgelistet.
Nach den Bestimmungen des Tierschutzgesetzes sind Tierversuche auf das unerläßliche Maß zu beschränken; sie dürfen insbesondere nicht durchgeführt werden, wenn der verfolgte Zweck durch andere Methoden oder Verfahren erreicht werden kann. Die Bundesregierung prüft entsprechend den Zielen des Tierschutzgesetzes und neuen Erkenntnissen fortlaufend alle einschlägigen Rechtsvorschriften auf Möglichkeiten, Tierversuche durch Versuche an schmerzfreier Materie zu ersetzen oder, falls dies nicht möglich ist, die Anzahl der Versuchstiere zu verringern oder deren Belastung zu vermindern. Sie schlägt gegebenenfalls entsprechende Änderungen der gesetzlichen Bestimmungen vor; dies ist und bleibt eine Daueraufgabe, die in Anbetracht des zunehmenden Umfangs an supranationalen Sicherheitsbestimmungen zum Schutz des Menschen und der Umwelt nicht leichter wird.
Die folgende Darstellung gibt einen Überblick über die Bemühungen zur Einschränkung von Tierversuchen auf EU-Ebene:
Die Richtlinie des Rates vom 24. November 1986 zur Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (86/609/EWG) schreibt die Einschränkung von Tierversuchen vor (siehe Abs. XV.1,2).
Nach Artikel 7 Abs. 2 darf
" ein Versuch nicht vorgenommen werden, wenn zur Erreichung des angestrebten Ergebnisses eine wissenschaftlich zufriedenstellende, vertretbare und praktikable Alternative zur Verfügung steht, bei der kein Tier verwendet werden muß. "
Artikel 22 schreibt vor:
" (1) Um unnötige Doppelausführungen von Versuchen zur Einhaltung einzelstaatlicher oder gemeinschaftlicher Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften zu vermeiden, erkennen die Mitgliedstaaten die Gültigkeit der Ergebnisse von Versuchen, die auf dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaates durchgeführt wurden, soweit wie möglich an, es sei denn, daß zusätzliche Versuche zum Schutz der Volksgesundheit und öffentlichen Sicherheit notwendig sind.
(2) Zu diesem Zweck informieren die Mitgliedstaaten - soweit durchführbar und unbeschadet der Bestimmungen bestehender Richtlinien der Gemeinschaft - die Kommission über ihre Rechtsvorschriften und Verwaltungsverfahren betreffend Tierversuche einschließlich der vor dem Inverkehrbringen von Produkten zu erfüllenden Anforderungen. Sie übermitteln ihr ferner Sachauskünfte über auf ihrem Gebiet durchgeführte Versuche sowie über Genehmigungen oder sonstige verwaltungstechnische Einzelheiten im Zusammenhang mit diesen Versuchen.
(3) Die Kommission setzt einen Ständigen Beratenden Ausschuß ein, in dem die Mitgliedstaaten vertreten sind und der die Kommission bei der Durchführung des Austauschs geeigneter Informationen unter Wahrung der Erfordernisse der Geheimhaltung unterstützt und die Kommission auch in allen anderen Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Richtlinie berät. "
Auf diese Richtlinie wird in fast allen EG-Richtlinien oder Richtlinienvorschlägen zur Änderung bereits bestehender Richtlinien, soweit sie Tierversuche vorschreiben, Bezug genommen.
Für Arzneimittel werden in der Richtlinie 65/65/EWG in der derzeit geltenden Fassung zusätzlich die Fälle beschrieben, in denen die Vorlagepflicht pharmakologisch / toxikologischer Versuchsergebnisse generell entfällt (siehe Artikel 4 Abs. 8 (a) i, ii, iii).
Darüber hinaus wurden in den letzten Jahren bei der Überarbeitung von Richtlinien konkrete Festlegungen zur Vermeidung von Mehrfachversuchen aufgenommen.
Deutschland hat analog zum Pflanzenschutz- und zum Chemikaliengesetz eine Zweitanmelderregelung für Tierversuche vorgeschlagen, wenn Stoffe oder Verfahren zugelassen oder angemeldet werden müssen (siehe Abschnitt XV.4.4 und 4.8).
Folgende Grundsätze dieser Zweitanmelderregelung wurden in die meisten seit 1989 erarbeiteten EG-Richtlinien oder Richtlinienvorschläge aufgenommen:
- | ob der Stoff, den er anmelden will, bereits angemeldet ist sowie |
- | Namen und Anschrift des Erstanmelders in Erfahrung bringen. |
Sofern der angemeldete Stoff bereits angemeldet ist, kann der Zweitanmelder auf vom Erstanmelder mitgeteilte Ergebnisse der Prüfungen oder Untersuchungen verweisen. Der Erstanmelder muß dazu jedoch seine schriftliche Zustimmung geben.
Damit Mehrfachversuche mit Wirbeltieren vermieden werden, sollen Erstanmelder und Zweitanmelder alles unternehmen, um zu einer gemeinsamen Nutzung der Informationen zu kommen.
Für den Fall, daß sich Erstanmelder und Zweitanmelder nicht über die gemeinsame Nutzung der Informationen einigen können, können die Mitgliedstaaten die in ihrem Gebiet niedergelassenen Erstanmelder und Zweitanmelder durch nationale Bestimmungen verpflichten, sich die Informationen zur Vermeidung von Mehrfachversuchen an Wirbeltieren unter angemessenem Interessenausgleich zur Verfügung zu stellen.
Weitere Einzelheiten finden sich in Anhang 5.
4.1 Abwasserabgabengesetz und Wasserhaushaltsgesetz
Sowohl das Abwasserabgabengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 1994 (BGBl. I S. 3370) als auch die Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer und zur Anpassung der Anlage des Abwasserabgabengesetzes in der Bekanntmachung vom 21. März 1997 (BAnz. Nr. 150 a vom 14. August 1997) zu § 7a des Wasserhaushaltsgesetzes sehen die Durchführung des Fischtests vor. Dieses normierte Testverfahren (DIN 38412-L 31) dient den Überwachungsbehörden zur Kontrolle der Fischgiftigkeit; es findet auch im Rahmen der Eigenüberwachung von Industriebetrieben Anwendung.
Mit diesem Test wird diejenige Verdünnung des Abwassers ermittelt, bei der innerhalb von 48 Stunden kein Fisch stirbt. Die Regelungen im Abwasserabgabengesetz, in den Verwaltungsvorschriften und in der Abwasserverordnung sind so aufeinander abgestimmt, daß die Ergebnisse der durchzuführenden Fischtests für den Vollzug aller Regelungen verwendet werden können.
In der Vergangenheit wurde eine Reihe von Möglichkeiten zum Ersatz und zur Ergänzung des Fischtests sowie zur Verringerung der Anzahl der Fische in Fischtests insgesamt geprüft. Als weitere Biotests kommen insbesondere der Daphnien-Kurzzeittest, der Algenvermehrungstest, der Leuchtbakterientest und der Genetoxzitätstest in Frage. Diese Testverfahren reagieren auf eine Reihe von Abwasserinhaltsstoffen empfindlicher als Fische.
Überall dort, wo andere Tests bereits bei gleichen oder niedrigeren Schmutzwasserkonzentrationen ansprechen, kann auf Fischtests verzichtet werden; dies allerdings nur unter zwei Voraussetzungen:
Die Tests müssen zur routinemäßigen Anwendung ausgereift sein,
es muß eine Einigung aller Entscheidungsträger über die Änderung der entsprechenden Rechtsvorschriften herbeigeführt worden sein.
Die genannten Biotests wurden mit der Änderungs-Verwaltungsvorschrift am 4. März 1992 in die Rahmen-Abwasser-Verwaltungsvorschrift und am 21. März 1997 in die Abwasserverordnung aufgenommen, und es wurde damit grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, den Fischtest durch diese Tests zu ersetzen. Dabei soll nur der für das Abwasser eines bestimmten Herkunftsbereiches empfindlichste Biotest verwendet werden. In diesem Fall lassen sich bis zu 90 % der derzeit für den Fischtest verwendeten Tiere einsparen.
In Bayern wurden routinemäßig neben dem Fischtest auch Abwasserprüfungen mit Daphnien, Algen und Leuchtbakterien durchgeführt. Nach einer mehrjährigen Paralleltestung wurde der Fischtest bei allen nicht fischgiftigen Abwässern ersetzt. Dadurch konnte die Zahl der im Rahmen des AbwAG und WHG eingesetzten Fische um 50 % reduziert werden. Inzwischen wurde in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geprüft und bestätigt, daß dieses Verfahren im Abwasserbereich angewendet werden kann. Die Landesarbeitsgemeinschaft "Wasser" hat den Ersatz des Fischtests durch andere Biotests zur Verminderung der Testfische inzwischen in die "Liste gleichwertiger Analysenverfahren" aufgenommen.
Das zunächst erfolgversprechende Verfahren, den Fischtest durch einen Fischzellinientest zu ersetzen und zu ergänzen, hat sich in der praktischen Prüfung bei Abwasseruntersuchungen im Rahmen des § 7a WHG als nicht geeignet erwiesen. Der größte Teil nachweislich fischgiftiger Abwässer wäre bei der Prüfung mit dem Fischzellinientest als "nicht fischtoxisch" ausgewiesen worden. Obwohl der Fischzellinientest grundsätzlich standardisierbar ist und reproduzierbare Ergebnisse liefert, eignet er sich aufgrund seiner Unempfindlichkeit weder als Screeningverfahren noch als alternatives Ersatzverfahren zum Fischtest.
Als erfolgversprechende Alternativmethode wurde vom Umweltbundesamt der vollständige Ersatz des Fischtests im Vollzug der Wassergesetze durch einen "Fischei-Test" vorgeschlagen. Im Rahmen der gemeinsamen Bund-Länder-Arbeit wurde inzwischen ein normfähiger Verfahrensansatz entwickelt. Hierbei werden frisch besamte Eier des Zebrabärblings (Brachydanio rerio) über maximal 48 Stunden den vorgegebenen Abwasserverdünnungen ausgesetzt. Im Gegensatz zum Zellinientest kann der Fischei-Test den zur Zeit vorgeschriebenen Test an der Goldorfe vollständig ersetzen. Es handelt sich nicht um einen Tierversuch im Sinne der gesetzlichen Definition. Da der Test darüber hinaus nur an Fischembryonen in einem frühen Entwicklungsstadium durchgeführt wird, handelt es sich auch im weiteren Sinne um eine Ersatzmethode.
Initiiert und gefördert durch das Umweltbundesamt wurde inzwischen unter Beteiligung der ZEBET ein Ringversuch hinsichtlich der Anwendbarkeit des Fischei-Tests bei der Chemikalienprüfung durchgeführt (Entwicklung von OECD-Testverfahren). Für die Normung des Verfahrens als "Biologisches Testverfahren zur Abwasserüberwachung" hat das Umweltbundesamt 1997 einen Normungsarbeitskreis eingerichtet (DIN UA 7 AK 6). Bei allein praktischen Erprobungen zum Vergleich des Fischtests mit dem Fischei-Test an realen Abwasserproben wurde bisher dieselbe Ansprechempfindlichkeit festgestellt.
Mit der Vorlage der Test-Norm für den "Fischei-Test" kann der Fischtest in der Abwasserverordnung und im Abwasserabgabengesetz ersatzlos gestrichen werden. Die europäische (EN) und internationale Normung (ISO) des Fischei-Tests wird 1999 eingeleitet.
4.2 Arzneimittelgesetz und Medizinproduktegesetz
Das Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3586) sieht vor, daß ein Arzneimittel nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse geprüft sein muß. Die Maßstäbe, die an die nach dem Arzneimittelgesetz einzureichenden Unterlagen zur Beurteilung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit anzulegen sind, sind in den Arzneimittelprüfrichtlinien festgelegt; sie dienen als Entscheidungshilfe für die Zulassungsbehörde. Nach § 24a des Arzneimittelgesetzes kann ein Antragsteller auf Unterlagen eines Vorantragstellers während der zehnjährigen Schutzfrist nach der erstmaligen Zulassung des Arzneimittels nur Bezug nehmen, sofern er die schriftliche Zustimmung des Vorantragstellers vorlegt. In einer gemeinsamen Publikation haben ZEBET, BfArM und PEI die Möglichkeit des Einsatzes von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch bei der Entwicklung und Zulassung von Arzneimitteln dargestellt (Anmerkung 2).
Arzneimittelprüfrichtlinien
Die Arzneimittelprüfrichtlinien wurden durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der Arzneimittelprüfrichtlinien vom 5. Mai 1995 (Bundesanzeiger Nr. 96 a vom 20. Mai 1995) bekanntgemacht. Soweit die Arzneimittelprüfrichtlinien die Durchführung von Tierversuchen vorsehen, sind diese genehmigungsfrei im Sinne des § 8 Abs. 7 Nr. 1 Buchstabe b des Tierschutzgesetzes. Diese Versuche sind anzeigepflichtig nach § 8a des Tierschutzgesetzes, und zwar unabhängig davon, ob für die zu prüfenden Arzneimittel schließlich ein Zulassungsantrag gestellt wird.
Die Behörden haben auch bei der Prüfung von anzeigepflichtigen Tierversuchen einen umfangreichen Kriterienkatalog zu berücksichtigen, um über die Zulässigkeit des geplanten Versuchsvorhabens entscheiden zu können.
Da die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der Arzneimittelprüfrichtlinien für die pharmakodynamischen Untersuchungen keine detaillierten Prüfmethoden vorschreibt, wurde eine Lösung der in diesem Bereich noch offenen Fragen in Form einer "Empfehlung zur Abgrenzung der genehmigungspflichtigen von den anzeigepflichtigen Tierversuchen zur Ermittlung pharmakologischer Daten (sogenannte Screening-Versuche)" mit Vertretern des BMG, des BML, des damaligen BGA und der Länder erarbeitet. Der Text dieser Empfehlung ist Bestandteil von Anhang 5 des Tierschutzberichtes 1997.
1992 wurde von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Registrierung homöopathischer Arzneimittel erlassen (BAnz. S. 9704), die für diese Präparate keine pharmakologisch-toxikologischen Prüfungen an Tieren vorsieht.
Arzneibuch
Das Arzneibuch ist eine Sammlung anerkannter pharmazeutischer Regeln über die Qualität, Prüfung, Lagerung, Abgabe und Bezeichnung von Arzneimitteln und bei ihrer Herstellung verwendeter Stoffe. Die Regeln des Arzneibuchs (Monographien und andere Texte) werden von der Deutschen Arzneibuch-Kommission, der Europäischen Arzneibuch-Kommission beim Europarat in Straßburg oder der Deutschen Homöopathischen Arzneibuch-Kommission beschlossen und vom Bundesministerium für Gesundheit bekanntgemacht.
Prüfungen, die den Einsatz von Tieren erfordern, werden fast ausschließlich in Monographien des Europäischen Arzneibuchs vorgeschrieben. Im Deutschen Arzneibuch kommen derartige Prüfungen nur ausnahmsweise vor. Insgesamt werden Tierversuche nur dann vorgeschrieben, wenn die Qualität eines Arzneimittels mit anderen Methoden nicht angemessen kontrolliert werden kann. Dies ist insbesondere bei biologischen Stoffen, Blutprodukten sowie Sera und Impfstoffen für Menschen und Tiere der Fall.
Damit Fortschritte von Wissenschaft und Technik unverzüglich wirksam werden können, sehen die allgemeinen Vorschriften des Europäischen und des Deutschen Arzneibuchs vor, daß bei der Prüfung von Arzneimitteln auch andere Methoden als die vorgeschriebenen verwendet werden können, vorausgesetzt, daß die verwendeten Methoden eine ebenso eindeutige Entscheidung hinsichtlich der Erfüllung der Anforderungen ermöglichen wie die vorgeschriebenen Methoden. Damit ist es jederzeit möglich, unnötige Tierversuche durch alternative Methoden zu ersetzen, wenn die wissenschaftlichen und technischen Voraussetzungen gegeben sind.
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat die Entwicklung und Evaluierung von Ersatzmethoden zu Tierversuchen bei der Prüfung immunologischer Arzneimittel verstärkt fortgesetzt.
Im Berichtszeitraum wurden für den Bereich Humanmedizin folgende Projekte aufgenommen bzw. fortgeführt:
Prävalidierung eines Pyrogentests mit menschlichem Vollblut für biologische Arzneimittel (Anmerkung 3).
Ersatz des Neuroviruslenztests an Primaten für Poliomyelitisimpfstoffe (Anmerkung 2).
In-vitro-
Serologische Methoden zur Wirksamkeitsbestimmung von Tetanus-Immunglobulinen (in Zusammenarbeit mit dem Istituto Superiore di Sanita, Rom) (Anmerkung 4).
In-vitro-
Die aktuellen Ergebnisse dieser Forschungsarbeiten wurden im Juni 1998 in einem zweitägigen Seminar des Paul-Ehrlich-Instituts vorgestellt. Die Beiträge sind im Supplementband 1998 der Zeitschrift ALTEX erschienen.
Der Abschlußbericht der vom BMBF geförderten Untersuchung zu Tierschutzaspekten bei der Qualitätskontrolle von Immunologischen Arzneimitteln konnte mit Unterstützung von ECVAM und FRAME in englischer Sprache herausgegeben werden (Anmerkung 5). Das Buch hat international große Beachtung gefunden.
Angaben zu Veterinärimpfstoffen befinden sich im Abschnitt XV.4.9.
Standardzulassung
Mit der Verordnung über Standardzulassungen von Arzneimitteln vom 3. Dezember 1982 (BGBl. I S. 1601), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 22. Januar 1996 (BGBl. I S. 101), können Arzneimittel von dem Erfordernis der Einzelzulassung freigestellt werden. Das bedeutet, daß für diese Arzneimittel keine neuen pharmakologisch-toxikologischen Prüfungen, also auch keine Tierversuche, durchgeführt werden müssen. Diese Verordnung wird fortlaufend durch Monographien weiterer Arzneimittel ergänzt.
Die Prüfung von Tierarzneimitteln
Tierarzneimittel müssen wie Humanarzneimittel nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse geprüft sein. Die Prüfung der Unbedenklichkeit umfaßt bei Tierarzneimitteln jedoch nicht nur die Unbedenklichkeit für das Zieltier, den Anwender und die Umwelt, sondern auch die Unbedenklichkeit im Sinne des Verbraucherschutzes. Letzteres bedeutet unter anderem, daß ab Januar 2000 nur noch solche Tierarzneimittel zur Anwendung bei lebensmittelliefernden Tieren zugelassen sind, deren pharmakologisch wirksame Inhaltsstoffe in einem der Anhänge I, II oder III der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 aufgeführt sind oder für die bis zum 1. Januar 1996 ein pharmazeutisches Unternehmen einen Antrag auf Klassifizierung der arzneilich wirksamen Rückstände im Sinne der genannten Verordnung gestellt hat. Die Anforderungen an die nach dem Arzneimittelgesetz und der o. g. Ratsverordnung vorzulegenden Unterlagen sind in den Tierarzneimittelprüfrichtlinien niedergelegt.
Die Tierarzneimittelprüfrichtlinien wurden durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der Tierarzneimittelprüfrichtlinien vom 20. März 1995 bekanntgemacht und am 9. April 1995 in Kraft gesetzt. Mit dieser Verwaltungsvorschrift wird der Anhang der Richtlinie 92/18/EWG zur Änderung des Anhangs der Richtlinie 81/852/EWG direkt in deutsches Recht umgesetzt. Die Anforderungen an Tierversuche sind durch den genannten Anhang in den europäischen Mitgliedstaaten harmonisiert. Eine internationale Harmonisierung wird über die Internationale Konferenz über Harmonisierung im Veterinärbereich (VICH) angestrebt. Eine erste Konferenz hat 1996 stattgefunden.
In der Richtlinie 81/85/EWG ist festgelegt, daß ein Antragsteller nicht verpflichtet ist, die Ergebnisse toxikologisch-pharmakologischer Versuche und klinischer Untersuchungen anzugeben, wenn er nachweist, daß das Tierarzneimittel grundsätzlich einem Erzeugnis vergleichbar ist, das in dem mit dem Antrag befaßten Mitgliedstaat zugelassen ist. Dafür muß sich die für die ursprüngliche Zulassung verantwortliche Person einverstanden erklären, daß zur Prüfung die ursprünglichen Ergebnisse zugrunde gelegt werden. Dies darf jedoch nicht zur Benachteiligung innovativer Firmen führen.
Medizinprodukte
Nach dem Medizinproduktrecht ist der Hersteller verpflichtet, bei zur klinischen Prüfung bestimmten Medizinprodukten vor Aufnahme dieser Prüfung alle Vorsichtsmaßnahmen zum Schutze der Gesundheit und der Sicherheit des Patienten und alle Vorkehrungen im Sinne der ethischen Grundsätze der Deklaration des Weltärztekongresses von Helsinki zu treffen und alle diesbezüglichen Prüfungen durchzuführen. Dazu gehören unter Umständen auch Tierversuche, soweit keine Alternativmethoden zur Verfügung stehen.
Die Regelungen dazu befinden sich in § 12 der Medizinprodukte-Verordnung vom 17. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3138, 1998 I S. 515). Die Definition des Medizinproduktegesetzes folgt der gleichen Zielstellung wie die des Arzneimittelgesetzes. Wegen der mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der Arzneimittelprüfrichtlinien vergleichbaren Prüfziele wurde auch eine entsprechende Regelung in Verbindung mit dem Medizinproduktegesetz getroffen. Die
einschlägigen in Verbindung mit dem Medizinproduktegesetz harmonisierten Normen schreiben vor, daß jeweils zu prüfen ist, ob Alternativmethoden zu den in den Normen vorgesehenen Tierversuchen bestehen (Anmerkung 6). Bei der Durchführung dieser Prüfungen am Tier müssen die Prinzipien des Tierschutzes hinsichtlich Minimierung der Belastung des Versuchstieres berücksichtigt werden. Die Vorschriften des Tierschutzgesetzes bleiben vom Medizinproduktegesetz unberührt.
4.3 Bundes-Seuchengesetz
Bei der Diagnostik übertragbarer Krankheiten und bei der Prüfung von Desinfektionsmitteln und Schädlingsbekämpfungsmitteln nach dem Bundes-Seuchengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Dezember 1979 (BGBl. I S. 2262, 1980 I S. 151), zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594), kann gegenwärtig noch nicht ganz auf den Einsatz von Tieren verzichtet werden. Möglichkeiten der weiteren Verwendung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden in diesen Bereichen werden geprüft und gegebenenfalls genutzt.
Völlig überflüssig wurde der Nachweis überlebender Tuberkuloseerreger an Versuchstieren mit der Herausgabe der neuen Richtlinie zur Prüfung der Wirksamkeit von Flächendesinfektionsmitteln bei Tuberkulose (Bundesgesundheitsbl. 37 (1994) S. 274 bis 278). Laut dieser Richtlinie dient als Testkeim ein apathogener Mykobakterien-Stamm (M. terrae), für dessen Aufzucht und Nachweis ausschließlich synthetische Nährmedien in Frage kommen.
Angaben zu Impfstoffen befinden sich im Abschnitt XV.4.2.
4.4 Chemikaliengesetz
Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Chemikaliengesetzes vom 25. Juli 1994 (BGBl. I S. 1689) ist das Chemikaliengesetz grundlegend überarbeitet worden. Mit der Novelle, die am 1. August 1994 in Kraft getreten ist, hat die Bundesregierung die Richtlinie 92/32/EWG des Rates vom 30. April 1992 zur siebten Änderung der Richtlinie 67/548/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe (ABl. EG Nr. L 154 S. 1) umgesetzt. Bereits bei der ersten Änderung des Chemikaliengesetzes 1990 wurden mit den Vorschriften zur Anwendung der Guten Laborpraxis (GLP) und zur Zweitanmelderfrage wesentliche Neuerungen aufgenommen, die zur Verbesserung des Tierschutzes beitrugen.
Das Gesetz enthält die grundsätzliche Verpflichtung, nichtklinische, experimentelle Prüfungen von Stoffen oder Zubereitungen unter Einhaltung der Grundsätze der Guten Laborpraxis durchzuführen. Diese Grundsätze bestimmen, wie Laboruntersuchungen geplant, durchgeführt, überwacht und dokumentiert werden sollen, so daß diese im Falle einer Überprüfung mittels der Aufzeichnungen und der Rohdaten lückenlos nachvollzogen werden können. Sie dienen dazu, die Qualität von Prüfungsergebnissen sicherzustellen; dies ist eine wichtige Voraussetzung dafür, daß Prüfungsergebnisse weltweit, insbesondere aber innerhalb der EU bei stofflichen Anmelde-, Mitteilungs- und Zulassungsverfahren anerkannt werden können. Die Grundsätze der Guten Laborpraxis sind dem Gesetz als Anhang I angefügt.
Mit der ersten Novellierung des Chemikaliengesetzes wurde in Anlehnung an die im Pflanzenschutzgesetz entwickelte Lösung eine neue Zweitanmelderregelung getroffen, die dazu beiträgt, Tierversuche auf das unerläßliche Maß einzuschränken. Die Regelung basiert auf dem Gedanken, daß es für die Verwertung eines der Behörde bereits vorliegenden Prüfnachweises eines Dritten, der Tierversuche erfordert, einer Zustimmung des Dritten nicht bedarf. Es gilt jedoch die Einschränkung, daß der Dritte dafür die Möglichkeit erhält,
von demjenigen, zu dessen Gunsten die Verwertung seines Prüfnachweises erfolgt, eine angemessene Ausgleichszahlung zu verlangen und
durch einen Widerspruch gegen die sofortige Verwertung des Prüfnachweises zu erreichen, daß der andere dadurch, daß er selbst keinen Prüfnachweis erstellen muß, keinen wettbewerblich relevanten Zeitgewinn erlangt.
Ob und welche Prüfnachweise eines Dritten verwertet werden können, entscheidet allein die Behörde.
Darüber hinaus besteht seit dem 1. August 1994 für diejenigen, die Tierversuche zur Vorbereitung einer Anmeldung durchführen wollen, eine Voranfragepflicht (§ 20a Abs. 2 Satz 1 des Chemikaliengesetzes). Diese Ergänzung der Regelung zur Vermeidung doppelter Tierversuche geht auf die 7. Änderungsrichtlinie zurück, die in Art. 15 erstmals eine EU-weite Regelung für verfahrensrechtliche Vorkehrungen zur Vermeidung doppelter Tierversuche aufgenommen hat. Die EG-Regelung verpflichtet den Anmelder zur Voranfrage bei der Anmeldestelle, ob dieser verwertbare Prüfnachweise vorliegen. Ist das der Fall, wird eine Kontaktaufnahme der betroffenen Anmelder hergestellt, so daß diese gegebenenfalls eine Bezugnahmeregelung vereinbaren können. Darüber hinaus räumt die EG-Regelung den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, im Falle des Vorliegens verwertbarer Prüfnachweise ein Verfahren der obligatorischen Verwertung im Sinne der schon bisher in § 20a getroffenen Regelung festzulegen (§ 20a des Chemikaliengesetzes und Begründung des Regierungsentwurfes, Drucksache 12/7136, S. 44).
Die durch das Chemikaliengesetz vorgeschriebenen Prüfungen beruhen auf EG-Recht und entsprechenden OECD-Beschlüssen. Soweit mit den Prüfungen keine physikalischen Daten ermittelt werden, sind nach dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse Versuche mit Tieren vielfach noch nicht zu ersetzen.
§ 20 Abs. 4 des Chemikaliengesetzes sieht die Möglichkeit vor, auf die Vorlage von Prüfungen zu verzichten, falls dies nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht erforderlich ist. Gedacht ist hier unter anderem an den Verzicht auf die Überprüfung haut- und augenreizender bzw. ätzender Eigenschaften bei stark sauren oder basischen Stoffen. Welche sonstigen Ausschlußkriterien für toxikologische Prüfungen gelten sollen, wird fortlaufend von der Unterarbeitsgruppe "Prüfstrategien" der Arbeitsgruppe "Fortentwicklung toxikologischer Prüfmethoden im Rahmen des Chemikaliengesetzes" des BgVV erarbeitet, in der auch ZEBET vertreten ist.
Art und Umfang der vorzulegenden Prüfnachweise sind in der Prüfnachweisverordnung vom 1. August 1994 (BGBl. I S. 1877) im einzelnen festgelegt und insbesondere aus Gründen des Tierschutzes auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt. Es ist vorgesehen, daß die Prüfungen auch nach international anerkannten Verfahren durchgeführt werden dürfen, die von den im Anhang V zur Richtlinie 67/548/EWG beschriebenen Methoden abweichen, falls diese Verfahren mit einer geringeren Anzahl von Versuchstieren oder mit einer geringeren Belastung der Tiere zu gleichwertigen Ergebnissen wie die in der Richtlinie genannten Prüfmethoden führen. Behördlich können als Alternativmethoden ausschließlich international akzeptierte Verfahren Anwendung finden, denn nur so ist eine internationale Anerkennung der Prüfergebnisse gewährleistet, und es werden unnötige Tierversuche vermieden. Bei gleichwertigen Prüfmethoden ist jeweils diejenige anzuwenden, die einen Verzicht auf Tierversuche zuläßt oder, falls dies nicht möglich ist, die geringstmögliche Anzahl von Versuchstieren erfordert oder bei der die geringste Belastung der Versuchstiere auftritt. In den Fällen, in denen die EG-Regelung mehrere gleichwertige Prüfmethoden zur Wahl vorsieht, soll das jeweils schonendere Verfahren zur Anwendung kommen.
Einen besonderen Fortschritt bei den Bemühungen zur weiteren Einschränkung von Tierversuchen stellen die Festlegungen in der Zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Stoffen vom 19. September 1994 (BGBl. I S. 2557) für die toxikologische Prüfung und Bewertung gefährlicher Zubereitungen dar. In Anhang II zur Gefahrstoffverordnung wird neben den toxikologischen Prüfungen an Versuchstieren die Anwendung der sogenannten konventionellen, das heißt rechnerischen Methode gefordert. Die relativ leichte Anwendung dieser Methode reduziert die Zahl der benötigten Versuchstiere erheblich. Eine besondere Erwähnung verdienen auch die Festlegungen zur toxikologischen Bewertung krebserzeugender, erbgutverändernder und fortpflanzungsgefährdender Eigenschaften von Zubereitungen in dieser Verordnung; diese sind nach der rechnerischen Methode vorzunehmen.
Die Bundesregierung ist bemüht, weitere Möglichkeiten zur Verringerung der Zahl von Tierversuchen zu erschließen. Die beteiligten Bundesbehörden vergeben Forschungsaufträge, um Methoden zu entwickeln und zu validieren, in denen weniger Tiere verwendet oder Tierversuche durch Versuche an schmerzfreier Materie ersetzt werden. Insbesondere bei den Prüfungen zur akuten Toxizität, zur ätzenden, reizenden sowie sensibilisierenden Wirkung von Stoffen bestehen Ansätze dazu. In der Arbeitsgruppe "Fortentwicklung toxikologischer Prüfmethoden im Rahmen des Chemikaliengesetzes" beim BgVV ist die Frage der Einsparung von Tierversuchen und der Reduzierung der Tierzahlen ein zentrales Thema.
1996 haben die OECD und die EU die unter Federführung des BgVV mit Förderung des BMBF in Deutschland entwickelte und validierte "Acute-Toxic-Class-Method" (ATC) als Prüfmethode zur Bestimmung der akuten oralen Toxizität offiziell anerkannt (siehe auch Abschnitt XV.5.1).
Die entsprechende inhalative ATC-Methode ist bereits publiziert und bei der OECD mit dem Ziel der Anerkennung als offizielle Prüfrichtlinie eingereicht; die dermale ATC-Methode befindet sich in der Phase der Publikation.
Zur Einführung der unter Leitung bzw. Mitarbeit der ZEBET, gefördert durch BMBF, entwickelten Alternativmethoden zum Ersatz der Draize-Tests an Haut und Augen von Kaninchen (Tests auf Ätz- oder starke Reizwirkungen) wurden im BgVV schrittweise Teststrategien entwickelt. Diese Teststrategien konnten in das von der OECD erarbeitete weltweit harmonisierte System zur Klassifizierung toxischer Wirkungen integriert und dort fest verankert werden. Sie geben eine Anleitung, wie EDV-gestützte theoretische Wirkungsabschätzungen und Ergebnisse von Alternativmethoden im Rahmen der Bewertung lokaler Reiz- und Ätzwirkungen so eingesetzt werden können, daß Tierversuche auf ein Minimum zu reduzieren sind - Tierversuche dienen dann nur noch zur Bestätigung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit einer Substanz. Ein in diesen Zusammenhängen für die Zwecke der gesetzlichen Chemikalienbewertung benutzbares EDV-gestütztes Beratungssystem ist im BgVV mit Förderung des BMBF fertiggestellt worden und soll voraussichtlich 1999 in die Testphase eintreten.
4.5 Futtermittelgesetz
Für die ernährungsphysiologische Bewertung und die Zulassung von Futtermitteln und Futtermittelzusatzstoffen sowie für die Festlegung von Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen sind nach dem heutigen Stand der Erkenntnisse Versuche mit Tieren erforderlich.
Bei den zur ernährungsphysiologischen Bewertung von Futtermitteln erforderlichen Versuchen handelt es sich in der Regel um Versuchsfütterungen, die nicht als Tierversuche angesehen werden, da sie nicht mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind. Zur Untersuchung einzelner Verdauungsvorgänge werden jedoch auch Tierversuche im Sinne des Tierschutzgesetzes (zum Beispiel Messung der Abbauraten oder der Absorption im Pansen oder Darm) benötigt.
Zur Erarbeitung von Unterlagen nach den EG-einheitlichen Leitlinien für die Zulassung von Bioproteinen (Hefen, Bakterien) und Zusatzstoffen müssen Fütterungsversuche und Versuche mit Labortieren durchgeführt werden. Diese Versuche sollen insbesondere toxikologische Fragen beantworten. Die EG-einheitlichen Leitlinien haben dazu beigetragen, daß die Antragsteller umfassend darüber informiert sind, welche Untersuchungen für die Zulassung eines Stoffes erforderlich sind. Dadurch können unnötige Tierversuche vermieden werden. Die EU-Kommission ist beauftragt, die Entwicklung auf dem Gebiet der Ersatz- und Ergänzungsmethoden aufmerksam zu verfolgen und eine Anpassung der Leitlinien zu betreiben, wenn die Möglichkeit der Anwendung von Methoden besteht, durch die Tierversuche ersetzt werden können.
Hinsichtlich der Einschränkung der Toxizitätstests in Tierversuchen gelten die Aussagen, die im Abschnitt XV.4.2 über das Arzneimittelgesetz gemacht worden sind.
In die Richtlinie 70/524/EWG über Zusatzstoffe in der Tierernährung wurden detaillierte Bestimmungen mit dem Ziel, die Wiederholung toxikologischer Versuche an Wirbeltieren zu vermeiden, mit der Änderungsrichtlinie 96/51/EG des Rates vom 23. Juli 1996 (ABl. EG Nr. L 235, S. 39) aufgenommen.
In den Erwägungsgründen zur Richtlinie 87/153/EWG des Rates vom 16. Februar 1987 zur Festlegung von Leitlinien zur Beurteilung von Zusatzstoffen in der Tierernährung (ABl. EG Nr. L 64, S. 19) wird ausgeführt, daß Verfahren, in denen Versuchstiere zu Versuchen und anderen wissenschaftlichen Zwecken verwendet werden, soweit wie möglich eingeschränkt werden müssen. Außerdem sind bei der Prüfung der Zusatzstoffe die Grundsätze der Guten Laborpraxis anzuwenden.
4.6 Gentechnikgesetz
Der Entwicklung der Gentechnologie mit neuen Möglichkeiten, das Erbgut von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen gezielt zu verändern, trägt das Gesetz zur Regelung von Fragen der Gentechnik (Gentechnik-Gesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 21. September 1997 (BGBl. I S. 2390), Rechnung. Zweck des Gesetzes ist es, Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren, Pflanzen sowie die sonstige Umwelt in ihrem Wirkungsgefüge und Sachgüter vor möglichen Gefahren gentechnischer Verfahren und Produkte zu schützen, dem Entstehen solcher Gefahren vorzubeugen und den rechtlichen Rahmen für die Erforschung, Entwicklung, Nutzung und Förderung der wissenschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Gentechnik zu schaffen.
Das Gesetz und die dazugehörigen Verordnungen sehen nach Risikostufen gestaffelte Anmelde- und Genehmigungsverfahren vor für
sowie Genehmigungsverfahren für
Mit dem Gentechnikgesetz sind die beiden EG-Richtlinien
90/219/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen im geschlossenen System (ABl. EG Nr. L 117 S. 1), geändert durch Richtlinie 98/81/EG des Rates vom 26. Oktober 1998 (ABl. EG Nr. L 330 S. 13),
90/220/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt (ABl. EG Nr. L 117 S. 15), geändert durch Richtlinie 97/35/EG des Rates vom 18. Juni 1997 (ABl. EG Nr. L 169 S. 72),
in nationales Recht umgesetzt worden.
Aus den Änderungsrichtlinien ergibt sich noch Umsetzungsbedarf.
Von besonderer Bedeutung für den Tierschutz ist die in § 17 des Gesetzes festgelegte Regelung der Zweitanmelder- oder Zweitantragstellerfrage; sie entspricht der modellhaften Zweitanmelderregelung in § 13 des Pflanzenschutzgesetzes und in § 20a des Chemikaliengesetzes.
4.7 Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz
Das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1997 (BGBl. I S. 2296), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 25. Februar 1998 (BGBl. I S. 374), fordert die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Lebensmitteln (einschließlich Lebensmittelzusatzstoffen), kosmetischen Mitteln und Bedarfsgegenständen. Um diese Unbedenklichkeit nachzuweisen, kann auf Tierversuche nicht vollständig verzichtet werden; sie werden jedoch, wo immer es möglich ist, durch andere Methoden ersetzt. So kann die Prüfung auf Bakterientoxine, die zu Lebensmittelintoxikationen führen können, inzwischen mittels molekularbiologischer Techniken an Bakterienkolonien durchgeführt werden. Dadurch ist es möglich, auf entsprechende Tierversuche an Kaninchen zu verzichten.
Zur Entwicklung von Tabakerzeugnissen und Kosmetika dürfen aufgrund des § 7 Abs. 5 des Tierschutzgesetzes grundsätzlich keine Tierversuche durchgeführt werden. Das Verbot bezieht sich sowohl auf die Prüfung eines Rohstoffes, der zur ausschließlichen Verwendung für eines der genannten Produkte bestimmt ist, als auch auf die Prüfung von Fertigprodukten, bevor diese in den Verkehr gebracht werden. Ausnahmen durch Rechtsverordnung nach § 7 Abs. 5 Satz 2 des Tierschutzgesetzes sind bisher nicht erlassen worden.
Bei kosmetischen Fertigprodukten steht die Prüfung auf Haut- und Schleimhautverträglichkeit im Vordergrund. Dabei haben die forschenden Firmen der deutschen kosmetischen Industrie produktbezogene Alternativmethoden entwickelt, so daß Tierversuche nicht mehr durchgeführt werden müssen (siehe Abschnitt XV.5.5).
Grundlage gesundheitlicher Bewertungen von Inhaltsstoffen kosmetischer Mittel sind die Ergebnisse von Untersuchungen, die nach dem aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse erzielt worden sind. Das deutsche Tierschutzgesetz verbietet grundsätzlich Tierversuche zur Entwicklung kosmetischer Mittel. Darüber hinaus legte die 6. Richtlinie zur Änderung der Kosmetikrichtlinie vom 14. Juni 1993 (ABl. EG Nr. L 151 S. 33) ein generelles Verbot des Inverkehrbringens von kosmetischen Mitteln fest, bei denen Bestandteile oder Kombinationen von Bestandteilen zur Einhaltung der Bestimmungen der Kosmetikrichtlinie ab dem 1. Januar 1998 im Tierversuch geprüft worden sind.
Jedoch sieht diese Richtlinie die Möglichkeit vor, das Datum für das Inkrafttreten des Verbotes im Ausschußverfahren nach Anhörung des Wissenschaftlichen Kosmetikausschusses auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, sofern "nur unzureichende Fortschritte bei der Entwicklung zufriedenstellender Methoden als Ersatz für Tierversuche erzielt worden [sind] und insbesondere in bestimmten Fällen alternative Versuchsmethoden trotz aller vernünftigen Bemühungen nicht wissenschaftlich validiert werden [konnten], so daß unter Berücksichtigung der OECD-Leitlinien für Toxizitätsversuche ein gleichwertiges Schutzniveau für den Verbraucher gewährleistet ist."
Diese Situation ist eingetreten; mit der Richtlinie 97/18/EG der Kommission vom 17. April 1997 (Abl. EG Nr. L 114 S. 43) wurde der Termin, von dem an Tierversuche für Bestandteile oder Kombinationen von Bestandteilen kosmetischer Mittel untersagt sind, auf den 30. Juni 2000 verschoben. Zur Begründung wird dargelegt, daß bei der Erforschung alternativer Versuchsmethoden Fortschritte erzielt worden seien, insbesondere bei der perkutanen Resorption und den Schädigungen von Augen und Haut. Dennoch habe noch keine alternative Versuchsmethode wissenschaftlich validiert werden können; die OECD habe noch keine Leitlinien für einschlägige Toxizitätstests im Bereich der alternativen Versuchsmethoden verabschiedet.
Die Situation hat sich seitdem geändert. Der unter der Leitung von ZEBET seit 1992 in einem internationalen Validierungsprojekt geprüfte 3T3-NRU-Phototoxizitätstest (Anmerkung 7), bei dem eine Fibroblastenzellinie der Maus benutzt wird, ist 1997 und 1998 offiziell von der EU als valide für die behördliche Prüfung auf phototoxische Eigenschaften von Chemikalien (1997) und Kosmetika (1998) akzeptiert worden.
Außerdem hat die Europäische Kommission im September 1998 offiziell bei der OECD den Entwurf einer OECD-Prüfrichtlinie für die Prüfung auf phototoxische Eigenschaften mit Hilfe des In-vitro-3T3-NRU-Tests eingereicht. Falls dieser Test akzeptiert wird, wäre es der erste toxikologische In-vitro-Test, der von der OECD weltweit akzeptiert wird.
Die EU-Kommission hat darüber hinaus dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich einen Bericht über die Fortschritte bei der Entwicklung, Validierung und rechtlichen Anerkennung von Methoden zum Ersatz von Tierversuchen vorzulegen. In ihrem Bericht für 1996 kommt sie zu folgendem Ergebnis:
Es sind zwei Ziele zu verfolgen: die Sicherheit der Verbraucher, die die Kommission unter allen Umständen gewahrt sehen will, und die Beendigung bzw. Minderung des Leidens der Tiere.
Ein Verbot neuer Bestandteile würde Tierversuche nicht überflüssig machen, da die Unschädlichkeit der Bestandteile nach Maßgabe neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse immer wieder überprüft werden muß. Im übrigen könnte die Unterbindung jeglicher Innovation den Konkurs von Unternehmen nach sich ziehen, vor allem von kleinen und mittleren Unternehmen, die für die Schaffung von Arbeitsplätzen wichtig sind. Hervorzuheben ist ferner, daß unter den Begriff der kosmetischen Mittel auch Körperpflegemittel, Mittel zur Säuglingspflege usw. fallen, nicht nur die sogenannten dekorativen Kosmetika.
Die Beendigung des Leidens von Tieren muß im Bereich der kosmetischen Mittel vorrangig betrieben werden, auch wenn die Tests in diesem Bereich nur 0,03 % sämtlicher Tierversuche ausmachen.
Es hat sich jedoch herausgestellt, daß der Validierungsprozeß komplizierter ist als vorausgesehen. Nach Auffassung des Wissenschaftlichen Kosmetikausschusses ist vor allem bei der Heranziehung freiwilliger Versuchspersonen mit größter Vorsicht vorzugehen; sie darf keinesfalls als einfache Methode zum Ersatz von Tierversuchen betrachtet werden.
Darüber hinaus muß die Einhaltung der Regeln des internationalen Handels, insbesondere der Welthandelsorganisation (WTO), berücksichtigt werden. Denn jede Maßnahme, die zur Folge hätte, daß Erzeugnisse aus Drittstaaten verboten werden, weil sie im Tierversuch getestet wurden, wirft Probleme hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit den Regeln des internationalen Handels auf.
Die EU-Kommission beabsichtigt daher, mit einem Vorschlag für eine 7. Änderungsrichtlinie zur Kosmetikrichtlinie zur Lösung dieser Probleme beizutragen.
4.8 Pflanzenschutzgesetz
Das Pflanzenschutzgesetz in der Fassung vom 14. Mai 1998 (BGBl. I S. 971) sieht vor, daß Pflanzenschutzmittel nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) geprüft und zugelassen sind. Mit dem Pflanzenschutzgesetz wurde die Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (Abl. EG Nr. L 230 S. 1) in nationales Recht umgesetzt. Durch die Richtlinie 91/414/EWG wurde eine gemeinschaftsweite Harmonisierung des Zulassungsverfahrens für Pflanzenschutzmittel erreicht. Die Anhänge II und III dieser Richtlinie spezifizieren die Anforderungen an die durchzuführenden Untersuchungen und die Unterlagen für den Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels. Diese Anhänge werden durch die Pflanzenschutzmittelverordnung in der Fassung vom 17. August 1998 (BGBl. I S. 2161) in nationales Recht umgesetzt. Danach müssen den vorgeschriebenen Untersuchungen Tierversuche zugrunde liegen, sofern nach Anhang II oder III der Richtlinie 91/414/EWG und nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Technik das Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen im Einzelfall nur durch Tierversuche nachgewiesen werden kann.
Durch die im Artikel 13 Abs. 2 bis 7 der Richtlinie 91/414/EWG vorgesehene und durch §§ 14, 14a und 14b im Pflanzenschutzgesetz umgesetzte Zweitanmelderregelung wird ermöglicht, daß unter bestimmten Voraussetzungen auf Unterlagen eines Vorantragstellers ohne dessen Zustimmung zurückgegriffen werden kann. Damit wird die Zahl der Tierversuche auf das unvermeidliche Mindestmaß eingeschränkt.
Die bisherigen Erfahrungen der BBA zeigen, daß viele Zulassungsinhaber nach Ablauf einer Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel aufgrund der nach dem Pflanzenschutzgesetz gestiegenen Anforderungen an vorzulegende Unterlagen darauf verzichten, einen Antrag auf eine erneute Zulassung zu stellen. Dadurch entfallen die Tierversuche, deren Ergebnisse für die Zulassung notwendig gewesen wären.
Zur Bekämpfung von Wirbeltieren werden Vorgaben in der Richtlinie 91/414/EWG in Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe B Nr. III gemacht, die im § 15 des Pflanzenschutzgesetzes umgesetzt wurden. Danach läßt die BBA ein Pflanzenschutzmittel zu, wenn die Prüfung des Pflanzenschutzmittels ergibt, daß das Pflanzenschutzmittel nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und der Technik bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung oder als Folge einer solchen Anwendung bei Wirbeltieren, zu deren Bekämpfung das Pflanzenschutzmittel vorgesehen ist, keine vermeidbaren Leiden und Schmerzen verursacht. Somit ist der Schutz der Tiere vor vermeidbaren Leiden und Schmerzen als neues Zulassungskriterium für Pflanzenschutzmittel gemeinschaftsweit eingeführt worden.
Die Notwendigkeit der Prüfung von Pflanzenschutzmitteln am Hund wird kritisch in einer Studie von ZEBET untersucht (Anmerkung 8). Die Ergebnisse lassen erwarten, daß sich die Zahl der Prüfungen am Hund als zusätzliche Spezies auf ein Minimum reduzieren läßt.
4.9 Tierseuchengesetz
Im Rahmen der Tierseuchendiagnostik sind Tierversuche zur Zeit noch in den Fällen nicht völlig entbehrlich, in denen die Diagnose nur durch den direkten Erregernachweis gestellt werden kann.
Die Bundesregierung ist bemüht, diese durch andere Methoden zu ersetzen. So wurden inzwischen Tierversuche im Rahmen der Psittakose- und Tollwutdiagnostik weitestgehend durch Zellkulturverfahren ersetzt.
Für die Untersuchung auf Q-Fieber stehen heute immunologische Verfahren zur Verfügung; Tierversuche sind nur noch in wenigen Einzelfällen erforderlich. Ebenfalls deutlich reduziert wurde der Versuchstiereinsatz in der Listeriendiagnostik. Die Förderung der Entwicklung hochempfindlicher molekularbiologischer Nachweismethoden wird es in Zukunft erlauben, in der Regel Erreger direkt in Probenmaterial von Tieren nachzuweisen, ohne daß eine Anzüchtung in Versuchstieren oder Zellkulturen notwendig ist.
Bei der Prüfung veterinärmedizinischer Sera und Impfstoffe wurden und werden Methoden zum Ersatz von Tierversuchen, teilweise mit Förderung des BMBF, entwickelt. Bei den Maul- und Klauenseuche-Impfstoffen wurden Vergleichsuntersuchungen durchgeführt, die gezeigt haben, daß die Wirksamkeitsprüfung durch Belastungsinfektion von Rindern in vielen Fällen durch eine In-vitro-Methode ersetzt werden kann. Bei der Diagnostik von Maul- und Klauenseuche wird bereits auf den Einsatz von Mäusen verzichtet und ausschließlich mit Zellkulturen gearbeitet.
Für die Wirksamkeitsprüfung von Rotlauf- und Rhinitis-atrophicans-Impfstoffen wurden serologische Testmethoden zum Ersatz von Infektionsversuchen entwickelt. Die Ergebnisse liegen der Europäischen Arzneibuch-Kommission vor. Die Testentwicklung für die Wirksamkeitsprüfung von Clostridium-perfringens-Impfstoffen verläuft erfolgversprechend. Im Februar 1997 wurden die bereits vorliegenden Ergebnisse anläßlich eines Workshops der Europäischen Arzneibuch-Kommission vorgestellt.
Eine mit Förderung des BMBF durchgeführte Untersuchung zur Notwendigkeit der Prüfung auf anomale Toxizität bei veterinärmedizinischen Seren und Impfstoffen hat gezeigt, daß diese Prüfung wenig aussagekräftig ist. In den Neufassungen der Monographien "Impfstoffe für Tiere" und "Immunseren für Tiere" wird diese Prüfung daher nicht mehr verlangt (siehe auch Abschnitt XV.4.2).
Die Entwicklung von Ersatzmethoden bei der Prüfung veterinärmedizinischer Impfstoffe am Paul-Ehrlich-Institut wurden in folgenden Bereichen fortgeführt bzw. neu aufgenommen:
In-vitro
Inaktivierungsnachweis bei Tollwutimpfstoffen mittels Zellkultur (Anmerkung 5).
Reduzierung der Tierzahlen bei der Prüfung von Impfstoffen gegen die aviäre Enzephalomyelitis der Hühner (Anmerkung 5).
Relevanz der Prüfung auf spezifische Unschädlichkeit an der Zieltierart (Anmerkung 5).
Festlegung tierschutzkonformer Endotoxingrenzwerte bei Schweineimpfstoffen (in Zusammenarbeit mit dem BgVV und dem Institut für Viruskrankheiten und Immunprophylaxe, CH-Mittelhäusern) (Anmerkung 10).
Serologische Methoden zur Wirksamkeitsprüfung von Rinderleptospiroseimpfstoffen (in Zusammenarbeit mit dem BgVV und dem Central Veterinary Laboratory, Addlestone) (Anmerkung 11).
Klinische Endpunkte bei Infektionsversuchen zur Wirksamkeitsprüfung (in Zusammenarbeit mit dem RIVM und der Universität Birmingham) (Anmerkung 7).
Die am Paul-Ehrlich-Institut entwickelten serologischen Prüfverfahren für Clostridium perfringens-Impfstoffe wurden inzwischen erfolgreich einer Prävalidierung unterzogen. Die Methodik erfüllt die Anforderungen für einen Entwurf der überarbeiteten Monographie.
Die neuesten Entwicklungen bei der Entwicklung von Ersatzmethoden bei Rotlauf-Immunpräparaten wurden auf einem internationalen Symposium am 28. April 1998 im Paul-Ehrlich-Institut vorgestellt. Auch hier werden alle Tierversuche der Impfstoffmonographie derzeit einer Überprüfung unterzogen. Die Tagungsbeiträge werden Anfang 1999 in einer Ausgabe von PHARMEUROPA BIO erscheinen.
Die Monographie "Tollwutimpfstoff (inaktiviert) für Tiere" wurde grundlegend überarbeitet. Hierbei wurden weltweit erstmals Ersatzmethoden für den Mäuseinfektionsversuch zur Wirksamkeitsprüfung aufgenommen. Auch bei den Monographieentwürfen zu Clostridien-Impfstoffen werden Ersatzmethoden für die Belastungsversuche Eingang finden.
4.10 Wasch- und Reinigungsmittelgesetz
Nach dem Wasch- und Reinigungsmittelgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 1987 (BGBl. I S. 875) dürfen Wasch- und Reinigungsmittel nur so in den Verkehr gebracht werden, daß nach ihrem Gebrauch jede vermeidbare Beeinträchtigung der Beschaffenheit der Gewässer, insbesondere im Hinblick auf den Naturhaushalt und die Trinkwasserversorgung sowie eine Beeinträchtigung des Betriebs von Abwasseranlagen, unterbleibt.
Mit dem Gesetz wurden EG-Regelungen, insbesondere die Richtlinie 73/404/EWG des Rates vom 22. November 1973 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Detergentien (ABl. EG Nr. L 347 S. 51) umgesetzt. Danach darf die Verwendung grenzflächenaktiver Substanzen in Wasch- und Reinigungsmitteln die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährden.
Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 des Tierschutzgesetzes sind Tierversuche zur Entwicklung von Waschmitteln grundsätzlich verboten. Das Verbot gilt auch für Rohstoffe, die ausschließlich in Waschmitteln verwendet werden. Es besteht nach den bisher vorliegenden Erfahrungen keine Notwendigkeit, in einer Rechtsverordnung nach § 7 Abs. 5 Satz 2 des Tierschutzgesetzes Ausnahmen von diesem grundsätzlichen Verbot zuzulassen.
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Anhänge 1, 2, 3, 4, 5, 6-1, 6-2, 6-3, 7 | |||||
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