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06.08.2024

Abschlussveranstaltung von Verbundforschungsprojekt I.N.Ge (Infektionsschutz.Neu.Gestalten) beim Wissenschaftstag des Ärzteverbandes Öffentlicher Gesundheitsdienst Baden-Württemberg

Das BMG-geförderte Projekt I.N.Ge, welches vom 1. September 2021 bis 31. August 2024 durchgeführt wurde, nutzte den Wissenschaftstag als Abschlussveranstaltung, um das Fachpublikum über Vorgehensweisen, Prozesse, Ergebnisse und Erfahrungen zu berichten und gemeinsam zu diskutieren.

Herr Braun vom Gesundheitsamt Mannheim stellte das dortige Reallabor vor, das sich mit speziellen Bevölkerungsgruppen und Settings beschäftigte. Mit verschiedenen Methoden (Fragebögen und Interviews) wurden zu unterschiedlichen Zeitpunkten (vor/nach einer Schulung mit einem sexualpädagogischen Schwerpunkt) das Wissen, die Haltung du das arbeitsalltägliche Verhalten von Mitarbeitenden der freien Jugendhilfe in Mannheim zum Thema impfpräventable und sexuell übertragbare Krankheiten bei Jugendlichen erhoben. Es wird deutlich, dass das Wissen durch die Schulung gesteigert werden konnte und die Themen im Arbeitsalltag häufiger angesprochen werden.

Frau Hailer vom Kreisgesundheitsamt Reutlingen stellte die dort durchgeführte Erhebung zur Risikokommunikation des Gesundheitsamtes während der COVID-19-Pandemie vor. Mittels Fragebogen an die Bevölkerung des Landkreises sowie eines World Cafés mit Interessensvertretungen (z.B. Schulen, Arztpraxen, Kliniken, Pflegeeinrichtungen) wurden im Rahmen eines Reallabors Daten erhoben und ausgewertet. Unter anderem zeigte sich, dass Informationen überwiegend von Personen und Organisationen bezogen werden, denen vertraut wird. Als wesentliche Faktoren für das Vertrauen ergaben sich Nähe und Bekanntheit. Fachliche Informationen wurden während der COVID-19-Pandemie häufig über das Robert Koch-Institut oder das Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg eingeholt, für Beratung und Umgang mit Situationen im Einzelfall wurde jedoch der persönliche Kontakt mit Mitarbeitenden des Gesundheitsamtes per E-Mail oder Telefon geschätzt. Den Interessensvertretungen waren hier vor allem feste Ansprechpartner wichtig. Das Kreisgesundheitsamt wurde von den Befragten zu Beginn der Pandemie teilweise als überlastet erlebt, dies habe sich im Verlauf der Pandemie deutlich verbessert.

Herr Stengele vom Gesundheitsamt Enzkreis / Pforzheim stellte das „Reallabor Digitalisierung“ vor. Ausgehend vom im ÖGD selbst bestehenden Interesse, fokussiert die Erfassung der digitalen Kompetenz bei Mitarbeitenden eines Gesundheitsamtes auf die grundlegenden Fähigkeiten der allgemeinen digitalen Anwendungen. In Befragungen der Mitarbeitenden sowie der IT-Ansprechpersonen und der Analyse des IT-Ticketsystems zeigte sich, dass grundlegende digitale Fähigkeiten in unterschiedlicher Ausprägung bei den Mitarbeitenden vorhanden sind. Präsenzschulungen werden als Wissensvermittlung von digitalen Fähigkeiten ebenso bevorzugt wie eine persönliche Hilfe am Arbeitsplatz bei IT-Problemen. Zeitmangel wird mit Abstand als hemmender Faktor zur Aneignung von digitalen Fähigkeiten genannt. In der anschließenden Diskussion wurde erläutert, dass die Entscheidung, sich mit den grundlegenden digitalen Fähigkeiten zu beschäftigen, aus der Sicht und den Bedürfnissen der Zielgruppe heraus entstand.

Herr Nill aus dem Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg stellte das „Reallabor Qualitätssicherung“ vor welches im durchgeführt wurde und dessen Ziel die Entwicklung eines praxisorientierten methodischen Werkzeugs zur Verbesserung der Daten ist, deren Eingabe im Rahmen der COVID-19-Pandemie erforderlich ist. In diesem Reallabor wurde eine umfassende Analyse der Meldedatenqualität durchgeführt und gemeinsam mit Mitarbeitenden aus verschiedenen Gesundheitsämtern praxisnahe Konzepte zur Standardisierung und verbesserten Dateneingabe entwickelt. Die Durchführung des partizipativen Formats „Zukunftswerkstatt“ brachte wertvolle Ideen und Lösungsansätze hervor, die die Eingabeprozesse in den Gesundheitsämtern erheblich verbessern können. Als eines der Ergebnisbestandteile wurde ein Leitfaden als Handlungsempfehlung zur möglichen standardisierten Eingabe von COVID-19 Fällen entwickelt, welches auch für die Dateneingabe in Bezug auf weitere Krankheitserreger weiterentwickelt werden kann.

Frau Herrmann und Frau Piontkowski aus dem ZÖGV präsentierten einen Auszug aus den Interviewergebnissen zu den Bedarfen und Bedürfnissen sowie Kompetenzen zu wissenschaftlichem Arbeiten (Link zur Publikation) und die vorläufigen Ergebnisse der aktuell abgeschlossenen bundesweiten Umfrage zum wissenschaftlichen Arbeiten im ÖGD (n=370). Ein Einblick in die vorläufigen Ergebnisse zeigt, dass über 70% Bedarf an Fortbildungen oder einem Beratungsangebot haben und über die Hälfte der Befragten keine der im Fragebogen genannten Software (z.B. SPSS, R, Citavi) für wissenschaftliches Arbeiten zur Verfügung haben bzw. diese nicht aktiv nutzen. Das auf Grundlage der Ergebnisse weiterentwickelte Methodentraining am ZÖGV wurde ebenfalls vorgestellt.

Abschließend wurde von den Mitarbeitenden der operativen Ebene aller Verbundpartner in I.N.Ge gemeinsam der aktuelle Stand der Lessons Learned aus diesem durch das BMG geförderten Verbundforschungsprojekt vorgestellt. Dabei wurden vor allem Themen wie die Notwendigkeit des gegenseitigen Kennenlernens, die detaillierte Begriffsdefinition oder auch die Notwendigkeit von Reflexionen der jeweils spezifischen Rahmenbedingungen für die gemeinsamen Arbeit angesprochen. Die Kommentare aus dem Publikum machten deutlich, dass die Fortsetzung und Ausweitung der im Rahmen von I.N.Ge erfolgreich implementierten wissenschaftlichen Zusammenarbeit von Öffentlichem Gesundheitswesen und universitärer Einrichtung nachhaltig gesichert werden sollte.