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Klinische Immuntherapie

Die wissenschaftliche Arbeit der Forschungsgruppe Klinische Immuntherapie unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Lang umfasst folgende Schwerpunkte:

Forschungsschwerpunkte

Antikörperbasierte Immuntherapien spielen bei der Behandlung maligner Erkrankungen eine wichtige Rolle. Therapeutische Antikörper sind für eine Vielzahl an Indikationen bereits zugelassen, z.B. beim Melanom, Mammakarzinom, Neuroblastom, der AML und ALL.

Immuntherapeutische Antikörper binden an ein spezifisches Antigen, das sich zumeist auf der Oberfläche der Tumorzellen befindet. Dadurch können verschiedene Wirkmechanismen ausgelöst werden. Dazu zählen sowohl direkte Einflüsse des Antikörpers auf die Zielzelle als auch Mechanismen, die durch weitere Effektorzellen oder -moleküle vermittelt werden. Eine wichtige Effektorfunktion, die durch Rekrutierung von NK und γδ T-Zellen erreicht wird, ist die sog. antikörperabhängige zelluläre Zytotoxizität (ADCC), wobei mit Hilfe des Antikörpers NK Zellen in räumliche Nähe der Tumorzellen gebracht und aktiviert werden, was letztlich die Lyse der Tumorzellen bewirkt.

Unser Fokus liegt auf der präklinischen Evaluation diverser Antikörperkonstrukte, die gegen das Oberflächenantigen B7-H3 (CD276) gerichtet sind. B7-H3 ist auf einer Vielzahl an soliden Tumoren stark überexprimiert, während es auf gesundem Gewebe kaum zu finden ist. B7-H3 ist daher ein interessantes Zielantigen für antikörpervermittelte Immuntherapien. Wir untersuchen anti-B7-H3 Antikörperkonstrukte, die beispielsweise durch einen Aminosäureaustausch oder die Fusion mit Interleukinen (Immunozytokine), eine gesteigerte ADCC vermitteln sollen. Auch beim Neuroblastom, eine der häufigsten bösartigen Erkrankungen im Kindesalter, ist B7-H3 stark überexprimiert. Ein beim Hochrisiko-Neuroblastom bereits zugelassener therapeutischer Antikörper ist Dinutuximab beta, der aufgrund seines Zielantigens (GD2), das auch auf gesunden peripheren Nerven zu finden ist, zu erhebliche Nebenwirkungen führt. Im Rahmen der Behandlung des Neuroblastoms oder auch des Retinoblastoms, könnte ein solches Antikörperkonstrukt zukünftig zusätzlich oder als Alternative zu Dinutuximab beta eingesetzt werden.

Ein weiterer Antikörper, der zukünftig bei der Behandlung des Neuroblastoms eine Rolle spielen könnte, ist NG-CU. Dabei handelt es sich um ein bispezifisches Antikörperkonstrukt, das sowohl GD2 auf Neuroblastomzellen, als auch CD3 auf T-Zellen bindet. Anstelle von NK Zellen werden in diesem Fall T-Zellen als Effektorzellen rekrutiert. Der Einsatz von NG-CU wäre im Rahmen einer haploidenten Stammzelltransplantation (CD3/CD19‑depletiert) interessant. Während in der Anfangsphase nach Transplantation v.a. NK Zellen als Effektorzellen zur Verfügung stehen und Dinutuximab beta Verwendung findet, könnte mit zunehmender T-Zell Regeneration im späteren Verlauf NG-CU als Alternative oder zusätzlich zu Dinutuximab beta verabreicht werden, um neben NK Zellen auch T-Zellen als Effektoren anzupreschen und folglich eine tiefere und längere Remission zu erzielen.

Zur Behandlung der AML ist ein trispezifisches Antikörperderivat (Triplebody SPM-2) in der präklinischen Evaluation. SPM-2 trägt drei Domänen zur gleichzeitigen Bindung von CD33 und CD123 auf einer leukämischen Zelle, sowie CD16 auf einer NK Zelle, was zu einer selektiven und hoch-effizienten Lyse der Tumorzellen führt. Die Evaluation erfolgt zusammen mit NK Zell Präparaten, die durch Zugabe unterschiedlicher Zytokincocktails stimuliert werden, und so einen Memory-ähnlichen Phänotyp annehmen. Diese sog. CIML-NK Zellen wurden in klinischen Studien bereits erfolgreich verabreicht, im Zusammenspiel mit SPM-2 erhofft man sich ein gesteigertes zytolytisches Potential bei gleichzeitig günstigem Sicherheitsprofil. Zudem erhofft man sich durch das Abgreifen zweier Antigene eine Evasion des Tumors durch Antigenverlust zu reduzieren.

Kürzlich wurden außerdem die präklinischen Untersuchungen zu einem Fc-optimierten anti-CD19 Antikörper (Klon 4G7SDIE) zur Therapie der BCP-ALL, eine B-Zell-Leukämie, abgeschlossen. Dieser Antikörper wurde in einer universitätseigenen GMP-konformen Einrichtung hergestellt. Im Rahmen von Einzelheilversuchen konnte die MRD Last bei refraktär oder rezidivierten B-ALL Patienten nach haploidenter Stammzelltransplantation in 10/14 Fällen signifikant reduziert und bei Hochrisikopatienten das Ereignis-freie Überleben signifikant gesteigert werden. In in vitro Begleituntersuchungen wurde eine effektive ADCC gegen Blasten nachgewiesen. Derzeit ist eine klinische Phase I/II Studie zur immuntherapeutischen Verwendung von 4G7SDIE bei pädiatrischen Patienten mit rezidivierter oder refraktärer B-Zell-Leukämie in Vorbereitung.

In unserer Phase I/II Studie (NCT02258815) zur Verwendung von Dinutuximab beta nach haploidenter Stammzelltransplantation bei pädiatrischen Patienten mit Grad IV rezidivierten Neuroblastom konnte bei 55 % der Patienten in partieller Remission eine signifikante Reduktion der Tumorlast oder gar eine komplette Remission erreicht werden. Verglichen mit einer historischen Patientenkohorte, die lediglich eine Stammzelltransplantation erhalten hatte, konnte zusätzlich mit Dinutuximab beta das Ereignis-freie Überleben signifikant verbessert werden. Im Rahmen von Begleituntersuchungen wurden sowohl relevante Dinutuximab beta Serumspiegel als auch ADCC, CDC und das Vorhandensein funktionaler NK Zellen nachgewiesen.

Die Behandlung schwerer COVID-19-Verläufe stellt klinisch nach wie vor eine große Herausforderung dar. Ursächlich dafür ist auch, dass neue Virusvarianten neue Therapien erforderlich machen. Bei COVID-19 Patienten ist die Anzahl an T-Zellen im Blut reduziert und die vorhandenen T-Zellen verlieren ihre Proliferationsfähigkeit und zeigen einen überaktivierten und erschöpften Phänotyp. Bei Rekonvaleszenten erholt sich die Lymphopenie und sie weisen ein breites Repertoire an langlebigen virusspezifischen T-Zellen auf. In Kooperation mit der Uniklinik Köln, der Medizinischen Hochschule Hannover und Miltenyi Biotec werden in einer klinischen Studie COVID-19 Patienten mit SARS-CoV-2-spezifischen T-Zellen von rekonvaleszenten Spendern behandelt. Der adoptive T-Zell-Transfer wird bereits seit einigen Jahren zur Behandlung anderer Virusinfektionen bei immunsupprimierten Patienten eingesetzt. Die antivirale Wirkung von spezifischen T-Zellen beruht hauptsächlich auf der Fähigkeit von CD8+ T-Zellen infizierte Zellen zu erkennen und zu lysieren. In Tübingen werden die T-Zellen der Spender phänotypisiert und funktionell charakterisiert. Ziel ist es unter anderem herauszufinden, ob die Zusammensetzung des Leukapherisats und somit (einzelne) virusspezifische T-Zell-Subtypen das klinische Therapieansprechen relevant beeinflussen, um zukünftige Therapien zu optimieren. Außerdem sollen T-Zell-Rezeptoren mit hoher Reaktivität und Antigenspezifität identifiziert werden, um perspektivisch als Grundlage für die Herstellung von transgenen virusspezifischen T-Zellen zu dienen.

 

Nach einer allogenen Stammzelltransplantation besteht ein stark erhöhtes Risiko an einer Virusinfektion latent persistierender Viren wie Cytomegalovirus (CMV), Adenovirus (ADV) oder Epstein-Barr-Virus (EBV) zu erkranken, da Patienten in dieser Phase der Immunrekonstitution meist keine ausreichende T-Zell-vermittelte Immunabwehr besitzen.

Ein Ansatz ist die Behandlung mit autologen transgenen T-Zellen. Hierfür werden T-Zellen mit virusspezifischen Antigenen stimuliert, isoliert und T-Zell-Klone generiert. Aus diesen Klonen wird der variable Anteil des T-Zell-Rezeptors (TCR) amplifiziert und sequenziert, um die genaue Abfolge der Gensequenz des TCRs zu erhalten.  

Die identifizierte TCR-Sequenz virusspezifischer T-Zellen kann mithilfe eines lentiviralen Vektors in jede beliebige T-Zelle transduziert werden, um z.B. nach einer Stammzelltransplantation bei einem seronegativen Spender eingesetzt werden zu können.

Die akute lymphatische Leukämie (ALL) ist die häufigste bösartige Erkrankung bei Kindern. Eine Verringerung des Rückfallrisikos bei Patienten mit ALL stellt einen dringenden klinischen Bedarf dar. T-Zellen sind potente Effektoren gegen leukämische Blasten und diese Immunantworten können durch spezifische Peptidimpfungen induziert bzw. verstärkt werden. Es wurde bereits die Durchführbarkeit und Toxizität einer patientenindividuellen Peptidimpfung bei Patienten mit rezidivierender ALL innerhalb des DKTK-Projekts IVAC-ALL-1 untersucht. Nach der Impfung mit individualisierten Peptiden konnte gezeigt werden, dass spezifische T-Zell-Antworten induziert wurden. Im IVAC-AN Projekt sollen nun die durch die Peptidimpfung hervorgerufenen T-Zell-Antworten detailliert analysiert und charakterisiert werden: Die Fähigkeit der induzierten T-Zellen die Tumorzellen zu erkennen und zu vernichten steht hierbei im Mittelpunkt. Außerdem sollen die T-Zell-Rezeptorgene sequenziert werden, um für weitere Untersuchungen unabhängig von den begrenzt zur Verfügung stehenden T-Zell-Klonen zu sein. Des Weiteren könnten für eine innovative T-Zell-Transfertherapie TCR-transgene T-Zellen generiert werden. Die Analyse der Sequenzierungsdatensätze bzgl. verschiedener Mutationsspektren und/oder dysregulierter Signalwege soll helfen, potentiell einen Rückfall vorhersagen und Resistenz- und Immunevasionsmechanismen zu erkennen, die als mögliche neue (immun-) therapeutische Ziele dienen können. Mit Hilfe der massenspektrometrischen Analyse soll die Präsentation von tumorspezifischen Neoantigenen auf den HLA-Molekülen der Leukämieblasten untersucht werden.

Leitung

Prof. Dr. med. Peter Lang


E-Mail-Adresse: 07071 29-80894 Sekretariat Christel Winkler


E-Mail-Adresse: Christel.Winkler@med.uni-tuebingen.de


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Das Team der Forschungsgruppe Klinische Immuntherapie

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