Arbeitsgruppenleiter: Prof. Dr. F. Neunhoeffer in Kooperation mit Prof. Dr. M. Schuman, Klinik für Neurochirurgie
PD Dr. med. Jörg Michel, MHBA
In Deutschland werden jährlich ca. 700000 Kinder geboren. 3% dieser Kinder kommen mit funktionell bedeutsamen Fehlbildungen wie angeborenen Herzfehlern, kongenitalen zystischen adenomatoiden Malformationen der Lunge, Oesophagusatresie oder Zwerchfellhernie auf die Welt und müssen sich zum Teil im Neugeborenenalter komplexen Operationen unterziehen. Operationen bei Säuglingen sind chirurgisch wie auch anästhesiologisch eine große Herausforderung.
Die Inzidenz von schwerwiegenden perioperativen Ereignissen liegt in Europa bei 5,2% mit einer 30-Tage Mortalität von 1:1000. In der Versorgung von Kindern mit gravierenden kongenitalen Fehlbildungen konnte durch ein verbessertes Verständnis der Pathophysiologie, durch eine optimierte Frühdiagnostik, kardiochirurgische und interventionelle Therapiekonzepte und ein verbessertes intensivmedizinisches Management, die Mortalität innerhalb der letzten Jahrzehnte signifikant reduziert werden. Über 85 % dieser Kinder erreichen heutzutage das Erwachsenenalter. Zunehmend treten deshalb mögliche neurologische Langzeitfolgen mit kognitiven und neuromotorischen Einschränkungen in den Fokus. Die Schädigung des unreifen Gehirns basiert auf einem komplexen Zusammenspiel aus patientenspezifischen Faktoren und Umgebungseinflüssen, einschließlich der Auswirkungen verschiedener Interventionen wie Herzoperationen und der perioperativen Behandlung. Das Risiko eines schlechten neurologischen Outcomes hängt einerseits von der jeweiligen Erkrankung ab, darüber hinaus gibt es aber auch interindividuelle Faktoren in den verschieden Phasen der Behandlung. Diese Faktoren lassen sich einteilen in vorgeburtliche, präoperative, intraoperative und postoperative Faktoren.
Die Faktoren, die bei diesen Kindern zu Schädigungen des Gehirns und Entwicklungsstörungen führen, sind vielfältig und bislang unvollständig verstanden. Neuere Studien sprechen auch für einen erheblichen Einfluss pränataler Faktoren auf eine negative zerebrale Entwicklung. Da aber auch postnatale und perioperative Faktoren eine wichtige Rolle spielen braucht es geeignete Neuromonitoring-Methoden und Strategien zur Neuroprotektion für diese Risikopatienten. Gegenwärtige Techniken erlauben keine sichere Bewertung der akuten Gefährdung und des langfristigen neurologischen Outcoms.
Die Arbeitsgruppe Neuroprotektion untersucht pathophysiologische Mechanismen und therapeutische Ansätze zur Vermeidung von Hirnschädigung.
Zur Zeit laufen Studien zur Untersuchung des zerebralen Sauerstoffmetabolismus bei Säuglingen mit angeborenen Herzfehlern und kritisch kranken Kindern mit Hilfe einer Kombination von Weisslichtspektrometrie und Laser-Doppler-Spektroskopie.
Die zerebro-vaskuläre Autoregulation dient der Nivellierung von arterieller Blutdruckschwankungen und der Aufrechterhaltung einer möglichst gleichbleibenden zerebralen Durchblutung und kann das kurzfristige und langfristige neurologische Outcome beeinflussen. Dadurch werden zum einen eine kontinuierliche Versorgung des Gehirns sichergestellt und drohende Hypo- oder Hyperperfusionszustände und deren Folgen vermieden. Bei Kindern mit angeborenen Herzfehlern beispielsweise können eine pathologische/veränderte Hämodynamik, Hypoxie, Ischämie, Operation an der Herz-Lungen Maschine und vieles mehr die Fähigkeit des Gehirns zur Kompensation von Druckschwankungen empfindlich stören und somit eine druckpassive Ab- oder Zunahme der Hirndurchblutung bedingen.
Ein weiteres Feld der Forschungsbemühungen ist folglich die invasive und nicht-invasive zerebro-vaskuläre Autoregulation bei Kindern mit Schädel-Hirn Trauma, in der Postreanimationsbehandlung, perioperativ bei Säuglingen mit komplexen angeborenen Herzfehlern und intraoperativ bei thorakoskopischen Operationen bei Säuglingen.
Die Studien werden unterstützt durch die Stiftung KinderHerz Deutschland e.V.