Hypophyse und Hypophysenchirurgie (Endokrine Neurochirurgie)

die Hypophysenchirurgie stellt einen Schwerpunktbereich im Leistungsspektrum der Neurochirurgischen Klinik am Universitätsklinikum Tübingen dar.

Die Arbeitsgruppe Hypophyse und Hypophysenchirurgie beschäftigt sich wissenschaftlich mit folgenden Projekten:

Bei Raumforderungen im Bereich der Hirnanhangsdrüse handelt es sich in den allermeisten Fällen um gutartige Geschwülste. Mit etwa 90% der Geschwülste bilden die Hypophysenadenome die größte Gruppe. Bei 10-20% der gesunden Bevölkerung findet sich als Zufallsbefund ein sehr kleines Hypophysenadenom, das jedoch nicht behandlungsbedürftig ist. Oft zeigt sich bei Verlaufskontrollen auch keine Größenzunahme. Werden jedoch Hypophysenadenome im Makroadenom-Stadium (>10 mm) diagnostiziert, dann besteht ein hohes Risiko einer weiteren Größenzunahme. Allerdings lagen bislang keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über die präzise Wachstumsgeschwindigkeit dieser größeren und behandlungsbedürftigen Adenome vor. Ein Schwerpunkt unserer Forschung beschäftigt sich deshalb mit der Wachstumsdynamik von Hypophysenadenomen (Abbildungen 1&2).

In Zusammenarbeit mit den Kollegen der Neuroradiologie konnten auch typische bildgebende Befunde bei Adenomen, die einen Überschuss an Wachstumshormon produzieren und das Krankheitsbild „Akromegalie“ verursachen, identifiziert werden [2].

Abbildung 1: Die Kernspintomographien zeigen die Größenzunahme eines Hypophysenadenoms im zeitlichen Verlauf.
Abbildung 1: Die Kernspintomographien zeigen die Größenzunahme eines Hypophysenadenoms im zeitlichen Verlauf.
Wachstumsdynamik eines schnell wachsenden Hypophysenadenoms. Es zeigt sich ein logarithmisches Wachstum während der gesamten Beobachtungsperiode (links: lineare Darstellung; rechts: semilogarithmische Darstellung).
Abbildung 2: Wachstumsdynamik eines schnell wachsenden Hypophysenadenoms. Es zeigt sich ein logarithmisches Wachstum während der gesamten Beobachtungsperiode (links: lineare Darstellung; rechts: semilogarithmische Darstellung).

Ausgewählte Literatur:

  • [1] Honegger J, Zimmermann S, Psaras T, et al.: Growth modelling of non-functioning pituitary adenomas in patients referred for surgery. Eur J Endocrinol 2008; 158:287-294
  • [2] Bier G, Hempel JM, Grimm F, et al.: Quantification of specific growth patterns and frequency of the empty sella phenomenon in growth hormone-secreting pituitary adenomas. Eur J Radiol. 2018;104:79-86       

Unsere Arbeitsgruppe beschäftigt sich in Kooperation mit Grundlagenwissenschaftlern mit den zellulären und molekularen (genetischen) Merkmalen von Hypophysentumoren. Das Ziel der Forschung ist es, genetische Faktoren zu identifizieren, die einen Einfluss auf die Entstehung und Größenzunahme dieser Tumore haben. Daraus ergeben sich Ansatzpunkte für eine gezielte Therapie. Als klinischer Partner stellen wir bei der Operation entnommenes, überschüssiges Tumorgewebe für die Grundlagenforschung zur Verfügung und erheben selbst die klinischen Daten der Patienten. Die Bedeutung der Forschungsergebnisse auf zellulärer Ebene wird ersichtlich, wenn sie in Bezug gesetzt werden zu den klinischen Parametern [1, 2]. 

Eine Kooperation besteht mit Professor Dr. Natalia Pellegata (Helmholtz Center Munich), deren Arbeitsgruppe sich mit molekularen Ursachen für die Entstehung gonadotropher Adenome beschäftigt [3] (siehe auch Abbildung 3)

Eine weitere Kooperation besteht mit Professor Dr. Martin Reincke (Direktor der Medizinischen Klinik, Campus Innenstadt, Universität München), dessen Forschungsgruppe die genetischen Ursachen für die Entstehung von ACTH (adrenocorticotropes Hormon)-sezernierenden Hypophysenadenomen und die zellulären Regulationsmechanismen dieser Adenome untersucht. Seine Arbeitsgruppe hat erstmals eine genetische Ursache für die Entstehung eines Morbus Cushing nachgewiesen. Es handelt sich dabei um eine Mutation des USP8 (ubiquitin-specific protease 8) Gens. An Folgeprojekten zur weiteren Erforschung des Gens ist unsere Arbeitsgruppe beteiligt  [4, 5, 6, 7].

Eine wissenschaftliche Kooperation besteht mit der Abteilung für Neuropathologie am Universitätsklinikum Tübingen. Die Wissenschaftler der Neuropathologie untersuchten in einem gemeinsamen Projekt die Epigenetik von Hypophysenadenomen.Die Epigenetik erforscht Faktoren, die die Aktivität der DNA (genetischer Code) beeinflussen [8].Zusätzlich zu den epigenetischen Faktoren werden im Rahmen der Kooperation auch biologische Marker von Hypophysentumoren und deren Bedeutung für die Diagnosestellung und für den klinischen Verlauf der Erkrankung erforscht [9, 10, 11]. 

Beispiel von 3D Zellkulturen von Hypophysenadenomen. Grün: Nachweis von Zellen mit mTOR (wichtiges Protein für zelluläre Signalwege). Rot: Zellen in der Teilungsphase (Abbildung zur Verfügung gestellt von N. Pellegata, Helmholtz Center Munich).
Beispiel von 3D Zellkulturen von Hypophysenadenomen. Grün: Nachweis von Zellen mit mTOR (wichtiges Protein für zelluläre Signalwege). Rot: Zellen in der Teilungsphase (Abbildung zur Verfügung gestellt von N. Pellegata, Helmholtz Center Munich).

Ausgewählte Literatur:

  • [1] Saeger W, Petersenn S, Schöfl C, et al.: Emerging histopathological and genetic parameters of pituitary adenomas: clinical impact and recommendation for future WHO classification. Endocr Pathol. 2016;27(2):115-22
  • [2] Saeger W, Honegger J, Theodoropoulou M, et al.: Clinical impact of the current WHO classification of pituitary adenomas. Endocr Pathol. 2016; 27(2):104-14
  • [3] Lee M, Lupp A, Mendoza N, et al.: SSTR3 is a putative target for the medical treatment of gonadotroph adenomas of the pituitary. Endocr Relat Cancer 2015; 22:111-119
  • [4] Pérez-Rivas LG, Theodoropoulou M, Puar TH, et al.: Somatic USP8 mutations are frequent events in corticotroph tumor progression causing Nelson’s tumor. Eur J Endocrinol 2017; doi: 10.1530/EJE-17-0634 [Epub adhead of print]
  • [5] Pérez-Rivas LG, Theodoropoulou M, Ferraù F, et al.: The gene of the ubiquitin-specific protease 8 is frequently mutated in adenomas causing Cushing’s disease. J Clin Endocrinol Metab 2015; 100:E997-1004
  • [6] Albani A, Pérez-Rivas LG, Dimopoulou C, et al.: The USP8 mutational status may predict long-term remission in patients with Cushing’s disease. Clin Endocrinol (Oxf). 2018; 89:454-458.
  • [7] Sbiera S, Pérez-Rivas LG, Taranets L, et al.: Driver mutations in USP8 wild-type Cushing’s disease. Neuro Oncol. 2019; 21(10):1273-1283
  • [8] Ebrahimi A, Schittenhelm J, Honegger J, et al.: Histone acetylation pattern of typical and atypical pituitary adenomas indicate epigenetic shift of these tumours. J Neuroendocrinol 2011; 23:525-530
  • [9] Ebrahimi A, Honegger J, Schluesener H, et al.: Osteonectin expression in surrounding stroma of craniopharyngiomas: association with recurrence rate and brain infiltration. Int J Surg Pathol 2013; 21:591-598
  • [10] Grimm F, Maurus R, Beschorner R, et al.: Ki67 labeling index and expression of p53 are non-predictive for invasiveness and tumor size in functional and nonfunctional pituitary adenomas. Acta Neurochir (Wien). 2019;161(6):1149-1156
  • [11] Behling F, Honegger J, Skardelly M, et al.: High expression of somatostatin receptors 2A, 3, and 5 in corticotroph pituitary adenoma. Int J Endocrinol. 2018;1763735

Bei der Hypophysitis handelt es sich um eine seltene Autoimmun-Erkrankung, im Rahmen derer es zu einer Entzündung der Hypophyse kommt. Mit den gängigen diagnostischen Verfahren ist eine Unterscheidung von den zahlenmäßig dominierenden Hypophysenadenomen oft schwierig. Da sich die Therapien jedoch unterscheiden, ist eine frühzeitige Erkennung der Erkrankung besonders wichtig. Unter Federführung von Prof. Dr. Jürgen Honegger führte die Arbeitsgemeinschaft Hypophyse und Hypophysentumore der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) eine nationale Erhebung zur Hypophysitis durch, um die typischen diagnostischen Zeichen der Hypophysitis zu identifizieren (Abbildung 4). Mit der Studie, an der führende endokrinologische und neurochirurgische Zentren teilnahmen, konnten aufgrund der hohen Fallzahl auch erstmals die Ergebnisse der gängigen therapeutischen Optionen – Beobachtung, Operation, Kortisontherapie - direkt miteinander verglichen werden [1, 2]. Neue Fälle werden weiterhin gesammelt und ausgewertet [3].

Die Kernspintomographie zeigt eine Hypophysitis. Links: Koronare Schnittführung. Rechts: Bei sagittaler Schnittführung ist eine Verdickung des Hypophysenstiels (gelber Pfeil) als charakteristisches Zeichen einer Hypophysitis zu sehen.
Die Kernspintomographie zeigt eine Hypophysitis. Links: Koronare Schnittführung. Rechts: Bei sagittaler Schnittführung ist eine Verdickung des Hypophysenstiels (gelber Pfeil) als charakteristisches Zeichen einer Hypophysitis zu sehen.

Ausgewählte Literatur:

  • [1] Honegger J, Buchfelder M, Schlaffer S, et al.: Treatment of primary hypophysitis in Germany. J Clin Endocrinol Metab 2015; 100:3460-3469
  • [2] Honegger J, Schlaffer S, Menzel C, et al.: Diagnosis of primary hypophysitis in Germany. J Clin Endocrinol Metab 2015;100:3841-3849
  • [3] Gendreitzig P, Honegger J, Quinkler M: Granulomatous hypophysitis causing compression of the internal carotid arteries reversible with azathioprine and rituximab treatment. Pituitary 2020; 23(2):103-112

Seit Oktober 2011 steht in Tübingen der erste deckenmontierte intraoperative Kernspintomograph Europas zur Verfügung. Es handelt sich um ein sogenanntes Hochfeld-Gerät mit einer Feldstärke von 1,5 Tesla. In Ruheposition befindet sich dieses Gerät in einer Parkbucht. Die Besonderheit besteht darin, dass der Kernspintomograph zur Durchführung der intraoperativen Kontrolle während der Operation mit Hilfe eines Schienensystems zum Patientenherausgefahren wird. Dieses Konzept bietet folgende Vorteile:

  • Da der Kernspintomograph in Ruheposition in der Parkbucht positioniert ist und eine ausreichende Abschirmung des Magnetfeldes gewährleistet ist, müssen keine speziellen, amagnetischen Instrumente verwendet werden. Die Operation kann mit den gewohnten Instrumenten  durchgeführt werden.
  • Der Patient kann für die Durchführung der intraoperativen Kernspintomographie  im Operationssaal verbleiben und muss nicht bewegt werden, was einen zusätzlichen Sicherheitsaspekt darstellt.

Wir verwenden die intraoperative Kernspintomographie bei ausgedehnten Hypophysenadenomen (Abbildung 5) und untersuchen zusammen mit Priv.-Doz. Dr. Roder aus unserer Klinik, ob die Resektionsergebnisse durch den Einsatz dieser innovativen Technologie verbessert werden. Außerdem wollen wir die Frage beantworten, ob die Patientensicherheit bei komplizierten und großen Adenomen durch eine intraoperative kernspintomographische Kontrolle optimiert werden kann. In Zusammenarbeit mit der Abteilung für Neuroradiologie am Universitätsklinikum konnten wir zeigen, dass die Durchführung einer T2-wichteten Kernspintomographie, für die keine Kontrastmittelgabe erforderlich ist, intraoperativ ausreicht zur Detektion von Tumorresten. Eine routinemäßige Kontrastmittelgabe ist somit nicht erforderlich [1].

Großes Hypophysenadenom. Links: Präoperative Kernspintomographie. Mitte: Durch Verwendung der intraoperativen kernspintomographischen Kontrolle kann ein intrakranieller Tumor-Rest (gelber Pfeil) nachgewiesen und daraufhin noch während derselben Operation entfernt werden. Rechts: Die postoperative Kernspintomographie bestätigt die Entfernung des Resttumors.
Großes Hypophysenadenom. Links: Präoperative Kernspintomographie. Mitte: Durch Verwendung der intraoperativen kernspintomographischen Kontrolle kann ein intrakranieller Tumor-Rest (gelber Pfeil) nachgewiesen und daraufhin noch während derselben Operation entfernt werden. Rechts: Die postoperative Kernspintomographie bestätigt die Entfernung des Resttumors.

Ausgewählte Literatur:

  • [1] Gohla G, Bender B, Tatagiba M, Honegger J, Ernemann U, Roder C: Identification of tumor residuals in pituitary adenoma surgery with intraoperative MRI: do we need gadolinium? Neurosurg Rev. 2019 Nov14

Die Hypophyse ist die hormonelle Regelzentrale des Körpers. Hypophysenadenome können einerseits die Ausschüttung notwendiger Hormone behindern und schwere Hormondefizite verursachen. Andererseits können Adenome durch Ausschüttung hypophysärer Hormone zu einem Hormonüberschuss (auch Hormonexzess genannt) führen. Abhängig vom ausgeschütteten Hormon resultieren ganz unterschiedliche Krankheitsbilder wie z.B. die Akromegalie (vermehrte Ausschüttung von Wachstumshormon) oder der Morbus Cushing (vermehrte Ausschüttung von ACTH, wodurch ein Kortison-Überschuss verursacht wird). Sowohl ein hypophysärer Hormonmangel als auch ein Hormonexzess führen zur Beeinträchtigung der Lebensqualität und zum Teil auch zur Verschlechterung der geistigen Leistungsfähigkeit (kognitive Fähigkeiten). Die Arbeitsgruppe Hypophyse an unserer Klinik hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit der Lebensqualität und der Kognition bei Patienten mit Hypophysentumoren beschäftigt. Die Arbeitsgruppe hat u.a. einen mehrdimensionalen Fragebogen zur krankheitsspezifischen Lebensqualität bei Morbus Cushing entwickelt, der im Rahmen von Studien und Registern zum Einsatz kommt [1, 2, 3]. Es konnte bei unseren Patienten gezeigt werden, dass sich die Lebensqualität bereits in der frühen Phase nach der Hypophysen-Operation verbessert [4]. Entscheidend für den operativen Erfolg ist heute nicht nur die Entfernung der Raumforderung, sondern auch die Erlangung der bestmöglichen Lebensqualität für die Betroffenen. Durch Untersuchung der Lebensqualität im Krankheitsverlauf und der Ursachen einer Beeinträchtigung können Strategien und Konzepte entwickelt werden, um die Lebensqualität unserer Patienten zu verbessern [5].

Ausgewählte Literatur:

  • [1] Milian M, Teufel P, Honegger J, et al.: The development of the Tuebingen Cushing’s disease quality of life inventory (Tuebingen CD-25). Part I: construction and psychometric properties. Clin Endocrinol (Oxf) 2012; 76:851-860
  • [2] Milian M, Teufel P, Honegger J, et al.: The development of the Tuebingen Cushing’s disease quality of life inventory (Tuebingen CD-25). Part II: normative data from 1784 healthy people. Clin Endocrinol (Oxf) 2012; 76:861-867
  • [3] Milian M, Kreitschmann-Andermahr I, Siegel S, et al.: Validation of the Tuebingen CD-25 inventory as a measure of postoperative health-related quality of life in patients treated for Cushing’s disease. Neuroendocrinology 2015; 102(1-2):60-7
  • [4] Milian M, Honegger J, Gerlach C, et al.: Health-related quality of life and psychiatric symptoms improve effectively within a short time in patients surgically treated for pituitary tumors – a longitudinal study of 106 patients. Acta Neurochir (Wien) 2013; 155:1637-1645
  • [5] Siegel S, Milian M, Kleist B, et al.: Coping strategies have a strong impact on quality of life, depression, and embitterment in patients with Cushing’s disease. Pituitary 2016;19(6):590-600

Ein weiterer wissenschaftlicher Schwerpunkt beschäftigt sich mit dem Morbus Cushing.Ursache des Morbus Cushing ist ein kleines Hypophysenadenom, welches das adrenocorticotrope Hormon (ACTH) exzessiv ausschüttet. ACTH wiederum stimuliert die Kortisol-Ausschüttung der Nebennierenrinde und führt zum Kortisol-Überschuss (Hypercortisolismus). Es entsteht das schwerwiegende Krankheitsbild des Morbus Cushing, welches eine konsequente und rasche Behandlung erfordert. Die Behandlungsmethode der ersten Wahl zur Beseitigung des Hypercortisolismus ist die transsphenoidale Operation. Die Operation ist besonders anspruchsvoll, da es sich oft um winzige Adenome handelt, die kernspintomographisch nicht sichtbar sind. Aufgrund überregionaler Zuweisungen haben wir große Erfahrung mit der transsphenoidalen Hypophysenchirurgie bei Morbus Cushing, bei der als Zugangsweg durch die Nase hindurch operiert wird. Das operative Vorgehen, die intraoperativen Befunde und die Operationsergebnisse werden prospektiv erfasst und die Prädiktoren für eine erfolgreiche operative Behandlung werden analysiert. In Tübingen konnten wir bei 90% der Patienten den Kortisol-Überschuss durch die transsphenoidale Operation beseitigen [1].

Ausgewählte Literatur:

  • [1] Honegger J, Schmalisch K, Beuschlein F, et al.: Contemporary microsurgical concept for the treatment of Cushing’s disease: endocrine outcome in 83 consecutive patients. Clin Endocrinol (Oxf) 2012; 76:560-567

Im CUSTODES Register unter Leitung von Prof. Dr. M. Reincke (Medizinische Klinik, Campus Innenstadt, Universität München) arbeiten mehrere große Zentren zusammen, um das Krankheitsbild des Cushing-Syndroms zu erforschen. Die Krankheitsverläufe der Patienten mit Cushing-Syndrom werden im Register erfasst. Im Rahmen des Registers werden spezifische wissenschaftliche Projekte bearbeitet. Die Neurochirurgie in Tübingen nimmt an der Diagnostik-Studie teil. Im Rahmen der Studie wird die Aussagekraft herkömmlicher und innovativer diagnostischer Kriterien bei Morbus Cushing systematisch analysiert. Die korrekte Diagnosestellung bei Morbus Cushing ist auch heute noch eine große Herausforderung. Ziel der Studie ist die Verbesserung der diagnostischen Sicherheit, um die Patienten möglichst frühzeitig der richtigen Behandlung zuführen zu können.

Ausgewählte Literatur:

  • [1] Albani A, Berr CM, Beuschlein F, et al.: A pitfall of bilateral inferior petrosal sinus sampling in cyclic Cushing’s syndrome. BMC Endocr Disord. 2019;19(1):105
  • [2] Ritzel K, Beuschlein F, Berr C, et al: ACTH after 15 min distinguishes between Cushing’s disease and ectopic Cushing’s syndrome: a proposal for a short and simple CRH test. Eur J Endocrinol. 2015;173(2):197-204

Im Jahre 2002 wurde das Deutsche Akromegalie-Register ins Leben gerufen. Im Akromegalie-Register werden die klinischen Daten der in Deutschland diagnostizierten und therapierten Patienten mit Akromegalie systematisch erfasst. Die Neurochirurgie in Tübingen ist eines von derzeit 57 aktiven Zentren im Deutschen Akromegalie-Register. Die Daten werden pseudonymisiert web-basiert in die Datenbank des Deutschen Akromegalie-Registers eingegeben. Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse kann die Versorgungsqualität der Patienten verbessert werden [1, 2]. Ausgehend vom Register konnten auch schon gezielte grundlagenwissenschaftliche Projekte, wie z.B. die Erforschung der genetischen Ursachen der Akromegalie, durchgeführt werden [3]. 

  

Website: www.akromegalie-register.de

Ausgewählte Literatur:

  • [1] Schöfl C, Franz H,      Grussendorf M, et al.: Long-term outcome in patients with acromegaly:      analysis of 1344 patients from the German Acromegaly Register. Eur J      Endocrinol 2012; 168;39-47
  • [2]Schöfl C,      Grussendorf M, Honegger J, et al.: Failure to achieve disease control in      acromegaly: cause analysis by a registry-based survey. Eur J Endocrinol      2015; 172:351-356
  • [3] Schöfl C, Honegger      J, Droste M, et al.: Frequency of AIP gene mutations in young patients      with acromegaly: a registry-based study. J Clin Endocrinol Metab 2014; 99:E2789-27

Kraniopharyngeome sind seltene (0,5-2 Fälle pro 1 Million Einwohner / Jahr) und histologisch gutartige Tumoren, die im Bereich der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) und des übergeordneten Hirnabschnittes (Hypothalamus) entstehen. Aufgrund der Seltenheit von Kraniopharyngeomen sind viele Fragen zur Erkrankung, zum Krankheitsverlauf und zur optimalen Behandlung noch nicht vollständig geklärt. Während Kinder mit Kraniopharyngeomen bereits seit Langem im Rahmen einer nationalen Studie erfasst werden, wurde 2015 auch ein nationales Kraniopharyngeom-Register für Erwachsene ins Leben gerufen. Dieses Register ist eine Initiative der Arbeitsgemeinschaft Hypophyse und Hypophysentumore der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (Sprecher: Prof. Dr. Jürgen Honegger, Tübingen). Die Studienzentrale ist in Hamburg (Leiter des Registers: Prof. Dr. Jörg Flitsch, Hamburg) angesiedelt. Durch Teilnahme am Kraniopharyngeom-Register versprechen wir uns verlässliche Aussagen zu den offenen Fragen der Erkrankung und eine Verbesserung der Betreuung und Behandlung unserer Patienten [1].

Ausgewählte Literatur:

  • [1] Mende KC, Kellner T, Petersenn S, et al.: Clinical situation, therapy, and follow-up of adult craniopharyngioma. J Clin Endocrinol Metab. 2020;105(1):252-265

Prolaktinome sind die einzigen Raumforderungen im Bereich der Hypophyse, bei denen die medikamentöse Therapie die Behandlungsmethode der ersten Wahl darstellt. Medikamentös werden sogenannte Dopamin-Agonisten eingesetzt. In den letzten Jahren zeigt sich jedoch wieder eine Zunahme der Durchführung transsphenoidaler Operationen zur Entfernung von Prolaktinomen. Basierend auf unserer Erfahrung zeigt sich, dass unter bestimmten Umständen eine operative Versorgung durchaus als Alternative zur medikamentösen Therapie in Erwägung gezogen werden sollte [1]. Wir erheben die präoperativen und postoperativen Daten und erforschen den Stellenwert der Operation im Vergleich zu den Ergebnissen einer medikamentösen Behandlung. Zudem möchten wir die Effekte einer vorangegangenen Behandlung mit Dopamin-Agonisten auf das bei der Operation entnommene Prolaktinomgewebe untersuchen.

Ausgewählte Literatur:

  • [1] Honegger J, Nasi-Kordhishti I, Aboutaha N, Giese S: Surgery for prolactinomas: a better choice? Pituitary 2020; 23(1):45-51

Viele Raumforderungen im Bereich der Hypophyse sind seltene Prozesse. Deshalb können viele Fragestellungen nur durch Zusammenarbeit mehrerer Zentren beantwortet werden. Nur auf diese Weise kann ein hohes Niveau für die Beratung, Diagnostik und Therapie der Patienten erreicht werden. Um die Erfahrungen vieler Zentren zusammenzuführen, haben wir uns neben der Teilnahme an nationalen Registern auch an weiteren bundesweiten Umfragen und Erhebungen beteiligt oder solche initiiert [1, 2, 3]. Eine nationale Befragung beschäftigte sich beispielsweise mit den Verhaltensregeln für Patienten nach transnasaler Hypophysenoperation, um das Risiko postoperativer Komplikationen zu reduzieren [2].

Mit einer anderen Deutschland-weiten Studie konnte der Erfolg einer Temozolomid-Chemotherapie bei den seltenen aggressiv wachsenden Hypophysentumoren erforscht werden [3]. 

Unsere besondere Aufmerksamkeit haben auch die Patientinnen, bei denen es während der Schwangerschaft aufgrund eines Hypophysenprozesses zu einer Störung der Hypophysenfunktion oder zu akuten Sehstörungen kommt. Häufigste Diagnosen sind die Schwangerschaft-assoziierte Hypophysitis sowie das Sheehan-Syndrom (Hypophysenapoplex aufgrund einer Unterversorgung der Hypophyse bei starkem Blutverlust während der Geburt) [4]. Auch Adenome können während der Schwangerschaft an Größe zunehmen und/oder einbluten und einen Sehverlust herbeiführen. Dann muss die operative Indikationsstellung kritisch in Zusammenschau des aktuellen Zustandes der Patientin sowie des Kindes geprüft werden.

Um ein erfolgreiches operatives Outcome zu gewährleisten, werden die durchgeführten Eingriffe stets analysiert und evaluiert. Die Erfahrung des Operateurs ist dabei einer der wichtigsten Aspekte für ein erfolgreiches Ergebnis [5, 6, 7, 8]. 

Ausgewählte Literatur:

[1] Petersenn S, Honegger J, Quinkler M: National German audit of diagnosis, treatment, and teaching in secondary adrenal insufficiency. Horm Metab Res 2017; 49:580-588

[2] Knappe UJ, Moskopp D, Gerlach R, Conrad J, Flitsch J, Honegger JB: Consensus on postoperative recommendations after transsphenoidal surgery. Exp Clin Endocrinol Diabetes. 2019;127(1):29-36

[3] Elbelt U, Schlaffer SM, Buchfelder M, et al.: Efficacy of temozolomide therapy in patients with aggressive pituitary adenomas and carcinomas – a Germany survey. J Clin Endocrinol Metab. 2020;105(3):660-675

[4] Honegger J, Giese S: Acute pituitary disease in pregnancy: how to handle hypophysitis and Sheehan’s syndrome. Minerva Endocrinol. 2018; 43(4):465-475 

[5] Honegger J, Grimm F: The experience with transsphenoidal surgery and its importance to outcomes. Pituitary. 2018;21(5):545-555

[6] Wilhelm H, Honegger JB, Paulsen F: Neuro-ophthalmological considerations on meningiomas of the anterior visual pathways. Klin Monbl Augenheilkd. 2019;236(11):1312-1317

[7] Adib SD, Herlan S, Ebner FH, et al.: Interoptic, trans-lamina terminalis, opticocarotid triangle, and caroticosylvian windows from mini-supraorbital, frontomedial and pterional perspectives: a comparative cadaver study with artificial lesions. Front Surg. 2019 Jul; 6:40

[8] Adib SD, Platz J, Schittenhelm J, et al.: Transsphenoidal removal of recurrent osteoid osteoma of clivus. World Neurosurg. 2018; 120:506-508

  

 

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