Kunst

„Gesegnet waren seine Hände“
von Karl Wolfgang Eugen Stock

Das Kunstwerk zeigt eine augenärztliche Operationsszene, wie sie sich in den 30iger und 40iger Jahren des 20. Jahrhunderts zugetragen haben könnte. Rechts ist Prof. Dr. Wolfgang Stock (1874-1956) zu sehen, der von 1921 bis 1952 Direktor der Universitäts-Augenklinik Tübingen war und als ausgezeichneter Operateur galt. Stock operiert in der Szene ein Auge eines liegenden Patienten. Die Person links dürfte eine Operationsschwester darstellen. Links oben findet sich eine Operationslampe. Ein Operationsmikroskop gab es zu Zeiten von Prof. Stock noch nicht.

Das Kunstwerk zeigt eine augenärztliche Operationsszene, wie sie sich in den 30iger und 40iger Jahren des 20. Jahrhunderts zugetragen haben könnte.
Das vor Ihnen stehende Relief wurde für viele Jahre von Herrn Heinz Besch in Gomadingen, einem Bekannten der Stocks, betreut. Seine 2024 erfolgte Überführung in die neue Tübinger Augenklinik war schon 2011 von Nana Ostertag angeregt worden. So erinnert diese Bildhauerarbeit nicht nur an den ehemaligen Direktor der Tübinger Universitäts-Augenklinik, sondern auch an seinen künstlerisch veranlagten Sohn und seine Enkelin.

Das Kunstwerk wurde um 1960 von Stocks Sohn, Dr. Karl Wolfgang Eugen Stock (1913- 1997), geschaffen (Abb. 1). Dieser verstand sich zeitlebens vor allem als Künstler, wurde auf Drängen seines Vaters aber Arzt. Seine erste Ausstellung hatte er bereits 1934, 21- jährig, während des Medizinstudiums in Berlin, wo er gleichzeitig an der Hochschule für die bildenden Künste eingeschrieben war. Wolfgang Stock jun. nahm am 2. Weltkrieg teil und kehrte, da er als Mediziner im Gefangenenlager nicht entbehrlich war, erst 1951 aus russischer Kriegsgefangenschaft heim. Aus der Zeit der Gefangenschaft stammen beeindruckende Zeichnungen und Plastiken (Abb. 2). Die 1952 geschaffene, einen Kriegsgefangenen darstellende Skulptur „Plenny“ steht heute neben der Stirnseite des Stock’schen Familiengrabs in Gomadingen (Abb. 3).

Wolfgang Stock jun. wirkte als weithin geschätzter Allgemeinarzt in Offenhausen bei Gomadingen auf der Schwäbischen Alb, musste die ärztliche Tätigkeit auf Grund einer Kriegsverletzung sowie vor allem zweier Verkehrsunfälle aber vorzeitig einschränken und schließlich aufgeben. So konnte er sich ganz seiner eigentlichen Bestimmung widmen und künstlerisch arbeiten. Er hatte private, aber auch öffentliche Auftraggeber wie z.B. bei einem Relief am Schlachthof in Tübingen (Abb. 4), dem Kinder-Brunnen in Allmendingen-Grötzingen (1962) oder dem Denkmal für die Gefallenen beider Weltkriege in Münsingen-Dottingen (Abb. 5).

Einige seiner Werke prägen das Bild von Gomadingen (Abb. 6). Als Material benutzte Stock überwiegend, wie bei dieser Plastik, Travertin, einen porösen und daher gut zu bearbeitenden Kalkstein, der in seiner Nähe, in Gauingen, abgebaut wurde.

Wolfgang Stock jun. erlangte als Künstler regionale Bedeutung, die überregionale Anerkennung blieb ihm aber zeitlebens versagt. Zu seinem 100. Geburtstag im Jahre 2013 stellte seine Tochter, die Ärztin Dr. Nana Ostertag (1941-2018) aus Freiburg, viele seiner Werke in der Zehntscheuer in Münsingen aus und verfasste ein Werkverzeichnis (Nana Ostertag: Wolfgang Stock 1913-1997. Arzt und Bildhauer auf der Schwäbischen Alb. Freiburg 2013. ISBN 978-3-00-042532-5).

Gruppenfoto in Sepia
Abb. 1) Der Arzt und Künstler Dr. Wolfgang Stock jun. mit seiner aus Mexico stammenden Ehefrau und seinen Kindern, darunter der Tochter Nana, 1951. Auf der Schulter von Stock sitzt ein zahmer Spatz, den er im russischen Gefangenenlager unter widrigsten Bedingungen gepflegt und bei seiner Heimkehr mitgenommen hat. © N. Ostertag, 2013
Foto der Puppenköpfe
Abb. 2) Zwei in russischer Kriegsgefangenschaft hergestellte Puppen von 1946. Köpfe und Gliedmaßen aus Holz geschnitzt, Körper aus Stoff. © N. Ostertag, 2013
Foto Grab der Familie Stock
Abb. 3) Grab der Familie Stock in Gomadingen mit dem (restaurierten) „Plenny“ von 1952, Aufnahme von 2013.
Foto Relief
Abb. 4) Relief am ehemaligen Schlachthof in Tübingen von 1958, Aufnahme von 2019
Foto Denkmal für die Gefallenen
Abb. 5) Denkmal für die Gefallenen beider Weltkriege auf dem Friedhof in Münsingen-Dottingen von 1971, Aufnahme von 2019. Am linken Bildrand Soldaten mit Pickelhaube als Symbol für den 1. Weltkrieg. Rechts neben dem mittigen Kreuz als Versinnbildlichung des 2. Weltkriegs ein langer Zug von Gefangenen, zu dem Stock selbst gehörte. Darunter findet sich der kniende „Plenny“ wieder. Auf der Rückseite des Denkmals finden sich die Namen der Dottinger Gefallenen beider Weltkriege.
Foto Heiliger Christophorus vor blauem Himmel
Abb. 6) Heiliger Christophorus in Gomadingen, Aufnahme von 2011.

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