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Kopfschmerzen

Rund 70 Prozent der deutschen Bevölkerung leidet unter Kopfschmerzen, doch wie entstehen Kopfschmerzen eigentlich? Was ist der Unterschied zwischen Kopfschmerzen und Migräne und ab wann sollte man einen Arzt aufsuchen? Diese und weitere Fragen beantwortet Prof. Dr. Sigrid Schuh-Hofer. Sie ist Funktionsoberärztin der Abteilung Neurologie mit dem Schwerpunkt Epileptologie am Universitätsklinikum Tübingen.

Junge Frau die sich mit den Händen den Kopf vor Schmerzen hält

Wie entstehen Kopfschmerzen?

Hierfür gibt es keine allgemeine Antwort, da die Ursache von Kopfschmerzen extrem vielfältig sein kann. Kopfschmerzen kann man grob in zwei große Kategorien einteilen: die primären und sekundären Kopfschmerzerkrankungen. Bei den sekundären Kopfschmerzen sind die Ursachen bekannt. Hierzu gehören beispielsweise Entzündungen, ein erhöhter Hirndruck oder auch ein vorangegangenes Schädel-Hirn-Trauma. Im Gegensatz hierzu sind die Ursachen für die primären Kopfschmerzen bisher nur wenig bekannt. In den meisten Fällen gehen wir von einem Zusammenspiel zwischen genetischen Faktoren und Umweltfaktoren aus. Bei der Migräne, einer der häufigsten primären Kopfschmerzerkrankungen, kennen wir eine – allerdings sehr seltene - Unterform, die sogenannte „hemiplegische Migräne“, für die wir spezifische genetische Ursachen identifizieren konnten.

Was ist der Unterschied zwischen Kopfschmerzen und Migräne?

Unter dem Begriff „Kopfschmerzen“ können sich, wie bereits gesagt, eine Vielzahl unterschiedlicher Kopfschmerzformen verbergen - wir gehen von mehr als 200 verschiedenen Kopfschmerzarten aus! Die häufigsten primären Kopfschmerzerkrankungen aber sind die „Migräne“ und der „Kopfschmerz vom Spannungstyp“. Diese beiden Kopfschmerzerkrankungen kann man anhand klinischer Charakteristika wie beispielsweise Kopfschmerzqualität, Schmerzintensität, Lokalisation sowie anhand von Begleitfaktoren recht gut voneinander unterscheiden. Als erste Daumenregel gilt: Wer unter einem starken Kopfschmerz leidet, der auf frei-verkäufliche Medikamente nicht besser wird,  wer seinen Alltag aufgrund der Kopfschmerzen unterbrechen muss, um sich in ein dunkles, geräuscharmes Zimmer zurückzuziehen, wer Übelkeit oder Erbrechen im Rahmen seiner Kopfschmerzen kennt, bei dem ist die Diagnose „Migräne“ sehr wahrscheinlich. Umgekehrt ist ein dumpfer Kopfschmerz von höchstens mittlerer Schmerzstärke, der mit einfachen Schmerzmitteln gut behandelbar ist, der in seiner Stärke immer konstant bleibt und sich durch Bewegung nicht ändert, eher typisch für den „Kopfschmerz vom Spannungstyp“. Die größten Schwierigkeiten bei der differentialdiagnostischen Abgrenzung zwischen „Migräne“ und „Spannungskopfschmerz“ kennen wir, wenn es um die „Kopfschmerzqualität“ und die „Kopfschmerzlokalisation“ geht. Leider ist die Trennschärfe zwischen „pulsierend“ als Migränecharakteristikum versus „dumpf“ als Merkmal für den Spannungskopfschmerz gar nicht so hoch wie allgemein angenommen: Der Migräneschmerz kann durchaus auch einmal dumpf oder drückend sein. Und wenngleich es zwar praktisch keinen einseitigen Spannungskopfschmerz gibt, ist der Migräneschmerz durchaus nicht obligatorisch einseitig, sondern kann auch beide Kopfhälften – z.B. die gesamte Stirnregion – betreffen. 

 

Wie kann man Kopfschmerzen/Migräne vorbeugen?

Es gibt zwei Arten von Vorbeugung: Einerseits die Vorbeugung durch Vermeidung von Auslösefaktoren. Viele Migränepatienten identifizieren im Lauf ihrer Migräneerkrankung individuelle Migränetrigger. Dazu gehören beispielsweise Schlafmangel, Stress, Flüssigkeitsmangel, die Menstruationsblutung, Alkohol oder Wetteränderungen. Zumindest ein Teil dieser Triggerfaktoren ist beeinflussbar: Ein rhythmisierter Tagesablauf, Schlafhygiene und regelmäßige Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr gehören dann zu den Maßnahmen, mit denen man die Migräne günstig beeinflussen kann. Die zweite Art der Vorbeugung bezieht sich auf das Thema Migräneprophylaxe. Als nicht- medikamentöse Maßnahmen setzen wir hier vor allem auf Ausdauersport und Entspannungsverfahren wie die „Muskelrelaxation nach Jacobson“, manche Patienten profitieren zudem auch gut von Akupunktur.


Was kann man machen, um den Kopfschmerz zu behandeln?

Neben den nicht-medikamentösen Maßnahmen kennen wir eine Vielzahl von medikamentösen Möglichkeiten. Patienten mit einem Kopfschmerz vom Spannungstyp profitieren in der Regel von freiverkäuflichen Medikamenten wie beispielsweise Aspirin, Paracetamol oder Ibuprofen. Bei vielen Migränepatienten reichen diese Wirkstoffe nicht aus und sie benötigen migränespezifische Medikamente – sogenannte „Triptane“. Dabei muss berücksichtigt werden, dass viele Migränepatienten mit starken Begleitsymptomen wie Übelkeit oder Erbrechen kämpfen. In diesen Fällen muss die Darreichungsform der Medikamente entsprechend angepasst werden und auf ein Nasenspray oder eine subcutane Injektion des Triptans ausgewichen werden. 

Für Patienten, die sehr häufig unter einer Migräne oder einem Kopfschmerz vom Spannungstyp leiden, ist die alleinige Einnahme von Akutmedikation nicht mehr zielführend. In diesen Fällen gibt es die Möglichkeit einer medikamentösen Kopfschmerzprophylaxe. Für die Wahl des geeigneten Prophylaxe-Medikaments ist eine ausführliche Beratung durch den Arzt erforderlich. 

 

Ab wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Wenn man seine Kopfschmerzerkrankung bereits seit Jahren kennt, aber alle bisher gut funktionierenden Strategien in der Schmerzbekämpfung plötzlich versagen, sollte man unbedingt zum Arzt gehen. Nicht selten beginnen Patienten dann, ihren Schmerzmittelkonsum zu steigern und zuletzt täglich Schmerzmittel einzunehmen. In einem solchen Fall ist ärztlicher Rat und Hilfe vonnöten. Zudem sollten Patienten immer einen Arzt aufsuchen, wenn sich der Charakter ihrer bisher bekannten Kopfschmerzen – also z.B. ihrer langjährigen Migräne - plötzlich ändert und/oder wenn bisher nie gekannte Begleitsymptome wie Lähmungserscheinungen, Taubheitsgefühle oder z.B. Fieber auftreten. Als Kopfschmerzpatient ist man ja nicht dagegen gefeit, eine zusätzliche neurologische Erkrankung – z.B. eine Gehirnthrombose - zu entwickeln, die ebenso mit Kopfschmerzen verbunden sein kann. Dann ist eine sorgfältige differentialdiagnostische Abklärung nötig. 

Im Interview:

Prof. Dr. Sigrid Schuh-Hofer

Funktionsoberärztin, Neurologie mit Schwerpunkt Epileptologie

Einrichtung: Neurologie

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