Wann zeigen sich die Symptome?
„In der Regel bereits nach dem Erwachen aus der Narkose oder innerhalb der ersten Stunden nach der Operation", erklärt Prof. Gerhard Eschweiler, Ärztlicher Leiter des Geriatrischen Zentrums des Uniklinikums Tübingen. Manchmal entwickelt es sich auch erst nach einigen Tagen. Die betroffenen Patientinnen und Patienten wissen beispielsweise nicht mehr, wo sie sind und erkennen manchmal sogar ihre Angehörigen nicht mehr.
Welche verschiedenen Formen gibt es?
„Man unterscheidet zwei Formen der Aktivitätsänderung", erklärt Eschweiler. Die eine Form, das "hyperaktive Delir", äußert sich in motorischer Unruhe: Die Patientinnen und Patienten sind sehr aktiv und erregt, sie sind desorientiert und versuchen dabei auch, Infusionsschläuche oder Drainagen zu entfernen bis zur Bettflucht und Weglaufversuchen. Die andere, weitaus häufigere Form ist das sogenannte "hypoaktive Delir". Der Patient wirkt hierbei sehr in sich gekehrt, ist nicht ansprechbar und kann kaum Kontakt mit der Außenwelt aufnehmen. Bewegungsarmut, Halluzinationen und Desorientierung können ebenfalls zum Krankheitsbild gehören. "Der Begriff Delir bedeutet Verwirrtheit und hat in diesem Zusammenhang übrigens nichts mit Alkoholproblemen zu tun", erläutert der Experte für Altersmedizin vorsorglich.
Die Symptome sind oft tageszeitabhängig und können sich laufend ändern. Ein Patient, der morgens noch gut ansprechbar ist, kann abends desorientiert sein.
Wer ist besonders gefährdet?
Das Phänomen ist zwar schon lange bekannt, wie es genau entsteht, ist aber noch nicht ausreichend erforscht. Sicher ist, dass es sich um eine Hirnfunktionsstörung handelt, die das Gedächtnis, die Orientierung und die Wahrnehmung der Patienten beeinflusst. Häufig zeigt sich ein gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus, der den Teufelskreis aus Stress, Ängsten und Verwirrtheit weiter verstärkt. „Alte und gebrechliche Patienten mit vielen Vorerkrankungen sind besonders gefährdet", so die Erfahrung des Expertens.
Als Auslöser und Ursachen des Delir werden unter anderem Fieber, Infektionen, eine bereits bestehende Demenz, Schmerz, Flüssigkeitsmangel, Mangelernährung, viele Medikamente und altersbedingte Begleiterkrankungen diskutiert. Auch Suchtpatienten und jene mit bereits bestehenden Hirnfunktionseinschränkungen, wie beispielsweise ein früherer Schlaganfall, gelten als gefährdet. Männer und Frauen sind dabei gleichermaßen betroffen.
Wie können Angehörige helfen?
„Die Beobachtungen der Angehörigen sind genauso wertvoll wie der geschulte Blick der Ärzte und des Krankenpflegepersonals auf Intensivstationen und Wachzimmern", betont der Altersmediziner. Zum einen müssen hyperaktive Patienten vor einer Selbstgefährdung geschützt werden, teilnahmslose Patienten brauchen mehr Unterstützung und Zuspruch bei der Mobilisation.
Welche Schritte unternommen werden, hängt jeweils vom individuellen Zustand des Patienten und seiner Erkrankung ab. Um die Patienten bei ihrer Orientierung zu unterstützen, sind stresssenkende Maßnahmen gefragt, und sie sollten frühzeitig ihre Brille und ihr Hörgerät bekommen, beides hilft, sie aus ihrer Isolation und Passivität herauszuholen. Eine wichtige Information für die behandelnden Ärzte ist auch, wenn der Hausarzt, die Angehörigen und der Patient schon bei den Voruntersuchungen darauf hinweisen, ob ein früherer Krankenhausaufenthalt zu Verwirrtheit geführt hat.
„Angehörige können Orientierung und Verankerung in der ungewohnten Umgebung bieten und so helfen, Ängste abzubauen", rät Eschweiler. Ein Foto mit bekannten Gesichtern auf dem Nachttisch und persönliche Gegenstände helfen dem Patienten, sich zurecht zu finden. Gerade weil Patienten auf die ungewohnte Umgebung mit Stress reagieren sind Zuwendung, Beruhigung, Reizabschirmung und ein geregelter Tagesablauf von Nutzen.