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Informationen zur fetalen Beckenendlage (Steißlage)

Bei ca. 3–6 % der Schwangerschaften stellen sich die Kinder am Geburtstermin in Beckenendlage ein. In diesem Fall wird häufig die Frage gestellt, auf welchem Weg die Geburt für Mutter und Kind möglichst risikoarm ablaufen kann. Grundsätzlich ist eine Spontangeburt (normale Geburt) aus kindlicher Beckenendlage möglich. Dies setzt jedoch eine individuelle Beratung auf Basis der erhobenen Befunde in der Schwangerschaft und eine gute Aufklärung über den Ablauf einer Geburt aus Beckenendlage voraus. Zusätzlich muss ein erfahrenes Team für die Geburt anwesend sein, welches sicher im Umgang mit speziellen Handgriffen ist, die für die Entwicklung des Kindes aus Beckenendlage notwendig werden können.

Bei einer Beckenendlage besteht aber auch die Möglichkeit, mittels sogenannter „Äußerer Wendung“ zu versuchen, das Kind in Schädellage zu drehen. Unter Anwendung spezieller Handgriffe wird vor dem Einsetzen der Wehen oder eines Blasensprungs versucht, dass sich das Kind mit dem Kopf voran für die Geburt einstellt. Eine äußere Wendung wird meist in der 37+0 SSW vorgenommen.

Alternativ besteht die Möglichkeit, einen Kaiserschnitt zu planen. Grundsätzlich zeigen Studienergebnisse eindeutig, dass ein Kaiserschnitt bei vorliegender Beckenendlage nicht in jedem Fall einen Vorteil für Mutter und Kind darstellt. Sollte Ihr Kind in Beckenendlage liegen, bitten wir Sie, sich in unserem Zentrum vorzustellen, um Ihre individuelle Schwangerschaftssituation zu erfassen und Ihnen Vorschläge zu unterbreiten, sodass Sie eine informierte Entscheidung treffen und die weiteren Schritte geplant werden können. 

Die Entscheidung über den Geburtsmodus bei Beckenendlage des Kindes ist stets eine individuelle Entscheidung der werdenden Mutter. Eine sichere und selbstbestimmte Geburt ist uns für Sie besonders wichtig. Wir möchten im Folgenden über die Möglichkeiten bei fetaler Beckenendlage informieren, um eine gemeine Entscheidungsgrundlage für die Geburt Ihres Kindes zu formen.

Voraussetzungen einer Geburtseinleitung

Häufigkeit und mögliche Ursachen einer Beckenendlage

Etwa drei bis fünf Prozent der Feten liegt bei der Geburt in Beckenendlage. Eine Ursache lässt sich lediglich in ca. 15 bis 20 Prozent der Fälle finden (z.B. Anomalien des Uterus, Muskelknoten der Gebärmutter (Myome), eine kurze Nabelschnur oder Nabelschnurumschlingungen, unphysiologische Lokalisationen des Mutterkuchens). Familiäre Häufungen sind beschrieben. Die Diagnose kann heute sicher mittels Ultraschall gestellt werden. 

Die Wahrscheinlichkeit für eine Beckenendlage nimmt mit dem Schwangerschaftsalter ab. So befinden sich ca. 25 Prozent der Feten bis zur 28. Schwangerschaftswoche (SSW) in Beckenendlage, in der 32. SSW sind es noch bis zu 16 Prozent. Selbst nach der 36. SSW drehen sich noch bis zu 25 Prozent der Feten spontan in Schädellage. 

Handlungsmöglichkeiten bei Beckenendlage

Beim Vorliegen einer fetalen Beckenendlage stehen verschiedene Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung:

1. Der Versuch der äußeren Wendung und der vaginale Geburtsversuch bei erfolgreicher Wendung in Schädellage, ein geplanter Kaiserschnitt bei erfolgloser Wendung. 

2. Der Versuch der äußeren Wendung und der vaginale Geburtsversuch unabhängig vom Ausgang der Wendung, falls keine Kontraindikationen vorliegen.

3. Der vaginale Geburtsversuch aus Beckenendlage bei günstigen Voraussetzungen nach vorheriger Risikostratifizierung.

4. Ein geplanter Kaiserschnitt.

Die äußere Wendung

Liegt das Kind in Beckenend- oder Querlage, stellt die äußere Wendung ein mechanisches Verfahren dar, das Kind durch die Bauchdecke der Schwangeren unter Gabe eines Medikaments, welches Wehen verhindert, in Schädellage zu wenden. Dies geschieht unter regelmäßiger Ultraschallkontrolle der fetalen Herzfrequenz. Bei Anzeichen auf fetalen Stress wird die Wendung unterbrochen. Die Wendung erfolgt im Kreißsaal in unmittelbarer Nähe zum OP, sollte es zu Komplikationen kommen, was glücklicherweise sehr selten der Fall ist. Die äußere Wendung ist primär ein ärztlicher Eingriff, wobei eine Assistenz durch Hebammen möglich ist.

Die Wendung erfolgt in leichter Kopftieflage, um die Schwerkraft auszunutzen. Ein wehenhemmendes Medikament führt zu einer Entspannung der Gebärmutter, was die Wendung erleichtert. Ein Ultraschallgel auf dem Bauch der Schwangeren reduziert zusätzlich Reibung an der Haut. Es wird zunächst versucht, den Steiß des Kindes aus dem mütterlichen Becken zu mobilisieren. Gelingt dies, wird mit der anderen Hand versucht, das Kind über eine Vorwärts- oder Rückwärtsrolle in Schädellage zu bewegen. Manchmal kann es hilfreich sein, die kindlichen Bewegungen und Reflexe hierbei auszunutzen.

Die Erfolgsrate der äußeren Wendung wird in der Literatur je nach Autor sehr variabel zwischen ca. 30 Prozent und 80 Prozent angegeben. Man kann sagen, dass im Mittel eine Erfolgsquote von ca. 50 Prozent bis 60 Prozent besteht.

Sowohl mütterliche als auch kindliche Faktoren können beim Gelingen einer Wendung eine Rolle spielen. Die Chancen einer erfolgreichen Wendung liegen beispielsweise bei Mehrgebärenden mit einer ausreichenden Fruchtwassermenge höher, als bei adipösen Schwangeren mit einer geringen Fruchtwassermenge.

Sehr selten, in etwa zwei Prozent der Fälle, dreht sich das Kind nach einer Wendung wieder zurück. Hier kann es notwendig werden, eine erneute Wendung mit anschließender Geburtseinleitung zu versuchen. 

Ca. vier Prozent der Kinder drehen sich auch nach erfolgloser äußerer Wendung selbstständig in Schädellage.

Daher wird die Wendung erst ab 37+0. SSW durchgeführt - also am reifen Kind. Eine frühere Wendung ist zwar prinzipiell möglich, wird in der Tübinger Frauenklinik aber nicht durchgeführt, da sich viele Kinder bis zur 37+0. SSW spontan drehen können. Es gibt daher keinen Grund eine Frühgeburt zu erzwingen. Prinzipiell kann eine Wendung bis zum Einsetzen der Wehen oder einem Blasensprung erfolgen, wobei die Chancen auf eine Erfolgreiche Wendung mit dem zunehmenden Schwangerschaftsalter sinken.

Das Risiko für Komplikationen im Rahmen des Wendungsversuches liegt bei etwa zwei Prozent (z.B. Auffälligkeiten der Herztöne, Blasensprung). Zu schwerwiegenden Komplikationen kommt es in weniger als einem Prozent der Fälle (z.B. vorzeitige Plazentalösung). Die Notwendigkeit einer sofortigen Geburt per Kaiserschnitt (Notkaiserschnitt in Vollnarkose) liegt bei etwa 1/280. 

Durch Komplikationen kann es zu einer zeitnahen Geburt kommen. 

Um das kindliche Becken aus dem mütterlichen zu mobilisieren ist möglicherweise etwas Druck notwendig. Dieser wird individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen, in seltenen Fällen auch schmerzhaft. Es ist jederzeit möglich, den Eingriff abzubrechen, sollte es zu einem stärkeren Schmerzempfinden auf Seiten der Mutter kommen

Die vaginale Geburt

In erfahrenen Händen ist die vaginale Geburt bei fetaler Beckenendlage für Mutter und Kind ein sicheres Verfahren. Frauen, die sich für einen vaginalen Geburtsversuch entscheiden, werden dies in etwa der Hälfte der Fälle auch schaffen. Die andere Hälfte wird im Verlauf der Geburt einen Kaiserschnitt benötigen. Gründe für einen sogenannten sekundären Kaiserschnitt sind meisten entweder ein ungenügender Geburtsfortschritt oder Geburtsstillstand, sowie auffällige kindliche Herztöne im CTG. 

Zur Betreuung der Geburt werden in der Universitätsfrauenklinik Tübingen Oberärztinnen und Oberärzte hinzugezogen, die über ausreichend Erfahrung mit der Begleitung einer vaginalen Geburt aus Beckenendlage besitzen. Sollten diese Ärzte einmal nicht verfügbar sein, könnte die diensthabende Ärztin bzw. der diensthabende Arzt in Absprache mit der Gebärenden entscheiden, dass ein Kaiserschnitt erfolgen muss. Dies ist jedoch nur sehr selten der Fall. Um eine optimale Betreuung zu gewährleisten, ist eine Vorstellung zur Geburtsplanung in unserer Schwangerenambulanz und die persönlich Beratung Voraussetzung. Einen Termin erhalten Sie unter 07071-2986254.

Eine PDA kann sinnvoll und wird empfohlen, ist jedoch nicht zwingend notwendig. 

Aktuelle Daten von über 1000 vaginalen Geburten aus Deutschland liegen von der Frankfurter Arbeitsgruppe (FRABAT FRAnkfurt Breech At Term Study Group) vor. Hier zeigt sich, dass etwa ein Viertel der Kinder bei der Geburt durch Handgriffe unterstützt werden müssen. Etwa eines von 18 Kindern wird auf die Kinderintensivstation aufgenommen werden müssen. Bei etwa einem von 50 Kindern kommt es zu einer Sauerstoffunterversorgung und bei etwa einem von 100 Kindern zu Geburtsverletzungen oder neurologischen Defiziten. Die Risiken bei der vaginalen Geburt aus Schädellage sind in der Literatur vergleichbar, tendenziell jedoch etwas geringer.

Um die vaginale Geburt aus Beckenendlage so sicher wie möglich zu machen, sollten einige Voraussetzungen erfüllt sein, die zum Teil im Ultraschall ermittelt werden können und sich zum Teil aus der individuellen Vorgeschichte der Schwangeren ergeben. So sollte unter anderem der Kopf nicht viel größer als der Bauch des Kindes sein, das geschätzte Kindsgewicht sollte im Normbereich liegen, es sollte sich nicht um eine Frühgeburt vor der 37. SSW handeln, der Kopf sollte nicht überstreckt sein und es sollte sich nicht um eine Fußlage handeln. Es sollte eine reine Steißlage oder vollkommene Steiß-Fußlage vorliegen. Idealerweise hat die Schwangere bereits vaginal geboren und keinen Kaiserschnitt in ihrer Vorgeschichte. Eine Geburt aus Beckenendlage ist jedoch auch bei der Geburt des ersten Kindes möglich. 

Liege grundsätzliche Kontraindikationen für eine vaginale Geburt vor (z.B. Plazenta praevia totalis) ist eine vaginale Geburt auch bei Beckenendlage nicht möglich. Bei Zeichen einer Plazentainsuffizienz wird ebenfalls nicht zu einer vaginalen Geburt geraten. 

Wenn sie über eine vaginale Geburt aus Beckenendlage nachdenken ist eine Vorstellung in unserer Schwangerenambulanz zur Geburtsplanung essentiell, um eine entsprechende Risikostratifizierung vorzunehmen und sie persönlich zu beraten. 

Der geplante Kaiserschnitt

Etwa 70 Prozent der Schwangeren in Deutschland, bei denen das Kind in Beckenendlage liegt, werden sich heutzutage für einen geplanten Kaiserschnitt entscheiden. In einer systematischen Zusammenfassung dreier Studien (Hofmeyr et al. 2015), in denen die vaginale Geburt mit einem geplanten Kaiserschnitt verglichen wurden, wird ein Vorteil in der kindlichen Sterblichkeit und schwerer Geburtsschäden zugunsten des Kaiserschnitts vermutet. Die Qualität der Studien ist jedoch nur als niedrig eingestuft worden.

Die mütterlichen Risiken sind durch einen Kaiserschnitt jedoch erhöht. Hierzu zählen zum einen die kurzfristigen, zum Teil lebensbedrohlichen OP-Risiken (Blutung, Infektion, Thrombose / Lungenembolie, Allergie, Organverletzungen, Wundheilungsstörungen, Schmerzen), zum anderen die langfristigen geburtshilflichen Risiken durch die Narbe an der Gebärmutter (Implantationsstörungen, Plazentationsstörungen, Uterusruptur, Risiko eines erneut notwendigen Kaiserschnitts, Risikoerhöhung des intrauterinen Fruchttodes).

Langfristig (nach zwei Jahren) konnte kein Unterschied in der kindlichen Mortalität und bei neurologischen Entwicklungsverzögerungen in beiden Gruppen gezeigt werden. 

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