Tübingen – Team Transplant auf lebensrettender Mission Eine wahre Geschichte - hautnah dabei dank KI

Heidi lebt, ...

... weil Eltern die Organe ihres verstorbenen Babys gespendet haben

In Tübingen wartete im März 2024 ein sechs Monate altes Kind auf eine lebensrettende Leber. Oft spenden Eltern oder nahe Angehörige einen Teil der eigenen Leber für das betroffene Kind. Das war bei Heidi leider nicht möglich. Mit Hilfe von KI erzählen wir die herausfordernde, besondere Reise des Tübinger Transplantationsteams nach Osteuropa, um das Organ eines verstorbenen Babys zu entnehmen und in Tübingen zu transplantieren. Alles in rund 24 Stunden – mit unvorhersehbaren Wendungen.

Die kleine Heidi in Krabbelposition seitlich hochblickend

Als an einem Tag im August 2024 mein Telefon klingelte, hatte ich Sekunden später Gänsehaut am ganzen Körper.

Als an einem Tag im August 2024 mein Telefon klingelte, hatte ich Sekunden später Gänsehaut am ganzen Körper

Porträt von Bianca Hermle

Bianca Hermle
Leitung Stabsstelle Kommunikation & Medien

Warum? Ich erfuhr die bewegende Geschichte einer lebensrettenden Lebertransplantation für ein knapp sechs Monate altes Kind; ein Einsatz, der von Entschlossenheit, Teamgeist und einem Hauch Abenteuer geprägt war. Das musste ein Video werden – aber drehen? Unmöglich. Dank KI konnten wir eine reale Geschichte hautnah erlebbar machen und in Bereiche Einblicke geben, die sonst für die Welt verschlossen sind.

Tübingen – Team Transplant auf lebensrettender Mission: DAS VIDEO

Dieses Video wurde mittels KI erstellt.

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Die Realisierung wäre ohne KI undenkbar gewesen 

Porträt von Florian Hübner

Florian Hübner
CEO Startup Creator

Aus je etwa 80-100 Bildern entstanden die fünf Hauptprotagonisten. Viele Schlüsselszenen – wie Flughäfen, Rettungswagen oder OP-Einblicke – wären mit realem Drehmaterial aufgrund der Komplexität und Kosten unmachbar gewesen. Für die Realisierung haben wir die KI-Tools Flux, MidJourney, SORA, Runway, Magnific und Topaz Labs genutzt, um ein intensives, emotionales und visuell beeindruckendes Ergebnis zu erzielen.

Die Protagonisten

Können Sie erkennen, welche Aufnahme real ist und welche mit KI erstellt wurde?
Porträt von Silvio Nadalin - KI vs real
Foto: Real und mit KI erstellt

Lebertransplantationen bei Säuglingen sind eine Herausforderung für Chirurginnen und Chirurgen. Die Gefäße von Säuglingen und Kleinkindern sind mikroskopisch klein – vergleichbar mit dem Durchmesser einer Kugelschreibermine – und somit eine große operativ-technische Herausforderung. Darüber hinaus benötigen Säuglinge und Kleinkinder oft Organe von kleinen oder jungen Spendern. Diese sind allerdings seltener verfügbar, die Wartezeiten sind teilweise lang. Um dieses Problem zu umgehen, wird meist die Split-Leber-Methode eingesetzt: Die Leber eines Organspenders wird in zwei Teile geteilt – ein Teil für das Kind und der andere für einen Erwachsenen. Dadurch ist die Operation allerdings technisch komplexer und risikoreicher.

Während sich die Erfolgsrate bei Lebertransplantationen bei Erwachsenen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich verbessert hat, liegt die Überlebensrate von Säuglingen, die eine Leber von einem verstorbenen Organspender erhalten, weltweit nur zwischen 67 und 79 Prozent. Am Universitätsklinikum Tübingen sind die Zahlen allerdings deutlich besser. Das geht aus einer Langzeitstudie hervor, die wir durchgeführt haben. Hierfür haben wir die Überlebensraten und die chirurgischen Komplikationen bei Kindern analysiert, die zwischen 2005 und 2020 eine Lebend-Lebertransplantationen erhalten haben und weniger als zehn Kilogramm wogen. Das Ergebnis: Ein Jahr nach der jeweiligen Transplantation leben alle operierten Säuglinge, nach zehn Jahren sind es 92 Prozent. Damit gehören wir nicht nur in Europa zu den besten, sondern auch weltweit sind wir unter den besten Zentren zu finden.  

Für die hohe Erfolgsrate gibt es mehrere Gründe. Ein perfekt aufeinander eingespieltes, interdisziplinäres Team aller beteiligten Fachbereiche zeichnet die hohe Erfolgsquote bei Transplantationen am Uniklinikum Tübingen aus. Diese Expertise in allen Bereichen habe ich an keiner anderen Klinik bisher erlebt. Ich vergleiche diese Arbeit gerne mit einem präzisen Schweizer Uhrwerk – alle Rädchen greifen auch bei uns perfekt ineinander. 

Vor der Transplantation prüfen wir sehr genau, ob ein Organ für das Kind wirklich geeignet ist. Wenn wir das Organ dann transplantieren, folgen wir einem genauen Fahrplan. Für jede Situation, die auftreten kann, gibt es strenge Protokolle. Jeder Chirurg, jede Anästhesistin, jeder Operationsassistent weiß, was er machen muss. Nichts passiert unerwartet. Um Gefäßkomplikationen zu vermeiden, verwenden wir besondere mikrochirurgische Techniken, die jeder Chirurg und jede Chirurgin hervorragend beherrscht. Auch eine maßgeschneiderte Nachsorge ist entscheidend für den Erfolg der Transplantation. In regelmäßigen Ultraschalluntersuchungen und Laborkontrollen würden wir frühzeitig Komplikationen erkennen. Um Abstoßungsreaktionen zu vermeiden, werden Immunsuppressiva individuell dosiert, ohne das Risiko für Infektionen zu erhöhen. Und: Wer einmal ein Organ bei uns transplantiert bekommen hat, dem bieten wir eine lebenslange Nachsorge an.

Porträt von Carolin Harder
Foto: Real und mit KI erstellt

Mit einem Anruf von Uwe Hadlich so spät abends hatte ich nicht gerechnet. Vier Wochen zuvor war ich aus meinem Auslandsemester in Neuseeland zurückgekommen, das ich im Rahmen meines Medizinstudiums gemacht habe. Mein nächster Dienst als Perfusionsstudentin wäre erst zwei Wochen später gewesen. Uwe Hadlich wusste, dass ich vor meinem Studium eine Ausbildung zur Operationstechnischen Assistentin (OTA) gemacht habe. Bei einer Transplantation, noch dazu bei einem so kleinen Kind, hatte ich allerdings bisher nicht assistiert. Zunächst war ich unsicher, ob ich das kann. Doch als mir Uwe Hadlich sagte, dass der Eingriff ohne eine OTA nicht stattfinden könne, stand meine Entscheidung schnell fest. In wenigen Minuten war ich abfahrtbereit, meine Tasche, die ich zu Einsätzen als Perfusionsstudentin immer mitnehme, war schon gepackt. Kurz darauf stand das Taxi vor der Tür. Als ich ins Flugzeug stieg, saßen die anderen schon abflugbereit auf ihren Sitzen und haben sich gefreut, dass ich da war. Während des Flugs war ich etwas nervös, ich habe mich gefragt, wie die Organentnahme ablaufen wird. Als OTA wollte ich Prof. Nadalin bestmöglich unterstützen. Unter anderem war ich dafür zuständig, ihm im richtigen Moment die richtigen Instrumente anzureichen. Wir wussten allerdings nicht, wie der OP vor Ort ausgestattet sein wird. Alle im Team hatten großes Verständnis dafür, dass die Situation neu für mich war, die Zusammenarbeit war klasse und sehr wertschätzend. Um 11 Uhr morgens war ich wieder in Tübingen und bin direkt ins Bett gefallen.

Porträt von Uwe Hadlich
Foto: Real und mit KI erstellt

Ich bin Koordinator bei der Deutschen Stiftung Organtransplantion (DSO) in der Region Baden-Württemberg und sorge dafür, dass Organe aus dem Eurotransplant-Raum rechtzeitig und unversehrt bei dem Empfänger oder bei der Empfängerin ankommen. Im Eurotransplant-Raum haben sich die acht europäischen Länder Belgien, Deutschland, Kroatien, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Slowenien und Ungarn zusammengeschlossen, um Spenderorgane gerecht, nachvollziehbar und transparent zu verteilen. Ich stimme mich mit allen Beteiligten ab und organisiere unter anderem den Flug oder den Landtransport von der Entnahmeklinik zum Transplantationszentrum.

Bereits am frühen Mittag hatte ich die Nachricht erhalten, dass es in einem osteuropäischen Land ein Organ für Heidi gibt. Zwar gehört dieses Land nicht zum Eurotransplant-Raum, doch in dem Land selbst passte die Leber zu keinem anderen Kind. In solchen Fällen werden Eurotransplant und die DSO verständigt. Tagsüber hatte ich alles organisiert. Ich wusste, dass vor Ort kein Chirurg Zeit haben wird und ein Team aus Tübingen hinfliegen muss: Prof. Nadalin und Dr. Maren Peters waren informiert, ebenso Sonja Schmid als diensthabende Perfusionsstudentin. Das Charterflugzeug war gebucht. Abends gegen 22 Uhr klingelte mein Diensthandy. Ich lag schon im Bett und habe gelesen. Ein Kollege, der die Nachtschicht im Telefondienst hatte, war am Telefon. Vor Ort gäbe es auch keinen Operationstechnischen Assistenten (OTA), der Prof. Nadalin assistieren könnte. Dass Chirurginnen und Chirurgen aus Baden-Württemberg mit in das Entnahmeland fliegen, kommt je nach Land und Organ vor. Aber assistierendes Personal ist normalerweise immer da. Plötzlich stand die Organtransplantation auf der Kippe. Das restliche Team war in diesem Moment schon auf dem Weg zum Stuttgarter Flughafen. Dann ist mir Carolin Harder eingefallen. Vor wenigen Wochen hatten wir noch Kontakt. Ich wusste, dass sie vor ihrem Medizinstudium eine Ausbildung zur OTA gemacht hatte, zu diesem Zeitpunkt aber ein Auslandssemester in Neuseeland machte. Ob sie schon zurück in Tübingen war, wusste ich nicht. Als ich anrief, ging niemand ran. Wenige Minuten später rief sie zurück - und sagte nach kurzem Zögern zu. Dass das Flugzeug schlussendlich mit dem gesamten Team starten konnte, verdanken wir einigen glücklichen Umständen und dem Engagement vieler Menschen.

Porträt Sonja Schmid
Foto: Real und mit KI erstellt

Ich studiere Medizin in Tübingen. Als Perfusionsstudentin bei der DSO Stuttgart unterstütze ich seit zweieinhalb Jahren die Chirurginnen und Chirurgen in Baden-Württemberg bei Organentnahmen im Bauchraum. Wenn ich Bereitschaftsdienst habe, kann ich zu jeder Zeit angerufen werden. Normalerweise finden meine Einsätze in Baden-Württemberg statt. Der Flug nach Osteuropa war deshalb besonders für mich. Wir saßen alle schon im Flugzeug am Stuttgarter Flughafen und haben gehofft, dass Uwe Hadlich noch eine Operationstechnische Assistentin findet, die mit uns fliegen kann. Als Carolin Harder ins Flugzeug stieg, haben sich alle gefreut.

Meine Hauptaufgabe während der Organentnahme ist die Perfusion. Bevor das Organ entnommen wird, wird eine besondere Flüssigkeit über die Aorta durch den Körper gespült. Diese kühlt das Organ und macht es länger haltbar. Ich muss ganz genau dokumentieren, wie viel Flüssigkeit verabreicht wird und wie lange sie durch den Körper gepumpt wird. Auch die Blutentnahme während des Eingriffs zählt zu meinen Aufgaben. Ich kontrolliere, ob die Blutgruppe des Patienten oder der Patientin korrekt dokumentiert wurde. Wenn das Organ entnommen ist, kümmere ich mich um die Verpackung und den Transport. Drei verschiedene Beutel mit verschiedenen Lösungen schützen das Organ und kühlen es weiter. Zum Schluss kommt das Organ in eine Styroporbox mit Eis. Als Perfusionsstudentin habe ich bereits bei mehr als 30 Transplantationen mitgewirkt, allerdings noch nie bei einem so kleinen Kind und noch dazu im Ausland. Dieser Eingriff war definitiv sehr besonders, auch weil die Pflegerinnen und Pfleger auf einmal Kerzen im OP angezündet haben. Wir waren alle zunächst verwundert. In Deutschland wäre das aus Sicherheits- und Hygienegründen undenkbar. Die Atmosphäre, die dadurch entstanden ist, war wunderschön - und sehr respektvoll gegenüber dem verstorbenen Kind.

Porträt von Maren Peters
Foto: Real und mit KI erstellt

Die Transplantationschirurgie ist für mich viel mehr als nur ein chirurgisches Fachgebiet. Sie vereint komplexe medizinische Herausforderungen aus der Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie und verlangt gleichzeitig ein tiefes Verständnis für die Innere Medizin. Jeder Patient und jede Patientin bringt individuelle Krankheitsbilder und Nebendiagnosen mit, die einen ganzheitlichen Blick erfordern. Genau diese Vielseitigkeit macht die Arbeit so spannend und anspruchsvoll. Durch meine Doktorarbeit über chirurgische Komplikationen bei Lebertransplantationen von Kindern konnte ich bereits früh einen Einblick in dieses besondere Fachgebiet gewinnen. Ich durfte als Studentin mit in den OP und sogar bei Transplantationen assistieren – ein Erlebnis, das mich tief beeindruckt und nachhaltig geprägt hat. Seitdem lässt mich diese Disziplin nicht mehr los.

Bereits im Vorfeld der Transplantation bin ich an vielen Schritten beteiligt: Ich kläre Patientinnen und Patienten über den Eingriff auf und nehme an der Transplantationskonferenz teil, in der die Fälle in einem interdisziplinären Team vor der OP besprochen werden. Wenn dann ein Organangebot kommt, sind wir – egal ob mittags um zwölf oder nachts um zwei – sofort einsatzbereit. Diese ständige Bereitschaft gehört dazu und fordert eine große Leidenschaft für den Beruf. 

Nach der Transplantation betreuen wir Chirurginnen und Chirurgen die Patientinnen und Patienten auf Station, laufen Visite, sichten Labore oder verordnen Medikamente. Eine Transplantation bedeutet für viele Patientinnen und Patienten einen echten Neubeginn und sie gewinnen Lebensfreude zurück, das ist schön zu sehen. Gleichzeitig erfordert das Leben mit einem transplantierten Organ viel Disziplin, vor allem in Bezug auf die lebenslange Einnahme von Immunsuppressiva. Herausfordernd aber auch erfüllend ist die Arbeit mit Kindern. Alles ist kleiner, filigraner und oft technisch anspruchsvoller. Es ist unglaublich bewegend, einem jungen Menschen einen neuen Start zu ermöglichen und die Dankbarkeit der Eltern zu spüren. Wenn ich im Verlauf mitbekomme, wie sie sich entwickeln und größer werden, freut mich das sehr. Viele Familien schicken später auch mal ein Foto von den kleinen Empfängerinnen und Empfänger – wie sie laufen lernen oder eingeschult werden. Dafür lohnt es sich, auch mal mitten in der Nacht im OP zu stehen.

Heidi als Säugling

Heidi (Name geändert) hatte keinen einfachen Start ins Leben. Am Tag ihrer Geburt entdeckten die Ärzte, dass sie einen schweren Herzfehler hat. Sie wurde direkt auf die Intensivstation unseres örtlichen Krankenhauses verlegt, wo man uns erklärte, dass Heidi im Alter von sechs Monaten am Herzen operiert werden muss. Wenige Tage später wurden wir entlassen und ahnten nicht, was noch auf uns zukommen sollte.

Mit vier Wochen wurde Heidis Haut besorgniserregend gelb, ihr Stuhl entfärbte sich und die Blutabnahme beim Kinderarzt zeigte, dass ihre Leberwerte erhöht waren. Wir wurden notfallmäßig im Kinderleberzentrum des Universitätsklinikums Tübingen aufgenommen. Verdachtsdiagnose: Gallengangsatresie. Der Herzfehler war plötzlich nur noch Nebenschauplatz, als die Diagnose Gallengangsatresie im Rahmen der sogenannten Kasai Operation bestätigt wurde. 

Bei Heidi hat die Kasai Operation aber nicht den erhofften Erfolg gebracht und schnell war klar, dass sie eine neue Leber benötigt. So wurde Heidi im Alter von nur acht Wochen auf die Warteliste für eine Spenderleber bei Eurotransplant gesetzt. Doch Heidi konnte nur mit einem starken Herz transplantiert werden, was bedeutete, dass die Herz Operation vorgezogen wurde. Interdisziplinär war dies eine Herausforderung, aber die Tübinger Kinderherzchirurgen konnten ihr Herz vollständig korrigieren.

Während Heidi auf der Warteliste für ein Spenderorgan stand, begann die Suche nach jemandem im Bekanntenkreis, der Heidi einen Teil seiner Leber spenden könnte. Heidis drei Tanten und ich (die Mutter) wurden getestet. Wir dachten, wir hätten die Qual der Wahl – doch am Ende passte keine von uns. Man begann noch meine beste Freundin zu testen, doch die Zeit lief uns davon. Heidis Blutwerte wurden immer kritischer.

Mit etwa vier Monaten wurde Heidis Zustand so schlecht, dass wir die Zeit stationär am Universitätsklinikum Tübingen verbrachten. Wir erinnern uns noch sehr gut an diesen einen Freitagmorgen, als wir informiert wurden, dass Heidi die Leber eines verstorbenen Kindes angeboten wurde und sie am darauffolgenden Tag transplantiert werden solle. In diesem so unbeschreiblichen Moment war da aber auch dieser eine traurige Gedanke, dass irgendwo ein anderes Kind gehen musste. Den Eltern unseres Spenders werden wir für ewig dankbar sein.

Alles, was Sie über Organspende in Deutschland wissen müssen

8.500
Menschen warten auf ein Spenderorgan
Nieren
werden am häufigsten transplantiert
Leber
Herz und Lunge folgen
3
Menschen sterben täglich, weil kein passendes Organ rechtzeitig zur Verfügung steht

Alles, was Sie über Organspende in Deutschland wissen müssen

Organspenden bei Säuglingen

Unter den vielen Menschen, die in Deutschland auf eine Organspende warten, befinden sich auch viele Kinder und Säuglinge. Seit 2007 hat das Kinderleberzentrum in Tübingen mehr als 200 Lebern bei Kindern transplantiert. Dies ist für die Chirurginnen und Chirurgen eine besondere Herausforderung, da die Organe sehr klein sind. Die Leber, die Heidi transplantiert wurde, war deutlich kleiner als die Hand eines Erwachsenen.

Zum Kinderleberzentrum
KI generiertes Bild von Heidi

     Foto mit KI erstellt.

Wie erfolgt die Vermittlung von Spenderorganen?

Wie werden Spenderorgane vermittelt?

Die Vermittlung von Spenderorganen erfolgt in Deutschland im Rahmen der Organisation Eurotransplant, die für insgesamt acht europäische Länder zuständig ist. Neben Deutschland gehören hierzu Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Österreich, Kroatien, Slowenien und Ungarn. Innerhalb dieses Verbunds wird sichergestellt, dass Organe möglichst effizient und gerecht an diejenigen vermittelt werden, die sie am dringendsten benötigen. Die Zuteilung erfolgt anhand eines komplexen Algorithmus, der verschiedene Kriterien berücksichtigt, darunter medizinische Dringlichkeit, Gewebeverträglichkeit und Wartezeit. Ziel ist es, die bestmöglichen Überlebenschancen für die Empfänger zu gewährleisten und gleichzeitig die ethischen Prinzipien der Gleichheit und Gerechtigkeit einzuhalten.

Deutschland profitiert besonders vom Verteilsystem im Eurotransplant-Raum, denn hierzulande werden vergleichsweise weniger Organspenden durchgeführt als in anderen Mitgliedsländern. Dies bedeutet, dass deutsche Patientinnen und Patienten von den höheren Spenderzahlen in Ländern wie Belgien, den Niederlanden oder Österreich profitieren. Durch die internationale Zusammenarbeit können in Deutschland mehr Leben gerettet werden, als es allein durch nationale Spenden möglich wäre.

Der Prozess einer Organspende ist komplex 

Zu einer Organtransplantation gehört auch die Explantation eines Organs von einem Spender. Hier kommt die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) als bundesweite Koordinierungsstelle ins Spiel. Die DSO organisiert die Zusammenarbeit aller beteiligten Partner bei der Organentnahme, einschließlich der zugehörigen vorbereitenden Maßnahmen und dem anschließenden Transport der Spenderorgane in die Transplantationszentren.                                                                                                   

Das deutsche Organspenderegister

Die Entscheidung für oder gegen eine Organspende ist von großer Bedeutung und sollte bewusst getroffen werden. Das deutsche Organspenderegister bietet die Möglichkeit, die persönliche Entscheidung zu dokumentieren. Dies hat gleich mehrere Vorteile: Zum einen hilft es den Ärztinnen und Ärzten, den Willen der verstorbenen Person zu respektieren und schnell handeln zu können. Zum anderen entlastet es Angehörige, die sonst im Sinne der verstorbenen Person entscheiden müssten.

Mehr zum Organspenderegister
Logo Organspeneregister

Wie läuft eine Organspende ab?

Damit die Organe einer Person gespendet werden können, müssen viele Voraussetzungen erfüllt sein. Nach strengen Protokollen überprüfen erfahrene Ärztinnen und Ärzte, ob alle Hirnfunktionen unumkehrbar ausgefallen sind und somit der Hirntod eingetreten ist.

Der Hirntod bezeichnet den irreversiblen Ausfall aller Funktionen des Gehirns, einschließlich des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms. Die Durchblutung des Gehirns ist dabei vollständig aufgehoben, sodass keinerlei Gehirnaktivität mehr vorhanden ist. Die lebenswichtigen Organfunktionen (Atmung, Herz-Kreislauf, Stoffwechsel, Temperatur) können nur noch durch künstliche Unterstützung aufrechterhalten werden. „Obwohl das Herz unter intensiver medizinischer Versorgung weiterhin schlagen kann, gibt es keine Heilung oder Chance auf Wiederkehr aus diesem Zustand heraus in ein normales Leben mehr“, erklärt Dr. Manfred Beck, Leitender Transplantationsbeauftragter des Uniklinikums Tübingen. Der Zustand ist medizinisch und formal dem Tod gleichzusetzen.

Die Hirntoddiagnostik erfolgt nach strengen medizinischen und gesetzlichen Vorgaben. Zwei erfahrene, voneinander unabhängige Fachärzte – darunter ein Intensivmediziner und eine Neurologin oder Neurochirurgin – führen verschiedene Tests am Bett des Patienten oder der Patientin durch. Dazu zählen der völlige Verlust des Bewusstseins, das Ausbleiben von Reflexen des Hirnstamms (wie dem Liedschlussreflex) und der Nachweis, dass kein eigener Atemantrieb mehr vorhanden ist, was durch den sogenannten Apnoe-Test überprüft wird. In bestimmten Fällen werden zusätzliche technische Verfahren wie die EEG-Messung oder eine Durchblutungsmessung des Gehirns angewendet. Zwölf Stunden später werden alle klinischen Tests von zwei Fachärzten unabhängig voneinander wiederholt. „Bestätigen die Tests den Ausfall jeglicher Hirnfunktionen, kann der Hirntod festgestellt werden“, sagt Dr. Beck.

Ohne intensivmedizinische Maßnahmen würden Herz, Nieren, Lunge und andere Organe aufgrund des Kreislaufstillstands rasch geschädigt werden und könnten nicht mehr transplantiert werden. „Die Sorge, dass potenzielle Organspender eine kürzere Intensivtherapie erhalten, ist unbegründet. In Deutschland gibt es strenge Vorgaben und Kontrollmechanismen, um sicherzustellen, dass die intensivmedizinische Versorgung nicht zu früh beendet wird“, betont Beck. Die intensivmedizinische Versorgung ist entscheidend, um die Organe in einem funktionsfähigen Zustand zu halten. Der künstliche Kreislauf und die Beatmung werden auch über die Feststellung des Hirntods hinaus aufrechterhalten – bis die Organe entnommen worden sind. Dies kann je nach Situation einige Stunden bis wenige Tage dauern.

In Deutschland gilt die erweiterte Zustimmungspflicht. Eine Organ- oder Gewebeentnahme darf nur dann vorgenommen werden, wenn Verstorbene zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt haben, Organe oder Gewebe spenden zu wollen. Sie müssen entweder einen Organspendeausweis ausgefüllt haben oder ihre Zustimmung im Organspenderegister oder im mündlichen Gespräch mit nahen Angehörigen erteilt haben. Das Organspenderegister gibt es seit März 2024. Ist abzusehen, dass sich ein Patient oder eine Patientin auf der Intensivstation nicht mehr erholen wird und dass das Eintreten des Hirntodes erwartbar wird, erkundigen sich die behandelnden Ärztinnen und Ärzte, ob ein Organspendeausweis oder eine andere Willensbekundung vorliegt. „Die Abfrage im Organspenderegister ist inzwischen verpflichtend für die Ärztinnen und Ärzte“, betont Dr. Beck.

Dann werden die nahestehenden Angehörigen kontaktiert. „Wir fragen, ob die erkrankten Personen mit ihren Familien vorab über eine Organspende gesprochen haben. Ist das nicht so, dürfen die Angehörigen entscheiden, ob die Organe gespendet werden dürfen“, erklärt Beck. Diese Vorgehensweise ist im Transplantationsgesetz geregelt. Wurde einer Organspende zugestimmt und ist der Hirntod zweifelsfrei eingetreten, kontaktieren Ärztinnen und Ärzte die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO). Ein Koordinator oder eine Koordinatorin kommt in die jeweilige Klinik und prüft, ob alle rechtlichen und gesundheitlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Organe müssen beispielsweise medizinisch geeignet sein. Das heißt, sie dürfen nicht durch Erkrankungen geschädigt sein, die eine Transplantation unmöglich machen. Gibt es keine Einwände gegen eine Organentnahme, koordiniert die DSO die weitere Spende der Organe.