Nuklearmedizin und Klinische Molekulare Bildgebung
Department für Radiologie

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PRR-Therapie

Was ist die Peptid-Radio-Rezeptor-Therapie?

Die Peptid-Radio-Rezeptor-Therapie (PRRT) ist ein neues Verfahren, mit dem man bösartige neuroendokrine Tumore ganz gezielt behandeln kann. Neuroendokrine Tumore sind hormonbildende Tumore die aus Nervengewebe, oft des Dünndarmes oder der Bauchspeicheldrüse bestehen. Es können aber auch andere Organe betroffen sein.

Im Mittelpunkt stehen dabei spezielle Haftstellen auf der Oberfläche des Tumors, an denen ein Hormon namens Somatostatin andocken kann. An diesen Somatostatin-Rezeptoren können die Ärzte auch andere, ähnliche Eiweiß-Moleküle andocken.

Mit den Eiweiß-Molekülen kann man ein radioaktiv strahlendes Arzneimittel direkt zum Tumor bringen, wo es andockt und die Tumorzellen bestrahlt. Diese Therapie kann den Tumor nicht heilen, aber verlangsamen und Beschwerden lindern.

Die Bestrahlung dauert nicht lange: Man wählt hierfür meist die radioaktive Substanz Lutetium 177, die nach sieben Tagen bereits zur Hälfte zerfallen ist. Die Strahlung reicht nur wenige Millimeter weit, so wird das gesunde Gewebe in der Umgebung weitgehend geschont.

Ihre Fragen

  • Die PRRT kommt in Frage bei hoch differenzierten, langsam wachsenden, metastasierten neuroendokrinen Tumoren. Speziell dann wenn diese fortschreiten, obwohl schon operiert oder mit Medikamenten therapiert wurde.
  • Wenn die Lebensqualität des Patienten an den Folgen der vom Tumor fehlerhaft produzierten Hormone mehr leidet als durch die Tumorschmerzen selbst.
  • Patienten mit bestimmten Hirnhauttumoren (Meningeom WHO II°) bei denen die etablierten Therapieverfahren Operation und Strahlentherapie weitgehend ausgeschöpft wurde.
  • Ob eine PRRT helfen kann und der richtige Weg ist, wird in jedem Fall beim persönlichen Gespräch von Arzt und Patient entschieden. Untersuchungen vorab sollen zeigen, ob der Tumor die gewünschten Eigenschaften hat. Wichtig ist vor allem, dass er genügend Haftstellen für das Hormon Somatostatin und somit auch für den Wirkstoff bietet. Wichtig sind auch die Nieren und das Knochenmark: Nur wenn ein Patient hier gute Werte hat, wenn die Nieren ausreichend arbeiten und das Knochenmark genügend Blut bilden kann, gilt die Therapie als sinnvoll.
  • Ärzte raten Patienten oft auch dann zu einer PRRT, wenn die Krankheit fortschreitet oder wenn sich die Symptome mit anderen Medikamenten nicht mehr gut lindern lassen.
  • Für eine PRRT wird der Patient für zwei Nächte stationär in der Klinik aufgenommen. Normalerweise wird diese Therapie mehrfach wiederholt: Üblich sind vier Therapiezyklen, die im Abstand von etwa drei Monaten eingeplant werden.
  • Vor der Therapie wird eine Kanüle in die Armvene beidseitig gelegt, dort bleibt sie während des gesamten Klinik-Aufenthalts. Über diese Kanüle fließen die Infusionen in den Körper. Neben dem radioaktiven Therapie-Medikament gehören dazu auch Wirkstoffe, welche die Nieren davor schützen, dass sie das radioaktive Medikament aufnehmen. Sie werden dem Patienten bereits vor der eigentlichen PRRT, außerdem parallel und danach gegeben. Die Infusion mit dem radioaktiven Therapie-Medikament dauert etwa 50 Minuten.
  • Nach der Therapie können die Ärzte prüfen, wie sich das radioaktive Material verteilt hat und ob es gut aufgenommen und gespeichert wurde. Hierfür nutzen sie als Untersuchungsmethode die Szintigraphie oder eine SPECT/CT. Auf diese Weise lässt sich ermitteln, wie intensiv die Bestrahlung am Tumor wirkt. Die Ärzte achten zugleich auch auf die Nieren des Patienten: Sie kontrollieren, wie stark sich der Abbau des radioaktiven Medikaments in den die Nieren bemerkbar macht. Als weitere Kontrolle der Nierenfunktion beobachtet man Blutwerte des Patienten.
  • Der Patient muss während der Zeit im Krankenhaus besonders viel trinken, bis zu 3 Liter am Tag. Nach drei Tagen kann er normalerweise wieder nach Hause gehen.
  • Mit einer PRRT kann man keine Heilung erzielen. Sie wird dann eingesetzt, wenn das Wachstum eines Tumors verzögert werden soll oder man das Tumorgewebe verringern will. Das gelingt in den meisten Fällen gut. Ergebnisse mehrerer europäischer Zentren zeigen dies: Etwa 86 Prozent der Tumore reagieren auf die Therapie. Wie stark sie reagieren, ist allerdings unterschiedlich. In etwa der Hälfte der Fälle hört der Tumor auf zu wachsen. Bei einem Drittel der Patienten schrumpft er um mindestens ein Viertel seiner Größe. Nur bei zwei Prozent der Patienten ist der Tumor nach der Behandlung komplett weg.
  • Die Therapie kann noch weitere positive Auswirkungen haben: Patienten berichten, dass Beschwerden zurückgehen, die der Tumor bei ihnen verursacht hatte. Außerdem kann sich die Lebenszeit verlängern.
  • Wie gut die Therapie bei einem Patienten tatsächlich gewirkt hat, prüfen die Ärzte nach zwei bis drei Monaten. Der Patient bekommt ein sehr schwach radioaktives Mittel. Bei einem anschließenden PET/CT oder einem SPECT/CT zeigen die Bilder die Zahl der Haftstellen. Ist sie stark zurückgegangen, gilt dasselbe auch für die Größe des Tumors.
  • Die meisten Patienten vertragen die PRRT gut und erleben keine starken Nebenwirkungen. Wenn es doch zu Nebenwirkungen kommt, sind diese geringer als das, was bei gängigen Chemotherapien auftritt.
  • Sehr selten haben Patienten allergische Reaktionen, während der Wirkstoff verabreicht wird.
  • Ebenfalls sehr selten berichten Patienten von Übelkeit, manchmal auch über Kopfschmerzen, die nach zwei Tagen aber meist wieder verschwinden.
  • Etwas länger fühlen sich manche Patienten müde – bis zu drei Wochen kann das dauern.
  • Bei wenigen Patienten kann der Haarwuchs etwas dünner werden.
  • Üblicherweise sind vorübergehende Veränderung des Blutbilds zu beobachten: weniger rote Blutkörperchen, Blutplättchen und weiße Blutkörperchen. Normalerweise werden deswegen keine zusätzlichen Therapien nötig, vorsichtshalber kontrollieren die Ärzte solche Entwicklungen aber engmaschig.
  • Wird die Therapie mehrfach wiederholt, kann dadurch die Nierenfunktion eingeschränkt werden. Manche Patienten müssen anschließend dauerhaft zur Dialyse.

Nach der PRRT übernehmen wieder der Hausarzt oder der Onkologe die Betreuung. Es ist sinnvoll, Blutbild und Nierenwerte häufig zu kontrollieren. Wenn ein Patient eine erneute PRRT plant, untersuchen die Ärzte vorab die Niere.

  • Eine PRRT kostet viel Geld. Die Therapiekosten werden i.d.R. von der Krankenkasse übernommen. In Einzelfällen kann ein vorheriger Antrag bei ihrer Krankenkasse erforderlich sein. Daher ist es sinnvoll, vor der Therapie Kontakt mit ihrer Krankenkasse aufzunehmen, um eine Kostenzusage zu bekommen. In anderen Fällen ist auch eine Behandlung im Rahmen von klinischen Studien möglich.
  • Patienten, die nicht in Deutschland krankenversichert sind, sollten sich so früh wie möglich in der Klinik melden. Dann lässt sich klären, ob ausländische Krankenkassen die Kosten übernehmen.

Für Patienten gelten während der PRRT einige Regeln zum Strahlenschutz: Sie dürfen die Station nicht verlassen und auch keinen Besuch empfangen.

Die Therapieindikation sollte immer durch ein interdisziplinäres Tumorboard (ggfs. durch das Tumorboard des Zentrums für Gastro-Intestinale Tumoren des Universitätsklinikum Tübingen) gestellt werden.

Prinzipiell kann die Radiopeptid-Therapie bei Patienten Neuroendokrinen Tumoren durchgeführt werden, wenn folgende Kriterien zutreffen:

  • Histologisch gesicherter NET mit einem Proliferationsindex (Ki 67) < 20%
  • Positiver Nachweis einer Somatostatinrezeptorexpression mittels PET/CT oder SPECT/CT
  • Tumorprogress unter/nach Standardtherapie bzw. nicht zufriedenstellend behandelbare klinische Symptomatik
  • Aussetzen einer Sandostatin-Therapie mit LAR mindestens 4 Wochen vor einem geplanten PRRT-Zyklus
  • Letztmalige Gabe einer Chemotherapie 6 - 8 Wochen vor einem geplanten PRRT-Zyklus und es liegt keine Knochenmarksdepression nach Chemotherapie vor
  • Keine wesentliche Einschränkung der Nierenfunktion

Da eine Radiopeptidtherapie potentiell nephrotoxisch wirken kann, ist posttherapeutisch eine regelmäßige Kontrolle der Nierenretentionsparameter notwendig. Vor jedem weiteren Zyklus sollte zuvor die Somatostatinrezeptorexpression mittels PET/CT und die Nierenfunktion mittels Nierenszintigraphie 99mTc-MAG3-Szintigraphie und 51Cr-Clearance erfolgen.

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