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Geburt von Mehrlingen und Zwillingen

Während höhergradige Mehrlinge (Drillinge, Vierlinge, etc.) in der industrialisierten Welt nahezu alle durch einen Kaiserschnitt auf die Welt kommen, ist dies bei Zwillingen nicht so. Hier ist die vaginale Entbindung eine sichere und in vielerlei Hinsicht gute Entscheidung. Beispielsweise kann sich die Mutter nach der Geburt ungleich selbständiger um ihre Neugeborenen kümmern, als nach einem Kaiserschnitt. Welcher Geburtsmodus im individuellen Fall zu bevorzugen ist, wird bei einer Zwillingsschwangerschaft in unserem Haus immer in einem persönlichen Beratungsgespräch, anhand der Untersuchungsbefunde und der persönlichen Vorgeschichte gemeinsam mit der Schwangeren festgelegt.



Räumlichkeiten am Department für Frauengesundheit

Für die vaginale Geburt von Zwillingen haben wir ein eigens dafür ausgestattetes Geburtszimmer - unser rotes Geburtszimmer im Tübinger Kreißsaal. Dieser ist u.a. durch seine unmittelbare Nähe zum Kaiserschnitt-OP gekennzeichnet, der den Geburtsprozess absichert. Bei der Geburt von Zwillingen ist stets ein größeres interdisziplinäres Team zur Geburt anwesend. Neben zwei Hebammen und dem ärztlichen Personal (Assistenzärztin/Assistenzarzt und Oberärztin/Oberarzt), werden zwei Kinderärztinnen bzw. Kinderärzte mit Pflegepersonal bei der Geburt anwesend sein. Die besondere bauliche Gestaltung des  roten Geburtszimmers erlaubt  die Anwesenheit des großen Teams ohne dass dies für Gebärende  besonders spürbar wird.

Geburtsmodus

Die Geburt von Zwillingen stellt sowohl für die werdenden Eltern, als auch für das geburtshilfliche Team eine besondere Situation dar. Die Entscheidung über den gewünschten Geburtsweg ist letztendlich eine sehr individuelle Entscheidung und sollte vor Geburtsbeginn in Ruhe besprochen werden. Um Sie bei dieser Entscheidung zu unterstützen, wollen wir im Folgenden über die möglichen Geburtswege, die Abläufe und jeweiligen Vor- und Nachteile informieren.

Der alleinige Umstand einer Zwillingsschwangerschaft ist primär kein Grund für einen Kaiserschnitt. Ist die vaginale Geburt gut vorbereitet und die Klinik auf eine solche Betreuung eingestellt, stellt die vaginale Geburt einen sicheren Weg für die Kinder und die Mutter dar. Grundsätzlich sollte daher eine vaginale Zwillingsgeburt in einem Perinatalzentrum mit der entsprechenden Expertise und Logistik, auch zur Beherrschung potentieller Komplikationen, erfolgen.

Beratung

Neben den nachstehenden Informationen sollte stets ein persönliches Beratungsgespräch in unserer Schwangerenambulanz erfolgen. 

Termin unter 

07071 2986254

Einflussfaktoren auf den Geburtsmodus

  • Lage der Kinder
  • Gewicht und Gewichtsunterschied der Kinder
  • Plazenta- und Eihautverhältnisse der Kinder
  • Schwangerschaftsalter
  • Plazentasitz
  • Versorgung der Kinder (Plazentainsuffizienz)
  • Vorausgegangene Geburten (Spontangeburt, Kaiserschnitt)
  • Schwangerschaftsbedingte Erkrankungen (Gestationsdiabetes, Bluthochdruck, Präeklampsie)
  • Vorausgegangene Operationen an der Gebärmutter (z.B. Myomentfernung)

Voraussetzungen für eine vaginale Geburt

Um eine sichere vaginale Geburt zu gewährleisten, sollte sich das führende Kind in Schädellage befinden. Es sollte keine signifikante Wachstumsdifferenz zwischen den Kindern vorliegen. Vor allem sollte das führende Kind nicht mehr als 500g oder 20% leichter geschätzt sein, als das folgende Kind. Die Lage des zweiten Kindes (Schädellage, Schräglage, Beckenendlage) ist primär nicht ausschlaggebend. Die Kinder sollten ein Mindestgewicht von 1.800-2.000g aufweisen und die 32. SSW abgeschlossen haben. Eine gemeinsame Plazenta (monochoriale Zwillinge) ist kein Ausschlusskriterium für eine vaginale Geburt, solange es in der Schwangerschaft zu keinen Komplikationen durch den gemeinsamen Mutterkuchen kam. Teilen sich beide Zwillinge einen Eihöhle (monoamniale Zwillinge) wird in jedem Fall zu einem Kaiserschnitt geraten. Dieser findet auch weit vor dem errechneten Termin statt.

Auch eine Geburt bei Beckenendlage des führenden Kindes ist nach sorgfältiger Risikoaufklärung und unter optimalen Bedingungen denkbar.  Hier müssen jedoch besondere Bedingungen erfüllt sein. 

Geburtszeitpunkt

Sollte es nicht vorher zu einem spontanen Einsetzten der Wehen oder einem Blasensprung kommen, wird empfohlen eine Geburt bei unkompliziert verlaufenden Zwillingsschwangerschaften für die 37+0 – 38+ SSW anzustreben, wenn die Kinder jeweils einen eigenen Mutterkuchen haben (dichorial-diamnial). Teilen sich die Kinder einen Mutterkuchen (monochorial-diamnial), so wird eine Geburt etwas früher in der 36+0 - 37+ Schwangerschaftswoche empfohlen. Dies kann entweder eine Geburtseinleitung oder ein geplanter Kaiserschnitt bedeuten. Wir werden Sie in jedem Fall individuell beraten.

Überwachung der Geburt von Zwillingen

Die Überwachung einer vaginalen Zwillingsgeburt unterliegt grundsätzlich der Überwachung jeder Risikogeburt. Die Besonderheit liegt jedoch darin, dass die Herztöne von zwei Kindern mittels CTG (Kardiotokographie = Herzton- und Wehenschreiber) überwacht werden müssen. Manchmal ist zur genauen Differenzierung beider Kinder die Anlage einer Elektrode am Kopf des führenden Kindes notwendig (internes CTG). Ebenso kann es notwendig werden, dass die Position der Kinder mittels Ultraschall kontrolliert werden muss. Ab der späten Eröffnungsphase und in der Austrittsphase erfolgt eine kontinuierliche Überwachung durch ein kabelloses CTGs. Nach der Geburt des ersten Kindes erfolgt ein Ultraschall zur Überwachung der Herzfrequenz und Lage des zweiten Kindes.

Schmerzerleichterung und Schmerztherapie unter Geburt bei Zwillingen

Die Schmerztherapie unter Geburt bei Zwillingen erfolgt analog der Geburt von Einlingen. Eine PDA ist keine Voraussetzung für eine vaginale Geburt von Zwillingen. In manchen Fällen wird diese im Laufe des Geburtsprozesses jedoch notwendig oder wird von der Gebärenden gewünscht.

Ablauf einer vaginalen Geburt bei Zwillingen

Der Ablauf einer vaginalen Zwillingsgeburt erfordert einen gewissen personellen Aufwand, um eine sichere Geburt der Kinder zu gewährleisten. Es sind meist zwei Hebammen und eine Hebammenstudierende, eine Oberärztin bzw. ein Oberarzt und eine Assistenzärztin bzw. ein Assistenzarzt der Geburtshilfe und zwei Kinderärztinnen bzw. Kinderärzte mit Pflegepersonal anwesend. 

Die Geburt des ersten Kindes erfolgt analog einer Einlingsgeburt. Nachdem das erste Kind geboren ist, wird das zweite Kind durch ein Mitglied des geburtshilflichen Teams in der Längsachse manuell geschient um eine Querlage zu verhindern. Zeitgleich erfolgten die Kontrolle der Lage und Herzfrequenz durch Ultraschall. Häufig kommt es zu einer Wehenschwäche, sodass Oxytocin appliziert wird. Hat der führende Kindsteil des zweiten Kindes (Kopf oder Steiß) Bezug zum mütterlichen Becken aufgenommen, wird in aller Regel die Fruchtblase eröffnet. Hiernach kommt es meist rasch zur Geburt des zweiten Kindes. In aller Regel liegen weniger als 30 Minuten zwischen den Geburten, wobei es hier keine zeitlichen Grenzen gibt. Ein Bondig ist selbstverständlich möglich und wird gefördert, soweit es der Zustand der Kinder bzw. die Umstände erlauben.

Risiko eines ungeplanten Kaiserschnitts

In einer randomisierten Studie zur Zwillingsgeburt nach der 32. SSW an über 2800 Gebärenden wurde gezeigt, dass es in etwa 44% der geplanten vaginalen Geburten zu einem ungeplanten Kaiserschnitt beider Kinder kam. Bei weniger als 5% der Geburten kam es nach einer vaginalen Geburt des ersten Kindes zu einem Kaiserschnitt des zweiten Kindes [Barrett JF et al.;A randomized trial of planned cesarean or vaginal delivery for twin pregnancy. N Engl J Med. 2013].

Sicherheit von vaginaler Geburt und Kaiserschnitt

Jede Zwillingsgeburt ist unabhängig vom Geburtsmodus mit Risiken verbunden. So kann es durch die Überdehnung der Gebärmutter zu verstärkten Blutungen nach der Geburt kommen. Ebenso kann es in seltenen Fällen nach der Geburt des ersten Kindes zur vorzeitigen Plazentaablösung beim zweiten Kind kommen. Zwillingsschwangerschaften sind auch häufiger von Frühgeburtlichkeit vor 37+0 SSW betroffen. 

Der Geburtsmodus scheint jedoch keinen wesentlichen Einfluss auf das kurzfristige mütterlich oder kindliche Outcome bzgl. schwerer Morbidität und Mortalität zu haben, wie eine randomisierte Studie an über 2800 Zwillingsgeburten zeigte [Barrett JF et al.;A randomized trial of planned cesarean or vaginal delivery for twin pregnancy. N Engl J Med. 2013]. Bei einem geplanten Kaiserschnitt muss jedoch stets das Operationsrisiko, der Einfluss eines Kaiserschnittes auf weitere Schwangerschaften und die längere Rekonvaleszenz bedacht werden. 

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