Beitrag

14.08.2023

Hauptaufgabe eines kleinen HIV-Proteins: Mutationen verhindern!

Mutationen können zu neuen Virus-Varianten führen, die sich besser in der menschlichen Bevölkerung ausbreiten. Zu viele Mutationen sind jedoch auch für Viren schädlich und verhindern deren Vermehrung. Genau diese Schwachstelle macht sich unser Immunsystem zunutze. Viele Zellen unseres Körpers produzieren sogenannte APOBEC3-Proteine, die zahlreiche Mutationen in das Erbgut von Viren einfügen und somit deren Ausbreitung verhindern. HIV hat jedoch im Gegenzug ein Protein namens Vif entwickelt, welches APOBEC3-Proteine unschädlich macht. Durch Vif werden spezielle Marker an die APOBEC3-Proteine gehängt, die sie als Abfall markieren. Die APOBEC3-Proteine werden deshalb von der infizierten Zelle zerlegt um ihre Grundbausteine zu recyclen. Indem Vif APOBEC-Proteine abbaut, ermöglicht es HIV sich erfolgreich im Körper auszubreiten. Bisher war jedoch unklar, ob dies die einzige Funktion des Vif-Proteins ist.

Mithilfe der CRISPR-Technologie deaktivierten die Forscher für die aktuelle Studie daher gezielt APOBEC3-Gene in Zellen, die mit HIV infiziert werden können. Ohne aktive APOBEC3-Gene können keine APOBEC3-Proteine mehr hergestellt werden. Die Ergebnisse waren eindeutig: In den Kontrollzellen, in welchen die APOBEC3-Gene nicht deaktiviert wurden, konnten die APOBEC3-Proteine die Infektiosität von einem Virus ohne funktionales Vif Protein stark reduzieren. Die Forschende konnten nachweisen, dass das Viruserbgut zahlreiche Mutationen aufwies. In Zellen, in welchen die APOBEC3-Gene vollständig deaktiviert wurden,  konnten Viren ohne Vif sich ungehindert vermehren. Die Viren zeigten eine völlig normale Infektiosität. Dieser Befund zeigt, dass die Hauptaufgabe von Vif die gezielte Zerstörung der APOBEC3-Proteine ist. 

Diese Erkenntnis trägt zu unserem Verständnis der komplexen Wechselwirkungen zwischen HIV und dem Immunsystem bei und eröffnet mögliche Ansätze für die Entwicklung gezielter antiviraler Therapien. Indem die Interaktionen zwischen Vif und APOBEC3-Proteinen weiter entschlüsselt werden, können potenzielle Angriffspunkte für neue Medikamente gefunden werden. Diese Medikamente könnten verhindern, dass Vif die APOBEC3-Proteine angreift. So können neue Strategien zur Bekämpfung von HIV und zur Eindämmung der Virusausbreitung entwickelt werden.

Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift mBio veröffentlicht und sind hier zu finden.

Abbildung: Erbgut von HIV-1. Das Erbgut von HIV enthält nur wenige Gene. Das vif-Gen (dunkelgrau) kodiert für ein Protein, welches antivirale APOBEC3-Proteine abbaut und so eine effiziente Ausbreitung von HIV ermöglicht. (Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:HIV-genome_german.png; Autor: Thomas Splettstoesser; Lizenz: Attribution-ShareAlike 3.0 Unported (CC BY-SA 3.0))