Luther Basa erinnert sich noch genau an den Tag, an dem er nach Deutschland kam: Es war der 17. Februar 2014. „Bei zwei Grad. Von 32 Grad in Manila.“ Seit zehn Jahren arbeitet der 38-Jährige mittlerweile als Pflegefachkraft am Tübinger Universitätsklinikum. Zusammen mit elf weiteren jungen Menschen von den Philippinen gehörte er zu den ersten Pflegekräften, die das Uniklinikum im Rahmen des Triple-Win-Programms angeworben hat.
Damals war alles neu für ihn: Land, Kultur, Sprache – und auch sein medizinisches Fachgebiet. Fünf Jahre hatte Basa auf den Philippinen in der Notaufnahme eines Krankenhauses gearbeitet. In Tübingen wird er von Anfang an in der Neurologie eingesetzt. „Ich hatte keine praktische Erfahrung in der Neurologie“, berichtet er lachend. Er betreut viele Patientinnen und Patienten mit Schlaganfällen und Lähmungen. „Die Patienten hier brauchen viel Unterstützung. Da muss man mit dem Herzen dabei sein. Und ich helfe gerne.“ In der Neurologie gebe es immer wieder neue Herausforderungen. Das gefällt Basa. Er möchte sich weiterentwickeln, nicht stagnieren. Diese Einstellung – gepaart mit viel Geduld und einer cleveren Strategie – half ihm, seine erste schwierige Aufgabe in Deutschland zu meistern: die Sprache. „Ich habe jeden Tag mindestens zwei bis drei neue deutsche Wörter gelernt und gleich verwendet. Das hat geholfen.“
Wichtige Stütze in der Patientenversorgung
Etwa 440 Vollzeitstellen muss das Universitätsklinikum jährlich im Pflegedienst (Stationen) und im Funktionsdienst (etwa OP, Anästhesie, Kreißsaal) neu besetzen, um seinen Personalbestand zu erhalten. Nur etwa die Hälfte des Bedarfs decken der lokale Arbeitsmarkt und die Übernahmen nach einer Ausbildung. Die Anwerbung von Pflegekräften aus dem Ausland ist deshalb ein wichtiger Bestandteil des Rekrutierungskonzeptes. „Ohne internationale Pflegekräfte könnten wir den Betrieb in vielen Bereichen kaum gewährleisten. Sie sind für uns eine sehr wichtige Stütze in der Versorgung geworden“, so Pflege direktor Klaus Tischler. Insgesamt arbeiten derzeit 380 Pflegefachpersonen aus mehr als 30 Herkunftsländern im Klinikum.
Vor zehn Jahren trafen die ersten philippinischen Pflegekräfte am Uniklinikum ein.
Von den ersten Philippinos, die mit Luther Basa neu begannen, sind heute noch fünf in Vollzeit am Uniklinikum beschäftigt. Basa fühlt sich hier daheim, zurück möchte er nicht mehr. „In Deutschland arbeiten Pfleger und Ärzte respektvoll miteinander im Team“, sagt er. Es gebe kaum Hierarchien, alle würden sich duzen.
Deutschkenntnisse als Voraussetzung
Ähnliches erzählt auch der Pfleger Pardon Mapfiro. „Ich bin in einem anderen Universum“, lacht er. Zu Hause in Simbabwe müsse man Ältere mit „Sie“ anreden, auch die eigenen Eltern. Seit Mai 2023 arbeitet Pardon Mapfiro am Universitätsklinikum. In seinem afrikanischen Heimatland hat er Pflege studiert und einen Sprachkurs des Levels B2 bestanden. Für die Anerkennung seines Berufsabschlusses in Deutschland muss er nun noch eine Kenntnisprüfung ablegen. Deshalb besucht er einen Qualifikationskurs für internationale Pflegekräfte. Dabei vertieft die Gruppe zunächst in einem dreimonatigen Sprachkurs ihre Deutschkenntnisse, bevor es anschließend sechs Monate auf Station geht. Parallel dazu nimmt sie an sechs einwöchigen Integrationseinheiten teil. Der Kurs soll die berufliche Integration und die kulturelle Anpassung fördern. Kursleiter Matthias Gerloff erklärt: „Erst durch die Integration ins Team wird die Kompetenz eines Pflegeabsolventen als Pfleger sichtbar.“ Die abschließende Kenntnisprüfung entscheidet darüber, ob die Anwärterinnen und Anwärter in Deutschland bleiben dürfen.
Kursleiter Matthias Gerloff (links) und Pardon Mapfiro (3. v. l.) mit anderen Pflegeschülerinnen und -schülern im Integrationscafé.
Luther Basa hat all dies schon lange hinter sich. Und mehr noch. Heute ist er Fachpfleger für Onkologie. Seit August letzten Jahres darf er außerdem Pflegeschülerinnen und -schüler und neue Mitarbeitende einarbeiten. „Die Weiterbildung zum Praxisanleiter war immer mein Traum. Ich bin sehr dankbar dafür.“ Den internationalen Pflegekräften möchte er Mut zusprechen. Es brauche Zeit, bis Unsicherheiten überwunden werden können. Aber dann sei alles möglich. Und Basa bleibt nicht stehen. Sein neuestes Projekt ist eher privater Natur: Er macht gerade den Führerschein.