Die sogenannte Frozen Shoulder – medizinisch als „adhäsive Kapsulitis“ bezeichnet – ist eine schmerzhafte Erkrankung, bei der das Schultergelenk zunehmend steif wird. „Patientinnen und Patienten berichten häufig von zunächst unspezifischen, aber zunehmenden Schmerzen in der Schulter“, sagt Dr. Pia Janßen, Ltd. Oberärztin der Abteilung Sportmedizin am Universitätsklinikum Tübingen. „Mit der Zeit kommt es dann zu einer massiven Bewegungseinschränkung – der Arm lässt sich kaum noch heben oder drehen. Selbst einfache Dinge wie Haare kämmen oder eine Jacke anziehen werden plötzlich zur Herausforderung.“
Die Erkrankung kommt oft ohne Vorwarnung. Eine entzündliche Veränderung der Gelenkkapsel führt dazu, dass sie verdickt und verhärtet – und die Beweglichkeit schrittweise abnimmt. Zunächst überwiegen die Schmerzen, später nimmt die Steifheit zu, während die Schmerzen etwas nachlassen. „Wir wissen heute, dass es sich um eine selbstheilende Erkrankung handelt, die meist innerhalb von maximal zwei Jahren ausheilt“, erklärt Janßen. „Das ist zwar beruhigend, hilft im Alltag aber wenig – die Einschränkungen sind immens, und nicht selten sind später beide Schultern betroffen.“
In vielen Fällen bleibt die genaue Ursache unklar. Dann spricht man von einer „idiopathischen“ Form. „Warum es den einen trifft und die andere nicht, lässt sich bisher nicht sagen“, so die Sportorthopädin. Typischerweise sind Menschen zwischen 50 und 70 Jahren betroffen, mit einer leichten Häufung bei Frauen. „Das könnte aber auch daran liegen, dass Frauen eher medizinische Hilfe in Anspruch nehmen – wir sehen sie dann schlicht häufiger in der Praxis.“ Bekannt ist: Bestimmte Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit. Dazu gehören etwa Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen oder eine längere Ruhigstellung der Schulter – etwa nach Operationen oder Verletzungen.
Die Diagnose basiert in erster Linie auf der ärztlichen Untersuchung. „Typisch ist, dass die Schulter in wirklich jede Richtung eingeschränkt ist – und zwar sowohl aktiv als auch passiv, also auch dann, wenn jemand anderes den Arm bewegt“, erklärt Janßen. Erfahrene Orthopädinnen und Orthopäden erkennen das Krankheitsbild meist rasch. Zur Absicherung oder zum Ausschluss anderer Ursachen wie Sehnenrissen oder Arthrose kann zusätzlich ein MRT sinnvoll sein.
Die gute Nachricht: Die Frozen Shoulder heilt in den meisten Fällen vollständig – doch das braucht Zeit und Geduld. „In der Anfangsphase, also innerhalb der ersten drei bis vier Wochen, kann eine Kortisonbehandlung helfen, den Entzündungsprozess schneller zu stoppen“, so Janßen. Ob sich die Gesamtdauer der Erkrankung dadurch verkürzen lässt, sei allerdings unklar.
Wichtig sei vor allem, die Schulter nicht völlig ruhigzustellen. „Sanfte Bewegungen im schmerzfreien Bereich sind ganz entscheidend – so bleibt die Mobilität wenigstens teilweise erhalten“, betont die Expertin. In späteren Phasen hilft vor allem gezielte Physiotherapie dabei, die Schulterkapsel aufzudehnen und Stück für Stück wieder beweglicher zu machen.
Nicht zwingend – aber sie können helfen. Vor allem in der schmerzhaften Anfangsphase kommen entzündungshemmende Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac zum Einsatz. In schwereren Fällen können stärkere Präparate oder auch Kortisonspritzen sinnvoll sein. „Unser Ziel ist, die Schmerzen so weit zu lindern, dass Betroffene wieder aktiv mitarbeiten können“, sagt Janßen.
Hier ist Geduld gefragt. Die Erkrankung verläuft typischerweise in drei Phasen: Zunächst treten starke Schmerzen auf, danach kommt es zur Versteifung, und schließlich löst sich die Schulter allmählich wieder. „In der Regel dauert der gesamte Verlauf zwischen zwölf und 18 Monaten – in schweren Fällen sogar bis zu zwei Jahre“, so die Fachärztin.
Sehr viel – aber nicht im Sinne von Krafttraining. Stattdessen geht es um gezielte manuelle Techniken, mit denen die Kapsel mobilisiert wird. „Kollagenes Gewebe wie das der Schulterkapsel braucht Bewegung, um sich zu regenerieren“, erklärt Janßen. Wichtig ist dabei: die richtige Dosis. Zu viel Reiz kann die Entzündung wieder anfachen – zu wenig Bewegung erhält die Steifheit. Erfahrene Therapeutinnen und Therapeuten setzten die manuelle Therapie schonend, aber wirksam ein.
Nicht wirklich. „Verhindern lässt sich die Erkrankung leider nicht“, sagt Janßen. Wer allerdings merkt, dass Schulterschmerzen länger als zwei Wochen anhalten, sollte frühzeitig ärztlichen Rat suchen. „Je eher wir die Symptome einordnen, desto besser können wir bei den Schmerzen gegensteuern und verhindern, dass sich die Beweglichkeit weiter verschlechtert.“