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22.02.2022

Interview mit Apl. Prof. Walz zum TÜFF-Programm

Die Gleichstellung von Menschen unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, Religion und Herkunft in der Wissenschaft ist eine wesentliche Voraussetzung für Leistung und Innovation. Als Institution für exzellente Forschung bekennen sich die Universität Tübingen und die Medizinische Fakultät ausdrücklich zu diesem Grundsatz. Das Tübinger Programm zur Frauenförderung (TÜFF) ist eine von mehreren Maßnahmen, um diesen Grundsatz gerecht zu werden und zielt darauf ab, vielversprechende Nachwuchswissenschaftlerinnen auf dem Weg zur Habilitation zu unterstützen, auf eine akademische Karriere vorzubereiten und somit die Anzahl qualifizierter Bewerberinnen für Führungspositionen zu erhöhen. Wir haben die ehemalige Stipendiaten des TÜFF-Programms und jetziges iFIT Mitglied Apl. Prof. Dr. Juliane Walz zum Programm interviewt und gefragt, wie es ihr bei ihrer akademischen Laufbahn geholfen hat.

1. Was hatte Sie damals dazu bewogen sich für das TÜFF-Programm zu bewerben?

Das Tübinger Programm zur Frauenförderung bot für mich die perfekte Möglichkeit, mich während der entscheidenden Phase meiner Habilitation primär auf meine wissenschaftlichen Tätigkeiten zu fokussieren. Gleichermaßen gab mir das TÜFF-Programm den Freiraum für den Austausch mit anderen Frauen auf gleicher Karrierestufe. Äußerst interessant waren die zahlreichen Zusatzkurse, die mich auf meine weiteren Karriereschritte vorbereitet haben. Etwa ein Seminar, dass auf eine Bewerbung auf eine Professur vorbereitet. Diese Angebote waren ungemein wertvoll und haben mich dazu bewogen, eine Bewerbung für einen Platz im TÜFF-Programm abzugeben.

2. Wie hat Ihnen das TÜFF-Programm auf ihrem Weg zur Forschungsgruppenleiterin und Ärztin geholfen?

In erster Linie hat mir die Freistellung von meinen routinemäßigen klinischen Tätigkeiten dabei geholfen, mir den nötigen Freiraum zu geben, um an meinen letzten Publikationen für die Habilitation zu schreiben und sogar schon mit der Habilitationsschrift zu beginnen. Von unschätzbarem Wert war auch die Möglichkeit, mein Karrierenetzwerk zu erweitern. So habe ich beispielsweise eine Kollegin über das TÜFF-Programm kennengelernt, mit der ich eine äußerst erfolgreiche Kooperation gestartet habe. Ohne TÜFF wäre diese so nie zustande gekommen, weil wir uns wahrscheinlich nicht kennengelernt hätten. 

3. Wie bringen Sie Forschung und Klinikalltag in Einklang?

Ich habe den großen Vorteil, dass ich momentan in der KKE Translationale Immunologie klinisch angestellt bin, wo ich den Freiraum habe, mich klinisch um meine Studien mit eigenentwickelten Peptidvakzinen kümmern zu können. Somit lässt sich mein Klinikalltag und meine Forschungstätigkeit relativ gut und flexibel in Einklang bringen. Für Clinician scientists  ist es immer eine Herausforderung, beides unter einen Hut zu bekommen, etwa morgens in die Ambulanz, um die Patienten und Patientinnen zu versorgen und sich ab mittags um die Forschung im Labor zu kümmern. Ich glaube, das lässt sich nur miteinander vereinbaren, wenn man Forschung und klinische Tätigkeit als Leidenschaft begreift und nicht als reine Arbeit, sonst funktioniert das nicht. 

4. Als Mutter, Forscherin und Ärztin haben Sie gleich drei sehr verantwortungsvolle Aufgaben zu managen. Was wünschen Sie sich in Zukunft von der Frauenförderung in der Wissenschaft?

Ich wünsche mir eine flexiblere Nutzung der Fördermittel. Wir haben immer noch das Problem, dass zwar Gelder für die Frauenförderung bereitgestellt werden, diese aber nicht flexibel eingesetzt werden können, etwa für Kinderbetreuung, für Unterstützung im Haushalt. Da würde es tatsächlich helfen, wenn Gelder genau für solche Zwecke verwendet werden könnten. Wenn ich etwa eine Nanny beauftragen könnte, wenn Veranstaltungen im Ausland oder Konferenzen in Übersee anstehen, dass würde enorm helfen. Oder wenn Müttern, die auf Kongresse fahren, unproblematisch die Möglichkeit zugestanden wird, die Großeltern mitzunehmen, um die Kinderbetreuung zu garantieren. Solche Maßnahmen einfach und flexibel zu handhaben, dass würde extrem helfen. 

5. Man sagt „Think manager, think male“. Muss sich die allgemeine Vorstellung von einer typischen Führungskraft ändern?

Es wäre wünschenswert, wenn dort ein Umdenken stattfinden würde, um es mehr Frauen zu ermöglichen in Führungspositionen zu kommen. Beispielsweise wäre es auch vorstellbar, dass eine Professur nicht von einem Mann oder einer Frau besetzt wird, sondern von zwei Frauen oder auch Männern mit jeweils 50%, die sich diese Professur teilen und so trotzdem Familie und Beruf in Einklang bringen können. Das ist meiner Meinung nach aber noch ein weiter Weg, den wir zu gehen haben, um dieses Umdenken zu erreichen.

6. Welchen Tipp können Sie Bewerberinnen für das TÜFF mit auf den Weg geben?

Bewirb dich! Das ist glaube ich der wichtigste Rat, den ich jungen Kolleginnen geben kann. Nicht an sich selber zweifeln, sondern das Selbstbewusstsein aufbringen, sich zu bewerben. Wenn möglich, sollten Bewerberinnen vorher Rücksprache halten mit den zuständigen TÜFF-Betreuerinnen an der Medizinischen Fakultät. Die haben mir damals sehr bei der Bewerbung geholfen. Sie prüfen, ob man die Kriterien erfüllt, ob auch die 50% der Habilitationsleistung schon erfüllt sind usw. Das hilft ungemein, um eine aussichtsreiche Bewerbung einreichen zu können und ich kann nur empfehlen sich auf dieses Programm zu bewerben, weil das Jahr nicht nur aufgrund der Freistellung wertvoll ist, sondern eben auch um neue Kontakte zu knüpfen und so sich ein Netzwerk für die Zukunft aufzubauen.

Ihr spielt mit dem Gedanken euch für das TÜFF-Programm zu bewerben? Alle weiteren Infos gibt es unter: https://www.medizin.uni-tuebingen.de/de/medizinische-fakultaet/gleichstellung/tff-frauenfrderung/tff-habilitandinnen-frderung

Das Interview führte Steven Pohl


Über Apl. Prof. Dr. Juliane Walz:

Alter: 37 Jahre

Beruf: Forschungsgruppenleiterin in der Abteilung Immunologie am Interfakultären Institut für Zellbiologie und Oberärztin in der KKE Translationale Immunologie am Universitätsklinikum Tübingen.

iFIT Position: Beauftragte für Nachwuchsförderung und Chancengleichheit

Forschungsschwerpunkt: Entwicklung von peptidbasierten Immuntherapien für Tumor- und Infektionserkrankungen bis hin zur klinischen Erprobung

Mehr erfahren: https://www.medizin.uni-tuebingen.de/de/das-klinikum/mitarbeiter/1060