Was genau ist Augenflimmern?
Kelbsch: Typisch ist ein Augenflimmern, das im Rahmen eines Migräneanfalls auftritt. Es entsteht eine Aura, die mit einem kleinen Flimmern in der Mitte beginnt – häufig zackig und bunt. Das Flackern wandert nach außen und wird immer größer. Das dauert in der Regel rund 20 Minuten und verschwindet wieder. Häufig kommen danach die typischen Migränekopfschmerzen.
Was kann man bei akutem Augenflimmern tun?
Kelbsch: Wenn man seine Migräne kennt und das Flimmern kommt, ist das harmlos.
Tonagel: Wenn Augenflimmern erstmals auftritt oder nicht spontan wieder verschwindet, sollte man immer eine Augenärztin oder einen Augenarzt aufsuchen. In der Regel wird nach einer Untersuchung inklusive Gesichtsfeld dann eine MRT des Schädels veranlasst und die Patientin oder der Patient wird zum Neurologen oder zur Neurologin überwiesen.
Welche anderen Ursachen gibt es für Augenflimmern?
Tonagel: Eine Ursache ist das „Visual Snow Syndrom“, eine Sehstörung, bei der Patientin oder Patient berichten, dass das ganze Bild flimmert, wackelt und unruhig ist – so ähnlich wie man es früher bei einem schlecht eingestellten Fernsehgerät beobachten konnte. Netzhaut und Auge sind aber gesund. Es ist nicht bekannt, warum das Problem auftritt. Wir halten es für möglich, dass physiologische Phänomene wahrgenommen werden, die normalerweise unbewusst bleiben. Man muss sich das vorstellen wie das Bildrauschen beim Sensor einer Digitalkamera, welches durch einen Filter entfernt wird. Wichtig ist, Erkrankungen von Sehnerv oder Netzhaut auszuschließen, da es sich um eine Ausschlussdiagnose handelt. Es gibt aber auch noch zahlreiche weitere Erkrankungen, die Netzhautflimmern auslösen können.
Kelbsch: Das sind meist seltene, entzündliche Netzhauterkrankungen, die eine gute Prognose haben. Dabei werden die Photorezeptoren durch eine Entzündung angegriffen. In schweren Fällen kann man dies mit Cortison behandeln.
Carina Kelbsch und Felix Tonagel behandeln unklare Sehstörungen
Wann wird es richtig gefährlich?
Tonagel: Von Augenflimmern abzugrenzen sind Symptome, die als Vorbote eines Schlaganfalls auftreten können. Zum Beispiel, wenn es für Sekunden zu einem schlagartigen Sehverlust kommt – wir sprechen von einer Amaurosis fugax. Nach kurzer Zeit normalisiert sich das Bild wieder. Einen vorübergehenden Gefäßverschluss erleidet man meist an der Zentralarterie der Netzhaut. Schwimmt der Thrombus weiter, kehrt die Blutversorgung wieder zurück; die Durchblutungsstörung kann aber erneut auftreten und einen permanenten Sehverlust oder einen Schlaganfall auslösen. Deshalb ist eine solche Sehstörung ein Notfall und sollte umgehend in der nächstgelegenen neurologischen Klinik abgeklärt werden.