In unserer Neurofibromatose-Ambulanz werden Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 18 Jahren mit den verschiedenen Formen der Neurofibromatosen betreut.
Für eine Erstvorstellung (auch für eine Wiedervorstellung nach großem zeitlichem Abstand) in unserer Sprechstunde bitten wir um Zusendung eines Fragebogens. Alle Formen der Entwicklungsdiagnostik/ Neuropsychologische Untersuchung sind auch im Rahmen unserer Sprechstunde möglich.
Aufgrund der Komplexität des Krankheitsbildes findet die Versorgung der Patientinnen und Patienten im Rahmen des ZNF (Zentrum für Neurofibromatosen) am Zentrum für seltene Erkrankungen (ZSE) statt.
Bei primär chirurgischer Fragestellung kann eine Vorstellung direkt in der Sprechstunde pädiatrische Neurochirurgie im Rahmen des ZNF erfolgen.
Die Neurofibromatose Typ 1
Die Neurofibromatose Typ 1 (NF 1, „Morbus Recklinghausen“) ist eine seltene Erkrankung. Sie entsteht durch eine Genveränderung auf dem Chromosom 17 und ist die im Kindesalter häufigste Form der Neurofibromatosen. Sie kommt bei ca. 1 von 3.000 Menschen vor. Das Auftreten ist in ca. 50 % erblich und in 50 % durch Zufall (Neumutation) bedingt. Im Kindesalter wird die Erkrankung häufig durch das Auftreten von vielen Milchkaffee-braunen Flecken der Haut („Café-au-lait“-Flecken) in den ersten Lebensjahren diagnostiziert.
Die Diagnose wird klinisch (durch die Untersuchung) gestellt, wenn mindesten zwei der folgenden Kriterien vorliegen.
- Sechs oder mehr Café-au-lait-Flecken mit einem Durchmesser von mehr als 5 mm vor der Pubertät, bzw. mehr als 15 mm nach der Pubertät
- Zwei oder mehr Neurofibrome oder ein plexiformes Neurofibrom
- Sommersprossenartige Pigmentierung der Haut in der Achselhöhle oder in der Leistengegend („Freckling“)
- Tumor am Sehnerv (Optikusgliom)
- Mindestens 2 Irishamartome (Pigmentanreicherungen auf der Regenbogenhaut des Auges, auch „Lisch-Knötchen“ genannt)
- Typische Knochenveränderungen (Keilbeinflügeldysplasie, Verkrümmung der langen Röhrenknochen)
- Verwandter 1. Grades mit der Diagnose NF1
Die Diagnose kann bei Kindern oft erst im Verlauf gestellt werden, da nicht alle Symptome zeitgleich auftreten. In der Regel zeigen sich zuerst Café-au-lait-Flecken. Diese sind im Alter von 2 Jahren bei fast 100 % der Kinder vorhanden. Axilläres und inguinales Freckling bestehen bei 80 % und Lisch-Knötchen bei 40 % am Ende des 6. Lebensjahres. Ab der Pubertät können die typischen intrakutanen Neurofibrome an Anzahl zunehmen, die die Patienten und Patientinnen oft sehr belasten.
Plexiforme Neurofibrome bilden sich z.T. schon in Kleinkindesalter. Sie zeigen ein weites Spektrum. Sie können sich in oder unter der Haut zeigen, aber auch mit einer weiteren Ausbreitung bis hin zu einer Infiltration von Muskulatur und Knochen. Auch Skoliosen im Zusammenhang mit plexiformen Neurofibromen können auftreten.
Das NF 1-Gen hat aber auch wichtige Funktionen für das Lernen und die Entwicklung. Bei bis zu 70 % der Kinder findet sich eine Aufmerksamkeitsstörung ohne (ADH) und mit Hyperaktivität (ADHS). Außerdem können Teilleistungsstörungen wie Lese-Rechtschreibschwäche oder eine Rechenstörung auftreten. Bei Vorliegen von AD(H)S kann es zu zusätzlichen unspezifischen kognitiven Beeinträchtigungen mit Verhaltensauffälligkeiten und damit zu Problemen im Sozialverhalten kommen. Auftreten können auch Entwicklungsverzögerungen im Bereich der Sprache sowie Probleme im Bereich der Grob- und Feinmotorik.
Der Verlauf der Erkrankung ist jedoch bei jedem einzelnen Betroffenen unterschiedlich. Die Betreuung in einem hierfür geschulten heimatnahen sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) mit der Möglichkeit zur Entwicklungsuntersuchung und neuropsychologischen Untersuchung ist in der Regel notwendig.