Universitätsklinikum Tübingen PULS
Ringelröteln in der Schwangerschaft

Was eine Infektion für das Kind im Mutterleib bedeutet

Schwangere, die an Ringelröteln erkranken, stecken in 30 bis 50 Prozent der Fälle ihr ungeborenes Kind an. Das kann für das Baby lebensgefährlich sein. Prof. Karl Oliver Kagan, Leiter der Pränatalen Medizin an der Tübinger Universitäts-Frauenklinik, erklärt, was Schwangere bei einer Infektion machen sollten.
15.11.2024
Brigitte Gisel
5 Minuten
Was eine Infektion für das Kind im Mutterleib bedeutet
© iStock/Natalia Deriabin

Ein roter Fleck erst auf der Wange, dann weitere am ganzen Körper und Fieber – Ringelröteln sind für Kinder und viele Erwachsene eher harmlos. Doch wenn Schwangere, die sich mit dem Parvovirus B19 angesteckt haben, ihr ungeborenes Kind infizieren, ist das vor allem in der ersten Schwangerschaftshälfte gefährlich. „Das Virus kann zu einer Blutarmut des Kindes führen, weil die Blutbildung gestört wird“, sagt Karl Oliver Kagan, Leiter der Pränatalen Medizin an der Universitäts-Frauenklinik. Im Körper des Ungeborenen können sich Wasseransammlungen – ein sogenannter Hydrops – bilden, der unbehandelt zu einer Fehlgeburt führt. Die gestörte Blutbildung zeigt sich meist drei bis fünf Wochen nach der Infektion der Mutter.

Was sollten Schwangere tun, wenn sie Kontakt mit Ringelröteln hatten?

"Wenn eine schwangere Frau Kontakt zum Ringelröteln-Virus hatte, weil etwa ihr älteres Kind erkrankt war, sollte sie zunächst zum Frauenarzt gehen“, rät der Pränatalmediziner. Dort wird das Blut auf Antikörper gegen das Parvovirus B19 untersucht. Das ist wichtig, da die Infektion bei Erwachsenen häufig ohne Symptome verläuft. Frühere Erkrankungen lassen sich am Antikörperstatus erkennen. Da in aller Regel nur die erste Infektion gefährlich ist, kann die Schwangere im Falle einer zweiten Infektion beruhigt werden. Ergibt die Blutuntersuchung keinen Hinweis auf eine Infektion, sollte der Bluttest nach etwa zwei Wochen wiederholt werden, um eine sehr frische Infektion auszuschließen.

Wird eine akute Erkrankung entdeckt, wird beim Ungeborenen zehn Wochen lang per Ultraschall die Durchblutung der Hirnarterie kontrolliert, um eine Blutarmut des Kindes zu erkennen. Zeigen sich Auffälligkeiten, sind die Spezialistinnen und Spezialisten der Frauenklinik gefragt: Die dortige Pränatalmedizin hat sich als eines von wenigen Zentren in Baden-Württemberg auf die Behandlung dieser Feten spezialisiert.

Wie sieht die Behandlung des Babys aus?

„Man kann dem Baby von außen Blut geben, indem man mit einer Nadel in die Nabelvene sticht“, erklärt Kagan. Das ist Millimeterarbeit. Die Nabelschnur ist ungefähr 1,5 Millimeter breit, die Nadel selbst 0,7 Millimeter groß. Fünf bis zehn Milliliter speziell aufbereitetes Blut erhält das Baby aus einer Blutbank. Die Behandlung ist meist erst ab der 16. Schwangerschaftswoche möglich, sehr oft genügt schon eine einzige Transfusion. Die Zahl der Therapien stieg zuletzt. „Hatten wir früher ein bis zwei Fälle im Jahr, so waren es auf dem Höhepunkt der jüngsten Infektionswelle fast zwei die Woche“, sagt Kagan. 

Wie werden Ringelröteln übertragen?

Kinder können Ringelröteln schon übertragen, wenn sie noch völlig gesund wirken. „Eltern sollten sich bewusst sein, dass vor allem Tröpfchen aus den Atemwegen die größte Rolle spielen“, verdeutlicht Kagan. Rund 70 Prozent der Erwachsenen sind gegen Ringelröteln immun. Eine Impfung gibt es nicht. Mit Röteln haben Ringelröteln übrigens nichts zu tun, erklärt der Pränatalmediziner. „Röteln sind infolge der Impfungen fast ausgestorben.“ Das ist auch gut so, denn die Kinderkrankheit kann – anders als Ringelröteln – bei Ungeborenen schwere Missbildungen auslösen. Auch den Cytomegalievirus, ein Erreger aus der Familie der Herpesviren, können Schwangere übertragen. Sollte sich das Ungeborene infizieren, so muss bei einem Drittel der Kinder später mit Entwicklungsstörungen gerechnet werden.

Professionelle Abklärung bei Auffälligkeiten

Die Abteilung für Pränataldiagnostik und Medizin an der Universitäts-Frauenklinik Tübingen bietet ein umfassendes Spektrum an vorgeburtlichen Untersuchungen und Therapien auf höchstem medizinischem Niveau. Das Ziel ist es, frühzeitig mögliche Auffälligkeiten zu erkennen und eine individuelle Betreuung sicherzustellen. Angeboten werden unter anderem:

  • Beurteilung von fetalen Fehlbildungen
  • Ersttrimester-Screening und NIPT
  • Zweites und Drittes Screening
  • Invasive Diagnostik und Therapie
  • Gynäkologische Sonographie

 Mehr Informationen über die Pränataldiagnostik am Uniklinikum Tübingen finden Sie hier.

Experten

Prof. Dr. med. Karl Oliver Kagan
Prof. Dr. med. Karl Oliver Kagan
Leitung Pränatale Medizin
Department für Frauengesundheit
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