AG Rupp „Biomaterialien und Implantate am biologischen Interface“

Die AG „Biomaterialien und Implantate am biologischen Interface“ umfasst physiko-chemische und biologische oberflächen- und grenzflächenanalytische Aspekte von Biomaterialien und Implantaten und untersucht insbesondere die initiale biologische Antwort auf Protein-, zellulärer und bakterieller Ebene. Zudem sind vielfältige Aktivitäten im Bereich akustischer Sensorik mittels Schwingquarzanalytik (QCM) integriert. Einen wesentlichen Aspekt stellt in dieser AG die Optimierung von Implantatoberflächen im Kontakt zum Hart- und Weichgewebe dar, um die Integration und Langzeitstabilität von Implantaten zu verbessern. Wichtige Forschungsfelder in diesem Zusammenhang sind innovative mikro- und nanostrukturierte, zum Teil hydrophile Implantatoberflächen für den Knochenkontakt, antimikrobielle Strategien durch innovative bakterizide Implantatoberflächen und Verfahren, aber auch die sensorische Detektion initialer Interaktionen zwischen Biomaterial und Bakterien.

Kontakt

Leitung:
Prof. Dr. Frank Rupp

07071-29-80967

07071-29-5775


E-Mail-Adresse: frank.rupp@med.uni-tuebingen.de


Weitere Infos unter Researchgate und Google scholar


Researchgate
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Forschungsschwerpunkte

Forschungsschwerpunkte

Hauptziel dieses Projekts ist die Entwicklung transgingivaler Modelle, die in der Lage sind, die Adhäsion von Weichgewebe an Implantatoberflächen unter in vivo-Bedingungen in Gegenwart oraler Bakterien zu simulieren und vorherzusagen. Es werden zwei Hauptansätze entwickelt und evaluiert: (i) Klassische statische Co-Kultivierung von Weichgewebszellen mit Bakterien auf verschieden modifizierten Titanoberflächen und (ii) dynamische online-Detektion der Adhäsion und Proliferation unter Verwendung akustische Sensorik in einem Durchfluss-System. Beide Ansätze konzentrieren sich auf die Entwicklung von Testsystemen für die bislang ungelöste Problematik im transgingivalen Bereich von Dentalimplantaten: dort entscheidet der sogenannte „Wettlauf um die Oberfläche“ („Race to surface“) zwischen Bakterien und Gewebezellen nach Implantation, ob die erfolgreiche Etablierung einer dichten gingivalen Epithelmanschette bakterielle Infiltrationen und nachfolgende Entzündungsreaktionen verhindern kann.

Eine schnelle und dauerhafte gingivale Abdichtung an der Implantat- oder Abutmentoberfläche ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg eines dentalen Implantats. Nanotopographie und Hydrophilie der transgingivalen Implantat- und Abutmentoberflächen beeinflussen alle Phasen der Heilungssequenz. Während weitgehend bekannt ist, welche Oberflächeneigenschaften die knöcherne Integration von Implantaten verbessern und beschleunigen, sind die Anforderungen an die transgingivale Implantatoberfläche noch unklar. Welche Mikro- und Nanorauhigkeit, welche nanotopgraphischen Oberflächenmerkmale oder welches spezifische Benetzungsverhalten könnte die Grenzfläche verbessern? Durch Plasmaätzen mit verschiedenen Fluorid-haltigen Gasen werden Titanoberflächen modifiziert und diese Verfahren auf ihr Potenzial zur technischen Herstellung von Implantatoberflächen mit Submikrostruktur und hydrophiler Benetzungscharakteristik sowie auf ihren Einfluß auf Weichgewebs- und Bakterienreaktionen untersucht.

Plasmageätzte Titanprobe, deren Nanostruktur auf ihre Eignung im Knochen- und Weichgewebekontakt untersucht wird.

Hier werden gemeinsam mit der AG „Biokompatibilität und Oberflächenfunktionalisierung“ verschiedene antiadhäsive und antibakterielle Ansätze untersucht, um die Besiedlung von Biomaterialien durch Bakterien zu reduzieren oder bereits anhaftende Bakterien oder etablierte Biofilme anzugreifen.

Ein Ansatz besteht darin, Implantatoberflächen am Übergang zur Mundhöhle mit dünnen Schichten eines photokatalytischen Materials zu beschichten. Durch Bestrahlung im UV-A / VIS-Bereich werden z.B. Anatasbeschichtungen aktiviert und können organische Filme wie Proteine und Bakterien zersetzen oder zumindest angreifen. Im Verlauf der therapeutischen Behandlung von Periimplantitis soll die Verwendung solcher Implantatmodifikationen die Entfernung von Biofilmen erleichtern, ohne die Implantatoberfläche selbst zu beschädigen. In Kooperation mit der AG Fleischer (Angewandte Physik, Universität Tübingen) werden Möglichkeiten untersucht, durch spezifische Nanostrukturierungen über physikalisch-mechanische Mechanismen bakterizide Effekte zu erzielen. Mit entsprechend modifizierten QCM-Sensoren werden hierbei Untersuchungen der biologischen Antwort auch in Echtzeit mittels Quarzkristallmikrowaagen in Durchflusssystemen durchgeführt.

Mittels Schwingquarzsensorik analysierte bakterizide Einwirkung von Chlorhexidin auf Streptokokken (aus Xu et al. Biosens Bioelectron 2019; 129:198).

In diesem stark interdisziplinär ausgerichteten Forschungsschwerpunkt werden von den biologischen AGs der Sektion MWT mit verschiedenen Kooperationspartnern biologisch abbaubare Implantat-Legierungen entwickelt und getestet. Potentielle Anwendungen sind vor allem die Gefäßchirurgie (Stents) und die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Hier werden Osteosyntheseplatten, Metallnetze und Schrauben unter Anderem zur Behandlung von Frakturen, Osteotomien und zur Kiefer-Rekonstruktion eingesetzt. Gegenwärtig werden diese Osteosynthesesysteme aus Titan oder Eisenlegierungen hergestellt. Diese Materialien erfordern jedoch eine zusätzliche Operation zur Entfernung der Implantate und erhöhen das Patientenrisiko aufgrund postoperativer Komplikationen.

Um diese Probleme zu vermeiden, wurden bereits bioresorbierbare Implantate auf Polymerbasis (Polylactid/Polyglycolid) entwickelt, die sich jedoch aufgrund ihrer unzureichenden mechanischen Eigenschaften, den entstehenden sauren Abbauprodukten und dadurch ausgelösten Fremdkörperreaktionen nicht durchsetzen konnten. Es wird daher derzeit versucht, Legierungen auf Basis resorbierbarer Metalle wie Magnesium oder Zink für diese Anwendungen zu entwickeln. Die Sektion hat in den letzten Jahren verschiedene Magnesium- und Zinklegierungssysteme bezüglich ihres Abbau-(Korrosions-)Verhaltens und der damit eng verknüpften Biokompatibilität untersucht. Die Herausforderung besteht dabei z. B. bei Zink-Legierungen darin, einerseits die unzureichenden mechanischen Eigenschaften durch entsprechende Legierungsbestandteile zu verbessern, und andererseits eine ausreichende Zell- und Gewebsverträglichkeit zu gewährleisten.

Biodegradationsmechanismen von bioabsorbierbaren Metallen in physiologischer Umgebung.

Ausgewählte Literatur

Ausgewählte Literatur

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Zertifikate und Verbände

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