Mentale Retardierung oder Entwicklungsverzögerung ist durch eine Beeinträchtigung der kognitiven und adaptiven Fähigkeiten der Betroffenen charakterisiert und tritt mit einer Prävalenz von 1-3 % in der Bevölkerung auf. Somit stellt diese lebenslange Beeinträchtigung eine große soziale sowie medizinische Herausforderung dar. Ursachen der Entwicklungsverzögerungen liegen in seltenen Fällen in exogenen Faktoren, bei einem großen Teil der Patienten wird eine genetische Ursache vermutet. Die genetischen Ursachen von Entwicklungsverzögerungen sind sehr heterogen und erschweren so eine akkurate Diagnostik bei den Betroffenen. Chromosomenaberrationen sind in etwa 10% der Fälle ursächlich, zudem wurden bisher Mutationen in hunderten verschiedenen Genen mit verschiedensten Funktionen als ursächlich für Entwicklungsverzögerungen beschrieben. Insbesondere neue Technologien wie das Next Generation Sequencing (NGS) haben bei der Identifizierung neue Kandidatengene für Entwicklungsverzögerungen in den letzten Jahren eine entscheidende Rolle gespielt. Trotz großer Fortschritte können noch immer etwa 40% der Fälle nicht zufriedenstellend aufgeklärt werden, was auf eine große Anzahl bisher unbekannter Kandidatengene für Entwicklungsverzögerungen hindeutet.
Das Ziel unserer Arbeitsgruppe ist die Identifizierung neuer Kandidatengene für Entwicklungsverzögerungen sowie die funktionelle Aufklärung der entsprechenden Genprodukte, um eine umfassende Diagnostik und aussagekräftige genetische Beratung zu ermöglichen. Zudem wollen wir das Verständnis um die individuellen Krankheitsursachen erweitern und somit auf die Entwicklung zielgerichteter, auf die Bedürfnisse des einzelnen Patienten angepassten, Therapien hinwirken.