AG Borst

Heisenberg-Professur für Thrombokardiologie

Intra- und interzelluläres Signaling bei kardiovaskulärer Thrombo-Inflammation

Das Forschungsgebiet der Thrombokardiologie befasst sich mit der Pathogenese und Therapie thrombotisch-okklusiver Herz- und Gefäßerkrankungen. Im Zentrum des Interesses stehen dabei pathophysiologische Prozesse, die der Entstehung thrombotischer kardiovaskulärer Gefäßokklusionen maßgeblich zugrunde liegen, wie die Aktivierung von Thrombozyten und die Thrombozyten-abhängige Gerinnungsaktivierung. Neben ihrer unmittelbaren zentralen Bedeutung für Hämostase und Thrombose, induzieren Thrombozyten durch wechselseitige Interaktionen mit inflammatorischen Zellen auch entzündliche Prozesse an der Gefäßwand und im umgebenden Gewebe. Die enge Assoziation zwischen thrombozytärer Aktivierung, Thrombose und Inflammation wird unter dem Begriff der Thrombo-Inflammation zusammengefasst und spielt in der Pathophysiologie zahlreicher mikro- und makrovaskulärer kardiovaskulärer Erkrankungen eine essentielle Rolle. Dabei scheinen Thrombozyten insbesondere mit neutrophilen Granulozyten, Monozyten und Makrophagen, aber auch entzündlich veränderten Endothelzellen unmittelbar zu interagieren, wodurch sich Thrombozyten und Inflammation (sowohl vaskulär, als auch in umgebenden Geweben) in wechselseitiger Art und Weise stimulieren.

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Prof. Dr. med. Oliver Borst, MD, FESC

Adresse: Medizinische Universitätsklinik III
Kardiologie, Angiologie und Kreislauferkrankungen
Deutsches Herzkompetenzzentrum
Otfried-Müller-Straße 10
72076 Tübingen

Telefonnummer: 07071 29-82888

E-Mail-Adresse: oliver.borst@med.uni-tuebingen.de

Publikationen: Publikationen

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Forschungsschwerpunkte

Im Zentrum unseres Forschungsinteresses steht die Identifikation von Signalmechanismen und potentiellen Therapieansatzpunkten bei thrombozytärer Aktivierung, Lipidmetabolismus in Thrombozyten und thrombozytärer Interaktion mit neutrophilen Granulozyten in der Pathophysiologie kardiovaskulärer thrombo-inflammatorischer Erkrankungen.

Nach der Ruptur atherosklerotischer Plaques kommt es durch Kontakt zu freigelegtem subendothelialem Kollagen zu einer Thrombozytenaktivierung über den thrombozytären Kollagenrezeptor Glycoprotein VI (GPVI). GPVI wird ausschließlich auf Thrombozyten exprimiert, was es zu einer vielversprechenden Zielstruktur zukünftiger anti-thrombotischer Behandlungsstrategien macht. Die Aktivierung des GPVI-Rezeptors setzt eine komplexe intrazelluläre Signalkaskade in Gang, welche unter anderem in einer Aktivierung der Phosphoinositid-3-Kinase (PI3K) Signalkaskade und in einer Phospholipase Cγ2-abhängigen Erhöhung der intrazellulären Ca2+-Konzentration resultiert.

Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens untersuchen wir in zellspezifischen Knockout Mäusen und an Probenmaterial von Patienten mit akuten thrombotischen kardiovaskulären Krankheitsbildern Signalwege, welche der akuten arteriellen Thrombose essentiell und kausal zugrunde liegen, jedoch für die Wahrung der primären Hämostase/Blutstillung verzichtbar sind. Die Identifikation entsprechender Signalwege würde ein hochpotentes und gleichermaßen sicheres anti-thrombotisches Therapieregime erlauben.

Mit Hilfe unterschiedlicher zellspezifischer Knockouts erforschen wir desweiteren die Rolle verschiedener intrazellulärer Kinasen für die Interaktion von Thrombozyten mit inflammatorischen Zellen - insbesondere neutrophilen Granulozyten bei Prozessen wie der Inflammasom-vermittelten Induktion und Progression venöser und arterieller Thrombosen, sowie ihre Rolle für die Bildung prothrombogener NETs bei thrombo-inflammatorischen Erkrankungen.

Wissenschaftliche Abbildungen
Wir untersuchen die verschiedenen Funktion von Thrombozyten sowohl morphologisch (Links: Elekronenmikrospkopische Aufnahmen des aktivierungsabhängigen thrombozytären Shape changes), wie auch funktionell (Mitte: Intrazelluläre Calciummobilisation, sog. Store operated Ca2+ entry und Sekretion intrazellulärer α Granula) und in unterschiedlichen in vivo Modellen der arteriellen Thrombose (Rechts: FeCl3-induzierte arterielle Thrombose der A. carotis).
Wissenschaftliche Abbildungen
Mit Hilfe verschiedener Techniken untersuchen wir die Interaktion von Thrombozyten mit Neutrophilen und den Einfluss von Thrombozyten auf den Prozess der NETose und die Entstehung der venösen Thrombose (Links: Konfokale Lebendzellmikroskopie von Neutrophilen nach NETose Induktion, Mitte: Hochauflösende konfokale Immunfluoreszenzaufnahme der neutrophilen Mikrovesikelbildung, Rechts: Immunfluoreszenzaufnahme einer charakteristischen NET Struktur)

Ziel dieser Untersuchungen ist die Charakterisierung des Thrombozyten als Kompartiment des Lipidstoffwechsels. In enger Zusammenarbeit mit Prof. Robert Ahrends (Wien) untersuchen wir in zell- bzw. gewebespezifischen Knockout Mäusen und in Zellen von Patientengruppen mit entsprechenden kardiovaskulären Erkrankungen Signalkaskaden in der thrombozytären Membran, die bei der Regulation von membranständigen (Sphingo-) Lipiden und der Bildung von second messenger Molekülen relevant sind. Diese interessieren uns insbesondere hinsichtlich ihrer Bedeutung für die intrazelluläre und extrazelluläre/parakrine Thrombozytenaktivierung, für die Interaktion mit inflammatorischen Zellen und dem Endothel bei Prozessen der vaskulären, myokardialen und cerebralen Thrombo-Inflammation, sowie für die Pathogenese der arteriellen Thrombose bei Myokardinfarkt und Schlaganfall.

Wissenschaftliche Abbildungen
In enger Kooperation mit Prof. Robert Ahrends (Universität Wien) gelang uns erstmals die systematische quantitative Analyse des thrombozytären Lipidoms (siehe Abb. Links und Mitte) und mit Hilfe der etablierten Thrombozyten-Lipidomics- Analyseplattform untersuchen wir Regulationsmechanismen der aktivierungsabhängigen Modulation des thrombozytären Lipidoms in verschiedenen thrombo-inflammatorischen Erkrankungen wie bspw. dem ischämischen Schlaganfall (Rechts: Untersuchungen im in vivo tMCAO-Modell).

Im Rahmen dieser Untersuchungen charakterisieren wir die Bedeutung von aus Thrombozyten freigesetzten Signalmolekülen wie thrombozytären microRNAs (miRNAs), sowie verschiedenen Chemokinen und DAMPs für die Interaktion von Thrombozyten mit inflammatorischen Zellen und deren Implikationen für die entsprechende Pathogenese in unterschiedlichen kardiovaskulären Krankheitsbildern mit enger, jedoch bislang nur bedingt verstandener Verknüpfung von thrombozytärer Aktivierung und vaskulärer bzw. endo-/myokardialer Inflammation. In zell- und gewebespezifischen Knockout Tieren erforschen wir den Einfluss thrombozytärer Signalmoleküle auf die myokardiale Inflammation und Funktion bzw. das myokardiale Remodeling nach Ischämie und Reperfusion infolge experimenteller Ligation der LAD, sowie auf die Entstehung und Entwicklung einer viralen Myokarditis nach Coxsackievirus B3 (CVB3)-Infektion und auf die Pathogenese der Endokarditis nach experimenteller Induktion einer Aortenklappenendokarditis. Hiervon erhoffen wir uns nähere Erkenntnisse über die bislang nicht bekannte Bedeutung thrombozytärer Signalmoleküle und Botenstoffen für (durch Thrombozyten potentiell regulierte) inflammatorische Prozesse kardialer Erkrankungen.

Wissenschaftliche Abbildung
Zur Erforschung der Bedeutung thrombozytärer Signalmoleküle für die myokardiale Inflammation bzw. das myokardiale Remodeling nach Ischämie und Reperfusion führen wir eine vorübergehende Ligation der LAD durch und untersuchen dann die Auswirkungen auf die konsekutiv auftretende Myokardschädigung (Oben links: TTC Färbung zur Darstellung des infarzierten Gewebebereiches), sowie die zelluläre Zusammensetzung des Myokards (Oben mitte: Immunhistochemie der myokardialen Makrophageninfiltration, oben rechts: Light sheet Fluoreszenzmikroskopie des murinen linken Ventrikels mit in gelb dargestellter Infarktzone). Darüber hinaus erfolgen unterschiedliche funktionelle Untersuchungen der myokardialen Inflammation und Funktion, bspw. mittels murinem PET-MRT (Unten links und mitte), sowie mittels Echokardiographie (Unten rechts).

Auf Grundlage unserer grundlagenwissenschaftlichen experimentellen Ergebnisse versuchen wir potentielle diagnostische und therapeutische Strategien zu entwickeln wie bspw. 

  • Regulatoren und Metabolite des thrombozytären Lipidoms als Zielmoleküle anti-thrombotischer Interventionen mit dem Ziel einer selektiven Inhibition thrombozytärer prothrombotischer Signalwege ohne Affektion der Hämostase
  • Thrombozytäres Lipidom als Diagnostikum/Biomarker
  • Thrombozytäre Signalmoleküle als Diagnostikum und therapeutisches Target bei ischämischen und inflammatorischen Herzerkrankungen 

Thrombozyten sind anukleäre Zellen, welche als sog. Pro-Plättchen ausgehend von polyploiden Megakaryozyten in die Sinusoiden des Knochenmarks abgeschnürt werden. Megakaryozyten entwickeln sich aus pluripotenten hämatopoetischen Stammzellen und erlangen durch wiederholte Zyklen der DNA-Replikation ohne Zellteilung(Endomitose) Polyploidität. Dabei erfolgt eine fundamentale Reorganisation des MK-Zytoskeletts und insbesondere des filamentösen Aktin (F-Aktin) Netzwerkes, was entscheidend für die Reifung des Demarkationsmembransystems und die Polarisation von MKs in Richtung Knochenmark-Sinusoide ist. Es können Defekte in der Thrombopoese auftreten, die mit einer beeinträchtigten Thrombozytenproduktion verbunden sind und eineaufgehobene Blutstillung und schwere Blutungsstörungen verursachen können. Obwohl die Thrombozytopenie ein großes klinisches Problem darstellt, blieben die molekularen Mechanismen, die der Reorganisation des MK-Zytoskeletts bei der Megakaryopoese und der Thrombozytenbiogenese zugrunde liegen, schwer fassbar.

Wissenschaftliche Abbildung
In vitro und in vivo untersuchen wir Signalwege in Megakaryozyten beim Prozess der Umbildung des megakaryozytären Zytokelettes während der Thrombopoese (Links: Immunfluoreszenzmikroskopie eines polyploiden Megakaryozyten) mit nachfolgender megakaryozytärer Polarisation und Pro-Plättchen Bildung (Mitte: Immunfluoreszenzmikroskopie eines Pro-Plättchen bildenden Megakaryozyten), sowie Abschnürung der Pro-Plättchen in die Sinusoiden des Knochenmarks (Rechts: Immunfluoreszenzmikroskopie der grün gefärbten Megakaryozyten mit Kontakt zu den in rot gefärbten Sinusoiden im murinen Knochenmark).

Forschungsförderung

  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Heisenberg-Programm
  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Transregio Sonderforschungsbereich CRC 240 “Platelets - molecular, cellular and systemic functions under physiological and pathological conditions”
  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) “CXC/CX3C chemokine receptors and PI3K-dependent signaling pathways in the pathogenesis of inflammatory cardiomyopathy (DCMi)”
  • Deutsche Herzstiftung 
  • Dr. Karl Kuhn Stiftung
Logo Heisenberg Stiftung und Logo Transregio CRC 240

Aktuelle Kooperationspartner

  • Prof. Dr. Robert Ahrends (Institut für Analytische Chemie, Universität Wien)
  • Prof. Dr. Daniel Dürschmied (Universitätsherzzentrum Freiburg)
  • Prof. Dr. Katrin Heinze (Rudolf-Virchow-Zentrum Würzburg)
  • Prof. Dr. Christoph Kleinschnitz (Universitätsklinik Neurologie, Essen)
  • Prof. Dr. Bernd Pichler (Präklinische Bildgebung, Universität Tübingen)
  • Dr. Irina Pleines (Rudolf-Virchow-Zentrum Würzburg)
  • Prof. Dr. Albert Sickmann (ISAS Dortmund)
  • Dr. David Stegner (Rudolf-Virchow-Zentrum Würzburg)

Zertifikate und Verbände

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