Nuklearmedizin und Klinische Molekulare Bildgebung
Department für Radiologie

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PSMA-Therapie

Was ist die PSMA-Therapie?

Die Peptid-Radio-Liganden-Therapie (PRLT) mit 177Lu-PSMA ist ein neues, vielversprechendes und nebenwirkungsarmes Verfahren, zur Behandlung von Metastasen des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms, bei denen die Hormon- wie auch die Chemotherapie nicht mehr wirken.

Die Abkürzung PSMA steht für Prostata-Spezifisches-Membran-Antigen, ein Eiweiß, welches als Erkennungsmerkmal vermehrt auf der Zelloberfläche von Prostatakarzinomzellen vorhanden ist.

Seit kurzem steht uns eine radioaktiv markierte Substanz zur Verfügung, welche an dieses PSMA binden kann. 

Aufgrund der sehr spezifischen Bindung („Schüssel-Schloss-Prinzip“) kann man ein radioaktiv strahlendes Arzneimittel direkt zum Tumor bringen, wo es andockt und die Tumorzellen bestrahlt. Diese Therapie kann den Tumor nicht heilen, aber das Wachstum verlangsamen und Beschwerden lindern. Erste Erfahrungen haben gezeigt, dass ein gutes Ansprechen erreicht werden kann.

Die Bestrahlung dauert nicht lange: Man wählt hierfür meist die radioaktive Substanz Lutetium 177, die nach sieben Tagen bereits zur Hälfte zerfallen ist. Die Strahlung reicht nur wenige Millimeter weit, so wird das gesunde Gewebe in der Umgebung weitgehend geschont.

Ihre Fragen

Die PSMA-Therapie kommt bei den Patienten mit vorbehandeltem Prostatakarzinom in Frage, bei denen es trotz optimaler Therapie (Operation, evtl. Bestrahlung, Hormontherapie, Chemotherapie und ggfs. Radionuklidtherapie mit Xofigo) zu einem weiteren Fortschreiten der Erkrankung kommt. Somit wird die PSMA-Therapie derzeit bei Prostatakarzinom Patienten angeboten, bei denen es sonst kaum noch Therapie-Alternativen gibt.

Ob eine PSMA-Therapie helfen kann und der richtige Weg ist, wird in jedem Fall interdisziplinär mit ihrem Urologen und beim persönlichen Gespräch von Arzt und Patient entschieden. Diagnostische Untersuchungen (68Ga-PSMA PET/CT oder PET/MR) vorab sollen zeigen, ob der Tumor die gewünschten Eigenschaften hat und das radioaktiv markierte Arzneimittel ausreichend speichert. Wichtig ist vor allem, dass er genügend Haftstellen für den Wirkstoff bietet. Darüber hinaus sind auch die Nieren und das Knochenmark zu beachten: Nur wenn ein Patient hier gute Werte hat, wenn die Nieren ausreichend arbeiten und das Knochenmark genügend Blut bilden kann, gilt die Therapie als sinnvoll.

  • Für eine PSMA-Therapie wird der Patient für zwei Nächte stationär in der Klinik aufgenommen. Normalerweise wird diese Therapie mehrfach wiederholt: Üblich sind vier Therapiezyklen, die im Abstand von etwa 8 Wochen eingeplant werden.
  • Vor der Therapie wird eine Kanüle in die Armvene beidseitig gelegt, dort bleibt sie während des gesamten Klinik-Aufenthalts. Über diese Kanüle fließen die Infusionen in den Körper. Neben dem radioaktiven Therapie-Medikament gehören dazu auch Wirkstoffe, welche die Nieren davor schützen, dass sie das radioaktive Medikament aufnehmen. Sie werden dem Patienten bereits vor der eigentlichen PSMA-Therapie, außerdem parallel und danach gegeben. Die Infusion mit dem radioaktiven Therapie-Medikament dauert etwa 30 Minuten.
  • Nach der Therapie können die Ärzte prüfen, wie sich das radioaktive Material verteilt hat und ob es gut aufgenommen und gespeichert wurde. Hierfür nutzen sie als Untersuchungsmethode die Szintigraphie oder eine SPECT/CT. Auf diese Weise lässt sich ermitteln, wie intensiv die Bestrahlung am Tumor wirkt. Die Ärzte achten zugleich auch auf die Nieren des Patienten: Sie kontrollieren, wie stark sich der Abbau des radioaktiven Medikaments in den Nieren bemerkbar macht. Als weitere Kontrolle der Nierenfunktion beobachtet man die Blutwerte des Patienten.
  • Der Patient muss während der Zeit im Krankenhaus besonders viel trinken, bis zu 3 Liter am Tag. Nach drei Tagen kann er normalerweise wieder nach Hause gehen.
  • Mit einer PSMA-Therapie kann man keine Heilung erzielen. Sie wird dann eingesetzt, wenn das Wachstum eines Tumors verzögert werden soll oder man das Tumorgewebe verringern will. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass dies in den meisten Fällen gut gelingt. Da die PSMA-Therapie eine neue Therapieoption ist, sind die Erfahrungen noch eingeschränkt. Wie stark ein Tumor auf die Therapie reagiert, ist allerdings unterschiedlich.
  • Die Therapie kann noch weitere positive Auswirkungen haben: Patienten berichten, dass Beschwerden zurückgehen, die der Tumor bei ihnen verursacht hatte. Außerdem kann sich die Lebenszeit verlängern.
  • Wie gut die Therapie bei einem Patienten tatsächlich gewirkt hat, prüfen die Ärzte nach dem zweitem Therapiezyklus nach ca. zwei bis drei Monaten. Der Patient bekommt ein sehr schwach radioaktives Mittel. Bei einem anschließenden PET/CT oder einem SPECT/CT zeigen die Bilder die Zahl der Haftstellen. Ist sie stark zurückgegangen, gilt dasselbe auch für die Größe des Tumors.
  • Die meisten Patienten vertragen die PSMA-Therapie gut und erleben keine starken Nebenwirkungen. Wenn es doch zu Nebenwirkungen kommt, sind diese geringer als das, was bei gängigen Chemotherapien auftritt.
  • Sehr selten haben Patienten allergische Reaktionen, während der Wirkstoff verabreicht wird. Ebenfalls sehr selten berichten Patienten von Übelkeit, manchmal auch über Kopfschmerzen, die nach zwei Tagen aber meist wieder verschwinden. Etwas länger fühlen sich manche Patienten müde – bis zu drei Wochen kann das dauern.
  • Bei wenigen Patienten kann der Haarwuchs etwas dünner werden.
  • Üblicherweise sind vorübergehende Veränderung des Blutbilds zu beobachten: weniger rote Blutkörperchen, Blutplättchen und weiße Blutkörperchen. Normalerweise werden deswegen keine zusätzlichen Therapien nötig, vorsichtshalber kontrollieren die Ärzte solche Entwicklungen aber engmaschig.
  • Wird die Therapie mehrfach wiederholt, kann dadurch die Nierenfunktion eingeschränkt werden. Manche Patienten müssen anschließend dauerhaft zur Dialyse.
  • Des Weiteren muss unter Umständen die Funktion der Speicheldrüsen kontrolliert werden, da es therapiebedingt auch zu einer Mundtrockenheit kommen kann.

Nach der PSMA-Therapie übernehmen wieder der Urologe oder der Onkologe die Betreuung. Es ist sinnvoll, Blutbild und Nierenwerte häufig zu kontrollieren. Wenn ein Patient eine erneute PSMA-Therapie plant, untersuchen die Ärzte vorab die Niere.

  • Die PSMA-Therapie ist noch keine Regelleistung der gesetzlichen Krankenkassen, jedoch werden die Therapiekosten in den Fällen übernommen, bei denen nach entsprechender Prüfung durch ein interdisziplinäres Tumorboard eine PSMA-Therapie als notwendig angesehen wurde bzw. eine systemische Chemotherapie von Seiten des Patienten explizit nicht erwünscht wird. Die Prüfung ob eine PSMA-Therapie angewendet werden kann erfolgt in unsere Klinik.
  • Patienten, die nicht in Deutschland krankenversichert sind, sollten sich so früh wie möglich in der Klinik melden. Dann lässt sich klären, ob ausländische Krankenkassen die Kosten übernehmen.

Für Patienten gelten während PSMA-Therapie einige Regeln zum Strahlenschutz: Sie dürfen die Station nicht verlassen und auch keinen Besuch empfangen.

Indikationsstellung zur Lutetium-177 PSMA Therapie

Die Therapieindikation muss individuell und ggfs. durch ein interdisziplinäres Tumorboard gestellt werden.

Die Indikationsstellung erfolgt patientenindividuell, da derzeit keine systematisch festgelegten Einschlusskriterien existieren. Entsprechend der DGN-Konsensusempfehlung sollten folgende Voraussetzungen im Regelfall vorliegen.

  • 1. Histologisch nachgewiesenes kastrationsresistentes Prostatakarzinom.
  • 2. Nicht-resektable Metastasierung.
  • 3. Tumorprogress unter leitliniengerechter Therapie.
    • Kastrationsresistenz
    • nach Xofigo®/Abirateron/Enzalutamid
    • nach Docetaxel/Cabazitaxel
    • unfit for chemotherapy
  • 4. Nachgewiesene PSMA Expression des überwiegenden Anteils der Tumormanifestationen in einer aktuellen PSMA Bildgebung (mittels Ga-68 PSMA PET/CT).
  • 5. Ausreichende Knochenmarksreserve
    • Leukozytenzahl > 3.000/µl
    • Thrombozytenzahl > 75.000/µl
  • 6. Allenfalls gering eingeschränkte Nierenfunktion: Kreatinin < 2xULN und unauffällige Nierenszintigrafie.
  • 7. AST oder ALT <5xUNL
  • 8. >6 Wo. Abstand zur letzten myelosuppressiven Vortherapie.

Da eine PSMA-Therapie potentiell nephrotoxisch wirken kann, ist posttherapeutisch eine regelmäßige Kontrolle der Nierenretentionsparameter notwendig. Vor jedem weiteren Zyklus sollte die Nierenfunktion mittels Nierenszintigrafie mit 99mTc-MAG3 und 51Cr-EDTA-Clearance kontrolliert werden.


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