Universitätsklinikum Tübingen PULS
Plötzlichen Herztod verhindern

Tübingen ist eine Region der Lebensretter

Etwa acht bis 15 Minuten vergehen in Deutschland, bis ein Rettungswagen am Unfallort eintrifft. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand ist das häufig zu lang. Das Projekt „Region der Lebensretter“ soll die Überlebenschancen steigern. Über eine App werden registrierte Lebensretterinnen und Lebensretter bei einem Notruf in der Nähe alarmiert und zum Notfallort navigiert. Seit dem Projektstart am 1. September haben sich bereits mehr als 1.000 Lebensretterinnen und Lebensretter in der Region Tübingen angemeldet.
25.11.2024
Susan Jörges
3 Minuten
Tübingen ist eine Region der Lebensretter

Um die Zeit ohne Erste Hilfe und Reanimation auf ein Minimum zu reduzieren, ist Tübingen unter Leitung des Uniklinikums, des Deutschen Roten Kreuzes und der Integrierten Leitstelle seit September eine „Region der Lebensretter“. Der gleichnamige Verein ist im Jahr 2017 als spendenfinanziertes Pilotprojekt in Freiburg im Breisgau gestartet. Mittlerweile nehmen mehr als 30.000 Lebensretterinnen und Lebensretter deutschlandweit teil.

Wird ein Notruf über die 112 abgesetzt, ruft die Rettungsleitstelle einen Rettungswagen und ein Notarzteinsatzfahrzeug zur bewusstlosen Person. Gleichzeitig werden die vier nächstgelegenen registrierten Ersthelferinnen und Ersthelfer über ihr Smartphone lokalisiert. In der App integriert ist eine Karte, die die Standorte von zugänglichen Defibrillatoren in der Nähe anzeigt. Die App teilt Helferinnen und Helfern auch eine Rolle zu: Zwei Personen reanimieren, eine holt einen öffentlichen Defi und die vierte weißt den Rettungswagen ein. „Bereits in den ersten vier Wochen fanden 30 Einsätze statt“, berichtet der Notfallmediziner und Projektkoordinator am Uniklinikum, Dr. Robert Wunderlich. Die Erfahrungen seit dem Projektstart im September 2024 zeigen, dass die Lebensretterinnen und Lebensretter durchschnittlich nach etwa drei Minuten eintreffen vor dem Rettungsdienst eintreffen. „Der zügigste Retter war bereits 70 Sekunden nach Notruf an der Einsatzstelle“, erzählt Wunderlich. Wie sich dies langfristig auf die Überlebensraten auswirkt, wertet das Projektteam zusammen mit weiteren Regionen in der sogenannten „HEROESStudie“ aus.

Wer kann Lebensretterin und Lebensretter werden?

Helferinnen und Helfer können sich kostenlos auf der App „Region der Lebensretter 3.0“ registrieren. Die Projektkoordinatoren prüfen die Informationen und schalten die Personen frei. Die Mindestqualifikation ist die 48 Unterrichtsstunden umfassende Ausbildung zum Sanitätshelfer oder zur Feuerwehrsanitäterin. Qualifiziert sind zum Beispiel Pflegefachkräfte, Ärztinnen und Ärzte, Rettungsdienstmitarbeitende, Medizinstudierende nach dem Physikum oder Personen, die in einem anderen Gesundheitsberuf arbeiten.

Spendenkonto DRK Tübingen 

IBAN: DE 43 6415 0020 0000 0788 12

Verwendungszweck: Region der Lebensretter

Mehr Defibrillatoren benötigt

Finanziert wird das Projekt durch Spenden, unter anderem von der Stadt und dem Landkreis Tübingen, dem Rotary Club Reutlingen-Tübingen sowie der Diözese Rottenburg-Stuttgart. „Mit weiteren Spenden könnten wir eine Folgefinanzierung des Systems für die nächsten Jahre sicherstellen“, sagt Wunderlich. Ein dringendes Problem bleibt die Verfügbarkeit von Defibrillatoren. Von den derzeit etwa 200 registrierten Defis im Kreis sind lediglich 20 rund um die Uhr zugänglich, da die meisten innerhalb von Gebäuden installiert sind. „Hilfreich wäre, wenn die Defibrillatoren rund um die Uhr öffentlich zugänglich gemacht werden – oder wenn weitere zugängliche Geräte angeschafft werden würden“, erklärt Wunderlich. Patenschaften und Spenden für neue Standorte werden gerne entgegengenommen.

Experten

Dr. med. Robert Wunderlich M.Sc.DM
Dr. med. Robert Wunderlich M.Sc.DM
Oberarzt, Lehrbeauftragter
Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin
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