Selektiv-dorsale Rhizotomie
Bei der sog. selektiv-dorsalen Rhizotomie wird der die Muskelverkrampfung (Spastik) unterhaltende „Reflexbogen“ im Bereich von Nervenwurzeln der Lendenwirbelsäule gezielt unterbrochen. In Frage kommen hierfür Kinder, die neben ihrer Muskelverkrampfung noch genügend Kraft und nicht zu viel Schwäche in den Beinen haben, um von der Operation in dem Sinne zu profitieren, dass die Spastik dauerhaft gelindert wird und trotzdem kein funktioneller Verlust, sondern eine Verbesserung bzw. Erhalt der Funktion auftritt. Letzteres kann dann erreicht werden ohne die Notwendigkeit dauerhafter Botulinumtoxin-Injektionen oder Physiotherapie in bisheriger Intensität. Durch den Eingriff kann jedoch nicht ein Sprung in die nächst höher gelegene Funktionsklasse, also eine grundsätzlich mildere Ausprägung der Erkrankung, erreicht werden.
Die Pädiatrische Neurochirurgie besitzt die notwendige Expertise zur Durchführung der Operation unter intraoperativer Überwachung der Nervenfunktion und der Identifizierung der zu durchtrennenden Nervenanteile. Die Betreuung und Selektion der Kinder erfolgt im Wesentlichen durch die hochspezialisierten Kollegen der Klinik für Neuropädiatrie und die Operation in enger Kooperation, da insgesamt gilt, dass die richtige Auswahl der Patienten den Erfolg der Operation im Wesentlichen bestimmt.
Aus Tübinger Sicht sollte die Indikation zur selektiv dorsalen Rhizotomie überprüft werden, bevor orthopädische Eingriffe an Muskulatur und Sehnen erfolgen. Bei richtig selektionierten Patienten kann durch die selektiv dorsale Rhizotomie die Häufigkeit von Eingriffen an Muskeln und Sehnen (die ja das nachgeschaltete Organ sind) verringert bzw. zeitlich nach hinten hinausgeschoben werden.
Kinder, die für das Verfahren möglicherweise in Frage kommen, sollten in der Botulinumtoxin-Sprechstunde des Sozialpädiatrischen Zentrums der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin vorgestellt werden.