DIE FRUCHTBARKEIT ERHALTEN
Im Kinderwunschzentrum des Departments für Frauengesundheit Tübingen gibt es viele Wege, die Fruchtbarkeit vor einer Chemotherapie zu erhalten.
Gute Nachrichten gibt es für junge Frauen, die sich zum Beispiel aufgrund einer Krebserkrankung oder einer rheumatischen Erkrankung einer Chemotherapie unterziehen müssen. Im Kinderwunschzentrum des Departments für Frauengesundheit Tübingen werden die neuesten Möglichkeiten zum Erhalt der Fruchtbarkeit angeboten.
Eine Tumorerkrankung mit notwendiger Chemo- oder Strahlentherapie ist für die Betroffenen an sich schon eine schwere Belastung. Noch belastender kann es für junge Frauen und Mädchen sein, die sich vor dem Abschluss ihrer Familienplanung entsprechenden Therapien unterziehen müssen. In diesen Fällen kann es zusätzlich zu den üblichen belastenden Nebenwirkungen einer Chemotherapie in der Folge zu einer Beeinträchtigung der Fertilität kommen. Eine genaue Voraussage über das Ausmaß der Schädigung im Einzelfall ist schwierig zu treffen.
Bereits im Jahre 2006 haben sich Reproduktionsmediziner zusammengeschlossen zum Netzwerk fertiPROTEKT, um neueste medizinische Möglichkeiten auszutauschen und Frauen vor einer geplanten Chemo- oder Strahlentherapie bezüglich möglicher Maßnahmen zum Erhalt ihrer Fertilität zu beraten. Auch das Department für Frauengesundheit Tübingen war bereits seit der Gründung Mitglied. Die Beratung zum Thema Fertilitätserhalt mit der Option der Ermöglichung einer Schwangerschaft nach Abschluss der onkologischen Therapie ist für diese jungen Patientinnen sehr wichtig. Neben der schon länger praktizierten Methode des Einfrierens von befruchteten und unbefruchteten Eizellen hat sich das Einfrieren von Eierstockgewebe als weiterer fester Bestandteil der fertilitätserhaltenden Maßnahmen etabliert.
Die Schwangerschaftsraten bei der Retransplantation von Eierstockgewebe nach onkologischer Therapie liegen mittlerweile altersabhängig bei bis zu 33 Prozent. Hierbei werden kleine Streifen des minimalinvasiv entnommenen und in flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad eingefrorenen Eierstockgewebes mittels Bauchspiegelung in eine Bauchfelltasche der Beckenwand eingesetzt. Dieses Gewebe beginnt dann im Normalfall wieder Hormone und Eizellen zu produzieren und ein Eisprung findet statt. So ist sogar ein natürlicher Schwangerschaftseintritt möglich.
Vor der Entnahme des Eierstockgewebes erfolgt eine ausführliche Beratung der Patientinnen. Hierzu steht ein Team von vier Ärzt/innen, drei Biolog/innen und zwei Medizinisch-technischen Assistent/ innen am Kinderwunschzentrum des Departments für Frauengesundheit Tübingen zur Verfügung. Aktuell entscheidet sich nahezu jede Patientin für eine fertilitätserhaltende Maßnahme und etwa jede dritte Patientin für eine Entnahme von Eierstockgewebe. Sie bietet gegenüber der Methode des Einfrierens von Eizellen den Vorteil, dass keine bis zu dreiwöchige hormonelle Stimulationsbehandlung notwendig ist und so die onkologische Therapie zügig gestartet werden kann.
Der Eingriff der Gewebeentnahme ist für die Patientinnen wenig belastend. Bei der ambulant durchgeführten Bauchspiegelung geht der Operateur mit der Kamera über den Bauchnabel in den Bauchraum ein. Zur besseren Darstellung wird der Bauchraum dabei mit einem Gas gefüllt. Mit zwei weiteren kleinen Instrumenten, die über zwei kleine Einstiche eingebracht werden, wird dann circa die Hälfte eines Eierstocks entnommen und in das Kryolabor gegeben, wo es dann bei minus 196 Grad eingefroren wird. Die Operation dauert häufig weniger als 45 Minuten und wird von der Patientin sehr gut vertragen.
PD DR. MELANIE HENES
FÜR DAS TEAM DES KINDERWUNSCHZENTRUMS
DES DEPARTMENTS FÜR FRAUENGESUNDHEIT TÜBINGEN