Allgemeinanästhetika dämpfen die Aktivität des Zentralnervensystems. Einer der wichtigsten neuronalen Mechanismen der Allgemeinanästhesie ist die positive Modulation von GABAA-Rezeptoren durch Anästhetika. Nun gibt es aber nicht „den einen“ GABAA-Rezeptor, es sind im Gegenteil zahlreiche Subtypen des GABAA-Rezeptors bekannt. Welche dieser Subtypen für die Allgemeinanästhesie wichtig sind, ist jedoch ungeklärt.
Ein äußerst hilfreiches Modell hierbei stellen genveränderte Mäuse dar, bei denen z.B. ein Subtyp des GABAA-Rezeptors so verändert wurde, dass Benzodiazepine oder Anästhetika nicht mehr über diesen speziellen GABAA-Rezeptor-Subtyp wirken können.So bilden z.B. GABAA-Rezeptoren mit einer beta-3-Untereinheit einen Rezeptor-Subtyp, der im Neokortex vorkommt und deshalb für die hypnotische und amnestische Wirkkomponente von Narkosemitteln verantwortlich sein könnte.
Ein experimenteller Ansatz liegt nun darin vergleichende elektrophysiologische Untersuchungen an Zellkulturen durchzuführen, die aus dem Neokortex der beta-3-Mutante und des Wildtyps stammen. Mit diesen Experimenten wird geprüft, ob dieser Rezeptor-Subtyp für die zerebralen Wirkungen von Allgemeinanästhetika von Bedeutung ist. Konkret wird z.B. die Wirkung der intravenösen Hypnotika Etomidat und Propofol auf die Netzwerkaktivität und die durch GABAA-Rezeptoren vermittelte synaptische Übertragung quantifiziert. Analoge Untersuchungen führen wir an neuronalen Zellkulturen von diversen weiteren Mausmutanten (welche knock-in Mutationen in einer alpha-Untereinheit tragen) für eine Reihe von Benzodiazepinen durch. Die Identifikation von für die Allgemeinanästhesie relevanten Rezeptor-Subtypen kann die Entwicklung von Therapeutika voranbringen, die auf der molekularen Ebene spezifischer wirken als die derzeit verfügbaren.