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Labor für Neonatale Immunologie und Immuntoleranz

Das Immunsystem ist entscheidend für unsere Gesundheit, da es schädliche Mikroorganismen abwehrt und uns so vor Infektionen schützt. Während der Fetal- und Neugeborenenzeit ist das Immunsystem vor ganz besondere Herausforderungen gestellt. Vor der Geburt befindet sich der Fetus in einer keimarmen Umgebung, abgeschirmt von Bakterien, Viren und Allergie auslösenden Stoffen. Die wichtigste Aufgabe zu dieser Zeit ist es, dass sich mütterliches und kindliches Immunsystem nicht gegenseitig abstoßen, um Fehl- oder Frühgeburt zu verhindern. Um dies zu gewährleisten werden bestimmte Immunfunktionen während der Schwangerschaft gedrosselt. Nach der Geburt muss sich das Immunsystem an völlig neue Gegebenheiten anpassen - krankheitsauslösende Keime müssen sofort abgewehrt werden, gleichzeitig muss aber die normale Bakterienbesiedlung, die Entwicklung des Mikrobioms erfolgen. Diese Übergangsphase macht Neu- und ganz besonders Frühgeborene anfällig für Infektionen. 

Das Verständnis des  neonatalen Immunsystems setzt ein Verständnis des fetalen Funktionszustandes voraus. Viele Mechanismen der mütterlichen Immunregulation während der Schwangerschaft überschneiden sich mit denen der neonatalen Immunadaptation. Im Labor für Neonatale Immunologie und Immuntoleranz sind daher Arbeitsgruppen vereint, die sich schwerpunktmäßig mit immunologischen Toleranzmechanismen (AG Immuntoleranz) und neonataler Infektionsabwehr (AG neonatale Infektionsimmunologie) befassen. Ziel unserer Forschung ist es, die Entstehung und die Regulation von  Entzündungsreaktionen vor und nach der Geburt besser zu verstehen und sowohl Schwangerschaftskomplikationen wie Präeklampsie und Fehlgeburten besser behandeln zu können als auch Infektionen und entzündungsbedingte Schäden nach der Geburt verhindern zu können und so die Überlebenschancen von Früh- und Neugeborenen zu verbessern und lebenslange Behinderung zu vermeiden.

Dr. med. Natascha Köstlin-Gille

Leitung

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Projekte

Projekte

Fehlgeburten sind eine der wichtigsten Schwangerschaftskomplikationen überhaupt. Mindestens 25%, wahrscheinlich bis zu 50% aller Frauen erleben einen Fehlgeburt. Damit es während der Schwangerschaft zu keiner Abstoßung des Feten und damit zu einer Fehlgeburt kommt, muss das mütterliche Immunsystem so reguliert werden, dass es den fremden Organismus „toleriert“. Myeloide Suppressorzellen (MDSC) sind myeloide Zellen mit hemmender Aktivität auf andere Immunzellen. Wir konnten zeigen, dass es während einer Schwangerschaft zu einer Akkumulation von MDSC kommt und dass diese Zellen wichtig sind für den Schwangerschaftserhalt. Das MHC-I-Molekül HLA-G (human leucocyte antigen G) ist ein immunregulatorisches Molekül das hauptsächlich in der Schwangerschaft exprimiert wird. In unserem Projekt untersuchen wir den Einfluss von HLA-G auf die Akkumulation und Funktion von MDSC während der Schwangerschaft und auf den Schwangerschaftserhalt. Ziel ist es, die Basis für eine immunologische Therapie bei Fehlgeburten zu entwickeln.

Projektverantwortliche: Stefanie Dietz, M. Sc.

Funding: DFG Sachbeihilfe

Infektionen sind eine der wichtigsten Komplikationen bei der Behandlung von Frühgeborenen und nicht selten Ursache für Tod oder schwere Folgeerkrankungen. Die erhöhte Anfälligkeit für Infektionen bei Neu- und Frühgeborenen wird auf einen veränderten Funktionszustand des Immunsystems zurückgeführt. Die meisten Infektionen bei Neugeborenen gehen von den Schleimhäuten aus, insbesondere im Magen-Darm-Trakt aus. Daher ist das dort lokalisierte Immunsystem (mukosales Immunsystem) und die Zusammensetzung der Darmflora beim Neugeborenen besonders wichtig. Bisher ist nur wenig darüber bekannt, wie die Ausreifung des mukosalen Immunsystems und die Etablierung der gesunden Darmflora reguliert wird. Muttermilch enthält neben einer optimalen Nährstoffzusammensetzung auch Immunzellen. Wir konnten zeigen, dass relevante Zahlen an immunregulatorisch wirkenden myeloiden Suppressorzellen (MDSC) in der Muttermilch enthalten sind. In unserem Projekt untersuchen wir die Bedeutung von MDSC in der Muttermilch für die Immunregulation des Neugeborenen und die Etablierung der Darm-Flora. 

Projektverantwortlicher: Natascha Köstlin-Gille und cand. med. Luzia Uhlig

Funding: Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie (DGPI), Medizinische Fakultät Tübingen, DFG Sachbeihilfe

Die neonatale Sepsis ist eine der wichtigsten Todesursachen von Neu- und Frühgeborenen. Nicht selten kommt es infolge einer Infektion zu schwerwiegenden Komplikationen wie der bronchopulmonalen Dysplasie (BPD) oder der periventrikulären Leukomalazie (PVL). Die erhöhte Infektanfälligkeit wird zurückgeführt auf eine veränderte Reaktion neonataler Immunzellen im Vergleich zu Immunzellen des Erwachsenen. Immun-Checkpoint-Moleküle (ICM) sind inhibitorische Rezeptoren, die von Immunzellen exprimiert werden und immunsuppressive Signalwege im Rahmen der T-Zell-Aktivierung vermitteln. Besondere Bedeutung erlangten ICM im Rahmen der Krebstherapie; hier konnten in den letzten Jahren beeindruckende therapeutische Erfolge durch die Blockade von ICM mittels Immun-Checkpoint Inhibitoren (ICI) und eine daraus resultierende Aufhebung der immunologischen Toleranz gegenüber dem Tumor erzielt werden. In unserem Projekt untersuchen wir die Expression von ICM auf Immunzellen des Neugeborenen und deren Bedeutung für die neonatale Immunantwort.

Projektverantwortliche: Janine Hebel

Funding: Jürgen Manchot-Stiftung

Einer der wichtigsten Gründe für Frühgeburtlichkeit ist die Präeklampsie (PE), welche in 2 von 10 Schwangerschaften auftritt. Die PE ist eine hypertensive Schwangerschaftserkrankung, die nur durch die Geburt des Kindes "geheilt" werden kann. Pathogenetisch spielen für die PE eine gestörte Trophoblasteinwanderung und ein vermindertes Spiralarterienremodelling, sowie immunologische Veränderungen eine Rolle.

Myeloide Suppressorzellen (MDSC) sind myeloide Zellen mit suppressiver Wirkung auf andere Immunzellen, welche unter pathologischen Zuständen wie Tumorerkrankungen und Infektionen akkumulieren und die Immunantwort unterdrücken. Unsere Gruppe konnte zeigen, dass MDSC auch während der physiologischen Schwangerschaft im mütterlichen und fetalen Organismus akkumulieren und eine Bedeutung für die Aufrechterhaltung der fetomaternalen Toleranz haben. Die Rolle von MDSC bei der Pathogenese der PE ist bisher nicht untersucht.

In diesem Projekt untersuchen wir die Bedeutung von MDSC für die Pathogenese der Präeklampsie und die Interaktion von ATP/Adenosin mit MDSC als möglichen zugrundeliegenden Mechanismus.

 

Projektverantwortliche: Stefanie Dietz, M. Sc.

Die bronchopulmonale Dysplasie (BPD) ist eine chronische Atemwegserkrankung und mit einer Häufigkeit von bis zu 40% eine der wichtigsten Komplikationen bei sehr kleinen Frühgeborenen. Die BPD ist eng assoziiert mit einem schlechten neurologischen Outcome und einer verminderten Lungenfunktion im späteren Leben. Bisher sind die Optionen zur Prävention der BPD sehr limitiert. 

Lange Zeit galt die Lunge als „steriles“ Organ, in den letzten Jahren konnte jedoch eine Reihe von Studien zeigen, dass auch die Lungen ein Mikrobiom beherbergen und dass die Kolonisation der Lungen bei Neugeborenen wichtig für die Ausreifung des pulmonalen Immunsystems ist. 

Ansätze zur Modulation des Mikrobioms durch Probiotika zur Prävention von Erkrankungen wurden bereits vielfach untersucht. Das für die Neonatologie bedeutendste Beispiel ist die orale Applikation von Probiotika (Lactobacilli und Bifidobacterium spp.) zur Prävention der NEC. Für Atemwegserkrankungen konnte im Mausmodell gezeigt werden, dass oral, sowie intranasal verabreichte Probiotika (Lactobacilli und Bifidobacterium spp.) vor pulmonalen Infektionen und Asthma schützen. Für die BPD gibt es lediglich Daten, die als Nebeneffekt in Studien, in denen eigentlich der Effekt einer oralen Probiotikagabe auf das Auftreten der NEC untersucht wurde, auch die Auswirkung auf die BPD analysierten, hier jedoch keine günstigen Effekte nachweisen konnten. Bisher ist aber noch völlig unklar, ob oral verabreichte Probiotika das Lungenmikrobiom überhaupt beeinflussen. Studien, in denen Probiotika inhalativ oder wenigstens intranasal oder oropharyngeal verabreicht wurden existieren bisher nicht. 

In diesem Teilprojekt untersuchen wir die Rolle des Atemwegsmikrobioms für die Pathogenese der BPD und wollen die Applikation von inhalativen Probiotika als möglichen präventiven Ansatz im Tiermodell testen.

 

Projektverantwortliche: Jessica Rühle, M. Sc., cand. med. Xenia Rückle

Funding: Jürgen Manchot Stiftung, IZKF-Promotionskolleg der Medizinischen Fakultät Tübingen

Das intestinale Mikrobiom trägt wesentlich zu den physiologischen Vorgängen im Körper bei. Es schützt vor Infektionen, hilft bei der Aufschlüsselung wichtiger Nahrungsbestandteile sowie beim Abbau von Toxinen und Karzinogenen in der Nahrung und produziert essentielle Aminosäuren und Vitamine. Außerdem scheint das intestinale Mikrobiom eine entscheidende Rolle bei der Reifung des Immunsystems in der Neonatalzeit sowie auch bei der Immunregulation im späteren Leben zu spielen. Umgekehrt kann das Mikrobiom im Falle einer pathologischen Zusammensetzung (Dysbiose) auch an der Entstehung verschiedenster Erkrankungen wie chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Adipositas, Diabetes oder Allergien beteiligt sein. 

Hinsichtlich der Bedeutung des intestinalen Mikrobioms für einen erfolgreichen Schwangerschaftsverlauf ist bisher wenig bekannt. Verschiedene Studien konnten einen Zusammenhang zwischen einer bakteriellen Vaginose, d.h. einer atypischen vaginalen Besiedlung v.a. mit Anaerobiern, und Frühgeburtlichkeit, bzw. späten Aborten aufzeigen. Auch konnte gezeigt werden, dass es während der Schwangerschaft zu Veränderungen in der Komposition des intestinalen Mikrobioms kommt. Bisher ist jedoch nicht untersucht, ob die Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms vor Eintritt der Schwangerschaft Auswirkungen auf deren Verlauf hat. Dieser Frage wollen wir uns in diesem Projekt nähern.

 

Projektverantwortliche: Dr. rer. nat. Stefanie Dietz, cand. med. Anna Herbst, cand. med. Samantha Kewitz, Dr. med. Inna Borodai 

Funding: IZKF-Promotionskolleg der Medizinischen Fakultät Tübingen

Das Mikrobiom insbesondere des Gastrointestinaltrakts ist ein wesentlicher Faktor für Gesunderhaltung und Krankheit. Die wesentliche Prägung des Mikrobioms findet in der Neonatalzeit statt. Welche Faktoren die Etablierung eines gesunden Mikrobioms hervorrufen ist bisher unklar. Myeloide Suppressorzellen (MDSC) sind myeloide Zellen mit immunsuppressiven Eigenschaften, die während der Neonatalzeit in deutlich erhöhter Zahl vorkommen. Ob  MDSC an der Regulation der Inflammationsantwort während der Etablierung des intesinalen Mikrobioms eine beteiligt sind, ist unklar. In dem Projekt wird in verschiedenen Mausmodellen die Interaktion des neonatalen Immunsystems mit dem sich entwickelnden Mikrobiom untersucht. Insbesondere wird die Wirkung von MDSC im Intestinaltrakt auf Mikrobiom-assoziierte Entzündungsreaktionen ermittelt. Das Projekt ist Teil des Forschungskonsortiums PRIMAL https://primal-studie.de/primal-consortium/

Projektleitung: PD Dr. med. Christian Gille, Dr. med. Natascha Köstlin-Gille

Funding: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)

Die Neonatale Sepsis ist eine der Hauptursachen für neonatale Morbidität und Mortalität. Faktoren die zur erhöhten Infektanfälligkeit in der Perinatalzeit betragen sind bisher nur unvollständig verstanden. Myeloide Suppressorzellen (MDSC) sind myeloide Zellen mit immunsuppressiven Eigenschaften, die während der Fetal- und Neonatalzeit in deutlich erhöhter Zahl vorkommen. Welche Rolle MDSC in der Neugeborenensepsis spielen ist bisher unklar. In dem Projekt wird in einem murinen Modell der neonatalen Sepsis die Bedeutung von MDSC für die Erregerabwehr und die Entzündungskontrolle untersucht. 

(©DZIF/Blitzfang)

Bakterielle Infektionen sind eine der wichtigsten Todesursachen von Frühgeborenen. In Deutschland entwickelt ungefähr jedes dritte Frühgeborene unter 1500g (very low birthweight infant, VLBWI) mindestens eine bakterielle Infektion während seines Aufenthaltes auf der neonatologischen Intensivstation. Aus diesem Grund erhalten bis zu über 80% aller Frühgeborenen innerhalb ihrer ersten Lebenswoche Antibiotika. Eine so frühe Antibiotikatherapie führt aber auch zu einer Störung der Entwicklung der Darmflora, welche wichtig ist für die Ausreifung des Immunsystems des Neugeborenen. In unserem Projekt untersuchen wir den Einfluss einer frühen Antibiotikatherapie auf die Immunantwort von Frühgeborenen und auf die Zusammensetzung der Darmflora.

Projektverantwortliche: Laura Haag

Laufende Förderungen, Abgeschlossene Projekte, Promotionen der Arbeitsgruppe

Kooperationen und Förderung

  • Prof. Handgretinger, Klinik für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Abteilung Onkologie (Etablierung eines humanisierten Mausmodells mit Nabelschnurblutstammzellen)
  • Dr. Kirsten Lauber, Department für Innere Medizin, Sektion Molekulare Gastroenterologie (Phagozytose von apoptotischen Partikeln durch neonatale Monozyten)
  • Dr. Matthias Krusch, Department für Innere Medizin, Abteilung Onkologie (Untersuchung des CD95-Signaltransduktionswegs bei neonatalen Monozyten)
  • Prof. Sandra Beer-Hammer, Institut für experimentelle und klinische Pharmakologie, Universitätsklinikum Tübingen
  • Prof. Orlikowsky, Universitätsklinikum Aachen, Sektion für Neonatologie (Neonatale Monozyten)
  • Prof. Spittler, Klinikum der Universität Wien, Abteilung Experimentelle Chirurgie (Untersuchung des Toll-like-Rezeptor Signalwegs bei neonatalen Monozyten)
  • Prof. Kempf, Universitätsklinikum Frankfurt (Bakterielle Sepsis)
  • Prof. Martin Lacher, Abteilung für Kinderchirurgie, Universitätsklinikum Leipzig
  • Prof. Jürgen Pollheimer, Abteilung für feto-maternale Medizin, Universität Wien
  • Prof. Christoph Härtel, Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck
  • Prof. Andreas Müller, Abteilung für Neonatologie, Universitätsklinikum Bonn
  • Dr. rer. nat Shrey Kohli, Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik, Universitätsklinikum Leipzig
  • Prof. Holger Eltzschig, Department of Anesthesiology at the University of Texas, USA
  • Prof. Simon Robson, Beth Israel Deaconess Medical Center, Boston, USA

Zertifikate und Verbände