Logopädie zur Therapie von Stimmstörungen, Stimmtraining und Stimmangleichung

Stimme fasziniert!

Der Mensch hat rund 650 Muskeln und etwa 100 davon sind aktiv, wenn wir sprechen. Innerhalb weniger Sekunden entscheiden wir, ob wir jemandem Aufmerksamkeit und Glauben schenken wollen oder nicht – nur anhand seiner oder ihrer Stimme. Babys können im Alter von sieben Monaten schon Stimmen erkennen und sogar Emotionen darin wahrnehmen. Die Stimme ist eins unserer wichtigsten Kommunikationsmittel, egal ob in familiären Situationen, persönlichen Konflikten oder beruflichen Verhandlungen. Unsere Stimme zeigt, wer wir sind, wie es uns geht und wie wir zu bestimmten Dingen stehen. Deshalb sollten wir uns auch gut um sie kümmern!

Wenn eine Heiserkeit oder eine Stimmproblematik länger als zwei Wochen besteht, klären Sie diese unbedingt ärztlich ab!

Termine

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Tipps für eine gesunde Stimme

Was der Stimme gut oder nicht guttut, kann von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein. Es gibt aber einige Punkte, die für die Mehrheit zutrifft. Beobachten Sie sich selbst und prüfen für sich:

  • summen
  • Lippenflattern
  • seufzen
  • frische Luft und Bewegung
  • Entspannung
  • Sprechpausen
  • mittlere Sprechlautstärke
  • Wärme
  • ausreichend Wasser (zwei bis drei Liter am Tag, am besten still) oder Tee
  • Bonbons (ohne Menthol und Zucker)
  • räuspern
  • flüstern
  • rauchen
  • trockene Luft
  • Verspannung
  • zu lautes oder zu langes Sprechen
  • Sprechen bei Erkältung
  • zu wenig Wasser trinken
  • reizende Speisen und Getränke: Kaffee, Schokolade, Scharfes, Zucker, Alkohol

Stimmstörungen

Typische Zeichen einer Stimmstörung

  • eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Stimme, z.B. können keine hohen, keine lauten oder aber auch keine leisen Töne mehr erzeugt werden, im Stress wird die Stimme hoch und fühlt sich eng an. 
  • vorübergehende oder andauernde Veränderung des Stimmklangs: es mischen sich Geräusche bei und die Stimme klingt z. B. behaucht, rau oder macht einen allgemein heiseren Eindruck. Es kann sein, dass die Stimme sich nach einer Erkältung zum Beispiel nicht erholt oder die Stimme klingt heiser, obwohl die Person überhaupt nicht erkältet oder krank ist.
Welche Berufe haben eine hohe Stimmbelastung?

  • künstlerische Berufe (Gesang, Schauspiel, Darstellungen)
  • Vortragstätigkeit (Schule, Politik, Training, Prasentationen)
  • Berufe mit Lärmbelastung (Verkauf, Fabriken, große Einrichtungen)
  • Telefontätigkeit (Hotlines, Callcenter, Großraumbüro)

Häufig erleben Personen auch Missempfindungen wie ein Kloßgefühl im Hals, ein permanentes Kratzen oder Räusperdrang bis -zwang. Weiter beschreiben Betroffene, dass sie sich stimmlich nicht durchsetzen oder auf sich aufmerksam machen können. Gerade im Beruf wird dies als belastend empfunden, wenn man aufgrund der stimmlichen und sprecherischen Ausdrucksweise als inkompetent eingeschätzt wird.

Gründe für eine Stimmstörung

Die Gründe für eine Stimmstörung sind vielfältig und kann Menschen in allen Altersgruppen und Lebensphasen betreffen. 

  • Fehlgebrauch der Stimme (Überlastung, ungünstige Stimmvorbilder)
  • organische Veränderungen des Kehlkopfs (Entzündung, Tumor, Lähmung etc.)
  • Atemerkrankungen oder -störungen (z.B. Asthma, Post-Covid, COPD, Allergien etc.)
  • Haltungs- oder Muskelerkrankungen (z.B. Skoliose, Bandscheibenvorfall, Craniomandibuläre Dysfunktion etc.)
  • Neurodegenerative Erkrankungen oder Autoimmunerkrankungen (z.B. Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Stiff Person Syndrom)
  • Hormonelle Einflüsse (in der Pubertät, Schwangerschaft oder Menopause, Störungen der Keimdrüsen, ebenso bei Störungen der Schilddrüse etc.)
  • Psychische Belastungen und Erkrankungen (Krisen, Traumata, Depressionen etc.)
  • Prozesse im Alter (Atemkapazität, trockene Schleimhäute)

Tonbeispiele

Lesetext und Reihensprechen

Durch die Lähmung ist der Stimmlippenschluss und Schwingungsfähigkeit nicht gegeben. Der Klang ist rau und stark behaucht, außerdem ist häufig ein Doppelton (Diplophonie), z. B. direkt bei der ersten Nennung des „Nordwinds“ zu hören. Die Verständlichkeit ist dadurch eingeschränkt und das Sprechen ist für den Betroffenen sehr anstrengend. Dies wird auch durch das häufige und hörbare Einatmen deutlich.

3 Tonbeispiele vor Therapie
SL einseitig vor Therapie: Lesetext
SL einseitig vor Therapie: Zählen von 1-10
SL einseitig vor Therapie: maximale Tonhaltedauer auf Vokal „a“

Die 3 Vorher-Beispiele zeigen die Stimmbeschwerden durch eine einseitige Stimmlippenlähmung (Rekurrensparese). Der Stimmklang ist heiser, was sich in einer erheblichen Behauchtheit und leichten Rauigkeit zeig. Die Sprechstimmlage ist erhöht und kann nur wenig moduliert werden. Der Patient spricht überwiegend leise und kann keine Lautstärke entwickeln, um sich gegen Umgebungslärm durchzusetzen. Durch die Stimmlippenlähmung kommt kein vollständiger Stimmlippenschluss zustande, was für einen klaren und gut hörbaren Ton notwendig ist. Im Beispiel der Tonhaltedauer wird deutlich, dass der Patient beim Tönen recht schnell viel Luft verliert und der Ton nach ca. 11. Sekunden endet.

3 Tonbeispiele nach Therapie
SL nach Therapie: Lesetext
Nach Therapie: Zählen von 1-10
Nach Therapie: Tonhaltedauer auf Vokal „a“

Therapiedauer: ca. 5 Monate, 7 Therapieinheiten

Im Beispiel nach Abschluss der Therapie nach ca. 5 Monaten ist zu hören, dass der gehaltene Ton auf „a“ klar und kräftig klingt und für ca. 35 s gehalten werden kann. Auch im Lesetext und dem Zählen zeigt sich, dass der Patient wieder in seine tiefere Sprechstimmlage zurückgefunden hat und er mit der Stimme auch in Tonhöhenvariation und Lautstärke das Sprechen gestalten kann.

Lesetext „Nordwind und Sonne“ vor Therapiebeginn
Lesetext „Der kleine Prinz“ nach ca. 20 Therapieeinheiten.

Leseproben zu Beginn und nach 6 Monaten Stimmtherapie

Die Verkrampfungen, die durch die Krankheit ausgelöst werden, betreffen häufig die Extremitäten, also Hände und Füße, der Person, können aber auch andere Bereiche, wie z.B. an der Atem-, Kehlkopf- und Artikulationsmuskulatur auftreten. Bei dieser Patientin haben eine passende medikamentöse Einstellung und individuelle, körperorientierte Atem- und Stimmtherapie Erleichterung beim Sprechen verschafft.

Therapie bei Stimmstörungen

Stimmtherapie wird ärztlich verordnet, wenn die Diagnose Dysphonie, also Stimmstörung festgestellt wird. Stimmtherapie kann bei Berufen mit starker Stimmbelastung bei auch präventiv hilfreich sein, um eine Stimmstörung zu vermeiden.

FAQ zur Therapie

Hier bekommen Sie Antworten auf eventuell auftretende Fragen zu Stimmstörungen und den Therapiemöglichkeiten in unserer Ambulanz.

Zu den FAQ

Wie wird in der Stimmtherapie gearbeitet?

Übergeordnetes Ziel einer Stimmtherapie ist, dass Sie (wieder oder weiterhin) in der Lage sind, an allen kommunikativen Situationen Ihres Lebens aktiv und selbstständig teilzunehmen. Dafür bilden die Klangideale einer gesunden Stimme, wie z.B. klar, resonanzreich, weittragend und frei von Störgeräuschen und die Übereinstimmung mit gewissen Normwerten zur Atem- und Stimmfunktion eine stabile Grundlage. Wichtig ist aber auch die Variabilität und Flexibilität, weg vom ästhetisch perfekten Stimmklang: Ihre Stimme soll Sie und Ihre Persönlichkeit je nach Lebenssituation oder -station authentisch widerspiegeln können. Inhalte einer Stimmtherapie sind z.B.:

Stimmangleichung für trans* und nicht-binäre Personen

Zeichen der Geschlechter

Menschen, deren Stimmklang nicht ihrer Identität entspricht, können ebenfalls eine Stimmtherapie verordnet bekommen. Die Stimmangleichung ans Identitätsgeschlecht wird von den Krankenkassen getragen.

Trans* Frauen können durch Stimmfeminisierung, also in einer Übungstherapie, eine weibliche Sprechweise erarbeiten. Therapieinhalte sind dabei z.B.: Wahrnehmung für verschiedene Stimmklänge und Sprechweisen, Möglichkeiten der Erhöhung der Sprechstimmlage, veränderte Nutzung der Resonanzräume, Betonung durch Tonhöhenveränderung statt durch Lautstärkeakzente etc. Ganz wesentlich dabei ist die Förderung des eigenen Körpergefühls: zum Einen um die Identität auch in Kommunikation und Interaktion kongruent ausdrücken zu können, zum Anderen hilft ein sensibles Körpergefühl dabei, selbst zu erkennen, wann mit zu viel Kraftaufwand und Spannung gesprochen wird und wie man selbst immer wieder zum Ausgleich dieser Spannungen beitragen kann.

Trans* Männer können ihren Stimmklang durch Übungen in den gleichen Bereichen - aber mit anderen Zielen - eine männlich gelesene Stimme annähern und sie damit ihrer Identität angleichen. Eine Stimmmaskulinisierung ist im Gegensatz zur Stimmfeminisierung auch hormonell durch eine Testosteronbehandlung möglich. Diese hormonelle Stimmvertiefung kann vorbereitend oder auch zusätzlich parallel stimmtherapeutisch begleitet werden.

Nicht-binäre Personen lernen, stereotyp männlich oder weiblich zu lesende Klanganteile zu reduzieren und erarbeiten einen individuellen Stimmklang und eine individuelle Sprechweise werden erarbeitet. Die individuelle, klientenzentrierte Arbeitsweise gilt natürlich auch für trans* Personen und alle Menschen, die an der Schule für Logopädie eine Stimmtherapie aufnehmen. Ihre Stimme reflektiert Ihre eigene Persönlichkeit, unabhängig von gesellschaftlichen Prägungen!