Nuklearmedizin und Klinische Molekulare Bildgebung
Department für Radiologie

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Selektive Interne Radio-Therapie (SIRT)

Die Selektive Interne Radio-Therapie (SIRT) ist eine lokale Therapie, mit der bösartige Tumore der Leber behandelt werden können. Sie kommt in Frage, wenn andere Verfahren bei diesem Patienten ausscheiden.

Über die Leiste schieben die Ärzte einen Katheter in die Leber und bringen einen radioaktiven Wirkstoff direkt in den Leber-Tumor oder in Leber-Metastasen. Dort wirkt die Bestrahlung lokal intensiv, ohne umliegendes Gewebe zu schädigen.

Die Funktion der Sirt-Therapie - Ein Informationsfilm für Patienten

Ihre Fragen

Die SIRT kann nur bei Tumoren oder Metastasen in der Leber angewendet werden.

Zentrale Voraussetzung ist, dass diese Tumore eine gute Blutversorgung aus der Leber-Arterie erhalten. Das trifft häufig zu bei Leberkrebs. Aber es können auch Lebermetastasen sein, die von Brustkrebs ausgelöst wurden, von Krebs des Enddarms, der Bauchspeicheldrüse, des Gallengangs oder von neuroendokrinen Tumoren. Man behandelt außerdem Metastasen, die sich in Folge von Aderhautmelanomen oder von malignen Melanomen, einem speziellen Hautkrebs, in der Leber abgesiedelt haben.

  • Ob bei einem Patienten eine SIRT möglich ist und angewandt werden soll, entscheiden die behandelnden Ärzte gemeinsam mit dem Patienten.
  • SIRT kommt dann als weitere Option ins Spiel, wenn ein Patient nicht ausreichend auf eine Chemotherapie anspricht und wenn auch andere Verfahren ausscheiden, beispielsweise eine Operation oder die Radiofrequenzablation, das „innere Verkochen“.
  • Im Vorfeld werden die Leberwerte kontrolliert, sie müssen im Normbereich liegen oder dürfen nur leicht erhöht sein.
  • Eine SIRT-Therapie beinhaltet zwei stationäre Klinikaufenthalte. Beim ersten Aufenthalt wird die SIRT-Simulation durchgeführt. Hierzu wird der Patient für eine Nacht stationär in der Klinik aufgenommen. 
  • Beim zweiten Aufenthalt wird die eigentliche SIRT-Therapie durchgeführt. Hierzu wird der Patient für zwei Nächte stationär in der Klinik aufgenommen.
  • Nach einer SIRT muss man mindestens 6 Stunden liegen und erhält einen Druckverband der erst am nächsten Tag abgenommen wird.
    Bei der SIRT-Simulation erfolgt die Bildgebung gleich im Anschluss an die Simulation. Bei der SIRT-Therapie erfolgt die Bildgebung am Folgetag der Therapie.
  • SIRT ist eine Art Bestrahlung von innen. Sie wirkt sehr gezielt und nur auf kleinstem Raum.
  • Für eine SIRT-Behandlung wird die Leiste örtlich betäubt, damit man über die Leisten-Arterie einen dünnen Schlauch (Katheter) einführen kann. Die Spezialisten schieben diesen Schlauch bis in die Leber-Arterie und kontrollieren über Röntgenbilder, ob der Katheter wirklich optimal liegt. Durch diesen Schlauch wandern anschließend winzig kleine radioaktive Kügelchen, genannt Sphären, in die Leber. Sie werden ganz langsam verabreicht und vom Blutstrom zum Tumor transportiert, wo sie sich im Tumorgewebe verteilen. Ihre Strahlung zerstört Tumorgewebe. Weil die Kügelchen in den kleinen Blutgefäßen stecken bleiben, blockieren sie den Blutstrom und somit die Versorgung des Tumors. Das hungert den Tumor aus – die zweite Wirkungs-weise von SIRT.
  • Die Strahlung ist bei SIRT lokal intensiv, zugleich aber räumlich klar begrenzt und auch sehr gut kontrollierbar. Das liegt an den Eigenschaften der Sphären: Der Betastrahler Yttrium-90 hat eine Reichweite von nur zwei bis elf Millimetern. Wegen seiner Halbwertszeit von 64 Stunden zerfällt er innerhalb weniger Tage. Für eine Behandlung verwendet man mehrere Millionen Kügelchen. Ihr Durchmesser liegt bei etwa 35 bis 40 µm (Mikrometer). Das ist etwa ein Drittel einer Haaresbreite.
  • Das umliegende Leber-Gewebe wird bei SIRT geschont. Das funktioniert deswegen so gut, weil der Tumor und die Leber über unterschiedliche Blutsysteme versorgt werden: Das normale Leber-Gewebe wird hauptsächlich über die Pfortader durchblutet, der Tumor hingegen hängt an der Leber-Arterie, über die das radioaktive Material transportiert wird. So können die Ärzte die Strahlungswirkung auf den Tumor konzentrieren. Damit die Sphären nicht in andere Organe gelangen, können die Ärzte angrenzende Blutgefäße für diese Therapie auch gezielt verschließen.
  • Eine SIRT kann den Tumor nicht heilen. Vielmehr hat sie das Ziel, das Leben des Patienten zu verlängern und für eine bessere Lebensqualität zu sorgen. Die Therapie gilt als erfolgreich, wenn die Ärzte im Blut des Patienten einen Abfall der Tumormarker nachweisen können.
  • Nur in einzelnen Fällen war eine SIRT so erfolgreich, dass der Tumor dadurch stark schrumpfte und die restlichen Tumorzellen dann über eine Operation entfernt oder durch Radiofrequenzablation verkocht werden konnte.
  • Die meisten Patienten vertragen diese Behandlung gut.
  • Es gibt aber auch Patienten, die für eine kurze Zeit Schmerzen im Oberbauch haben, manchmal auch Übelkeit und Fieber. Diese Symptome lassen sich meist sehr gut behandeln und klingen nach einem oder zwei Tagen wieder ab.
  • Häufig sind Patienten nach einer SIRT noch über mehrere Tage oder Wochen müde und haben wenig Appetit.
  • Schwerwiegendere Nebenwirkungen sind sehr selten. Dazu kann es dann kommen, wenn trotz aller Vorsichtsmaßnahmen einige radioaktive Sphären in andere Organe geflossen sind, beispielsweise in Magen oder Dünndarm, Bauchspeicheldrüse, Gallenblase oder Lunge. Durch die Strahlung bilden sich möglicherweise Magen- oder Darmgeschwüre (Strahlenulcus), es kann auch eine strahlenbedingte Lungenentzündung auftreten (Strahlenpneumonitis).
  • Wenn ein Patient vorab bereits eine sehr eingeschränkte Leberfunktion hatte, kann sich die Leber einige Zeit später noch entzünden. Eine solche Strahlenhepatitis führt dazu, dass sich die Leberfunktion für eine gewisse Zeit oder auch auf Dauer verschlechtert. Damit es nicht so weit kommt, werden diese Patienten meist in zwei Therapie-Sitzungen behandelt, und man gibt ihnen zeitgleich auch Cortison.
  • Die Wunde an der Leiste bringt es mit sich, dass ein Patient die ersten sechs Stunden nach dem Eingriff liegen muss. Am Tag nach dem Eingriff wird untersucht, ob die SIRT am optimalen Ort ihre Wirkung entfaltet: Hierfür wird beim Patienten ein Szintigramm gemacht.
  • Ein Patient sollte nach einer SIRT regelmäßig zu seinem Facharzt für Onkologie gehen, der sich um die Nachsorge kümmert. Der Onkologe ist ab dann wieder erster Ansprechpartner für alle Fragen. Er kann, wenn es nötig wird, eine erneute SIRT in die Wege leiten.
  • Die Experten der Uniklinik unterstützen die Nachsorge durch regelmäßige Untersuchungen: PET/CT, Leber- (oder Ganzkörper-) MRT und Laborkontrollen, normalerweise alle drei Monate.
  • Eine SIRT kostet viel Geld. Die Therapiekosten werden i.d.R. von der Krankenkasse übernommen. In Einzelfällen kann ein vorheriger Antrag bei ihrer Krankenkasse erforderlich sein. Daher ist es sinnvoll, vor der Therapie Kontakt mit ihrer Krankenkasse aufzunehmen, um eine Kostenzusage zu bekommen. In anderen Fällen ist auch eine Behandlung im Rahmen von klinischen Studien möglich.
  • Patienten, die nicht in Deutschland krankenversichert sind, sollten sich so früh wie möglich in der Klinik melden. Dann lässt sich klären, ob ausländische Krankenkassen die Kosten tragen.

Strahlenschutz erfordert einige Zugeständnisse: Patienten sollten während ihrer Zeit in der Klinik die Station nicht verlassen und auch keinen Besuch empfangen.

Die Therapieindikation sollte immer durch ein interdisziplinäres Tumorboard gestellt werden. Es gilt zu bedenken, dass es sich bei der SIRT um eine palliative Therapieoption handelt, die das Überleben der Patienten vermutlich verlängert, jedoch nur in vereinzelten Ausnahmefällen eine Heilung der Tumorerkrankung erzielen kann, indem nach der SIRT durch eine deutliche Größenregredienz der Tumormanifestation beispielsweise eine Operation möglich wird.

Die endgültige Therapieindikation erfolgt nach einem kurzen stationären Aufenthalt, während dessen die technische Durchführbarkeit mittels einer vorbereitenden Angiographie und eines Tc-99 MAA SPECT/CT der Leber, überprüft werden soll. Damit eine sichere Behandlung der Patienten erfolgen kann, müssen die  Kontraindikationen berücksichtig werden:

Absolute Kontraindikationen:
  • Aszites (Bauchwasser)
  • Deutlich eingeschränkte Leberfunktion (Bilirubin über 1,8 – 2,0 mg/dl,
  • Gerinnungsparameter, Albumin)
  • Karnofsky – Index < 60 %
  • Lebenserwartung < 3 Monate
  • Schwangerschaft
  • Behandlung mit Capecitabine: Therapiepause vor SIRT 4-6 Wochen, nach SIRT 6 Wochen erforderlich
  • Vollständige Portalvenenthrombose bzw. Flussumkehr
  • Shuntvolumen zwischen Leber und Lunge > 15 %
  • In der Vorbereitungs-Angiographie Nachweis eines Rückstromes (Stromumkehr des Blutes)
  • in andere Organe bzw. nicht sicher platzierbarer Katheter
Relative Kontraindikationen:
  • Tumormanifestationen außerhalb der Leber (Ausnahmen möglich)
  • Teilthrombose der Pfortader
  • Shuntvolumen zwischen Leber und Lunge > 10% und < 15%; hier kann bei einer entsprechenden Dosisreduktion die Therapie ggf. dennoch durchgeführt werden

Die Therapie wird meist zweitzeitig im Abstand von 6 bis 8 Wochen durchgeführt. Zwischen beiden Therapiezyklen, wie auch nach Abschluss der Therapie sollte eine regelmäßige Kontrolle der Leberwerte erfolgen.

Durch die SIRT möglicherweise auftretende Komplikationen entstehen aufgrund eines dystopen Abstroms der Sphären in die benachbarten Organe. Hierdurch kann es zur Entstehung einer Gallenblasenentzündung, eines Magen- bzw.  Duodenalgeschwürs, einer Strahlenpneumonitis, sowie einer Pankreatitis kommen. Bei eingeschränkter Leberfunktion kann es in seltenen Fällen in den Wochen nach der Therapie zu einer Strahlenhepatitis (Leberentzündung) kommen. Eine weitere denkbare Komplikation könnte eine Infektion sein.

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