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Neurofibromatose Typ 1 (Morbus Recklinghausen)

Die Neurofibromatose Typ 1 (NF 1, „Morbus Recklinghausen“, Genveränderung auf dem Chromosom 17) ist im Vergleich zur NF 2 häufiger anzutreffen und kommt in ca. einem von 3000 Menschen vor. Das Auftreten ist in ca. 50% erblich und in 50% durch Zufall (Neumutation) bedingt. Im Kindesalter wird die Erkrankung häufig durch das Auftreten von vielen Milchkaffee-Flecken der Haut („Café-au-lait“-Flecken) in den ersten Lebensjahren diagnostiziert. 

Aufgrund des 50% Risikos die Erkrankung auf die Kinder zu vererben, wird bei Betroffenen eine Blutuntersuchung des Erbguts (DNA) durchgeführt und auf genetische Veränderungen (Mutationen) im NF1-Gen untersucht.

Die Manifestationen der NF1 sind extrem vielgestaltig und variabel. Bei fast allen NF1 Betroffenen finden sich jenseits der o.g. diagnostischen Kriterien ein spezifisches individuelles Muster an Ausbildungen der Erkrankungen und  Beschwerden.

Die Diagnose wird klinisch (durch die Untersuchung) gestellt, wenn mindesten zwei der folgenden Kriterien vorliegen:
  • Sechs oder mehr so genannte Café-au-lait-Flecken (braune Flecken in der Haut) mit einem Durchmesser von mehr als 5 mm vor der Pubertät, bzw. mehr als 15 mm nach der Pubertät
  • Zwei oder mehr Neurofibrome (meist der Haut oder Unterhaut) oder mindestens ein plexiformes Neurofibrom
  • Sommersprossenartige Pigmentierung der Haut in der Achselhöhle oder in der
  • Leistengegend (sogenanntes „Freckling“)
  • Tumor am Sehnerv (Optikusgliom)
  • Mindestens 2 Irishamartome (Pigmentanreicherungen auf der Regenbogenhaut des Auges, auch „Lisch-Knötchen“ genannt)
  • Typische Knochenveränderungen (Keilbeinflügeldysplasie, Verkrümmung der langen Röhrenknochen)
  • Verwandte 1. Grades (Elternteil, Geschwister, Kind) mit der Diagnose „NF1“ aufgrund der o.g. Kriterien

Untersuchungen (Diagnostik)

Im Rahmen Ihrer Vorstellung am Zentrum für Neurofibromatosen (ZNF) wird ausführlich auf Ihre Krankengeschichte und Ihre Beschwerden eingegangen und es erfolgt eine umfassende klinische Untersuchung.

Therapie

Operative Therapiemöglichkeiten

Es existiert eine große Expertise im Bereich der Chirurgie von Nerventumoren incl. Nervenrekonstruktion. Operiert werden Tumore die entweder Beschwerden verursachen (meist Schmerzen) oder rasch wachsen oder, wenn sie z. B. von Rückenmarksnerven ausgehen, zu einer starken Kompression des Rückenmarkes führen. Operationen werden regelhaft auch in enger Zusammenarbeit mit weiteren Fachdisziplinen, wenn sich die Tumore z. B. in der Brusthöhle, Bauchhöhle oder im Gesicht befinden (Interdisziplinäre Eingriffe).


Mikrochirurgische Entfernung anderer NF1 assoziierter Hirntumore, in der Regel sogenannte „gutartige“, niedriggradige Gliome, wenn diese stark größenprogredient sind oder Symptome verursachen.

Sehr selten gibt es operative Behandlungsmöglichkeiten für Optikusgliome bei Kindern (bereits erblindetes Auge und wachsender Tumor nur auf dieser Seite).

Resektion von großen plexiformen Neurofibromen der Haut und Unterhaut. Dies sollte insbesondere bei Kindern so früh wie möglich erfolgen, da die Tumore kontinuierlich Weiterwachsen und bei zu großer Ausdehnung inoperabel werden und damit auch nicht mehr aus der Welt geschafft werden können.

Shuntimplantationen und endoskopisch gestützte Verfahren.

Chemotherapie

Einen Grund zur Chemotherapie ergibt sich bei Erwachsenen sehr selten, in der Regel nur bei nicht operablen Tumoren, in der Regel sogenannten plexiformen Neurofibrome an heikler Stelle, die eine starke Wachstumstendenz zeigen und die Patienten bedrohen. Bei Kindern existiert diese Situation mit schwerer früher Manifestation in kritischen Arealen wie Schädelbasis, Hals oder Brustraum häufiger als bei Erwachsenen. 

Ist eine Chemotherapie notwendig, wird diese primär vom heimatnahen (pädiatrischen) Onkologinnen und Onkologen verabreicht. Die Effekte der Therapie werden in genau terminierten Zeitabständen mittels MRT-/CT-Bildgebung (inkl. PET-Diagnostik) kontrolliert.

Hier ist in allerjüngsten Zeit mit den sogenannten MEK-Inhibitoren eine effektive Therapie möglich geworden, die aber noch nicht von den Krankenkassen regelhaft bezahlt wird und im Rahmen von Einzelfallanträgen genehmigt werden muss. Diese werden von uns an die zuständige Krankenkasse gestellt. Mit einer Zulassung des 1. Medikamentes kann ggf. Ende 2021 gerechnet werden. Im Rahmen von Behandlungsstudien wird in Zukunft auch in Tübingen die Möglichkeit der Behandlung mit diesem Mittel bestehen.

Nur bei Kindern kann es bei den sogenannten Opticusgliomen die Notwendigkeit zur Chemotherapie geben, wenn sich eine Verschlechterung der Sehkraft einstellt.

Eine Strahlentherapie sollte bei NF1 Patienten aufgrund eines erhöhten Risikos für Nebenwirkungen und Entstehung von bösartigen Tumoren nicht durchgeführt werden.

Zertifikate und Verbände