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Der Herzschwäche vorbeugen

Bei einer Herzschwäche, auch Herzinsuffizienz genannt, pumpt das Herz nicht mehr richtig, so dass der Körper nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt werden kann. Wir sprachen mit Professor Meinrad Gawaz, Ärztlicher Direktor der Kardiologie und Angiologie am Universitätsklinikum Tübingen über diese häufigste Erkrankung der Inneren Medizin.

Symbolbild Blutdruck messen
Unbehandelter Bluthochdruck und ein zunehmendes Lebensalter und Durchblutungsstörungen (koronare Herzerkrankung) erhöhen das Risiko.

Woran bemerke ich, dass ich eine Herzschwäche habe?

Meist haben wir es bei der chronischen Herzschwäche mit einem schleichenden Herzversagen zu tun, das lange unerkannt bleiben kann und oft uncharakteristische Beschwerden macht. Die Patienten klagen oft über Leistungsminderung, Müdigkeit, zunehmende Luftnot schon bei leichter Anstrengung, auch Schwindel und Herzrasen können erste Anzeichen sein. Fußknöchel oder Beine sind oft geschwollen, weil sich dort Wasser einlagert.

Kann eine Herzschwäche zu einem Herznotfall führen?

Die akute Herzschwäche ist ein medizinischer Notfall und leicht zu erkennen: Heftige Atemnot, Husten oder Herzrasen treten auf, hier muss schnellstens der Notarzt gerufen werden, da es sich um einen Herzinfarkt, eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung oder eine Herzmuskelentzündung handeln könnte und ein großes Risiko für einen plötzlichen Herztod besteht. 

 

Welche Arten von Herzschwäche gibt es?

Die weitaus größte Zahl der Erkrankungen mit Herzmuskelschwäche ist bedingt durch ein Pumpversagen des großen linken Herzmuskels. Dadurch entsteht das Unvermögen des Herzens, eine ausreichende Blutzufuhr für alle Organe bereitzustellen (Linksherzinsuffizienz).  Es kommt je nach Schweregrad und nach Dauer zum Rückstau des Blutes in den kleinen Kreislauf. Dadurch tritt Flüssigkeit ins Gewebe aus und verursacht z.B. Wasseransammlungen in den Lungen oder in den Beinen. Wenn die Nieren im Schlaf das überschüssige Wasser wieder ausscheiden, muss man nachts öfter zur Toilette.

In manchen Fällen besteht zwar eine gute Pumpleistung des Herzens und trotzdem eine Herzinsuffizienzsymptomatik. Hierbei ist oft der Herzmuskel zu steif, weshalb er weniger Blut ansaugen und damit auch weniger in den Kreislauf pumpen kann. Hier sprechen wir von einer sogenannten diastolischen Herzinsuffizienz. Ursache hierfür kann ein verdickter Herzmuskel aufgrund eines langjärigen Bluthochdruckes  sein oder auch eine Herzmuskelerkrankung.


Gibt es Risikofaktoren?

Ein "schwaches Herz" muss keine normale Folge des Alterns sein. Unbehandelter Bluthochdruck und ein zunehmendes Lebensalter und Durchblutungsstörungen (koronare Herzerkrankung) erhöhen jedoch das Risiko, eine Herzschwäche zu entwickeln. Auch Diabetiker und Menschen mit Herzmuskelentzündungen gehören zu den Risikogruppen. Auch Krebsmedikamente können das Herz belasten, diese Patienten sollten unbedingt kardiologisch gut betreut werden.

 

Warum ist der Bluthochdruck so wichtig?

Der Hauptfeind unseres Herzens ist der unerkannte oder schlecht eingestellte Bluthochdruck, er verursacht im Laufe der Zeit eine Herzmuskelschwäche. Das Herz muss dabei gegen einen erhöhten Widerstand anpumpen, seine Strukturen und die Gefäße leiden, und die „Ventile“ (Herzklappen) und „Stromleitungen“ (Nervenbahnen) gehen unter dieser Überlast kaputt. Leider macht ein zu hoher Blutdruck anfänglich wenig oder auch keinerlei Beschwerden. Wir empfehlen, einen zu hohen Blutdruck frühzeitig einzustellen, möglichst auf 120 zu 80, maximal auf 135 zu 85, sonst drohen irreparable Schäden an Herz und Gefäßen. Die früher vertretene Haltung, dass der Blutdruck im Alter höher sein darf ist inzwischen widerlegt.

Ich empfehle: „Hören Sie in ihre Familie hinein, gibt oder gab es dort hohen Blutdruck? Messen Sie regelmäßig ihren Blutdruck, bewegen Sie sich viel und nehmen Sie ab, wenn Übergewicht besteht. Kochen Sie kochsalzarm, besonders im Brot steckt viel Salz. Meiden Sie Fertiggerichte und viel Alkohol, achten Sie auf einen regelmäßigen Tag-Nacht-Rhythmus mit ausreichend Schlaf und vermeiden Sie Stress.“

 

Was sind bei einem Verdacht die ersten Schritte?

Herzprobleme sollten ernst genommen und früh und behandelt werden, um Folgeschäden zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern.

Zuallererst sollte der Hausarzt kontaktiert werden. Er kennt die Krankengeschichte seiner Patienten und ist der erste Ansprechpartner. Besteht ein Verdacht auf eine Herzerkrankung überweist er an einen niedergelassenen Kardiologen zur Erstuntersuchung. Dieser kann mittels Ultraschall und EKG abklären, ob es sich um Durchblutungsprobleme, Klappenprobleme, Nervenprobleme oder Herzmuskelprobleme handelt und das weitere Vorgehen abstimmen, auch mit unserer Klinik, falls weitergehende Untersuchungen geplant werden müssen. Regelmässig kardiologisch beobachtet werden müssen zudem Patienten mit bereits bekannten Herzproblemen und vor allem auch Tumorpatienten nach Chemotherapie oder Bestrahlung.

Am Tübinger Uniklinikum kümmern sich um Patienten mit Herzschwäche ein großes interdisziplinäres Team von Herzspezialisten und speziell ausgebildete Assistenzkräfte. Das Universitätsklinikum ist ein Kompetenzzentrum für Herzmuskelschwäche und organisiert ein Netzwerk bestehend aus niedergelassene Arztpraxen und Krankenhäusern. Ziel ist die Rundumversorgung des Herzpatienten auf höchster Qualität zu sichern.  

 

Warum ist die konsequente Einnahme der Medikamente so wichtig?

Herzmedikamente entlasten und schützen das Herz. Dabei ist Geduld gefragt, die meisten Medikamente benötigen 6 bis 12 Wochen um ihre volle Wirkung zu entfalten. Am Anfang nehmen die meisten Patienten ihre Arzneimittel gern, weil sie den Bedarf nach Entlastung spüren. Nach drei bis sechs Monaten hat sich der Betroffene an die niedrigeren Blutdruckwerte gewöhnt, er fühlt sich besser. Nun ist der richtige Zeitpunkt, um die körperliche Aktivität durch moderaten Sport zu steigern. Jetzt aber die Tabletten abzusetzen ist nicht ratsam, diese müssen auf Dauer und regelmässig genommen werden! Die häufigsten Probleme bei Herzschwäche-Patienten entstehen, wenn der Betroffene die Wirkstoffe absetzt. Dann droht eine Verschlechterung der Herzleistung bis hin zum akuten Herznotfall.

Im Interview:

Prof. Meinrad Gawaz

Ärztlicher Direktor Innere Medizin III - Kardiologie und Angiologie
Deutsches Herzkompetenz Zentrum Tübingen

Einrichtung: Innere Medizin III

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