II. Rechtliche Rahmenbedingungen

Nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 20 GG unterliegt der Tierschutz der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes. Der Bund hat mit dem Tierschutzgesetz von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht. Tierschutz im Sinne des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 20 GG umfaßt Haltung, Pflege, Unterbringung und Beförderung von Tieren, Tierversuche und das Schlachten von Tieren.

Die Durchführung des Tierschutzgesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen obliegt den nach Landesrecht zuständigen Behörden.

Seit vielen Jahren wird jedoch im Bereich des Tierschutzes über Rechtsetzungsvorhaben nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch im Europarat sowie in der Europäischen Union beraten und entschieden. Auch die Beschlüsse der OECD können tierschutzrelevante Vorschriften maßgeblich beeinflussen.

Zwischen den verschiedenen Ebenen - OECD, Europarat, Europäische Union, Bund, Länder und nach Landesrecht zuständige Behörden - besteht eine enge Wechselwirkung.

 

1 Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wurde 1961 in Nachfolge der Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC) durch ein völkerrechtliches Übereinkommen zwischen 20 Staaten gegründet. Mittlerweile gehören der Organisation 29 Mitgliedstaaten an (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Island, Italien, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, Türkei, Vereinigte Staaten, Japan, Finnland, Australien, Neuseeland, Mexiko, Tschechische Republik, Ungarn, Republik Korea und Polen).

Ziel der OECD ist es, durch wirtschaftliche Zusammenarbeit ihrer 29 Mitgliedsländer wie auch durch Kontakte mit anderen Ländern einen Beitrag zur Entwicklung der Weltwirtschaft zu leisten.

Mit dem Ziel, die Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen um den Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt durch eine Verbesserung der Chemikaliensicherheit zu unterstützen und den Chemikalienkontrollmaßnahmen mehr Transparenz und Effizienz zu verleihen, hat die OECD 1971 ein Chemikalienprogramm aufgestellt, in dessen Rahmen auch Richtlinien zur Prüfung chemischer Substanzen unter anderem im Hinblick auf ihre toxischen Effekte für Mensch und Umwelt verabschiedet wurden. Da Ergebnisse von Tierversuchen in der Toxikologie von Chemikalien als entscheidende Parameter zur Risikoabschätzung eingesetzt werden, hat die OECD 1981 in ihren Richtlinien tierexperimentelle Prüfmethoden einschließlich genauer Durchführungsbestimmungen festgeschrieben (OECD Guidelines for the Testing of Chemicals; OECD Principles of Good Laboratory Practice and Compliance Monitoring). Die Beachtung der OECD-Empfehlungen bei der Stoffprüfung garantiert die internationale Anerkennung der Prüfergebnisse und ermöglicht so eine weltweite Vermarktung der Produkte. Durch diese Harmonisierung wird somit der Wiederholung von Tierversuchen präventiv begegnet. Zudem orientiert sich auch die Europäische Gemeinschaft in ihren Anforderungen an Prüfnachweise an den von der OECD festgeschriebenen Normen.

Die OECD-Richtlinien, die in unregelmäßigen Abständen aktualisiert und ergänzt werden, finden inzwischen über den Bereich der Industriechemikalien hinaus Anwendung bei der Prüfung von Pflanzenschutzmitteln, Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen; sie haben somit zu einer weitreichenden Harmonisierung toxikologischer Prüfmethoden geführt.

 

2 Europarat

Der Europarat umfaßt zur Zeit 40 Mitgliedstaaten. Neben den 15 EU-Ländern sind dies Albanien, Andorra, Bulgarien, Estland, Island, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Malta, Mazedonien, Moldawien, Norwegen, Polen, Rumänien, Rußland, San Marino, die Schweiz, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik, die Türkei, die Ukraine, Ungarn und Zypern.

Schon früh wurden im Europarat Initiativen zur Verbesserung des Tierschutzes ergriffen. Bisher wurden in diesem Bereich fünf völkerrechtliche Übereinkommen erarbeitet, nämlich

Hinzu kommen

Über Inhalt und Bedeutung dieser Übereinkommen wird in den Abschnitten III, X, XII und XV berichtet.

Die Erarbeitung weiterer Tierschutzübereinkommen wird derzeit nicht für erforderlich gehalten. Vielmehr soll die Anwendung der vorhandenen Übereinkommen durch multilaterale Konsultationen verbessert werden, wobei auch dem zwischenzeitlich erweiterten Kenntnisstand der betroffenen Wissenschaftsbereiche Rechnung getragen wird.

Die Bundesrepublik Deutschland ist durch Vertragsgesetze den oben genannten Übereinkommen sowie dem Zusatz- und dem Änderungsprotokoll zum Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen beigetreten.

Wird ein Europäisches Übereinkommen ratifiziert, so hat dies zur Folge, daß - soweit dies noch nicht der Fall ist - das nationale Recht mit den Vorschriften des Übereinkommens in Einklang gebracht werden muß; das deutsche Tierschutzrecht wurde entsprechend angepaßt.

Bedingt durch den politischen Umbruch in den ehemaligen Ostblockstaaten ergibt sich derzeit beim Europarat die Notwendigkeit einer stärkeren Prioritätensetzung mit Blick auf die Integration Mittel- und Osteuropas. Da die Bundesregierung der Tierschutzarbeit beim Europarat große Bedeutung beimißt, sollte auch beim Aufbau in Mittel- und Osteuropa der Tierschutz als ethische Verpflichtung, aber auch wegen seiner Bedeutung für die Sicherung von Gesundheit und Produktivität, im Rahmen der knappen Haushaltsmittel des Europarates angemessen berücksichtigt werden.

Die Tierschutzübereinkommen mit zugehörigen Empfehlungen bilden die Ausgangsbasis für nationale und EG-Rechtsetzung. Die Arbeit des Europarates ist somit von wesentlicher Bedeutung für eine europäische Harmonisierung der Tierschutzvorschriften und gleichzeitig der Wettbewerbsbedingungen.

Die Bundesregierung setzt sich daher für eine ausreichende finanzielle und administrative Ausstattung insbesondere des Ständigen Ausschusses des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen ein.

 

3 Europäische Union

Beim Europarat als internationaler Organisation ohne Hoheitsgewalt und bei der Europäischen Union als - im Bereich der Europäischen Gemeinschaft - supranationaler Organisation handelt es sich um getrennte Institutionen; zwischen ihnen besteht jedoch eine enge Zusammenarbeit und Wechselwirkung.

Im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) ist der Tierschutz nicht ausdrücklich erwähnt. Nach Artikel 3 Buchstaben e und h des EG-Vertrages umfaßt die Tätigkeit der Gemeinschaft nach Maßgabe des Vertrages aber auch eine gemeinsame Politik auf dem Gebiet der Landwirtschaft und die Angleichung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, soweit dies für das ordnungsgemäße Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforderlich ist. Die EG-Richtlinien zur Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere, zum Schutz von Tieren beim Transport sowie zum Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Schlachtung oder Tötung sind auf Artikel 43 des EG-Vertrages (Landwirtschaft) gestützt. Als Rechtsgrundlage für den Erlaß der Versuchstierrichtlinie wurde Artikel 100 des EG-Vertrages (Rechtsangleichung) herangezogen.

Der Tierschutz hat während der letzten Jahre auch im europäischen Rahmen eine größere politische Bedeutung erreicht. Nicht zuletzt auf Initiative der Bundesregierung wurde anläßlich der Regierungskonferenz zur Reform der Verträge in Amsterdam der Tierschutz nunmehr im primären Gemeinschaftsrecht durch eine Protokollerklärung verankert. Schon in Maastricht hatte der Rat im Dezember 1991 auf Betreiben Deutschlands und des Vereinigten Königreichs eine Erklärung zum Tierschutz verabschiedet.

In einer "Entschließung zu dem Wohlergehen und dem Status von Tieren in der Gemeinschaft" hat das Europäische Parlament im Januar 1994 (ABl. EG Nr. C 44 S. 206 vom 14. Februar 1994) eine umfassende Berücksichtigung des Tierschutzes unter Bezeichnung konkreter Maßnahmen gefordert.

Wenngleich der Tierschutz im Vertrag von Amsterdam nicht, wie von der Bundesregierung gewünscht, als Artikel in den EG-Vertrag aufgenommen wurde, erklären die Mitgliedstaaten in einem "Protokoll über den Tierschutz und das Wohlergehen der Tiere", das dem EG-Vertrag angefügt werden soll:

"Bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Gemeinschaft in den Bereichen Landwirtschaft, Verkehr, Binnenmarkt und Forschung tragen die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere in vollem Umfang Rechnung; sie berücksichtigen hierbei die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und Gepflogenheiten der Mitgliedstaten insbesondere in bezug auf religiöse Riten, kulturelle Traditionen und das regionale Erbe."

Tierschutzregelungen der EG, die das Halten landwirtschaftlicher Nutztiere betreffen, werden darüber hinaus auch damit begründet, daß die Mitgliedstaaten - und seit 1989 auch die Europäische Gemeinschaft selbst - Vertragsparteien des Europarats-Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen sind.

Für den Tierschutzbereich von Bedeutung sind auch die sogenannten Veterinärkontrollrichtlinien, die der Rat zur Verwirklichung des Binnenmarktes erlassen hat. Ihr wesentliches Ziel besteht darin, die bisherigen Kontrollen an den Binnengrenzen der Gemeinschaft abzulösen und einheitliche Kontrollen der Mitgliedstaaten an den Außengrenzen der Gemeinschaft einzurichten. Dieses Kontrollkonzept geht für den innergemeinschaftlichen Verkehr vom Grundsatz der Verlagerung der Kontrollen auf den Abgangsort aus. Es erfordert eine intensive Zusammenarbeit der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten untereinander und mit der Europäischen Kommission. Die Richtlinien haben insbesondere Auswirkungen auf die Regelungen hinsichtlich des Transports von Tieren (siehe Abschnitt X).

 

4 Stellung des Tierschutzes in der Wertordnung des Grundgesetzes, Staatszielbestimmung

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt ein effektiver Tierschutz grundsätzlich im Interesse des Gemeinwohls (vgl. BVerfGE 36, 47, 57ff.). Die Handlungsfreiheit der Staatsbürger kann durch Anwendung des Leitgedankens des geltenden Tierschutzgesetzes, Tieren nicht "ohne vernünftigen Grund" das "unerläßliche Maß" übersteigende "Schmerzen, Leiden oder Schäden" zuzufügen, eingeschränkt werden. Die Einschränkung des Verbots durch den "vernünftigen Grund" und die "Unerläßlichkeit" trägt dem Verhältnismäßigkeitsgebot Rechnung. Die Ausgestaltung des Tierschutzes obliegt in diesem Rahmen weitgehend der eigenverantwortlichen Entschließung des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 36, 47, 57f.; 48, 376, 389).

Dem Tierschutz kommt gegenwärtig kein Verfassungsrang zu.

Diese Aussage zur verfassungsrechtlichen Stellung des Tierschutzes trifft das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung vom 18. Juni 1997 (BVerwGE 105, 73, 81). Die Entscheidung betrifft die Klage einer Biologiestudentin, die die Teilnahme an Tierversuchen im Rahmen der Ausbildung aus Gewissensgründen verweigert hat und dadurch für den Studienabschluß erforderliche Leistungsnachweise nicht erbringen konnte. Das Bundesverwaltungsgericht führt - wie schon die Vorinstanz, der VGH Mannheim - aus, der Tierschutz habe keinen Verfassungsrang, so daß er nicht als eine mit der Lehrfreiheit kollidierenden Grundrechtsnorm in die Lösung des verfassungsrechtlichen Spannungsverhältnisses zwischen der Lehrfreiheit und der Gewissensfreiheit der Studierenden einzubeziehen sei. Gestützt wird diese Aussage auf die Erwägung, daß bei der Novellierung des Grundgesetzes 1994 die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel nicht die erforderliche Mehrheit gefunden habe. Ferner könne aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 20 GG diese hervorgehobene Rechtsposition des Tierschutzes nicht abgeleitet werden, da diese Bestimmung allein die Gesetzgebungskompetenz regele. Auch andere Erklärungsversuche für den Verfassungsrang des Tierschutzes - die Ableitung aus Artikel 1 Abs. 1 GG (Menschenwürde), Artikel 2 Abs. 1 GG (Sittengesetz) und Artikel 20a GG (Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen) - werden abgelehnt. Allerdings erteile § 10 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes keinen Freibrief zum Töten, da Eingriffe und Behandlungen an Tieren zu Lehrzwecken nur ausgeführt werden dürfen, soweit ihr Zweck nicht auf andere Weise erreicht werden kann (BVerwGE 105, 73, 82).

Dem Bundesverfassungsgericht wurde gemäß Artikel 100 Abs. 1 GG die Frage der Verfassungsmäßigkeit der von § 7 Abs. 3 Tierschutzgesetz im Hinblick auf das vorbehaltlos gewährleistete Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 GG vorgelegt. Es lehnte eine Sachentscheidung aber mit lediglich der Begründung ab, das Verwaltungsgericht habe die Möglichkeit einer anderen Auslegung der Vorschriften des Tierschutzgesetzes nicht ausreichend genutzt (Beschluß vom 20. Juni 1994 - 1 BvL 12/94 - NVwZ 1994, S. 894 ff.). Nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist die ethische Vertretbarkeit eines Tierversuchs wissenschaftlich begründet darzulegen, nicht jedoch nachzuweisen. Die Behörde dürfe nicht die ethische Vertretbarkeit und die wissenschaftliche Bedeutung des beantragten Versuchsvorhabens überprüfen, sondern nur eine qualifizierte Plausibilitätskontrolle der Darlegungen des Antragstellers vornehmen, so daß dem Antragsteller nicht ohne weiteres außerwissenschaftliche Beurteilungsmaßstäbe aufgedrängt werden könnten.

Ein weiteres Spannungsverhältnis zwischen dem Tierschutz und einem vorbehaltlos gewährleisteten Grundrecht besteht hinsichtlich der Frage, ob und inwieweit das "Schächten", das heißt das Schlachten ohne Betäubung gemäß religiösen Regeln, im Hinblick auf das Grundrecht der Religionsfreiheit des Artikels 4 Abs. 2 GG zuzulassen ist (vgl. dazu Abschnitt XII. 2.3).

Unter anderem die erwähnten Verfahren haben die Forderung nach Aufnahme eines Staatsziels "Tierschutz" in das Grundgesetz nicht nur auf seiten der Tierschutzorganisationen stärker werden lassen. Auch zahlreiche Bürger haben sich mit entsprechenden Eingaben an die Bundesregierung gewandt. Von seiten der Wissenschaftler und ihrer Organisationen wurden hingegen jedoch massive Vorbehalte geltend gemacht.

Ein entsprechender Vorschlag fand 1994 nicht die erforderliche Mehrheit in der Gemeinsamen Verfassungskommission.

Weitgehende Einigkeit bestand und besteht jedoch in der grundsätzlichen Anerkennung der Schutzbedürftigkeit auch der Tiere, deren Achtung und Bewahrung allen Menschen aufgegeben ist. In einer Entschließung des Deutschen Bundestages vom 30. Juni 1994 (BT-Plenarprotokoll 12/238, S. 21038A) wurde daher betont, daß mit der vom Bundestag verabschiedeten Aufnahme der Staatszielbestimmung "Umweltschutz" in das Grundgesetz ein grundlegender Schritt zur auch verfassungsrechtlichen Verfestigung der Verantwortung von Staat und Gesellschaft für die Achtung und Bewahrung der "natürlichen Lebensgrundlagen" vollzogen worden sei. Nach der in der Entschließung niedergelegten Auffassung des Deutschen Bundestages gehören zu den "natürlichen Lebensgrundlagen" nicht nur Pflanzenwelt, Luft, Boden und Wasser, sondern die gesamte Schöpfung, also auch das Tier und alles organische Leben auf dieser Erde. In diesem Sinne wird in der Entschließung bekräftigt, daß die Staatszielbestimmung Umweltschutz auch den Tierschutz prinzipiell mit umfasse. Diese Auffassung wird aber in den oben erwähnten Gerichtsentscheidungen nicht geteilt und ist auch nach Ansicht Sachverständiger fachlich nicht zutreffend.

In der 13. Legislaturperiode wurde von verschiedenen Seiten weiterhin eine ausdrückliche Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel ins Grundgesetz gefordert; so wurden 1997 entsprechende Gesetzentwürfe des Bundesrates, der SPD-Fraktion, der Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und der Gruppe der PDS eingebracht, deren Beratung jedoch in der 13. Legislaturperiode nicht abgeschlossen wurde.

In der Koalitionsvereinbarung vom 20. Oktober 1998 ist eine Initiative zur Aufnahme des Tierschutzes in das Grundgesetz vereinbart.

Derzeit werden erneut eingebrachte Gesetzesentwürfe der FDP-Fraktion, der SPD- und BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN-Fraktionen sowie der PDS-Fraktion in den Ausschüssen des Bundestages beraten. Auf Initiative des Landes Rheinland-Pfalz hat der Bundesrat beschlossen, den Gesetzentwurf aus der letzten Legislaturperiode erneut in den Bundestag einzubringen.

 

5 Stellung des Tieres im bürgerlichen Recht

Im Jahre 1990 wurde das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht (BGBl. I S. 1762) erlassen, das die formale Gleichstellung des Tieres mit Sachen im bürgerlichen Recht beseitigt. Dies soll zum Ausdruck bringen, daß der Mensch den Tieren als empfindenden Mitgeschöpfen zu Schutz und Fürsorge verpflichtet ist. Demgemäß bestimmt der durch dieses Gesetz neu eingefügte § 90a BGB, daß Tiere keine Sachen sind und unter dem Schutz besonderer Gesetze stehen. Allerdings erhalten Tiere damit keine dem Menschen vergleichbare Rechtsstellung, vielmehr sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Dies bedeutet, daß Tiere selbstverständlich weiterhin veräußert oder vererbt werden können.

Im Schadensersatzrecht wurde die Regelung eingeführt, daß Heilungskosten bei der Verletzung von Tieren grundsätzlich auch dann ein ersatzfähiger Schaden sind, wenn sie den Wert des Tieres erheblich überschreiten. Bei Entscheidungen über den Vollstreckungsschutz sind nach der vorgenommenen Änderung der Zivilprozeßordnung nicht nur die Belange des Schuldners, sondern auch die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen, wenn ein Tier Gegenstand der Zwangsvollstreckung ist. Bei der Pfändung werden Heimtiere dergestalt privilegiert, daß sie grundsätzlich nicht der Pfändung unterliegen, es sei denn, dies würde wegen des hohen Wertes des betreffenden Tieres für den Gläubiger eine Härte bedeuten, die auch unter Berücksichtigung des Tierschutzes nicht zu rechtfertigen ist.

 

6 Tierschutzgesetz

Das Tierschutzgesetz, das zuletzt im Jahr 1986 umfassend novelliert worden war, hat sich grundsätzlich bewährt. Aufgrund der gewonnenen Vollzugserfahrungen sowie zur Umsetzung von EG-Recht war jedoch eine weitere Novellierung erforderlich. Im Jahr 1994 scheiterte eine entsprechende Gesetzesinitiative des Bundesrates am fehlenden Einvernehmen zwischen Bundesrat und Bundestag.

Dennoch blieb das Anliegen bestehen, das Tierschutzgesetz aufgrund der seit der letzten umfassenden Novellierung von 1986 gewonnenen Erfahrungen fortzuschreiben und weiter zu verbessern. Daher hat zu Beginn der 13. Legislaturperiode die Bundesregierung die Initiative zur Novellierung des Tierschutzgesetzes ergriffen.

Das Bundeskabinett hat am 16. Oktober 1996 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes gebilligt. Der Entwurf griff vor allem diejenigen Bestimmungen auf, die den Tierschutz spürbar verbessern und die zwischen Bundestag und Bundesrat unstreitig waren.

Der Bundesrat nahm am 19. Dezember 1996 im ersten Durchgang zum Gesetzentwurf der Bundesregierung Stellung. Die Bundesregierung verabschiedete hierzu eine Gegenäußerung und leitete diese zusammen mit dem Gesetzentwurf sodann dem Deutschen Bundestag zur Beratung und Beschlußfassung zu. Am 27. November 1997 verabschiedete der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes. Am 19. Dezember 1997 beschloß der Bundesrat, den Vermittlungsausschuß einzuberufen, da die vom Bundesrat vorab vorgelegte Stellungnahme in dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetz kaum bzw. nicht ausreichend berücksichtigt worden sei.

Am 25. März 1998 einigte sich der Vermittlungsausschuß auf eine einvernehmliche Fassung. Der Deutsche Bundestag hat daraufhin das Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes in der Fassung der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses am 26. März 1998 beschlossen. Dem hat der Bundesrat am 27. März 1998 zugestimmt.

Das novellierte Tierschutzgesetz (BGBl. I S. 1105, 1818) trat am 1. Juni 1998 in Kraft. Durch die Änderungen wurde der Tierschutz in Deutschland maßgeblich verbessert. Gleichzeitig wurde ein Beitrag zur EU-weiten Harmonisierung von Tierschutzvorschriften geleistet.

Das nunmehr beschlossene Gesetz bewirkt im wesentlichen

Auf der anderen Seite wurden aber auch Erleichterungen die Durchführung von Forschungsvorhaben erleichtert, ohne das bisherige hohe Tierschutzniveau zu beeinträchtigen. Im einzelnen wurden folgende Änderungen beschlossen:

 

7 Verordnungsermächtigungen und Allgemeine Verwaltungsvorschrift; Sachverständigengutachten

Das Tierschutzgesetz in der novellierten Fassung vom 25. Mai 1998 (BGBl. I S. 1105, 1818) ermächtigt das BML - teilweise ist das Einvernehmen mit anderen Ressorts vorgeschrieben -, nach Anhörung der Tierschutzkommission (§ 16b Abs. 1 des Tierschutzgesetzes) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates unter anderem in den Bereichen Ausbildung, Transport, Schlachten, Tierversuche, Zucht und Handel Vorschriften zu erlassen.

Es können auch Vorschriften zur Durchführung von Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen des Rates oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften auf dem Gebiet des Tierschutzes erlassen werden (§ 21a).

Nach § 16d erläßt das BML mit Zustimmung des Bundesrates die allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die zur Durchführung dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen erforderlich sind. Auch hierfür ist die vorherige Anhörung der Tierschutzkommission vorgeschrieben.

Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes vom 1. Juli 1988 (BAnz. Nr. 139a vom 29. Juli 1988) regelt eine Vielzahl von Einzelfragen. Sie wird von den Vollzugsbehörden grundsätzlich als sehr hilfreich angesehen. Im Rahmen der Novellierung des Tierschutzgesetzes wurde Übereinstimmung zwischen Bund und Ländern darüber erzielt, nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes die Überarbeitung und Ergänzung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift in Angriff zu nehmen, um sie einerseits der neuen Gesetzeslage anzupassen, andererseits auf weitere gesetzliche Bestimmungen auszudehnen. Mit diesem Vorhaben wurde im Sommer 1998 begonnen, mit dem Inkrafttreten der Neufassung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift ist im Laufe des ersten Halbjahres 1999 zu rechnen.

Seit 1970 wurden im Auftrag des BML von anerkannten Sachverständigen zahlreiche Gutachten erarbeitet. Sie stehen allen interessierten Kreisen, nicht zuletzt auch den für den Vollzug des Tierschutzgesetzes verantwortlichen Stellen, als Orientierungshilfe zur Verfügung (siehe Anhang 4 Nr. 1). Darüber hinaus wurden für weitere Bereiche Leitlinien erarbeitet, die den Ländern sowie allen Interessierten zur Verfügung stehen (siehe Anhang 4 Nr. 2). Die Länder begrüßen diese Gutachten und Leitlinien als wichtige Entscheidungshilfe für den Vollzug.

 

8 Zuständigkeit von Bund und Ländern

Für die Rechtsetzung im Bereich des Tierschutzes besitzt der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz (Artikel 74 Abs. 1 Nr. 20 GG), von der der Bund durch das Tierschutzgesetz Gebrauch gemacht hat. Der Bund hat auch die Kompetenz zur Wahrnehmung des Tierschutzanliegens bei der Europäischen Union, beim Europarat, bei der OECD und anderen internationalen Organisationen, während der Vollzug und die Überwachung tierschutzrechtlicher Regelungen Länderangelegenheit sind. Über den Bundesrat wirken jedoch die Länder sowohl auf EU-Ebene als auch insbesondere auf Bundesebene an der Gesetzgebung mit.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 des Tierschutzgesetzes obliegt die Verwaltungszuständigkeit für die Durchführung dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen den nach Landesrecht zuständigen Behörden. Die Länder führen das Tierschutzgesetz in eigener Verwaltungszuständigkeit nach Artikel 83 des Grundgesetzes aus. Dementsprechend hat der Bund auch keine Finanzierungszuständigkeit im Bereich des Tierschutzes nach Artikel 104a Abs. 1 des Grundgesetzes, mit Ausnahme der Durchführung des Tierschutzgesetzes für Tiere im Bereich der Bundeswehr. Für diese Tiere obliegt nach § 15 Abs. 3 des Tierschutzgesetzes die Durchführung des Gesetzes den zuständigen Dienststellen der Bundeswehr, deren Vollzugszuständigkeit durch Erlasse, zuletzt durch Erlaß vom 2. Januar 1995 (Ministerialblatt des Bundesministeriums der Verteidigung 1995 S. 61), und durch die Verordnung über die Zuständigkeit der Wehrbereichsverwaltungen für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Tierschutzgesetz vom 3. Juli 1990 (BGBl. I S. 1399) geregelt ist.

Die Länder haben die Vollzugszuständigkeit für den Tierschutz in der Regel den Kreisbehörden übertragen, mit Ausnahme der Zuständigkeit für die Genehmigung von Tierversuchen. Diese Zuständigkeit ist den Mittelbehörden (Bezirksregierungen, Regierungspräsidenten, Regierungspräsidien) oder den obersten Landesbehörden selbst zugeordnet.

Bund und Länder erörtern in regelmäßigen Sitzungen gemeinsam Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, insbesondere bei der Vorbereitung von Rechtsetzungsvorhaben und zur Auslegung der rechtlichen Bestimmungen, um so die Ausführung der tierschutzrechtlichen Vorschriften zu koordinieren.

Mit der aufgrund des § 16d des Tierschutzgesetzes erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes vom 1. Juli 1988 wurden die Voraussetzungen für einen weitgehend bundeseinheitlichen Verwaltungsvollzug geschaffen; um den einheitlichen Vollzug des Tierschutzgesetzes auch im Hinblick auf bisher noch nicht erfaßte Bestimmungen zu gewährleisten, wird diese Verwaltungsvorschrift derzeit überarbeitet und ergänzt. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift findet auch im Geschäftsbereich des BMVg Anwendung.

Die Kenntnis von Gerichtsurteilen ist eine wertvolle Entscheidungshilfe für den Vollzug. Der Bund hat durch die Entwicklung des juristischen Informationssystems JURIS (juris GmbH, Gutenbergstr. 23, 66117 Saarbrücken) die Möglichkeit geschaffen, sich unter Einsatz moderner Technik rasch und umfassend über die aktuelle Rechtsprechung und die in der Fachliteratur vertretenen Auffassungen zu informieren. Der Zugriff auf JURIS steht jedermann gegen Entgelt offen. Damit wird heute bereits ein wesentlicher Teil der zum Tierschutzrecht ergangenen Urteile nachgewiesen.

Die Möglichkeit, eine tierschutzspezifische Datenbank tierschutzrelevanter Gerichtsurteile zu schaffen, um eine noch vollständigere Übersicht zu ermöglichen, wird derzeit auf Länderebene geprüft.

 

9 Tierschutzkommission, Tierschutzbeiräte und Landestierschutzbeauftragte

Seit 1987 ist BML aufgrund § 16b des Tierschutzgesetzes verpflichtet, zu seiner Unterstützung in Fragen des Tierschutzes eine Tierschutzkommission zu berufen und diese vor dem Erlaß von Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach diesem Gesetz anzuhören. Die Tierschutzkommission kann aber auch in Eigeninitiative gegenüber dem Bundesminister zu Fragen des Tierschutzes Stellung nehmen.

Die Einsetzung erfolgte durch die Tierschutzkommissions-Verordnung vom 23.06.1987 (BGBl. I S. 1557). Sie besteht aus zwölf Mitgliedern, die auf Vorschlag der Verbände sowie der beiden großen Kirchen vom Bundesminister berufen werden. Der Berufungszeitraum erstreckt sich jeweils auf vier Jahre. Die dritte Beratungsperiode begann 1995. Seit ihrer konstituierenden Sitzung im Oktober 1987 hat die Tierschutzkommission insgesamt 31 Sitzungen abgehalten. Sie hat zu den verschiedenen Rechtsetzungsvorhaben ihre Voten abgegeben, aber auch viele andere tierschutzrelevante Themen erörtert.

Zu ihrer Beratung in Fragen des Tierschutzes haben inzwischen alle Bundesländer einen Tierschutzbeirat berufen. In Hessen und Niedersachsen gibt es außerdem Landestierschutzbeauftragte.


Zusammenfassung
Kapitel I, II, III, IV, V, VI, VII, VIII, IX, X, XI,   XII,
XIII, XIV, XV 1 - 4, XV 5 - 6 und XVI
Anhänge 1, 2, 3, 4, 5, 6-1, 6-2, 6-3, 7
Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

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